Ärzteblatt Mai 2010 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
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LEITARTIKEL<br />
Es tut sich was<br />
Eine Zeit lang sah es so aus, als würde unser Kollege und<br />
Gesundheitsminister Dr. med. Philipp Rösler zwar schöne<br />
Pläne haben, aber nichts tun. Über viele Jahre waren wir<br />
von der dienstältesten Gesundheitsministerin der Bundesrepublik<br />
zahlreiche gesundheitspolitische Schnellschüsse<br />
gewohnt, die meist sofort erneuten Reformbedarf auslösten.<br />
Wollen wir einfach mal annehmen, daß sich Minister<br />
Rösler überlegtes Handeln auf die Fahnen geschrieben hat<br />
und vielleicht auch etwas mehr Zeit braucht, um das Erbe zu<br />
ordnen.<br />
Vom 11. bis 14. <strong>Mai</strong> <strong>2010</strong> findet in Dresden der 113. Deutsche<br />
Ärztetag statt. Mit den Delegierten blickt die gesamte<br />
deutsche Öffentlichkeit gespannt auf den ersten Auftritt<br />
des Ministers und erwartet Ideen zur Lösung der zahlreichen<br />
gesundheitspolitischen Probleme. Kardinalproblem ist<br />
der Widerspruch zwischen den medizinischen Möglichkeiten<br />
und den Ansprüchen der Bürger einerseits sowie den<br />
von der Lohnsumme abhängigen begrenzten Mitteln der<br />
solidarisch finanzierten Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) andererseits. Planwirtschaftliche Methoden sind zur<br />
Lösung ungeeignet. (Mittlerweile stellt selbst die SPD bereits<br />
den von ihr mit beschlossenen Gesundheitsfond in Frage.)<br />
Ungehemmte Privatisierung und der von der Vorgängerin<br />
oft beschworene Wettbewerb führen letztlich dazu,<br />
daß der Patient als betriebswirtschaftliche Größe betrachtet<br />
wird (was bringt er, was kostet er?) und daß solidarisch finanzierte<br />
Gelder als Profit in die Taschen von Aktionären<br />
fließen. Da erscheinen mir denn doch eine einheitliche<br />
Kopfpauschale (das Krankheitsrisiko ist weitgehend unabhängig<br />
vom Einkommen) und ein weitgehend steuernfinanziertes<br />
Gesundheitswesen (Steuern zahlt man nach dem<br />
Einkommen) solidarischer. Es wäre eine Reform, die den Namen<br />
verdient.<br />
Daß die Arzneimittelkosten ausufern und die Arzneimittelpreise<br />
in Deutschland ein Ärgernis sind, ist allgemein bekannt.<br />
Die bisher eingeführten (dirigistischen) Steuerungsinstrumente<br />
haben sich als weitgehend wirkungslos erwiesen.<br />
Die jüngst beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung<br />
zur Steuerung der Arzneimittelpreise lassen der<br />
Pharmaindustrie einerseits Raum für (echte) Innovationen<br />
und erhalten Arbeitsplätze in diesem weltweit bedeutenden<br />
Wirtschaftszweig. Andererseits sollen durch ein Preismoratorium<br />
und Zwangsrabatte 1,1 Milliarden Euro über<br />
drei Jahre eingespart werden.<br />
Zunehmend bereitet die ärztliche Versorgung in immer<br />
mehr, vor allem ländlichen Gebieten der Bundesrepublik<br />
Sorgen; ein Problem, von dem vor allem unser Bundesland<br />
betroffen ist und daß durch die demographische Entwicklung,<br />
die Altersstruktur der Ärzteschaft und die Bevölkerungskonzentration<br />
im stadtnahen Raum noch verschärft<br />
wird. Der Spitzenverband Bund der GKV stellt eine Überversorgung<br />
in Ballungsräumen und eine Unterversorgung von<br />
strukturschwachen Regionen fest. Aktuell ist die Rede von<br />
ca. 25.000 zuviel zugelassenen Ärzten; dem gegenüber würden<br />
ca. 800 Ärzte im ländlichen Raum fehlen – Zahlen, die<br />
aus ärztlicher Sicht hinterfragt werden müssen.<br />
In der Bedarfsplanung müssen zweifellos neue Wege beschritten<br />
werden. Der Spitzenverband Bund entwickelt in<br />
einem Positionspapier der Gesetzlichen Krankenkassen Vorstellungen,<br />
die von der Herauslösung der spezialisierten fachärztlichen<br />
Versorgung aus dem ambulanten System und die<br />
Anbindung an Krankenhäuser bis hin zur Bildung von Gesundheitszentren<br />
unter nicht-ärztlicher Leitung, vom Shuttle-<br />
Service für Patienten bis hin zu Sprechtagen in verschiedenen<br />
Orten reichen. Im Abbau der Überversorgung sieht er (wen<br />
Seite 148 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN