seitenbühne 11–12 - Niedersächsische Staatstheater Hannover
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14. 15<br />
KAthArinA ortMAnn<br />
15 konzert<br />
russische klAngmAgier<br />
Zum 3. Sinfoniekonzert<br />
Anlässlich des 80. geburtstags der grande dame der russischen zeitgenössischen musik, sofia<br />
gubaidulina, führt das niedersächsische staatsorchester ihr Märchenpoem auf. mit auf dem programm<br />
steht musik eines anderen großen russen, igor strawinskys Petruschka. Als gast am pult<br />
des staatsorchesters steht der renommierte dirigent Johannes debus, direktor der canadian<br />
opera company in toronto.<br />
An so manchen Schicksalen russischer Komponisten des 20. Jahr-<br />
hunderts kann man die extremen politischen und gesellschaftlichen<br />
Umbrüche ihrer Heimat ablesen.<br />
Für Igor Strawinsky entscheidend waren die Ereignisse der Oktoberrevolution<br />
1918: Da die Rückkehr nach St. Petersburg für ihn<br />
nicht mehr möglich war, führte ihn sein Weg von Paris in die<br />
Schweiz bis in die USA, wohin er im Alter von 58 Jahren auswanderte<br />
und bis zu seinem Tod 1971 auch blieb. Die für Strawinsky<br />
wohl prägendste Begegnung hinsichtlich seiner Laufbahn fand<br />
knapp zehn Jahre vor der Revolution statt, eine Begegnung zudem,<br />
die ihm den Weg ins westliche Europa erschloss: 1909 beauftragte<br />
der russische Impresario Sergej Diaghilew den 27-jährigen, noch<br />
unbekannten Igor Strawinsky, für die Ballets Russes die Musik zu<br />
L’Oiseau de feu (Der Feuervogel) zu schreiben. Was als Wagnis begann,<br />
wurde zur Erfolgsgeschichte: Schon im Juni 1910, nach der<br />
Uraufführung des Feuervogels in Paris, war Igor Strawinsky über<br />
Nacht weltberühmt. Die Verbindung mit Diaghilew und den damals<br />
ganz Paris begeisternden Ballets Russes war für Strawinsky aber<br />
auch hinsichtlich seiner Musikästhetik und seiner Klangsprache<br />
entscheidend: Durch sie war er zum Ballettkomponisten geworden.<br />
Zwischen seinen musikalischen Vorstellungen und den Bedingungen<br />
und Möglichkeiten des Tanzes bestand eine schöpferische<br />
Affinität, die Meisterwerke wie L’Oiseau de feu oder Le Sacre du<br />
printemps (Das Frühlingsopfer) hervorbrachte. Die fruchtbare Verbindung<br />
von Tanz und Musik in den ersten Jahren seiner Laufbahn<br />
sollte Strawinskys gesamtes Lebenswerk prägen, über die Ballettkompositionen<br />
hinaus. Der Musikwissenschaftler und Strawinsky-<br />
Biograph Volker Scherlies beschreibt den Charakter von Strawinskys<br />
Musik so auch als »tönende Bewegung«: »Es geht in ihr um das<br />
Wechselspiel von Bewegungszusammenhängen. Kleine und größere<br />
Gesten, einzelne und mehrere, nebeneinander und miteinander<br />
verknüpft, sich gegenseitig steigernd und eine in der anderen aufgehend.<br />
Auf eine Formel gebracht: Strawinskys Partituren sind keine<br />
programmatischen Schilderungen, sind nicht Erzählung, Psychogramm,<br />
Drama oder Rhetorik, sondern Choreografie«.<br />
sofia gubaidulina