Ausgabe 3 / 2010 hier als PDF. - IG Fahrrad
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Zu Tode restaurierte Siegerräder kamen<br />
für Jan Heine und Fotograf Jean-Pierre<br />
Pradères nicht in Frage. In diesem Buch<br />
sollte jedes Rad die Authentizität längst<br />
zerronnener Zeiten ausstrahlen, die<br />
Spuren des Siegens in die Gegenwart<br />
tragen, in der die Räder längst <strong>als</strong> Liebhaberstücke<br />
stehen. Jan Heine: „Und<br />
wenn doch restaurierte Stücke zu sehen<br />
sind, dann ist die Geschichte dieses<br />
<strong>Fahrrad</strong>es so außergewöhnlich, dass<br />
wir nicht darauf verzichten wollten.“<br />
Und außergewöhnlich ist die Geschichte<br />
des Radsports sowieso. Von den Tagen<br />
des Hochrades an wurden damit<br />
Wettkämpfe ausgetragen, es gab skurrile,<br />
zeitlose Seitengassen wie das Dursley-Pedersen,<br />
Luftfahrt-Technologie bei<br />
den ersten Alurahmen – und langsam<br />
emanzipierten sich die Rennräder durch<br />
geringes Gewicht, feine Konstruktion<br />
und insgesamt edlere Ausführung von<br />
den meisten anderen Fahrrädern. Wobei<br />
nicht alle dem klassischen Netzhautmuster<br />
eines Rennrades entsprechen:<br />
Auch die Zeitungskuriere in Paris, beispielsweise,<br />
fuhren Rennen, und ihre<br />
Porteurs-Räder trugen rund 15 Kilo-<br />
Jan Heine: Die Räder der<br />
Sieger. Eine fotografische<br />
Zeitreise. Mit Fotografien von<br />
Jean-Pierre Pradères. Covadonga<br />
Verlag, Bielefeld.<br />
Die deutsche <strong>Ausgabe</strong> erschien<br />
im Jahr 2009. 176 Seiten,<br />
Hardcover, 39,80 Euro,<br />
ISBN 978-3-936973-46-4<br />
Erhältlich ist das Buch unter<br />
covadonga.de, oder bei<br />
Vintagebicyclepress (vintagebicyclepress.com)<br />
oder bei<br />
fahrradbuch.de<br />
JAN HEINE: DIE RÄDER DER SIEGER<br />
RäDER mIT GEScHIcHTE qUER DURcH DIE GEScHIcHTE, Vom 1880ER HocH-<br />
RAD BIS ZU ToNy RomINGERS STUNDENWELTREKoRD 1994.<br />
gramm Zeitungen am schon unbeladen<br />
eher breiten Gepäcksträger.<br />
Die Räder der Sieger ist die rare Kombination<br />
eines Bilderbuches, das auch<br />
beim Text in die Tiefe geht, das mit der<br />
Hartnäckigkeit der Liebenden recherc<strong>hier</strong>t<br />
wurde, und man darf sich diese<br />
Recherche ruhig etwas umfangreicher<br />
vorstellen: Inklusive Fotografie dauerte<br />
sie eineinhalb Jahre, dabei wurden<br />
praktisch aus dem LKW heraus vier<br />
Fotostudios in Frankreich aufgebaut, eines<br />
in Italien, und die Räder aus den<br />
USA wurden mit viel Überredungskunst<br />
ins Studio in Seattle gebeten. Fotografiert<br />
wurde in Europa <strong>als</strong>o in einem<br />
Schloss oder in Scheunen, einmal sogar<br />
in einer offenen Garage. Weil dort<br />
zu viel Tageslicht dazukam, entstanden<br />
die Fotos bei Nacht, und keiner der<br />
Nachbarn traute sich nach dem Grund<br />
des Blitzens in der Garage fragen.<br />
Noch aufwändiger <strong>als</strong> das Fotografieren<br />
war die Auswahl davor: Nicht alle<br />
Räder, die <strong>als</strong> echte Siegermaschinen<br />
von ihren Besitzern präsentiert werden,<br />
sind auch solche. Wie bei anderen<br />
Kunstwerken gibt’s auch <strong>hier</strong> Fälschun-<br />
gen, und manche sind besser <strong>als</strong> die anderen.<br />
Jan Heine: „Von fast jedem Bianchi<br />
aus den 50er Jahren mit Rahmenhöhe<br />
59 cm wird heute behauptet, dass garantiert<br />
Fausto coppi damit gefahren ist. Natürlich<br />
entlarvten auch wir einige Fälschungen,<br />
wobei die heutigen Besitzer<br />
meistens gar nicht wussten, dass ihr Rad<br />
nicht das echte Siegerrad war.“<br />
Zu den aktuellen, kunstvoll reduzierten<br />
und technisch perfekten Fotos gibt’s zeitgenössische<br />
Aufnahmen von dam<strong>als</strong>. Und<br />
einen Text, der den Renner zurückhebt in<br />
die damalige Zeit und in seine Koordinaten<br />
stellt, denn auch die Rennen selbst<br />
sind mit der Zeit gereift: „Die Rennen haben<br />
die Technik der Fahrräder beeinflusst,<br />
und umgekehrt hat auch die Technik die<br />
Rennen mitgezeichnet. Früher waren die<br />
Strecken deutlich länger, und selbst an<br />
der Spitze kamen die Fahrer mit großen<br />
Abständen ins Ziel. Daher waren auch<br />
andere Übersetzungen nötig und andere<br />
Rahmengeometrien.“<br />
man lässt sich beim Genießen des Buches<br />
<strong>als</strong>o gerne mehr Zeit, <strong>als</strong> sich die<br />
Rennfahrer früher und ganz früher auf ihren<br />
maschinen nehmen durften.