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Susanne Hehenberger - Löcker Verlag

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oder Mannßpildt« direkt nach dem Delikt des Münzfälschens und illegalen<br />

Münzhandels und vor »Notzucht« und Ehebruch an. Eingereiht nach dem Delikt<br />

des »Kindervertuns« einerseits und vor dem Delikt der »Blutschande« andererseits<br />

wird die »widernatürliche Unkeuschheit« in den obderennsischen Landgerichtsordnungen<br />

von 1559 und 1627 in einer Art Sammelparagraph für Sexualdelikte<br />

gemeinsam mit den Delikten Notzucht und Ehebruch erwähnt:<br />

»So volgen hernach die Thaten, so auch für Purlauter Malefiz verstanden, vnnd doch<br />

nach gestalt derselben, durch die Lanndtgericht, an Guet, Leib, oder Leben, gestrafft werden<br />

mügen. [...] Wer wider die Natur, als mit ainem Viech, oder Manßpildt vnkeüscht,<br />

Welcher Frawen oder Junckfrawen wider Iren willen zu vnkeüschhait zu nöten vndersteet,<br />

oder die werckh also bezwungenlich volbringet, das die Fraw oder Junckfraw auf<br />

die geschicht klagen würdt, oder so ain Fraw oder Manßperson, offentlich vnnd vnuerschambt,<br />

die Ehe bricht« (LGO OÖ 1559:fol.23r).<br />

Interessant ist an dieser Aneinanderreihung einerseits, dass die einzelnen Delikte<br />

nicht mit einem Hauptwort benannt, sondern mit halben Sätzen beschrieben werden.<br />

Dasselbe gilt auch für die unterennsischen Landgerichtsordnungen. Meines<br />

Erachtens verweist diese Beschreibung wie auch die Auflistung in einem<br />

Sammelparagraphen auf die mangelnde Systematik in diesen frühen territorialen<br />

Strafrechtsordnungen. Andererseits fällt auf, dass für die Strafwürdigkeit von sexueller<br />

Gewalt die Klage der betroffenen Frau(en) nötig ist, während bei den anderen<br />

Delikten offen bleibt, wie diese vor Gericht getragen werden können. Alois Zauner<br />

merkt zur Notzuchtbestimmung in der obderennsischen Landgerichtsordnung von<br />

1559 an, dass Indizien wie »aufgelöste Haare, zerrissenes Gewand und blutiger<br />

Mund« zwar zur Einbringung einer Klage reichten, aber nicht notwendigerweise<br />

zur Verurteilung eines Täters führten. »Erst wenn [...] das Gericht den Täter festgestellt<br />

hatte, wurde die Strafe vollzogen. Hier war die Privatklage offenbar nur<br />

das auslösende Moment für einen Inquisitionsprozeß« (Zauner 1971:169; OÖW<br />

3,1958:346) – oder eben auch nicht. In den Gerichtsordnungen des 17. und insbesondere<br />

des 18. Jahrhunderts sollte den prozessrechtlichen Bestimmungen größeres<br />

Gewicht zukommen. Schon die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von<br />

1532 verfügte über vergleichsweise ausgeprägte prozessrechtliche Bestimmungen.<br />

Insofern verwundert es kaum, dass in der Rechtspraxis des 16. und frühen 17.<br />

Jahrhunderts entgegen dem landesfürstlichen Willen oft auf die materiell und verfahrensrechtlich<br />

systematischere Carolina zurückgegriffen wurde.<br />

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