Blickpunkt 45 - Deutscher Alpenverein Sektion Hanau
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pert und verletzt sich dabei Nase, Stirn und Lippen. Es ist ein<br />
schmerzlicher Tagesabschluss.<br />
Hundseck - Ruhestein<br />
Eine lärmige Nacht, heftiger Wind bläst und rüttelt an allen Fenstern<br />
und Türen, dazu prasselt Regen auf die Plexi–Blumenabdeckungen,<br />
welche die Pflanzen auf unserem Balkon schützen sollen.<br />
Bei unserem Start nieselt es nur noch und der kalte Wind wird durch<br />
den Wald etwas gestoppt. Wir sind heute nur zu Fünft. Wilma muss<br />
ihre Verletzungen ärztlich behandeln lassen und fährt heute mit dem<br />
Gepäcktransport.<br />
Auf schmalen Waldwegen steigen wir auf. Jeden Tritt suchen wir von<br />
Stein zu Stein und Wurzel zu Wurzel. Dabei müssen wir den tiefsten<br />
Wasserlöchern ausweichen, denn wir laufen in einer echten Wasserstrasse.<br />
Den „witzigen“ Abschluss bildet dann das Hinweisschild: „Unterstmatt,<br />
staubfreier Wanderweg“. So richtig gelacht hat aber keiner<br />
von uns.<br />
Auf der über 6000 Jahre alten Hochmoorfläche der „Hornisgrinde“<br />
1163m fegt uns wieder der eiskalte Wind um die Ohren. Er zerzaust<br />
die rotbunten Grasbüschel, fegt in die kleinen Fichten, Kiefern und Birken.<br />
Aber auch in Hosenbeine, Anoraks und Kapuzen. Unter lautem<br />
Getöse treibt er hier oben auch 2 Windkraftanlagen an. Dichter Nebel<br />
liegt über allem, sodass wir den Aussichtsturm und die Sendemasten<br />
des SWF erst entdecken, als wir kurz davorstehen und die Warnungen<br />
vor herabfallenden Eisbrocken spät lesen. Die „Hornisgrinde“ ist eine<br />
der niederschlagreichsten Gebiete Deutsch-lands. Mit ihrer Durchschnittstemperatur<br />
von 4,9 Grad C misst sie sich mit Moskau.<br />
Am Mummelsee machen wir Mittagsrast und stärken uns mit einer<br />
Kartoffelsuppe. Alles hier ist im Umbruch, denn das Mummelsee-<br />
Hotel ist im vergangenen Jahr teilweise abgebrannt. Ein neu angelegter<br />
Entlastungsweg meidet den früheren steilen Aufstieg neben<br />
dem Lift und führt uns auf einer schönen Panorama-Straße zur Rastbank<br />
„Bernhardsruh“. Wir sehen in das in der Sonne liegende Rheintal<br />
und dahinter im Dunst die Vogesen, herrliche Ausblicke. Nicht so malerisch<br />
der Blick auf die trostlosen Hänge zu unserer Linken. Der Orkan<br />
„Lothar“ ist auch hier immer noch ganz gegenwärtig. Die schwarzen<br />
Baumkrüppel vertiefen den gespenstigen Eindruck. Ausgewiesene<br />
„Bannwälder“ sollen zu Urwäldern ohne jeden menschlichen Eingriff<br />
werden. Schädlingsbekämpfung (Borkenkäfer) setzt erst wieder im<br />
entstehenden Nutzwald ein.<br />
Eine Info-Tafel bedauert uns. Wir sind 10 000 Jahre zu spät hier, sonst<br />
hätten wir noch den „Ruhestein-Gletscher“ sehen können. Aber als<br />
Entschädigung haben wir einen schönen Blick auf den ganz dunkel<br />
unter uns liegenden Wildsee. In Ruhestein holt uns ein Taxi ab und<br />
bringt uns nach Kniebis ins Hotel. Jetzt sind wir auch wieder komplett,<br />
Wilma ist erfolgreich verarztet.<br />
Ruhestein - Kniebis<br />
Wieder regnet es die ganze Nacht aus allen Rohren. Wir frühstücken<br />
etwas später, weil das Info-Center auf dem Ruhestein erst um 10<br />
Uhr öffnet. Nach dem informativen Rundgang durch das 1997 eröffnete<br />
Naturschutz-Zentrum starten wir über nasse Wiesen und auf total<br />
aufgeweichten Wegen. Wir durchqueren die Hochheide. Vom Aussichtspunkt<br />
des „Schliffkopf“ sieht man bei günstigem Wetter die Alpen.<br />
Heute verschwindet schon nach 30 Metern alles im dichten Nebel,<br />
aus dem auch noch in kurzen Abständen als unfreundliche Zugabe<br />
immer wieder Graupelschauer fallen. Diesem Wetter ist sicher<br />
auch unser Falschweg geschuldet, der uns aber zum „Highlight“ des<br />
heutigen Tages führt. Wir stehen, wenn auch nicht geplant, am Eingang<br />
zum „Lotharsteig“. Hier hat man das totale Chaos dieses verheerenden<br />
Sturmes bewusst be- lassen und über bzw. unter die kreuz<br />
und quer liegenden Baumriesen, Türme, Bohlenstege, Treppen, Leitern,<br />
Brücken und Podeste gebaut. Manchmal stehen wir über, dann<br />
wieder kriechen wir tief gebückt unter den Stämmen, Ästen und Wurzelstöcken<br />
hindurch. Das Ganze bei Nieselregen und eingehüllt in unsere<br />
Regenhäute. In all dem Durcheinander sucht sich überall neues<br />
Waldleben seinen Raum. Wir passen auf, dass wir auf den nassen und<br />
glatten Holzbohlen nicht ausrutschen. Oft sichert dabei ein Geländer<br />
die schmalsten Kletterstellen. Nach einer Stunde befinden wir uns<br />
wieder am Ausgangspunkt unserer Expedition. Um 15.00 Uhr wollten<br />
wir Mittagsrast an der Ex-Jugendherberge “Zuflucht“ machen. Aber<br />
Zuflucht ist nicht!!! Weder ein schützendes Dach noch eine Sitzgelegenheit<br />
finden wir. Alles ist verschlossen. Wir kauen im Stehen. Zum<br />
ersten Mal sehen wir heute auf den letzten Kilometern vor Kniebis ein<br />
paar kleine blaue Fleckchen am Himmel, es gibt sie noch.<br />
33<br />
Kniebis - Freibergsattel<br />
Mit dem Nahverkehrsbus fahren wir zur Alexander-Schanze und finden<br />
hier wieder den „Westweg“. Was wir hier oben aber auch noch<br />
finden, ist Schneematsch. Tief drücken sich die Gräser und Äste unter<br />
der nassen Last. Auf der Schwarzwald-Hochstraße liegt ein matschiger<br />
Schneefilm. Die ganze Pracht ist eingehüllt in dichtem Nebel.<br />
Sicher würde es bei trockenem Wetter ein Premium-Wanderweg sein.<br />
Aber nach 4 Regentagen stehen riesige Pfützen auf den aufgeweichten<br />
Wegen und der moorige Untergrund lässt uns tief im Morast einsinken.<br />
Anfäng-liche Ausweichmanöver werden bald lästig und wir beschränken<br />
uns auf das Notwendigste. Auch Knüppellagen helfen da<br />
nur wenig, da die Trefferquote allmählich immer geringer wird.<br />
Gegen 13.00 Uhr erreichen wir nach einem heftigen Abstieg die Passhöhe<br />
„Freiersberg“ und während wir auf unser Taxi nach Kniebis warten,<br />
stärken wir uns. Kurz vor unserer Abfahrt erreichen noch 5 Deutsche<br />
„Top-Ski-Langläufer“ die Hütte und erholen sich mit heißem Tee.<br />
Sie sind schon im Wintertraining, haben bis hierher 30km hinter sich<br />
und noch 40km vor sich.<br />
Hier in der „Freiersberg-Hütte“ ist unsere Herbstwanderung 2008 zu<br />
Ende. Sie endet heute, wie so oft in den letzten Tagen recht, recht<br />
feucht, aber trotzdem fröhlich – eben feuchtfröhlich!!!<br />
Auf der Heimfahrt aus Freudenstadt gesteht uns Egon am nächsten<br />
Tag, dass er noch nie so häufig nasse Füße hatte und er befürchtet<br />
ernsthaft, dass ihm Schwimmhäute zwischen den Zehen gewachsen<br />
sind. Wir werden dies bei Ankunft am Mittelmeer testen!<br />
Ja, das Wetter war diesmal nicht mit uns. Haben wir da etwas am<br />
Sonnentor in Dobel falsch gemacht?<br />
Bilder: siehe blick.Winkel (Seite 63)