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Inhalt AUFSÄTZE BUCHREZENSIONEN VARIA ... - ZIS

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Mavany, Die Europäische Beweisanordnung und das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung Pintaske<br />

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aus, dass nur die erstere auf dem Gebiet des Strafrechts existiert<br />

und dass die Konsequenz des derzeitigen Fehlens der<br />

letzten beiden Voraussetzungen wäre, sämtliche Maßnahmen<br />

zur Umsetzung des Prinzips nicht anzuwenden und bereits<br />

angeordnete Maßnahmen auszusetzen. Dieser Konsequenz<br />

vermag er selbst aber nicht folgen zu wollen – jedoch allein<br />

aus tatsächlichen und politischen Gründen. An dieser Stelle<br />

zeigt der Autor, dass die politische Rechtstatsächlichkeit –<br />

zumindest vorübergehend – zu akzeptieren sei statt die Umsetzung<br />

der eigenen rechtlich und dogmatisch fundiert hergeleiteten<br />

Voraussetzungen mit Nachdruck zu fordern.<br />

Im zweiten Teil der Untersuchung (S. 77 bis 170) stellt<br />

der Autor den Rahmenbeschluss 2008/978/JI des Rates über<br />

die Europäische Beweisanordnung (RB-EBA) zur Erlangung<br />

von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in<br />

Strafsachen vor. Der Abschnitt beginnt mit der Entwicklung<br />

des Rahmenbeschlusses im Jahre 1999. Es folgt ein Vergleich<br />

mit dem Grünbuch zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen<br />

Interessen der Europäischen Gemeinschaften und zur<br />

Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, bevor dann<br />

der Vorschlag des Rahmenbeschlusses dargestellt und analysiert<br />

wird. In der Untersuchung folgt die Darstellung und<br />

Erläuterung des Regelungsgehaltes des Rahmenbeschlusses.<br />

Ohne auf jedes Detail eingehen zu können, seien hier nur die<br />

interessantesten Punkte hervorgehoben. Der Autor stellt heraus,<br />

dass der Rahmenbeschluss nur die Beweiserhebung und<br />

-übermittlung, nicht aber die Beweisverwertung geregelt hat.<br />

Die europäische Beweisanordnung beruhe auf dem Prinzip<br />

der gegenseitigen Anerkennung, so dass von dem tradierten<br />

Rechtshilfesystem auf Basis des Ersuchen-Prinzips abgewichen<br />

werde und kein Zulässigkeits- und Bewilligungsverfahren<br />

mehr existiere.<br />

Bei der Erläuterung der Erlassvoraussetzungen und des<br />

Erlassverfahrens kritisiert Mavany die Möglichkeit der Errichtung<br />

von Zwischenbehörden (Art. 8 Abs. 2 RB-EBA), da<br />

dies die Vorteile der direkten Übermittlung abschwächen und<br />

den Dienstweg verlängern würde. Dabei differenziert er jedoch<br />

zwischen dem Anordnungsstaat, wo von der Möglichkeit<br />

der Benennung einer Behörde kein Gebrauch gemacht<br />

werden sollte, und dem Vollstreckungsstaat, wo die Benennung<br />

einer Behörde jedenfalls als Verteilungs- und Auskunftsstelle<br />

ratsam sei. Der bereits in der Literatur erhobenen<br />

Kritik an der Einschränkung des Erfordernisses der beiderseitigen<br />

Strafbarkeit durch Art. 14 Abs. 2 RB-EBA und der ihm<br />

zugrunde liegenden Deliktsgruppenkonstruktion schließt sich<br />

Mavany an. Es mangele derzeit an der ausreichenden Gesetzesbestimmtheit,<br />

wobei Alternativen denkbar wären.<br />

Bei der Vollstreckung von europäischen Beweisanordnungen<br />

(EBA) seien zwei Besonderheiten zu beachten, wonach<br />

einerseits die EBA selbst rechtliche Wirkung im Vollstreckungsstaat<br />

entfaltet, andererseits die Vollstreckungsbehörde<br />

die Verfahrens- und Formvorschriften des Anordnungsstaates<br />

anzuwenden hat. Mavany stellt heraus, dass beides für<br />

die deutschen Vollstreckungsbehörden neue rechtliche und<br />

tatsächliche Herausforderungen mit sich bringt, die er am<br />

Beispiel einer Durchsuchung und des Zeugnisverweigerungsrechts<br />

darstellt. Im Ergebnis lehnt der Autor es ab, die Einhaltung<br />

deutscher Verfahrensvorschriften bei der Anordnung der<br />

Vollstreckung einer EBA zu fordern, begrüßt jedoch die Forderung<br />

nach einer unionsrechtlichen Verbürgung und Ausgestaltung<br />

von Verfahrensrechten für die Betroffenen. Der<br />

Schutz der Rechte des Betroffenen soll durch das Recht des<br />

Anordnungsstaates gewährleistet werden. Abschließend zum<br />

RB-EBA werden das Rechtschutzsystem und die Rechtsbehelfe<br />

analysiert. Dabei stellt Mavany heraus, dass der Rechtsschutz<br />

nicht auf Unionsebene, sondern auf mitgliedstaatlicher<br />

Ebene erfolgt. Eine Besonderheit ist hierbei, dass der Rechtsweg<br />

danach gespalten wird, ob das „Ob“ oder das „Wie“<br />

einer EBA betroffen ist. Ersteres wird anhand der Regeln des<br />

Anordnungsstaates, letzteres anhand der des Vollstreckungsstaates<br />

überprüft. Diese Trennung ist Kritik ausgesetzt, die<br />

der Autor im Folgenden darstellt, sich aber im Ergebnis für<br />

die separierte Betrachtung entschließt, nicht ohne die Folgeprobleme<br />

der Rechtswegspaltung aufzuzeigen. Im Ergebnis<br />

sprechen aus Sicht Mavanys die „besseren Argumente für eine<br />

solche Spaltung“.<br />

Den zweiten Teil der Untersuchung schließt Mavany mit<br />

der Analyse der Verwertbarkeit erhobener Beweise ab. Dabei<br />

stellt er drei denkbare Fallkonstellationen auf, bei denen im<br />

Rahmen der Beweiserhebung die Vorschriften einer oder beider<br />

beteiligter Rechtsordnungen nicht eingehalten wurden.<br />

Während keine Besonderheiten bei der Missachtung beider<br />

beteiligter Rechtsordnungen auftreten, die ein unselbstständiges<br />

Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen kann, gebe es<br />

bei den gekreuzten Beweisverwertungsverboten (rechtswidrige<br />

Maßnahme im Anordnungsstaat, die im Vollstreckungsstaat<br />

rechtmäßig ist und andersherum) ergeben sich erhebliche<br />

Differenzen. Mavany plädiert dafür, dass auch im Falle<br />

der Rechtswidrigkeit der Beweiserhebung nach deutschem<br />

Recht selbst bei rechtmäßiger Beweiserhebung im Erhebungsstaat<br />

die deutschen Grundsätze über die unselbstständigen<br />

Beweisverwertungsverbote zur Anwendung gelangen. Er hält<br />

eine Gesamtbetrachtung des Verfahrens auch für Beweismittel,<br />

die aus einem Rechtshilfeverfahren stammen, für vorzugswürdig.<br />

Mavany fordert bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses<br />

den Erlass einer entsprechenden Regelung, selbst<br />

wenn es der Rechtslage nach dem EuRhÜbk weitestgehend<br />

entspricht. Bei der umgekehrten Konstellation (Rechtmäßigkeit<br />

der Erhebung nach deutschem Recht – rechtswidrig im<br />

Erhebungsstaat) untermauere der Rahmenbeschluss die bisherige<br />

Rechtsprechungspraxis zur traditionellen Rechtshilfe,<br />

wonach die Beweismittel verwertbar sind. Mavany fordert für<br />

die Umsetzung des Rahmenbeschlusses eine dem § 369 ZPO<br />

entsprechende Regelung.<br />

Der dritte und letzte Teil der Untersuchung Mavanys<br />

(S. 171 bis 191) beginnt mit einer Zusammenfassung der<br />

wichtigsten Arbeitsergebnisse. Dieser folgt ein praktischer<br />

Vorschlag für ein Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses<br />

mit einigen Erläuterungen. Der Vorschlag beinhaltet<br />

die zentralen Regelungen des Rahmenbeschlusses und<br />

kann dem deutschen Gesetzgeber als (Diskussions-)Vorlage<br />

dienen. Bevor die Untersuchung mit der Gesamtzusammenfassung<br />

schließt, widmet sich der Autor noch der aktuellen<br />

Diskussion um den Entwurf für eine Richtlinie des Europäischen<br />

Parlamentes und des Rates über die Europäische Ermittlungsanordnung<br />

in Strafsachen (RL-EEA-E) und stellt<br />

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Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik – www.zis-online.com<br />

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