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Blickpunkt 45 - Deutscher Alpenverein Sektion Hanau

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Aoraki/Mount Cook, dem höchsten Berg Neuseelands und Heiligtum<br />

der Maoris. Auf der Weiterfahrt Richtung Süden konnte<br />

ich das Vogelschutzprojekt für den „Black Stilt“ (schwarzer<br />

Stelzenläufer) besichtigen, von dem es weltweit nur noch etwa<br />

70 Exemplare gibt. Schließlich erreichte ich die alte Goldgräberstadt<br />

Cromwell, die im vergangen Jahrhundert einem<br />

Stausee weichen musste. Ein Teil der historischen Häuser<br />

wurde damals abgetragen und an neuer Stelle wiederaufgebaut.<br />

Ein richtig schönes Freiluftmuseum – Tag und Nacht geöffnet<br />

(hier klaut keiner was!) und idyllisch am Ufer der Stausee-Flussmündung<br />

gelegen. Die Region ist zudem für Obst-<br />

und Weinbau bekannt und so schlemmte ich nach dem Einkauf<br />

in einem Hofladen in frischem saftigem Obst. Tags drauf<br />

stand die bekannte historische Goldgräberstadt Arrowtown<br />

auf dem Programm, in der mir etliche Touristengruppen begegneten.<br />

Vorher hatte ich am Karawau River einen Abstecher<br />

zu den Bungee Springern gemacht, welche trotz Regens den<br />

Sprung in die Tiefe wagten. Ich sah mir das Gehüpfe aus sicherer<br />

Entfernung an und wusste nicht so recht, ob ich die<br />

Springer bewundern oder bemitleiden sollte. Es folgte eine gefühlte<br />

endlose Weiterfahrt nach Tuatapere am Südzipfel der<br />

Neuseeländischen Südinsel. Von hier wollte ich am nächsten<br />

Tag eine mehrtägige Wanderung auf dem Humpridge Track<br />

beginnen. Die Fahrt zog sich aufgrund der kurvenreichen<br />

Landstraßen und immer wieder aufkommenden Regens bis in<br />

die späten Nachmittagsstunden. Die Landschaft erinnerte stellenweise<br />

an Norddeutschland mit den ebenen Weideflächen<br />

und darauf grasenden Kühen. Wo waren denn bloß die Schafe?<br />

Endlich, Tuatapere war erreicht. Ich registrierte mich im<br />

Tourist Office und bekam für die Wanderung eine Karte sowie<br />

eine genaue Beschreibung des Streckenverlaufs. Ein Vierteljahr<br />

zuvor hatte ich die Wanderung online reserviert, da nur<br />

eine bestimmte Anzahl von Wanderern pro Tag und pro Hütte<br />

zugelassen ist. Mit mir marschierten noch etwa 25 andere Teilnehmer<br />

gemeinsam auf dem Humpridge Track, alles Einheimische,<br />

sowie sieben junge Leute aus Israel. Im Gegensatz zu<br />

den anderen Walks und Tracks im Kiwiland sind die Hütten des<br />

Humpridge Tracks mit kompletten Küchen ausgestattet, und<br />

es gibt morgens einen warmen Porridge. Alles andere muss<br />

man selber mitbringen, der Hüttenwart verkauft jedoch Getränke<br />

und Müsliriegel. Von einem bewachten Parkplatz aus<br />

„in the middle of nowhere“ marschierte ich auf einem wenig<br />

einladenden Schotterweg und tauchte nach etwa 3 Minuten<br />

ein in einen märchenhaften Wald voller Farnbäume, Lorbeer<br />

und Buchenarten. Nach einer knappen Stunde befand ich<br />

mich am hellen Sandstrand, vereinzelt lagen Lavabrocken umher.<br />

Hinter mir der urwüchsige Bush, vor mir der Pazifik und<br />

irgendwo ganz hinten die Arktis. Ich fühlte mich plötzlich unbeschreiblich<br />

weit weg und etwas beklommen – war doch außer<br />

mir weit und breit keine andere Menschenseele hier zu sehen.<br />

Ich stapfte weiter am Strand, gelangte über eine Hängebrücke<br />

wieder in den Bush und nach etwa 3 ½ Stunden traf<br />

ich die ersten Mitwanderer an einer Schutzhütte im Bergwald.<br />

Die Schutzhütten sind hier kleine Wellblechcontainer und es<br />

gab ein Dixi-WC, unglaublich! Von einer Holzbrücke konnte<br />

man einen Blecheimer in den darunterliegenden Wasserfall<br />

abseilen und Wasser schöpfen. Dies war laut Beschreibung<br />

trinkbar, ansonsten wurde wegen Parasiten und Viren von<br />

Quellwasser abgeraten. Die restlichen 3 ½ Stunden ging es<br />

steil aufwärts. Der Weg führte durch ein sensibles Feuchtgebiet<br />

und war mit drahtbespannten Holzplanken „gesichert“.<br />

Diese Boardwalks sind in Neuseeland weit verbreitet und dienen<br />

dem Schutz des Geländes. Als Nebeneffekt lässt es sich<br />

wie auf einem Bürgersteig oder einer Treppe gehen, was zunächst<br />

etwas gewöhnungsbedürftig war. Nebel zog auf und<br />

erzeugte zusammen mit den Moos- und Flechten überzogenen<br />

Bäumen dafür, dass man sich vorkam wie in einer surrealen<br />

Welt. Nicht umsonst wurde hier der „Herr der Ringe“ gedreht.<br />

Schließlich kam die Okaka Hut in Sicht: die bestand aus mehreren<br />

kleinen Gebäuden, in denen genächtigt wurde, einem<br />

Waschkomplex mit warmer Dusche (gegen Gebühr) und dem<br />

Aufenthaltsgebäude mit Küche. Der Hüttenmanager ließ sich<br />

von jedem Ankömmling die Registrierungsnummer geben und<br />

meldete am Abend an das Büro in Tuatapere, dass alle wohlbehalten<br />

angekommen waren. Auf knapp 1.200 m Höhe wurde<br />

es hier im März schon recht kühl – der Sommer hatte seinen<br />

Höhepunkt überschritten und es leuchtete in bunten<br />

Herbstfarben. Auf Neuseeland herrschen entgegen gesetzte<br />

Jahreszeiten im Vergleich zu Europa. Auf der alpinen Südinsel<br />

wird es aufgrund der kürzeren Distanz zur Arktis zudem kühler,<br />

als auf der von mildem Klima geprägten Nordinsel. Die<br />

Sonne wärmte am nächsten Morgen allerdings beim Abstieg<br />

in Richtung Port Craig wieder ordentlich durch und es war fast<br />

windstill. Die Tour führte durch einen zauberhaften Farnwald,<br />

querte alte Holzviadukte und es war schwer zu sagen, wie<br />

viele verschiedene Grün Töne um uns herum um die Wette<br />

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