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EeigenTlich hat Erich Stekovics Theologie<br />
studiert, seine Zukunft als Religionslehrer<br />
tauschte er aber bald gegen die<br />
Arbeit am Feld. Aufs Paradies musste er<br />
dennoch nicht verzichten, das schaffte<br />
er sich im burgenländischen Frauenkirchen<br />
kurzum selbst. In seinem Paradeiserparadies<br />
wacht er über 4000 Sortenraritäten,<br />
stets auf der Suche nach dem<br />
perfekten Geschmack. Eine Leidenschaft,<br />
die weltweit Erfolge bringt. Ein Gespräch<br />
über Mut, Visionen und das Wetter.<br />
Herr Stekovics, wie viele Ihrer Produkte haben<br />
Sie heute schon verzehrt?<br />
Noch gar keines (lacht). Ich koste näm <br />
lich auch sehr gern andere Produkte.<br />
„Die Natur ist die<br />
Werkstatt des Landwirts,<br />
nur ohne Dach.“<br />
ErdigE philosophiE<br />
.../Biz Talk<br />
T e x T : M i c h a e l a w a i l z e r<br />
Erich Stekovics wacht über 4000 Fruchtsorten.<br />
Der ParadeiserKaiser im Talk.<br />
Frische-Feldherr<br />
Was führte Sie 1999 von der Schule aufs Feld?<br />
Mir wurde bewusst, dass ich zwei Dinge<br />
in meinem Leben einfach forcieren<br />
möchte: meine Leidenschaft fürs Kochen<br />
und die Gärtnerei. Und diesen Lebenstraum<br />
habe ich mir erfüllt. Heute bauen<br />
wir über 4000 Sorten Paradeiser, Erdbeeren,<br />
Chili etc. an und verarbeiten diese.<br />
Wie kommt man zu dieser Sortenvielfalt?<br />
In den letzten 20 Jahren sind 80 Prozent<br />
der Kulturpflanzen ausgestorben.<br />
Das ist eine Entwicklung, mit der ich<br />
mich nicht abfinden möchte. Daher ver <br />
suchen wir weltweit über den Verein<br />
Arche Noah und andere, Samen alter<br />
Sor ten zu finden und auch zu kultivieren.<br />
Es gibt 300.000 Paradeisersorten, im<br />
Supermarkt findet man maximal fünf.<br />
Nun könnte man sich fragen: Wozu braucht<br />
man eigentlich so viele Sorten?<br />
Für uns gibt es nur ein Kriterium, und<br />
das ist der Geschmack. Für Supermarktprodukte<br />
zählen hauptsächlich die Lagerfähigkeit<br />
und der Ertrag, daher scheiden<br />
viele Sorten gleich aus. Was übrig bleibt,<br />
schmeckt meist nach nichts. Dabei ist<br />
das Potenzial groß. Allein eine Erdbeere<br />
besitzt 1000 Geschmackstöne, rund 25 davon<br />
werden auch am Gaumen erkannt.<br />
Ein wichtiges Kriterium dabei ist: Riecht<br />
und schmeckt die Frucht nach Wald?<br />
024 | diners cluB | airplus /// 2010 ///<br />
Wie schafft man es, dass Sorten nach „Wald<br />
schmecken“ und ihre Aromen entfalten?<br />
Ich vertraue darauf, dass die Natur ohne<br />
viel Zutun gedeiht. Alle unsere Sorten<br />
wachsen daher ohne Extrabewässerung<br />
unter freiem Himmel. Sonne, Erde und<br />
Wind sind wichtige Geschmacksgeber.<br />
Wir kontrollieren auch täglich die Felder<br />
und ernten nur vollreife Früchte, da diese<br />
den vollsten Geschmack besitzen. Und<br />
dann werden die Früchte sofort zu Marmeladen,<br />
Saucen etc. verarbeitet, eingelegt<br />
oder direkt verzehrt.<br />
Welchen Einfluss hat dabei der Klimawandel?<br />
Die Natur ist die Werkstatt des Landwirts,<br />
nur ohne Dach. Daher spüren wir<br />
die vermehrten Wetterextreme sehr<br />
stark. Meiner Meinung nach ist es aber<br />
wichtig, die Pflanzen diesen Extremen<br />
auszusetzen, damit sie sich anpassen<br />
können. Bis jetzt hat es gut geklappt.<br />
Es gibt Sommeliers für Wein, Käse – mittlerweile<br />
auch für Obst und Gemüse?<br />
Leider nein, dabei gibt es so viel zu<br />
entdecken. Es gibt Paradeiser, die nach<br />
BazookaKaugummi schmecken, Erdbeeren<br />
mit Champignonnote usw.<br />
Rund 60 Prozent Ihrer Produkte werden exportiert.<br />
Wohin überall?<br />
Mittlerweile sind unsere Produkte in<br />
GourmetStores in Europa und auch in<br />
© MiGuel dieTericH<br />
gutE ErntE<br />
Erich stekovics am<br />
arbeitsplatz<br />
Kuwait sowie Katar erhältlich. Vor allem im arabischen Raum liegt<br />
kulinarisches Shopping zurzeit stark im Trend.<br />
Apropos Trend: Haben Ihre Kunden auf die Wirtschaftskrise reagiert?<br />
Unsere Kunden investieren momentan weniger in Banken,<br />
dafür mehr in Genuss und Zeit. Beides ist mir persönlich sehr<br />
wichtig und auch im Betrieb seit jeher authentisch spürbar.<br />
Wie würden Sie selbst Ihren Beruf bezeichnen?<br />
Ich bin kein ausgebildeter Gärtner, mein Wissen habe ich<br />
haupt sächlich gegoogelt. Ich sehe mich am liebsten als Landwirt.<br />
Welche Paradeisersorte essen Sie momentan am liebsten?<br />
Speckled Roman, schmeckt wunderbar zu Mozzarella.<br />
Ein Wunsch für die Zukunft?<br />
Es wäre wunderschön, wenn auch nach mir im Burgenland auf<br />
Dauer 100 Sorten für die Nachwelt erhalten blieben.<br />
Herzlichen Dank für das Gespräch!<br />
g r ü n E l E b E n s l i n i E<br />
>>> gEschmacks-untErnEhmEr<br />
Zur person<br />
erich stekovics’ eltern starteten 1958 mit einem kleinen<br />
paprika anbau. er selbst studierte Theologie, wurde religions<br />
lehrer und übernahm 1999 das Handwerk seiner eltern.<br />
Zum unternehmen<br />
im paradeiserparadies in Frauenkirchen werden alle Früchte<br />
unter freiem Himmel angebaut, erst bei voller reife geerntet<br />
und danach direkt verarbeitet. auf der suche nach dem verlo<br />
renen Geschmack hat stekovics bereits 3200 sorten paradei<br />
ser kultiviert. auch paprika, erdbeeren, Gurken etc. werden<br />
gezüchtet. rund 60 prozent der produkte werden exportiert.<br />
im sommer werden Führungen angeboten. www.stekovics.at<br />
LA SIGNATURE D’UNE<br />
GRANDE CAVE…<br />
www.gobillard.at