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(2,65 MB) - .PDF - Gemeindeamt Kirchdorf in Tirol - Land Tirol

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18 Kaisergeme<strong>in</strong>de AKTIV<br />

Kaisergeme<strong>in</strong>de AKTIV 19<br />

E<strong>in</strong> unsche<strong>in</strong>barer Ausstellungsgegenstand<br />

aus dem Metzgerhaus<br />

Aus me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit s<strong>in</strong>d mir noch die Worte von älteren Leuten<br />

<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung, „er liegt auf`n Lodn“, wenn e<strong>in</strong>e verstorbene Person<br />

zuhause aufgebahrt war und die Betleute <strong>in</strong>s Haus kamen.<br />

Damals wusste ich mit diesen Worten nicht viel anzufangen, da<br />

die Verstorbenen zu dieser Zeit, zwar noch daheim, aber bereits<br />

im Sarg aufgebahrt wurden. Genauso ergeht es vielen Besuchern<br />

des <strong>Kirchdorf</strong>er Heimatmuseums „Metzgerhaus“ wenn sie bei Führungen,<br />

im Ausstellungsraum über die „Volksfrömmigkeit“, auf das<br />

Totenbrett h<strong>in</strong>gewiesen werden.<br />

Totenbrett im Metzgerhaus vom Sulzmühlstadel<br />

In Bayern wurde die Bestattung der Toten <strong>in</strong> Särgen etwa um das<br />

17./18. Jahrhundert e<strong>in</strong>geführt. Vor dieser Zeit wurden die Verstorbenen<br />

<strong>in</strong> der Wohnstube auf Brettern aufgebahrt und auf diesen<br />

auch zu Grabe getragen. Die Bretter wurden entweder mit dem <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Le<strong>in</strong>entuch gewickelten Leichnam vergraben, verbrannt oder<br />

für weitere Todesfälle aufbewahrt.<br />

Dieser Brauch war im 19. Jahrhundert im gesamten bairischen und<br />

alemannischen Raum verbreitet. Heute f<strong>in</strong>den sich Totenbretter<br />

nur noch im Bayerischen Wald und <strong>in</strong> der Oberpfalz sowie <strong>in</strong>selartig<br />

<strong>in</strong> den <strong>Land</strong>kreisen Fürstenfeldbruck und Ammergau und<br />

schließlich im Chiem- und Traungau sowie im Rupertiw<strong>in</strong>kel.<br />

Im Bayerischen Wald und im Oberpfälzer Raum wurden im Laufe<br />

der Zeit die Bretter mit e<strong>in</strong>er Widmung versehen und als Totenbrett<br />

aufgestellt. Anfangs wurden nur drei Kreuze <strong>in</strong> das Holz geschnitzt,<br />

gebrannt oder darauf gezeichnet bzw. gemalt. Später f<strong>in</strong>den sich<br />

ausführlichere Texte und Gedichte zum Lob des Verstorbenen. Mehr<br />

oder weniger aufwändige Schnitzereien und farbige Malereien wurden<br />

erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts üblich. Vermutlich wurden<br />

die Totenbretter ursprünglich waagrecht angebracht. Später stellte<br />

man die Bretter senkrecht auf. Diese Änderung des Brauchtums vollzog<br />

sich von Süden <strong>in</strong> Richtung Norden. (Wikipedia)<br />

Totenbretter<br />

Bäuerliche Totenbretter, je nach Gegend<br />

auch „Leichbrett“, „Be<strong>in</strong>brett“,<br />

„Rechbrett“ (von althochdeutsch „hréo“<br />

- für Leichnam), „Totenladen“, „Gedenkladen“<br />

genannt, waren <strong>in</strong> weiten Teilen<br />

Nord- und Südtirols sowie <strong>in</strong> Süddeutschland<br />

Teil des Brauchtums und noch bis <strong>in</strong><br />

die 1950er-Jahre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Geme<strong>in</strong>den<br />

des <strong>Tirol</strong>er Unter<strong>in</strong>ntales und im Außerfern<br />

verbreitet.<br />

Bis zum Ende des 19.<br />

Jahrhunderts waren die<br />

Totenbretter <strong>in</strong> den betreffenden<br />

Gegenden noch<br />

außerordentlich zahlreich.<br />

Ursprünglich dienten die<br />

Bretter als Aufbahrungsbretter<br />

und <strong>in</strong> den Zeiten,<br />

<strong>in</strong> denen Särge noch nicht<br />

üblich waren, wurden die<br />

Verstorbenen auf ihnen<br />

zu Grabe getragen. Nach Gebrauch wurden sie <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Gegenden verschieden genutzt: In manchen Gegenden wurden sie<br />

verbrannt, <strong>in</strong> anderen aufgehoben bis zum nächsten Todesfall. In das<br />

Brett wurden der Name des Verstorbenen oder se<strong>in</strong>e Initialen sowie<br />

das Todesdatum e<strong>in</strong>geschnitten, manchmal wurden sie auch bemalt<br />

und mit Reimen verziert. Die Bretter blieben jahrelang liegen, bis sie<br />

vermoderten, und wurden immer wieder um solche von kürzlich<br />

Verstorbenen ergänzt. Vielfach wurden die Bretter auch über Gräben,<br />

Bäche und sumpfige Stellen gelegt, symbolisch e<strong>in</strong>e Brücke für die<br />

Seelen der Verstorbenen auf dem Weg <strong>in</strong>s Jenseits. Die Bretter waren<br />

schmucklos, e<strong>in</strong>fach, höchstens mit drei Kreuzen versehen. Sie<br />

sollten möglichst schnell vermodern und verfaulen, denn nur dann<br />

konnte die Seele nach herrschendem Volksglauben ihre Ruhe f<strong>in</strong>den.<br />

Sie dienten dem Vorbeigehenden somit zum Gedenken an die Verstorbenen,<br />

aber auch als Er<strong>in</strong>nerung an den eigenen Tod. E<strong>in</strong> Gebet<br />

des Darübergehenden half dem Toten bei se<strong>in</strong>er Reise.<br />

Dazu zitiert Walter Hart<strong>in</strong>ger e<strong>in</strong>en Erlass des Bezirksamtes Vohenstrauß<br />

(Stadt <strong>in</strong> der Oberpfalz) an die Polizeibehörden aus dem Jahre<br />

1895:<br />

„Die Anbr<strong>in</strong>gung von Totenbrettern hat sich zu e<strong>in</strong>er Unsitte<br />

herausgebildet, da die alten auf dem Boden liegen bleiben, selbst<br />

<strong>in</strong> Trümmern noch auf dem Boden herumliegen und verfaulen, was<br />

sicher e<strong>in</strong>e Gegend und namentlich die Umgebung der öffentlichen<br />

Straßen, Wege und Ortschaften nicht verschönt. Die bezeichneten<br />

Polizeibehörden werden daher angewiesen, die Anbr<strong>in</strong>gung<br />

neuer Totenbretter an allen Distriktstraßen und Geme<strong>in</strong>dewegen<br />

umso mehr zu verbieten, als es schon wiederholt vorgekommen ist,<br />

daß Pferde vor denselben von Furcht ergriffen wurden. Alle auf<br />

dem Boden herumliegenden Totenbretter s<strong>in</strong>d ungesäumt überall zu<br />

entfernen und wird bemerkt, daß die Distriktwegmacher angewiesen<br />

s<strong>in</strong>d, alle Totenbretter, welche forth<strong>in</strong> an den Distriktstraßen<br />

angebracht werden, sofort zu entfernen, wenn sie auf Aufforderung<br />

von den Besitzern nicht entfernt werden.“<br />

(Totenbrettbrauchtum im Raum Vohenstrauß)<br />

Totenbretter am Sulzmühlstadel <strong>in</strong> Gasteig (Bilder <strong>Kirchdorf</strong>er Geme<strong>in</strong>dearchiv).<br />

Der Stadel wurde 1968 im Zuge des Straßenbaues abgerissen und mit<br />

dem Abbruch des Stadels verschwanden diese Totenbretter.<br />

Echte Totenbretter und Gedenkbretter<br />

Die ursprünglichen, „echten“ Totenbretter s<strong>in</strong>d heute verschwunden.<br />

Gründe dafür s<strong>in</strong>d die geänderten Aufbahrungs- und Beerdigungsvorschriften.<br />

Neben den „echten“ Totenbrettern mit bis zu 2 m Länge und 40<br />

cm Breite hat sich - vor allem im südöstlichen Oberbayern (Chiemgau,<br />

Rupertiw<strong>in</strong>kel) – der Brauch entwickelt, kürzere, schmalere<br />

Gedenkbretter aufzustellen. Diese selten mehr als 150 cm langen<br />

und 30 cm breiten Bretter werden ebenfalls an Wegrändern aufgestellt.<br />

Auf ihnen f<strong>in</strong>den sich S<strong>in</strong>n- und Gedenksprüche, die jedoch<br />

Totengedenkbretter aus Westendorf (Kulturraum <strong>Tirol</strong>)<br />

nicht an e<strong>in</strong>e bestimmte Person er<strong>in</strong>nern, sondern allgeme<strong>in</strong> zum<br />

Totengedenken auffordern.<br />

Die zunehmend künstlerische Gestaltung der Bretter im 19. Jahrhundert<br />

stellte e<strong>in</strong>e Abkehr vom ursprünglich verbreiteten Volksglauben<br />

dar. Dieser besagte, dass die Seele des Toten erst Erlösung f<strong>in</strong>det,<br />

wenn se<strong>in</strong> Totenbrett verfallen war. Um e<strong>in</strong>e möglichst kurze Zeit<br />

im Fegefeuer zu erzielen, wurden die älteren Totenbretter daher aus<br />

Weichholz gefertigt.<br />

Vier besonders schöne, beidseitig bemalte Totenbretter aus der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Kulturgüterdatenbank des<br />

<strong>Tirol</strong>er Kunstkatasters aus Westendorf im Bezirk Kitzbühel dokumentiert.<br />

Ausgesägt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschwungenen unregelmäßigen Umriss<br />

- mit spitzem Ende zum E<strong>in</strong>stecken <strong>in</strong> die Erde - zeigen sie an den Vorderseiten<br />

Totenköpfe mit gekreuzten Knochen auf kle<strong>in</strong>en Tischchen.<br />

In Kössen, Bezirk Kitzbühel, f<strong>in</strong>den vier Totenbretter <strong>in</strong> Grisaille-Malerei<br />

(ausschließlich <strong>in</strong> Grau, Weiß und Schwarz ausgeführt) beim Heiligen<br />

Grab Verwendung.<br />

Text: DI Christian Bachmann, Kultur- und Heimatpflegevere<strong>in</strong>;<br />

Bilder: Geme<strong>in</strong>dearchiv <strong>Kirchdorf</strong><br />

Die <strong>Kirchdorf</strong>er<br />

Wetterstation im 17. Jahrhundert<br />

Seit Jahrtausenden <strong>in</strong>teressieren sich die Menschen für das Wetter,<br />

denn <strong>in</strong>sbesondere die <strong>Land</strong>wirtschaft ist davon abhängig.<br />

Bereits im Altertum versuchte man das Wetter vorherzusagen,<br />

vermutlich sogar noch früher. Irgendwann im Laufe der Zeit<br />

entwickelten sich so genannte Lostage, beruhend auf vielen Aufzeichnungen<br />

und gemäß dem Volksglauben. Nach diesen Lostagen<br />

– auch Bauernregeln genannt - richteten sich die Menschen,<br />

wenn es um Aussaat und Ernte g<strong>in</strong>g.<br />

Aber wie konnte man damals beim Heuen, Ernten oder heimlichen<br />

Stelldiche<strong>in</strong> verh<strong>in</strong>dern, dass man von e<strong>in</strong>em Unwetter<br />

überrascht wurde (immer noch besser, als von den Eltern …)?<br />

An dieser Stelle kommt das „Wetterläuten“ <strong>in</strong>s Spiel. Bei nahendem<br />

Gewitter, Hagel oder Sturm warnte der Mesner die Leute<br />

durch das Läuten der Kirchenglocken. Laut den Überlieferungen<br />

von Konrad Fischnaler (* Dez. 1855 <strong>in</strong> Sterz<strong>in</strong>g, � 1941 <strong>in</strong> Innsbruck,<br />

u. a. Geschichts- und Heimatforscher) waren das damalige<br />

Kitzbühel und <strong>Kirchdorf</strong> schon ziemlich modern. Hier heißt das<br />

Zauberwort „Wettertuch“. Gemäß den Aufzeichnungen unserer<br />

Pfarre wurde e<strong>in</strong> Zahlungsposten wie folgt verfasst: „1<strong>65</strong>8<br />

Jakoben Aschentaler zu Millreith wegen des Wedertuechs bezalt<br />

dis Jahr 1 Gulden“. Derselbe Betrag wird im Jahre 1661 für uns<br />

<strong>Kirchdorf</strong>er schon deutlicher: „zu Müllreit für Auslegung des Wettertuechs<br />

geben 1 Gulden“. Aha, Mühlreit war also damals e<strong>in</strong>e<br />

Art „Wetterstation“. Aber wie konnte man sich mit dem Mesner<br />

über diese weite Strecke verständigen? Ganz e<strong>in</strong>fach: da Mühlreit<br />

höher liegt und man talauf sowie talab e<strong>in</strong>e ausgezeichnete<br />

Totenbretter<br />

Blick von Mühlreit auf <strong>Kirchdorf</strong> 1928 Die „Wetterstation“ des 17. Jahrhunderts<br />

– Mühlreit ca. im Jahre 1930<br />

Sicht hat, kann – und konnte man damals - das Heranziehen e<strong>in</strong>es<br />

Gewitters schon früh bemerken. Sobald e<strong>in</strong> solches se<strong>in</strong>erzeit<br />

ausgemacht wurde, wurden große, weiße Le<strong>in</strong>tücher über den<br />

Balkon gehängt und der Mesner wusste sofort, was die Stunde<br />

geschlagen hatte bzw. tat dasselbe mit den Kirchenglocken. bR<br />

E<strong>in</strong>ige Bauernregeln für den Oktober:<br />

1. Oktober rau, Januar flau.<br />

2. Viel Nebel im Oktober, viel Schnee im W<strong>in</strong>ter.<br />

3. Im Oktober Sturm und W<strong>in</strong>d, uns den frühen W<strong>in</strong>ter kündt.<br />

4. Schneit’s im Oktober gleich, wird der W<strong>in</strong>ter weich.<br />

5. Ist der Oktober warm und fe<strong>in</strong>, kommt e<strong>in</strong> scharfer<br />

W<strong>in</strong>ter dre<strong>in</strong>. Ist er aber nass und kühl, mild der W<strong>in</strong>ter werden<br />

will.<br />

6. Warmer Oktober br<strong>in</strong>gt fürwahr, stets e<strong>in</strong>en kalten Februar.<br />

7. Wenn’s im Oktober friert und schneit, br<strong>in</strong>gt der Jänner milde<br />

Zeit.<br />

8. Br<strong>in</strong>gt der Oktober viel Regen, ist’s für die Felder e<strong>in</strong> Segen.<br />

Bilder: Geme<strong>in</strong>dearchiv.

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