1. Sprache und Sprachverarbeitung
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Sprachsystem<br />
Sprechen<br />
<strong>und</strong><br />
Sprachfähigkeit.<br />
Der Schweizer Sprachforscher Ferdinand de Saussure leitete Anfang des 20.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts mit dieser Einteilung ein neues Zeitalter der Sprachtheorie ein, das seit<br />
den 60iger Jahren vor allem von den Arbeiten des Amerikaners Noam Chomsky<br />
beeinflusst wird.<br />
Das Sprachsystem (nach de Saussure: Langue) besteht aus frei<br />
geschaffenen, aber konventionell überlieferten Zeichen bzw. Symbolen <strong>und</strong> einer<br />
endlichen Anzahl von Kombinationsregeln.<br />
Dass ein weicher, gefüllter Gegenstand aus Stoff im Deutschen KISSEN <strong>und</strong> nicht<br />
LUSCHUM heißt, ist frei geschaffen, da der Gegenstand an sich (außer der<br />
Konvention, ihn so zu bezeichnen) keinerlei Bezug zu seiner Bezeichnung hat.<br />
Die Kombinationsregeln sind Regeln, die uns anzeigen, wie wir die einzelnen<br />
Elemente der <strong>Sprache</strong> (Phoneme, Morpheme, Wörter) kombinieren können. Die<br />
phonotaktischen Regeln des Deutschen erlauben es z.Bsp. nur, bestimmte<br />
Konsonanten am Silbenanfang zu kombinieren (∫tra./*tr∫a). Morphologische Regeln<br />
wie N + lich → Adj. ermöglichen es ein Nomen wie HAUS mit einem Affix -lich zu<br />
verbinden <strong>und</strong> daraus das Adjektiv häuslich zu bilden. Und syntaktische Regeln wie<br />
S -> NP + VP ermöglichen uns Kombinationen wie [[Der H<strong>und</strong>]NP[ bellt]VP]S<br />
Die strukturalistische Forschung von de Saussures versuchte vor allem diese<br />
Regeln für jede <strong>Sprache</strong>n einzeln zu erfassen. Später wurde dann in generativen<br />
Ansätzen, wie z.Bsp. der Generative Grammatik von Chomsky (1965), eher<br />
versuchen, ein “universell” zugr<strong>und</strong>eliegendes Sprachsystem zu beschreiben.<br />
Sprechen (nach de Saussure: Parole) bezeichnet den konkreten<br />
Sprechvorgang, der mit Hilfe des Sprachsystems vollzogen wird. Ein Sprechvorgang<br />
reflektiert aber nie das Sprachsystems an sich, da man für eine konkrete Äußerung<br />
immer nur auf einen Teil des Sprachsystems zurückgreifen kann. Wenn ich also<br />
einen objektinitialen Satz wie „ Dieses Skript finde ich hervorragend.“ bilde, heisst<br />
dies nicht, dass ich nur eine einzige syntaktische Regel in meinem Sprachsystem<br />
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