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seitenbühne 11–12 - Niedersächsische Staatstheater Hannover

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oper<br />

den er verschränkte mit Figuren der commedia dell’arte. Ariadne,<br />

das Urbild der verlassenen Frau, die unbeirrt einem einzigen Mann<br />

die Treue hält, wird kontrastiert mit »Harlekins und Scaramouches,<br />

welche ein mit dem heroischen Element fortwährend verwebtes<br />

Buffo-Element tragen« (Hofmannsthal) – eine Idee, die Strauss zerschmetterte<br />

mit für den sensiblen Dichter unerträglich harschen<br />

Worten. Strauss fand das »dramatische Gerippe an sich dünn« und<br />

bat um »schwungvolle Rhetorik«, um »über nicht Interessantes<br />

glücklich hinwegkomponieren zu können.« Dafür konnte er umso<br />

mehr anfangen mit der Idee eines Vorspiels zur eigentlichen Oper.<br />

Hier sah Strauss, der mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein von<br />

sich behauptete, der einzige Komponist »in ganz Europa« zu sein,<br />

»der wirklich Humor und Witz und ein ausgesprochen parodistisches<br />

Talent hat«, die Möglichkeit zu einer großen Persiflage auf den<br />

Kunstbetrieb seiner Zeit. Das Vorspiel wurde in diesem Sinne zum<br />

Brennspiegel der Wirklichkeit und der eigenen Biographie, kannte<br />

Strauss die Starallüren, Eifersüchteleien, Machtspielchen und gegenseitigen<br />

Demütigungen zwischen den Künstlern hinter der Bühne<br />

selbst nur allzu gut. Außerdem interessierten ihn die Fragen von<br />

Kunst und Kommerz, von künstlerischer Freiheit und pragmatischer<br />

Anpassung an den Geschmack der Zuschauer, die im Zentrum des<br />

Vorspiels stehen: Ein unbekannter Auftraggeber, der »reichste Mann<br />

von Wien«, ordnet zur Unterhaltung des Publikums in seinem Haus die<br />

Verschränkung unterschiedlichster Kunstformen an. Die tragische<br />

Oper Ariadne und das komische Intermezzo Zerbinetta und ihre ungetreuen<br />

Liebhaber sollen gleichzeitig gespielt werden, damit die<br />

»wüste Insel« Ariadnes auf der Bühne mittels einer bunten Harlekinade<br />

»einigermaßen ausstaffiert« werde. Dabei stoßen mit den verschiedenen<br />

Gattungen auch unterschiedliche Lebenseinstellungen aufeinander:<br />

Zerbinetta und ihre commedia dell’arte-Truppe, erfahren in<br />

der Improvisation, sehen die Aufgabe als spielerische Herausforderung<br />

an die Kreativität und Spontaneität ihrer Kunst – eine Kunst, die sich<br />

permanent neu erfindet und im ständigen Wandel begriffen ist. Der<br />

Komponist der Oper Ariadne hingegen hat jedes gesungene Wort für<br />

seine Interpreten unabänderlich in der Partitur fixiert. Er pocht auf die<br />

Werkautonomie seiner Komposition und die Unantastbarkeit des geist<br />

igen Eigentums – Fragen, mit denen sich Richard Strauss im Kampf<br />

gegen unautorisierte Striche in seinen Werken ebenfalls häufig selbst<br />

konfrontiert sah.<br />

Weltflucht<br />

Mit einem leichten Parlando über einem durchsichtigen Orchestersatz<br />

steht die Kommunikation im Vordergrund des Vorspiels. Was<br />

hier theoretisch diskutiert wird, stößt im zweiten Teil während der<br />

Opernaufführung aufeinander: das Tragische und das Komische,<br />

Ariadne und Zerbinetta, einander kontrastierende Figuren, die

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