MünchnerUni.Magazin - Ludwig-Maximilians-Universität München
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MUM:<br />
Herr Prof. Di Fabio, wie bringen<br />
Sie die Verpflichtungen in Karlsruhe<br />
und an der LMU unter einen Hut?<br />
Di Fabio: Manchmal ist die Doppelbelastung<br />
nur schwer erträglich,<br />
zumal ich kleine Kinder habe – meine<br />
Tochter ist drei Monate und meine<br />
Söhne fünf und bald sieben Jahre<br />
alt. Und die Familie hat für mich nun<br />
einmal den höchsten Stellenwert.<br />
Gleichzeitig gehe ich leidenschaftlich<br />
gern in den Hörsaal, weil ich den Kontakt<br />
zu den Studenten nicht verlieren<br />
will. Zudem bin ich etwa drei bis vier<br />
Tage pro Woche in Karlsruhe.<br />
MUM: Welche Lehrveranstaltungen<br />
werden Sie in diesem Sommersemester<br />
an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
halten?<br />
Di Fabio: Ich gebe einen vierstündigen<br />
Grundkurs für Erst- und<br />
Zweitsemester, der im Wintersemester<br />
angefangen hat und nun im<br />
Sommersemester<br />
fortgesetzt<br />
wird. Darin geht<br />
es um Öffentliches<br />
Recht und Verfassungsrecht.<br />
MUM: Im Zweiten Senat sind Sie<br />
für Organstreitigkeiten zuständig.<br />
Sollte die Union wegen des Streits<br />
um das Abstimmungsverfahren im<br />
Bundesrat zum Zuwanderungsgesetz<br />
das Bundesverfassungsgericht<br />
in Karlsruhe anrufen, könnte<br />
der Fall auf Ihrem Schreibtisch<br />
landen. Wie schätzen Sie die ganze<br />
Sache ein?<br />
Di Fabio: Zum konkreten Fall kann<br />
ich mich nicht äußern, aber er ist<br />
sicherlich nicht alltäglich. Es geht<br />
um eine verfassungsrechtliche<br />
Streitfrage, die womöglich das Bundesverfassungsgericht<br />
beschäftigen<br />
wird. Über die Aufgeregtheiten der<br />
Auseinandersetzung hinweg<br />
wünscht man sich gelegentlich eine<br />
stärkere öffentliche Debatte über<br />
politische Inhalte.<br />
MUM: Warum genießt<br />
das Bundesverfassungsgericht<br />
in der Öffentlichkeit<br />
ein so hohes Ansehen?<br />
Di Fabio: Das hängt sicherlich<br />
mit der richterlichen<br />
Unabhängigkeit zusammen. Das Verfassungsgericht<br />
legt die manchmal<br />
recht allgemeinen Normen des<br />
Grundgesetzes aus und bemüht sich<br />
um Augenmaß bei den Folgen seiner<br />
Entscheidungen. Karlsruhe steht<br />
dabei unter starker öffentlicher<br />
Beobachtung. Die Erwartungshaltung<br />
und das Vertrauen der Bürger<br />
in eine gute Rechtsprechung bedeuten<br />
eine große Verantwortung für<br />
jeden Richter.<br />
MUM: Sie haben für einen Verfassungsrichter<br />
eine eher ungewöhnliche<br />
Karriere hinter sich. Sie haben<br />
nach der Realschule zunächst zehn<br />
Jahre als Kommunalbeamter in<br />
Dinslaken gearbeitet und erst im<br />
Abendgymnasium das Abitur<br />
gemacht. Wie kam es dazu?<br />
Di Fabio: Die Berufstätigkeit nach<br />
der Realschule war als Erfahrung<br />
sehr wichtig, es entstand bei mir<br />
jedoch schnell der Wunsch, eine <strong>Universität</strong><br />
zu besuchen. Im Abendgymnasium<br />
Abitur zu machen, war in der<br />
Sache nicht schwieriger, aber abends<br />
vielleicht ein wenig mühsamer. ■<br />
Interviews: Ortrun Huber<br />
■ ZUR PERSON<br />
Professor Dr. Dr. Udo Di Fabio,<br />
1954 in Duisburg geboren, hat<br />
seit 1997 den Lehrstuhl für<br />
Öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte<br />
an der LMU<br />
inne. Während einer zehnjährigen<br />
Karriere als Verwaltungsbeamter<br />
im Mittleren Dienst der<br />
Stadt Dinslaken erwarb er am<br />
Abendgymnasium das Abitur<br />
und begann ein Jurastudium,<br />
das er 1985 abschloss. Nach<br />
einer kurzen Zeit als Richter am<br />
Amtsgericht Duisburg promovierte<br />
Di Fabio an der <strong>Universität</strong><br />
Bonn, wo er bis 1990 als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am<br />
Institut für Öffentliches Recht<br />
tätig war. Nach einer zweiten<br />
Promotion im Fach Soziologie<br />
1990 folgte 1993 die Habilitation.<br />
Im gleichen Jahre wechselte<br />
er als Professor an die <strong>Universität</strong><br />
Münster, wenige Monate<br />
später nahm er einen Ruf an die<br />
<strong>Universität</strong> Trier an. Seit Ende<br />
1999 ist der Jurist Richter des<br />
Bundesverfassungsgerichts.<br />
Udo Di Fabio ist verheiratet und<br />
Vater von drei Kindern.<br />
Foto: Bundesverfassungsgericht<br />
MUM 02/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
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