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Messung und Analyse myoelektrischer Signale - Communications ...

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Diplomarbeit II<br />

<strong>Messung</strong> <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong><br />

<strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong><br />

von<br />

Martin Weitz<br />

Oberöderweg 5<br />

37217 Witzenhausen<br />

Matr.-Nr.: 99205353<br />

1. Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Axel Bangert<br />

2. Gutachter: Prof. Dr. sc. techn. Dirk Dahlhaus<br />

Betreuer: Dipl.-Ing. Herbert Lindenborn<br />

Bearbeitungszeitraum: 05.04.2006 bis 06.09.2006


Erklärung<br />

Hiermit versichere ich, die vorliegende Diplomarbeit selbständig <strong>und</strong> unter ausschließlicher<br />

Verwendung der angegebenen Hilfsmittel erstellt zu haben.<br />

- - - - - - - - - - - -<br />

Unterschrift


Vorwort<br />

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mir diese Diplomarbeit<br />

ermöglicht haben. Vielen Dank an Herrn Dipl.-Ing. Herbert Lindenborn für die hervorragende<br />

<strong>und</strong> unschätzbare Betreuung meiner Diplomarbeit. Ebenso gilt mein Dank den<br />

Herren Prof. Dr.-Ing. Axel Bangert <strong>und</strong> Prof. Dr. sc. techn. Dirk Dahlhaus, die meine<br />

Diplomarbeit begutachten. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt dem gesamten Team<br />

des Fachgebiets Nachrichtentechnik der Universität Kassel für das hervorragende Arbeitsklima,<br />

durch das ich mich jederzeit sehr wohl gefühlt habe: Frau Hannelore Abel,<br />

Thomas Edlich, Stephan Matthes, Marc Seelig, Osama Sheibani <strong>und</strong> Ralf Stichtenoth.<br />

Vielen Dank an meine Familie, die mich unterstützt <strong>und</strong> mir damit das Studium in<br />

Kassel ermöglicht hat. Ein herzliches Dankeschön geht an Anke von Geldern für das<br />

unermüdliche Korrekturlesen.<br />

I


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung 1<br />

1.1. Thema der Diplomarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

1.2. Geschichtliche Entwicklung <strong>und</strong> Stand der Technik . . . . . . . . . . . . 2<br />

1.3. Ziel <strong>und</strong> Aufgabenstellung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.4. Lösungsweg der Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.5. Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung 6<br />

2.1. Einführung in den Aufbau der Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

2.2. Die motorische Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.3. Erregbarkeit von Muskelzellen durch das Aktionspotenzial . . . . . . . . 10<br />

2.3.1. Elektrisches Modell der Weiterleitung des Aktionspotenzials . . . 12<br />

2.3.2. Vereinfachtes elektrisches Modell der Weiterleitung des Aktionspotenzials<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.4. Summenaktionspotenzial der motorischen Einheit . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.4.1. Aktivierungseigenschaften der motorischen Einheit . . . . . . . . 18<br />

2.4.2. Rekrutierung motorischer Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

2.5. Überlagerung von Summenaktionspotenzialen zu einem myoelektrischen<br />

Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

2.6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

3. <strong>Signale</strong>rfassung 24<br />

3.1. Übersicht über das Erfassungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

3.2. Sensoreinheit mit Elektrode <strong>und</strong> Vorverstärker . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

3.2.1. Metallische Elektroden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

3.2.2. Vorverstärkerschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

3.3. Einflussfaktoren auf die <strong>Signale</strong>rfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.3.1. Hautvorbereitung <strong>und</strong> Übergangsimpedanz . . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.3.2. Platzierung der Elektrode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

3.3.3. Masseelektrode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

3.3.4. Übersprechen unerwünschter <strong>Signale</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

3.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

II


Inhaltsverzeichnis<br />

4. Signalanalyse 40<br />

4.1. Stochastische Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

4.2. Stationarität <strong>und</strong> Ergodizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

4.2.1. Stationarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

4.2.2. Stationarität im weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

4.2.3. Ergodizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

4.3. Amplitudenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

4.3.1. Gleichrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

4.3.2. Gemittelte Gleichrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

4.3.3. Integriertes myoelektrisches Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

4.3.4. Quadratischer Mittelwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

4.4. Frequenzparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.4.1. Spitzenwert der Amplitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

4.4.2. Spektrale Bandbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

4.4.3. Medianfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

4.4.4. Mittlere Frequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

4.5. Normierung der Messwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

4.6. Zerlegung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> in ihre Summenaktionspotenziale . . . 56<br />

4.6.1. Independent Component Analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

4.7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems 59<br />

5.1. Sensoreinheit mit Elektrode <strong>und</strong> Vorverstärker . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

5.2. Regelbarer Nachverstärker <strong>und</strong> Anti-Alias-Filterung . . . . . . . . . . . . 63<br />

5.2.1. Spannungsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

5.2.2. Einstellbarer Nachverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

5.2.3. Anti-Alias Tiefpassfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

5.2.4. Schaltplan der Nachverstärker- <strong>und</strong> Filterschaltung . . . . . . . . 68<br />

5.3. Messtechnische Untersuchung des Erfassungssystems . . . . . . . . . . . 69<br />

5.3.1. Frequenzgang des Anti-Alias Filters . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

5.3.2. Vorabschwächerschaltung für Linearitäts- <strong>und</strong> Frequenzgangmessung<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

5.3.3. Linearitätsverhalten des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems . . . . . . . 73<br />

5.3.4. Frequenzgang des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems . . . . . . . . . . 74<br />

5.4. Analog/Digital-Wandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

5.5. Implementierung der Steuersoftware in LabVIEW . . . . . . . . . . . . . 76<br />

5.6. Implementierung einer Schwellwerterkennung . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

5.7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

III


Inhaltsverzeichnis<br />

6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse 81<br />

6.1. Implementierung der <strong>Analyse</strong>software in MATLAB . . . . . . . . . . . . 82<br />

6.2. <strong>Messung</strong> statischer Bizepskontraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

6.2.1. Amplitudenparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

6.2.2. Spektrale Leistungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

6.3. <strong>Messung</strong> dynamischer Bizepskontraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

6.4. Statistische Momente der Messdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

6.5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

7. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick 93<br />

Abbildungsverzeichnis 96<br />

Tabellenverzeichnis 98<br />

Literaturverzeichnis 99<br />

A. Anhang 103<br />

A.1. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems . . . . . . . 103<br />

A.1.1. Leiterplattenlayout Sensoreinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

A.1.2. Leiterplattenlayout Nachverstärker-Filterstufe . . . . . . . . . . . 104<br />

A.1.3. Schaltplan einer mehrkanaliger Sensoreinheit . . . . . . . . . . . . 106<br />

A.1.4. Kalibrationsmessung NF-Übertrager . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

A.2. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108<br />

A.2.1. Implementierung der Signalanalyse in MATLAB . . . . . . . . . . 108<br />

A.2.2. Weitere Amplitudenparameter der statischen Bizepskontraktion . 113<br />

A.2.3. Leistungsspektren der statischen Bizepskontraktion Datensatz 01 115<br />

A.3. Weitere Messdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117<br />

A.4. CD-ROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117<br />

IV


Verwendete Symbole <strong>und</strong><br />

Formelzeichen<br />

∆Ωmin spektrale Auflösungsgrenze s(t) Zeitsignal<br />

ɛ0 Permittivitätskonstante sd(t) detektiertes Zeitsignal<br />

ɛr relative Permittivität TE Inter Puls Intervall<br />

µ Mittelwert t Zeit<br />

µ0 Permeabilitätskonstante U Spannung<br />

µr relative Permeabilität V Verstärkungsfaktor<br />

σ el. Leitfähigkeit vC Nervenleitgeschindigkeit<br />

σ Standardabweichung X(t) stochastischer Prozess<br />

σ 2 Varianz Y (ω) Admittanz<br />

τ Zeitfenster Z(ω) Impedanz<br />

ϕ Phasenwinkel<br />

ω Kreisfrequenz<br />

A Fläche<br />

C Kapazität<br />

d Distanz<br />

E(x) Erwartungswert<br />

f Frequenz<br />

fc Grenzfrequenz<br />

fE Entladerate<br />

fs Samplingfrequenz<br />

fs<br />

H(f)<br />

Stoppbandfrequenz<br />

Übertragungsfunktion<br />

I Strom<br />

k Übertragungsfaktor<br />

P (Ω) Periodogramm<br />

p(x) Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

R Widerstand<br />

R(τ) Autokorrelationsfunktion<br />

S(ω) spektrale Leistungsdichte<br />

V


Verwendete Abkürzungen<br />

A Verstärker, Amplifier<br />

ADC Analog/Digital-Converter<br />

ARV Averaged Rectified Value<br />

CMRR Common Mode Rejection Ratio<br />

DC Gleichstrom<br />

EKG Elektrokardiogramm<br />

EMG Elektromyogramm<br />

GPIB General Purpose Interface Bus<br />

FET Feldeffekttransistor<br />

FFT Fast Fourier Transform<br />

ICA Independent Component Analysis<br />

LE Linear Envelope<br />

MDF Median Frequency<br />

MNF Mean Frequency<br />

MPF Mean Power Frequency<br />

MUAP Motor Unit Action Potential<br />

MVC Maximum Voluntary Contraction<br />

OP, OPAMP Operationsverstärker<br />

PA Peak Amplitude<br />

PC Personal Computer<br />

PCMCIA Personal Computer Memory Card<br />

International Association<br />

PSD Power Spectral Density<br />

RMS Root Mean Square<br />

SC Switched Capacitor<br />

TP Tiefpass<br />

USB Universal Serial Bus<br />

VI Virtual Instrument<br />

VI


1. Einleitung<br />

Die Medizintechnik ist ein seit Jahren stetig wachsendes Anwendungsfeld der Elektrotechnik<br />

bzw. der Kommunikationstechnik. Ein Teilgebiet der Medizintechnik befasst sich<br />

dabei mit der <strong>Analyse</strong> myolektrischer <strong>Signale</strong>. Die rasanten Fortschritte auf dem Gebiet<br />

der modernen Signalverarbeitung innerhalb der vergangenen fünf bis zehn Jahre gestatten<br />

es, einerseits exaktere <strong>und</strong> schnellere medizinische Diagnosen durchzuführen, <strong>und</strong><br />

andererseits zuverlässige <strong>und</strong> intelligente prothetische Hilfsmittel anzubieten.<br />

Im Gegensatz zu den Schlagworten der modernen Kommunikationstechnik ist der Begriff<br />

myoelektrisches Signal der Allgemeinheit weithin unbekannt. Jeder von uns produziert<br />

jedoch diese <strong>Signale</strong>, bewusst <strong>und</strong> unbewusst. Sie entstehen in unseren Körpern selber,<br />

während jeder einzelnen alltäglichen Bewegung unserer Muskeln. Als selektive Beispiele<br />

können zur Veranschaulichung der morgendlichen Augenaufschlag oder auch das abendliche<br />

zappen mit der Fernbedienung aufgeführt werden. Myoelektrische <strong>Signale</strong> werden<br />

demnach durch jede bewußte <strong>und</strong> unterbewußte Muskelbewegung erzeugt.<br />

Anders als Kommunikationssignale, die wir täglich produzieren (hierzu gehören solche,<br />

die beispielsweise beim telefonieren mit dem Mobiltelefon oder beim Versenden einer<br />

Email mit dem Computer entstehen), verlassen myoelektrische <strong>Signale</strong> unseren Körper<br />

im Normalfall nicht. Möchte man sie trotzdem sichtbar machen oder anderweitig nutzen,<br />

z.B. für medizinische Zwecke, muss man sie mit einer geeigneten Technik messen.<br />

Hat man myoelektrische <strong>Signale</strong> des Körpers messtechnisch erfasst, können sie auf untersschiedlichen<br />

Anwendungsgebieten von entscheidendem Nutzen sein. In der medizinischen<br />

Elektrodiagnostik werden sie genutzt, um neuromuskuläre Krankheiten zu diagnostizieren.<br />

Hochleistungssportler verwenden sie zum kontrollierten Training ihrer Muskeln.<br />

Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet sind Mensch-Maschine Schnittstellen, wie beispielsweise<br />

die Steuerung von Körperteilprothesen. In diesem Zusammenhang verhelfen<br />

die <strong>Signale</strong> den betroffenen Menschen zu mehr Lebensqualität im Alltag.<br />

In dieser Arbeit soll sich auf die <strong>Messung</strong> <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong> der <strong>Signale</strong> konzentriert werden,<br />

um den einschlägigen Zusammenhang zwischen Technik <strong>und</strong> Medizin zu fokussieren <strong>und</strong><br />

hervorzuheben. Die folgenden Abschnitte dieses Kapitels erläutern die Aufgabenstellung<br />

<strong>und</strong> Zielsetzungen dieser Diplomarbeit im Detail.<br />

1


1. Einleitung<br />

1.1. Thema der Diplomarbeit<br />

Myoelektrische <strong>Signale</strong> sind elektrisch messbare <strong>Signale</strong>, die bei der Kontraktion von<br />

Muskeln entstehen. In der medizinischen Elektrodiagnostik benutzt man die <strong>Messung</strong><br />

dieser <strong>Signale</strong>, die so genannte Elektromyographie, um Krankheiten der Nerven- <strong>und</strong><br />

Muskelzellen zu diagnostizieren.<br />

Die Erfassung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> auf der Hautoberfläche stellt hohe Ansprüche an<br />

die verwendete Messtechnik. Zum Einen sind die <strong>Signale</strong> in ihrer Amplitude sehr schwach<br />

<strong>und</strong> in einem hohen Maß von Störungen <strong>und</strong> Rauschen überlagert, zum Anderen müssen<br />

einige physiologische Zusammenhänge, wie z.B. die Entstehung <strong>und</strong> Weiterleitung der<br />

<strong>Signale</strong> im Körper, bei der Erfassung bedacht werden. Die <strong>Messung</strong> sowie die anschließende<br />

<strong>Analyse</strong> der <strong>Signale</strong> sind das Thema dieser Diplomarbeit.<br />

1.2. Geschichtliche Entwicklung <strong>und</strong> Stand der Technik<br />

Den Gr<strong>und</strong>stein der modernen Neurophysiologie, <strong>und</strong> somit der Elektromyographie, legte<br />

Luigi Galvani Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts durch seine Experimenten mit Nerven- <strong>und</strong><br />

Muskelpräparationen. Er entdeckte, dass sich Muskeln durch elektrische Stimulation<br />

zu Kontraktionen anregen lassen. Umgekehrt erzeugen Muskeln bei der Kontraktion<br />

messbare elektrische Ströme <strong>und</strong> Spannungen. Seine Entdeckungen manifestierte er 1792<br />

in seiner Abhandlung über die Kräfte der Elektrizität bei der Muskelbewegung ( De viribus<br />

electricitatis in motu musculari commentarius)[1].<br />

Aufbauend auf Galvanis Erkenntnissen entwickelte sich der französische Physiologe Guillaume-Benjamin<br />

Duchenne im Laufe des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts zum Vater der modernen<br />

medizinischen Elektrophysiologie. Er führte Experimente mit elektrischer Reizung verschiedener<br />

Gesichtsmuskeln durch <strong>und</strong> schrieb die Erkenntnisse in seiner gr<strong>und</strong>legenden<br />

Arbeit Physiologie der Bewegung, (Cassel/Berlin 1885)[2] nieder.<br />

Mit der rasanten Weiterentwicklung auf den Gebieten der Elektronik <strong>und</strong> deren Verbreitung<br />

seit Ende des 2. Weltkrieges stieg die Nutzung der Elektromyographie rasch an. Als<br />

eine der ersten, weitläufig akzeptierten Publikationen kann die Arbeit über die Bewegung<br />

der Schulterregion von Inman, Sa<strong>und</strong>ers <strong>und</strong> Abbott (Observations of the function<br />

of the shoulder joint, 1944)[3] bezeichnet werden. Im Laufe der 50er Jahre des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

erhielt die Elektromyographie erstmals Einzug in komplexere, anatomischen<br />

Studien.<br />

2


1. Einleitung<br />

In der aktuellen Elektrodiagnostik gehören vollelektronische Systeme zur technischen<br />

Selbstverständlichkeit. Mit ihrer Hilfe können myoelektrische <strong>Signale</strong> oft mehrkanalig<br />

erfasst <strong>und</strong> digitalisiert werden. Die digitalen Messergebnisse werden zudem oft durch<br />

hochkomplexe Software <strong>und</strong> mit Hilfe digitaler Signalverarbeitungsalgorithmen analysiert<br />

<strong>und</strong> bewertet. Als b<strong>und</strong>esweit führendes Unternehmen, das solche Systeme kommerziell<br />

anbietet, kann die Firma Schwarzer GmbH [4] genannt werden.<br />

Auf dem Gebiet der Prothetik ist die ebenfalls deutsche Firma Otto Bock HealthCare<br />

Deutschland GmbH & Co. KG [5] aus Duderstadt ein weltweit führendes Unternehmen.<br />

Es entwickelt <strong>und</strong> produziert unter Anderem myoelektrisch angesteuerte Handprothesen,<br />

bei denen die Griffgeschwindigkeit <strong>und</strong> Griffkraft proportional zur Höhe des Muskelsignals<br />

geregelt werden. Zahlreiche Artikel in der Fachliteratur beschäftigen sich mit der<br />

Anwendung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> in der Prothetik [6, 7, 8].<br />

Trotz der hoch entwickelten Technik in solchen Systemen kann es jedoch unter ungünstigen<br />

Bedingungen zu Fehlfunktionen kommen. Der Aufenthalt in der Nähe von Hochspannungsleitungen,<br />

starken Sendeanlagen oder Transformatorstationen kann die Systeme in<br />

ihrer Funktion beeinträchtigen. Im Vergleich zu diesen Störeinstrahlungen sind die auftretenden<br />

myoelektrischen <strong>Signale</strong> jedoch sehr schwach. Um sie trotzdem zuverlässig<br />

zu messen, ist eine Verwendung von hochempfindlichen Elektroden, die zugleich robust<br />

gegenüber Störungen sind, zwingend notwendig.<br />

Bei den in der Prothetik derzeit verwendeten Systemen ist zudem die Anlernung der<br />

Systeme auf verbliebene Restmuskelfunktionen notwendig, die eine exakte <strong>und</strong> konstante<br />

Positionierung der Elektroden erfordern. Aktuell wird diese Problematik durch eine<br />

aufwändige orthopädische, mechanische Anpassung der Prothesen an die verbliebenen<br />

Körperteile gelöst. Eine einfachere Lösung wäre beispielsweise die Verwendung von<br />

lernfähigen Systemen, die basierend auf Mehrelektrodenarrays das jeweils hochqualitativste<br />

Messsignal von verschiedenen Positionen automatisch erfassen.<br />

3


1. Einleitung<br />

1.3. Ziel <strong>und</strong> Aufgabenstellung der Arbeit<br />

Ziel dieser Diplomarbeit ist es, ein System zu entwickeln, das myoelektrische <strong>Signale</strong><br />

erfasst <strong>und</strong> einem Rechnersystem zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stellt.<br />

Aus dieser Zielsetzung heraus leitet sich die Aufgabenstellung der Diplomarbeit folgendermaßen<br />

her:<br />

• Erarbeitung der theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen der Entstehung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>.<br />

• Entwicklung einer elektronischen Schaltung zur Aufnahme <strong>und</strong> Verstärkung der<br />

<strong>Signale</strong>.<br />

• Herstellung der elektronischen Schaltung <strong>und</strong> Aufbau eines Messsystems zur Erfassung<br />

der <strong>Signale</strong>.<br />

• Digitalisierung <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong> der gewonnenen <strong>Signale</strong> auf einem Rechnersystem.<br />

1.4. Lösungsweg der Aufgabenstellung<br />

Um die im Abschnitt 1.3 genannten Aufgaben zu bearbeiten <strong>und</strong> Zielsetzungen zu erreichen,<br />

ist ein zielgerichteter Lösungsweg notwendig. Ein möglicher Ansatz soll im folgenden<br />

vorgestellt werden:<br />

• Umfangreiche Literaturrecherche zu den Gr<strong>und</strong>lagen <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>.<br />

• Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Messsystems.<br />

• Messtechnische Untersuchung des realisierten Systems.<br />

• <strong>Messung</strong> realer <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>.<br />

• <strong>Analyse</strong> <strong>und</strong> Darstellung der Messergebnisse.<br />

4


1.5. Gliederung<br />

1. Einleitung<br />

Kapitel 1 stellt kurz die Anwendungsgebiete der Elektromyographie vor. Es erläutert die<br />

Motivation dieser Diplomarbeit <strong>und</strong> gibt einen detaillierten Überblick über die Aufgabenstellung,<br />

das Ziel <strong>und</strong> den Lösungsweg der Diplomarbeit. Diese Gliederung schließt<br />

das Kapitel 1 ab.<br />

Kapitel 2 behandelt die theoretischen <strong>und</strong> physiologischen Gr<strong>und</strong>lagen, die nötig sind,<br />

um die Entstehung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> zu verstehen. Es erläutert den gr<strong>und</strong>legenden<br />

Muskelaufbau <strong>und</strong> die Mechanismen der aktiven Muskelbewegung. Aufbauend auf diesen<br />

Erläuterungen erklärt das Kapitel abschließend wie myoelektrische <strong>Signale</strong> entstehen <strong>und</strong><br />

was ihre gr<strong>und</strong>legende Charakteristik ausmacht.<br />

Kapitel 3 befasst sich mit den Techniken zur Erfassung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>. Es gibt<br />

eine Übersicht der wesentlichen Komponenten eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems <strong>und</strong><br />

erläutert relevante Einflussfaktoren auf die <strong>Messung</strong> <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>.<br />

Kapitel 4 beschreibt verschiedene Methoden, durch welche die erfassten <strong>Signale</strong> analysiert<br />

<strong>und</strong> ausgewertet werden können. Es erläutert einführend die Gr<strong>und</strong>lagen der Signalanalyse<br />

<strong>und</strong> gibt anschließend eine Übersicht gebräuchlicher <strong>Analyse</strong>methoden der<br />

Amplituden- <strong>und</strong> Frequenzparameter <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>.<br />

Kapitel 5 beschreibt die im Laufe der Diplomarbeit entwickelte <strong>und</strong> realisierte Mess- <strong>und</strong><br />

Erfassungshardware. Schaltpläne der notwendigen Verstärkerschaltungen, ihre messtechnische<br />

Untersuchung sowie die Implementierung von Steuer- <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong>software werden<br />

erläutert.<br />

Kapitel 6 präsentiert Mess- <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong>ergebnisse, die mit Hilfe des in Kapitel 5 entwickelten<br />

Systems gemessen wurden.<br />

Kapitel 7 beinhaltet eine Zusammenfassung der vorgelegten Arbeit, diskutiert die gewonnenen<br />

Resultate <strong>und</strong> gibt einen Ausblick auf zukünftige Aufgaben.<br />

Verzeichnisse der Abbildungen, der Tabellen <strong>und</strong> der verwendeten Literatur, gefolgt von<br />

einem Anhang schließen diese Diplomarbeit ab.<br />

5


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Um eine Bewegung durchzuführen, welche produzierte Kraft benötigt, ist die gezielte<br />

Aktivierung von Muskelkontraktionen nötig. Während dieser Aktivierung von Muskeln<br />

enstehen kleine elektrische Ströme <strong>und</strong> Spannungen. Diese elektrischen <strong>Signale</strong> kann<br />

man sowohl über die Oberfläche der Haut als auch im Muskel selber messen. Man nennt<br />

sie ” myoelektrische <strong>Signale</strong>“. Die folgenden Abschnitte dieses Kapitels beschreiben die<br />

Entstehung dieser <strong>Signale</strong>, indem ihr Ursprung erläutert wird sowie charakteristische<br />

Eigenschaften erklärt werden. Eine kurze Einführung in den Aufbau der Muskulatur<br />

leitet dieses Kapitel ein.<br />

2.1. Einführung in den Aufbau der Muskulatur<br />

Die Muskulatur eines Menschen definiert man als das Organsystem, welches die Gesamtheit<br />

seiner Muskeln umfasst. Die Muskulatur ist Basis für die aktive Bewegung<br />

des Körpers, sowie für viele innere Körperfunktionen. Ein Muskel 1 ist ein Organ, welches<br />

durch die Abfolge von Kontraktion <strong>und</strong> Erschlaffen die Strukturen des Körpers<br />

bewegt. Die eigentliche Muskelkontraktion ist ein chemischer Vorgang, bei dem sich feine<br />

Eiweißstrukturen im Muskelgewebe ineinander verschieben <strong>und</strong> auf diese Weise den<br />

Muskel verkürzen. Der Vorgang wird durch Nervenimpulse ausgelöst.<br />

Gr<strong>und</strong>legend unterscheidet man zwischen der Muskulatur des Menschen in ihrer histologischen<br />

Struktur <strong>und</strong> zwischen den Mechanismen der Kontraktion. Man differenziert<br />

hier zwischen glatter Muskulatur <strong>und</strong> quergestreifter Muskulatur. Glatte Muskulatur<br />

kommt in vielen Hohlorganen, sowie in Blut- <strong>und</strong> Lymphgefäßen vor. Im Gegensatz<br />

zur quergestreiften Muskulatur kann man sie nicht bewusst kontrollieren. Quergestreifte<br />

Muskulatur kann nochmals in die Herzmuskulatur sowie in die Skelettmuskulatur unterteilt<br />

werden. Skelettmuskeln sind diejenigen Muskeln, die der willkürlichen, aktiven<br />

1 lat. musculus = Mäuschen<br />

6


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Körperbewegung (beispielsweise der Bewegung der Arme oder der Beine) dienen. Die<br />

vorliegende Arbeit befasst sich im Folgenden mit dieser Art der Muskulatur.<br />

Die Muskelzellen der Skelettmuskeln bezeichnet man als Muskelfasern. Viele dieser bis zu<br />

15 cm langen Fasern bilden, zu Muskelfaserbündeln zusammengefasst, den Muskel. Die<br />

Muskelfaser ist aus vielen fadenförmigen Eiweißstrukturen, den so genannten Myofibrillen<br />

aufgebaut. Sie durchziehen nebeneinander gelagert die Muskelfaser der Länge nach.<br />

Die Myofibrillen unterteilen sich in kleinere Einheiten, die Myofilamente. In ihnen findet<br />

der eigentliche Vorgang der Kontraktion durch das Ineinanderschieben der Eiweißstrukturen<br />

Aktin <strong>und</strong> Myosin statt. Ihre regelmäßig angeordnete, unter dem Mikroskop als<br />

quergestreift erkennbare Struktur ist Ursprung für den Namen dieser Muskelstruktur.<br />

Abbildung 2.1 zeigt den hier beschriebenen Aufbau.<br />

Abbildung 2.1.: Aufbau eines Skelettmuskels nach [9]<br />

7


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

2.2. Die motorische Einheit<br />

Hinter jeder bewussten <strong>und</strong> unbewussten Bewegung stehen komplexe, biochemische<br />

Vorgänge im menschlichen Körper. Um diese Vorgänge der neuronalen Kontrolle von<br />

Muskelkontraktionen zu beschreiben, ist es zweckmäßig, diese Komplexität zu reduzieren<br />

<strong>und</strong> nicht in seiner Gesamtheit zu erläutern.<br />

Die kleinste funktionelle Einheit dieses neuronalen-muskulären Systems nennt man Motorische<br />

Einheit. Jeder Skelettmuskel ist aus einer verschieden großen Anzahl dieser Einheiten<br />

aufgebaut. Das menschliche Nervensystem kontrolliert die Kontraktion in Skelettmuskeln<br />

durch die diskrete Aktivierung individueller motorischer Einheiten des Muskels<br />

<strong>und</strong> durch die Variation ihrer Aktivierungsrate.<br />

Die Anzahl der motorischen Einheiten variiert sowohl in verschiedenen Muskeln der<br />

gleichen Person, sowie in gleichen Muskeln verschiedener Personen. Ihre Anzahl beeinflusst<br />

im Wesentlichen die ” Feinfühligkeit“ des Muskels. Je mehr motorische Einheiten<br />

er umfasst, desto feiner kann die Kontraktion kontrolliert werden.<br />

Die motorische Einheit definiert man als den ” Zellkörper <strong>und</strong> die Dendriten eines Motorneurons,<br />

seines Axons, die motorischen Endplatten <strong>und</strong> die durch sie erfassten Muskelfasern“<br />

[10]. Unter dem Begriff Motorneuron 2 oder motorisches Neuron fasst man<br />

die vom zentralen Nervensystem wegführenden Nervenbahnen zusammen, die die Muskulatur<br />

des Körpers aktivieren. Der Zellkörper eines Motorneurons befindet sich im<br />

Rückenmark. Die Dendriten sind baumartige Ausläufer 3 der Nervenzelle, die ebenfalls<br />

im Rückenmark liegen. Ein langer, faserartiger Fortsatz der Nervenzelle, das Axon genannt,<br />

leitet elektrische Nervenimpulse vom Zellkörper zu den motorischen Endplatten<br />

auf den Muskelfasern weiter.<br />

Diese motorische Endplatte ist der zentrale Ort, an dem die Übertragung des Impulses<br />

von der Nervenzelle auf den Muskel stattfindet. Sie ist somit die Verbindungsstelle eines<br />

motorischen Nervs mit einer Muskelfaser. Diese Stelle bezeichnet man auch als chemische<br />

Synapse, an der der Nervenimpuls mit Hilfe eines Neurotransmitters übertragen wird.<br />

Neurotransmitter sind heterogene biochemische Stoffe, welche die Information von einer<br />

Nervenzelle zur anderen über die Synapsen weitergeben[11]. Abbildung 2.2 zeigt den<br />

schematischen Aufbau einer Motorischen Einheit.<br />

2 gr. neuron, der Nerv<br />

3 gr. dendrites, zum Baum gehörend<br />

8


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Abbildung 2.2.: Die motorische Einheit[12]<br />

Mechanische Eigenschaften der motorischen Einheiten<br />

Motorische Einheiten können nach ihren verschiedensten Eigenschaften klassifiziert werden,<br />

so z.B. nach ihrer Struktur, oder ihren biochemischen beziehungsweise ihren physiologischen<br />

Eigenschaften. Bezüglich ihrer mechanischen Eigenschaften klassifiziert man<br />

sie nach der Art ihrer Muskelfaserkontraktion. Man unterscheidet dabei langsam kontrahierende<br />

von schnell kontrahierenden Muskelfasern.<br />

Unabhängig von dieser unterschiedlichen Klassifizierung steigt die produzierte Kraft eines<br />

Skeletmuskels nichtlinear mit steigender Aktivierungsrate seiner motorischen Einheiten<br />

an [13]. Diese Nichtlinearität kann als s-förmig (sigmoidal) angesehen werden.<br />

Die von einer motorischen Einheit produzierte Kraft ist proportional zu dem Produkt<br />

ihrer Querschnittsfläche (cm 2 ) mit ihrer muskelfaserspezifischen Spannung (kg ∗ cm −2 ).<br />

Diese spezifische Spannung berechnet sich aus der maximal produzierbaren Kraft der<br />

motorischen Einheit, dividiert durch das Produkt aus der Anzahl der Fasern <strong>und</strong> ihrer<br />

durchschnittlichen Querschnittsfläche. Diese spezifische Spannung ist im selben Muskelfasertyp,<br />

obgleich in verschiedenen Muskeln, annähernd gleich. Weiter mechanische<br />

Eigenschaften werden in [14] <strong>und</strong> [15] erläutert.<br />

9


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

2.3. Erregbarkeit von Muskelzellen durch das<br />

Aktionspotenzial<br />

Im Normalfall hat die Aktivierung einer motorischen Einheit die Aktivierung aller Muskelfasern<br />

zur Folge, die durch sie erfasst werden. Bei dieser Aktivierung kommen vom<br />

Zellkörper über das Axon weitergeleitete Nervenimpulse an der Synapse an <strong>und</strong> bewirken<br />

die Ausschüttung von Acetylcholin 4 . Dieser Stoff bindet sich an Rezeptoren im<br />

so genannten synaptischen Spalt der Muskelfasermembran. Diese Rezeptoren sind für<br />

Kationen unterschiedlich durchlässig <strong>und</strong> wirken auf diese Weise als ” Ionenkanäle“ für<br />

Natrium-, Calcium- <strong>und</strong> Kaliumionen. Die Anbindung des Acetylcholins bewirkt eine<br />

Änderung dieser Permeabilität. Abbildung 2.3 zeigt den chemischen Aufbau des Neurotransmitters.<br />

Abbildung 2.3.: Chemischer Aufbau von Acetylcholin[16]<br />

Im nicht kontrahierten Zustand ist der intrazelluläre Raum von Muskelfaserzellen negativer<br />

geladen als der extrazelluläre Raum. Eine dünne Lipoproteinmembran 5 trennt <strong>und</strong><br />

isoliert diese Räume voneinander. Aus diesem Gr<strong>und</strong> herrscht zwischen der Oberfläche<br />

der Muskelfasermembran <strong>und</strong> dem intrazellulärem Raum bei entspanntem Muskel ein<br />

als Ruhepotenzial bezeichneter Zustand. Dieses Potenzial entsteht durch ein Ionenungleichgewicht<br />

zwischen intrazellulärem <strong>und</strong> extrazellulärem Raum der Muskelfaserzellen.<br />

Es liegt in diesem Zustand zwischen -80 mV <strong>und</strong> -90 mV. Aktive physiologische Prozesse<br />

halten diesen Zustand ständig aufrecht. Bei einer Dicke der Muskelfasermembran von<br />

5 nm isoliert sie eine Feldstärke von 18 kV pro mm.<br />

Nach Aktivierung der motorischen Einheit <strong>und</strong> Öffnung der ” Ionenkanäle“ durch die<br />

Acetylcholinrezeptoren fließen Natriumionen (Na+) in die Zelle <strong>und</strong> Kaliumionen (K+)<br />

aus der Zelle hinaus. Dies geschieht in einem solchen Ausmaß, dass der intrazelluläre<br />

Raum positiver geladen wird als der extrazelluläre Raum. Das Ruhepotenzial steigt bis<br />

auf +30 mV an, das so genannte Aktionspotenzial entsteht. Die durch die Potenzialumkehr<br />

entstehende Depolarisation der Muskelfaserzelle erzeugt in den an die motorische<br />

Endplatte angrenzenden Muskelfaserzellen einen Aktivierungseffekt, welcher in seinem<br />

Ausmaß der Ausschüttung von Acetylcholin enspricht. Die ” Ionenkanäle“ öffnen sich,<br />

4 ACh, systematischer Name: (2-Acetoxy-ethyl)-trimethylammonium<br />

5 Protein-Lipid-Komplexe, molekulare Eiweiß-Fett-Verbindungen<br />

10


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Natriumionen strömen in den Zellinnenraum, Kaliumionen hinaus, <strong>und</strong> lassen die Zellen<br />

schließlich depolarisieren. Dadurch wiederholt sich in den angrenzenden Zellen der<br />

Effekt ebenfalls. Auf diese Weise wird das an der motorischen Endplatte entstandene<br />

Aktionspotenzial entlang der Muskelfaser weitergeleitet.<br />

Die Depolarisation der einzelnen Muskelfaserzelle ist allerdings nur kurzfristig, da durch<br />

einen aktiven, kompensatorischen Ionenrückstrom eine sofortige Repolarisation auftritt.<br />

Auf diese Weise ist immer nur ein kleiner Abschnitt der Muskelfaser auf jeder Seite<br />

der motorischen Endplatte depolarisiert. Eine Hyperpolarisationsphase folgt der Repolarisation,<br />

in der das Aktionspotenzial unter das ursprüngliche Ruhepotenzial sinkt,<br />

bevor es sich wieder auf den ursprünglichen Pegel einstellt <strong>und</strong> normalisiert. In dieser<br />

Phase ist die Muskelzelle nicht erregbar. Die Abbildung 2.4 macht diesen Phasenverlauf<br />

deutlich. Im weiteren Verlauf führt die Erregung der Muskelfaserzellen zu einer<br />

Ausschüttung von Calciumionen in den intrazellulären Raum. Hierdurch entstehen durch<br />

elektro-mechanisch gekoppelte Prozesse Verkürzungen der in Abschnitt 2.1 beschriebenen<br />

Eiweißstrukturen der Muskelzellen. Es folgt die Kontraktion des gesamten Muskels,<br />

in dessen Folge er sich bewegt.<br />

Abbildung 2.4.: Das Aktionspotenzial nach [17]<br />

11


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

2.3.1. Elektrisches Modell der Weiterleitung des<br />

Aktionspotenzials<br />

Betrachtet man den kleinen, depolarisierten Abschnitt der Muskelfasermembran als<br />

Stromsenke <strong>und</strong> die beiden angrenzenden Abschnitte als Stromquellen, so bilden Senke<br />

<strong>und</strong> Quellen zusammen einen Tripol in einem Punktquellenmodell. Der Stromfluss jeder<br />

Quelle in die Senke verläuft genau entgegengesetzt zur jeweils anderen Quelle <strong>und</strong> parallel<br />

zur Muskelfaser. Die Abbildung 2.7 repräsentiert diese Vorgänge im Modell. Es zeigt<br />

schematisch die Polarität im Inneren <strong>und</strong> Äußeren der Muskelfaser an dem depolarisierten<br />

Abschnitt zu einem festen Zeitpunkt der Aktionspotenzialweiterleitung. Das Gewebe<br />

um die eigentliche Muskelfaser herum kann als ionische Lösung angesehen werden, sofern<br />

es sich nicht um weitere Muskelfasern handelt. Diese ionische Lösung ermöglicht<br />

einen radialen Stromfluss, bzw. ein radiales elektrisches Feld, wie es in der Abbildung<br />

2.7 gezeigt wird. Dieser Feldverlauf kann in bestimmten Distanzen von der eigentlichen<br />

Muskelfaser entfernt als Potenzialänderungen detektiert werden (Level A <strong>und</strong> Level B<br />

in Abbildung 2.7).<br />

Anschaulich wird die Weiterleitung des Aktionspotenzials, wenn man sich eine monopolare<br />

Elektrode vorstellt, die sich zu einem statischen Moment der Weiterleitung entgegengesetzt<br />

der Weiterleitungsrichtung bewegt. Nähert sich die Elektrode der positiven<br />

Seite des Tripolmodelles, detektiert man ein positives Potezial, das stufenweise ansteigt<br />

(Position A in Abbildung 2.7). Im weiteren Verlauf der Bewegung in Richtung der isopotenzialen<br />

Region an dem Rand des depolarisierten Abschnitts fällt das Potenzial wieder<br />

bis auf Null ab.<br />

Überquert die Elektrode die Stromsenke des Modells <strong>und</strong> bewegt sich von ihr weg, detektiert<br />

man ein negativ ansteigendes Potenzial (Position B in Abbildung 2.7). Dieses fällt<br />

bis zur zweiten isopotenzialen Region an dem Rand des depolarisierten Abschnitts auf<br />

Null ab <strong>und</strong> wechselt wiederum ins Positive (Position C <strong>und</strong> D in Abbildung 2.7). Abbildung<br />

2.7 zeigt diese Phasen ansteigender <strong>und</strong> abfallender Potenziale für verschiedene<br />

Distanzen (Level 1 <strong>und</strong> Level 2) zwischen der Muskelfaser <strong>und</strong> der Elektrode.<br />

Elektrochemische Eigenschaften der Muskelfasern bewirken eine hohe Amplitude <strong>und</strong><br />

kurze Zeitdauer der ersten zwei dieser Phasen, sowie eine geringere Amplitude <strong>und</strong> längere<br />

Zeitdauer der nachfolgenden Phase. Aus der Abbildung wird ebenfalls deutlich, dass<br />

mit größerem Abstand der Elektrode zu der Muskelfasermembran ein ebenfalls größerer<br />

Abfall der Signalamplitude sowie eine geringe Verlängerung der Zeitdauer des Signals zu<br />

beobachten sind. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der ” Filterwirkung“<br />

des Gewebes. Dieser Effekt wird durch die Gewebeimpedanz verursacht. Sie ist für radialen<br />

Stromfluss wesentlich höher als für Stromfluss entlang der Muskelfaser. Je weiter<br />

entfernt die Elektrode von der Muskelfaser platziert wird, desto geringer wird die Ampli-<br />

12


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

tude des Aktionspotenzials. Dickere Fettschichten unter der Haut haben ebenfalls eine<br />

höhere Impedanz <strong>und</strong> verstärken den schon vorhandenen Filtereffekt des Gewebes.<br />

Die Impedanz des Gewebes kann nicht direkt aus biologischen Parametern berechnet<br />

werden. Sie kann experimentell bestimmt werden, indem Gewebeproben zwischen zwei<br />

Elektroden harmonisch angeregt werden <strong>und</strong> Strom- <strong>und</strong> Spannungsmesssungen durchgeführt<br />

werden. Die komplexe Impedanz des Gewebes ergibt sich dann aus:<br />

Z(ω) = |U(ω)|<br />

|I(ω)|<br />

· ejϕUI(w)<br />

, (2.1)<br />

wobei ϕUI der Phasenwinkel zwischen Strom <strong>und</strong> Spannung ist. Untersuchungen verschiedener<br />

Gewebearten ergaben ein dominant kapazitives Impedanzverhalten [18]. Im<br />

Wesentlichen ist die Impedanz von der elektrischen Leitfähigkeit σ <strong>und</strong> der dielektrischen<br />

Permittivität ɛ des Gewebes abhängig. Die magnetische Permeabilitität µ speilt in biologischem<br />

Gewebe hingegen keine signifikante Rolle <strong>und</strong> kann vernachlässigt werden, bzw.<br />

falls notwendig mit der magnetischen Feldkonstante µ0 gleich gesetzt werden.<br />

Ist die Messanordnung der Strom- <strong>und</strong> Spannungsmessung bekannt (Fläche der Messelektroden<br />

A <strong>und</strong> Distanz zwischen den Elektroden d), lässt sich ein Zusammenhang<br />

zwischen der Admittanz Y , der elektrischen Leitfähigkeit σ <strong>und</strong> der elektrischen Permittivität<br />

ɛ herleiten<br />

Wobei der Leitwert G durch<br />

<strong>und</strong> die Kapazität C durch<br />

Y (ω) = G + jωC . (2.2)<br />

G = A<br />

d<br />

definiert sind. Die Admittanz ergibt sich dann folglich aus<br />

bzw. die Impedanz aus dem Kehrwert des Ausdrucks.<br />

· σ , (2.3)<br />

C = A<br />

d · ɛr ɛ0 , (2.4)<br />

Y (ω) = A<br />

d · (σ + jωɛrɛ0) , (2.5)<br />

13


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Aus diesen Überlegungen lässt sich ein analoges elektrisches Ersatzschaltbild definieren.<br />

Abbildung 2.5 zeigt ein solches Ersatzschaltbild für eine einzelne Zelle nach [19]. Die<br />

Zellmembran wird dabei durch eine verlustbehaftete Kapazität (Parallelschaltung aus<br />

Rm <strong>und</strong> Cm in Abbildung 2.5) modelliert. Die ohmschen Widerstände des extrazellulären<br />

bzw. intrazellulären Raumes werden durch die Widerstände Re bzw. Ri repräsentiert.<br />

Erweitert man die Überlegungen auf Gewebe, also eine Vielzahl einzelner Zellen, kommt<br />

man nach [18] auf die in Abbildung 2.6 gezeigten Ersatschaltbilder. Die Widerstände<br />

R0, Ru <strong>und</strong> C sind experimentell ermittelte Werte (R0 bei ω → 0 <strong>und</strong> Ru bei ω → ∞).<br />

Rp ist der Ersatzwiderstand für eine Parallelschaltung aus R0 <strong>und</strong> Ru.<br />

Abbildung 2.5.: Elektrisches Ersatzschaltbild einer Zelle nach [19]<br />

Abbildung 2.6.: Elektrisches Ersatzschaltbild für Gewebe nach [18]<br />

14


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Das Aktionspotenzial wird mit der Nervenleitgeschwindigkeit entlang der Muskelfaser<br />

weitergeleitet. Diese Nervenleitgeschwindigkeit ist im Wesentlichen vom Durchmesser<br />

der Muskelfaser abhängig. Je größer der Durchmesser, desto höher wird ebenfalls die<br />

Leitgeschwindigkeit. Die Leitgeschwindigkeit liegt in ges<strong>und</strong>en Muskeln zwischen 4 m/s<br />

<strong>und</strong> 6 m/s [13].<br />

Abbildung 2.7.: Punktquellenmodell des Aktionspotenziales [13]<br />

15


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

2.3.2. Vereinfachtes elektrisches Modell der Weiterleitung des<br />

Aktionspotenzials<br />

Das im vorhergehenden Abschnitt betrachtete Punktquellenmodell kann zur Veranschaulichung<br />

noch weiter vereinfacht werden. Aus elektrischer Sicht kann die Weiterleitung<br />

des Aktionspotenzials auf der Muskelfaser als Depolarisationswelle verstanden werden.<br />

Der monopolare elektrische Impuls formt einen elektrischen Dipol, der sich, wie oben<br />

beschrieben, auf der Muskelfaser entlang ausbreitet. Nutzt man bipolare, differenzielle<br />

Elektrodenanordnungen, lässt sich eine Potenzialdifferenz zwischen den Elektroden<br />

feststellen. Der sich auf der Muskelfaser fortbewegende Dipol verursacht diese zeitlich<br />

variierende Differenz in Abhängigkeit von seinem Abstand zu den Elektroden sowie deren<br />

räumlicher Distanz untereinander.<br />

Abbildung 2.8.: Elektrisches Model für das Aktionspotenzial<br />

Abbildung 2.8 verdeutlicht diesen Sachverhalt stark vereinfacht. Der Dipol entsteht zum<br />

Zeitpunkt t1 an einer motorischen Endplatte <strong>und</strong> verursacht an keiner der entfernten<br />

Elektroden eine messbare Potenzialdifferenz. Gelangt er zum Zeitpunkt t2 am dichtesten<br />

an die erste der Elektroden, so ist die Differenz der messbaren Potenziale am<br />

größten. Befindet er sich genau in der Mitte, zeigt die Potenzialdifferenzkurve in der<br />

Grafik einen Nulldurchgang zum Zeitpunkt t3 an. Räumlich am wenigsten entfernt zur<br />

zweiten Elektrode ist die Differenz zum Zeitpunkt t4 folglich am negativ-größten, wie in<br />

der Abbildung erkenntlich. Auf diese Weise entsteht aus dem monopolaren elektrischen<br />

Impuls ein bipolares Signal.<br />

16


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

2.4. Summenaktionspotenzial der motorischen Einheit<br />

Wie in Abschnitt 2.2 dieser Arbeit beschrieben, besteht eine motorische Einheit in der<br />

Realität nicht nur aus einer einzelnen Muskelfaser, sonder aus vielen Fasern. Eine motorische<br />

Einheit aktiviert alle ihr zugeordneten Muskelfasern annähernd synchron. Die<br />

an den einzelnen Muskelfasern <strong>und</strong> motorischen Endplatten entstehenden <strong>und</strong> sich ausbreitenden<br />

Aktionspotenziale summieren sich linear zu einem Summenaktionspotenzial<br />

der motorischen Einheit. Dessen englische Entsprechung Motor Unit Action Potential<br />

(MUAP) <strong>und</strong> seine Abkürzung werden zunehmend in den deutschen Fachjargon übernommen.<br />

Analog zu dem im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen elektrischen Modell entsteht<br />

nicht nur ein Dipol sondern viele Dipole. Die Elektroden erfassen nun alle von<br />

den Dipolen erzeugten Potenzialdifferenzen der von der motorischen Einheit erregten<br />

Muskelfasern. Die Potenzialdifferenzen fallen kohärent mit ihrem räumlichen Abstand<br />

zu den Elektroden aus <strong>und</strong> sind daher, je nach Distanz, sehr unterschiedlich.<br />

Die einzelnen Aktionspotenziale überlagern sich folglich unterschiedlich gewichtet an den<br />

Elektroden zu einem Interferenzsignal, eben jenem Summenaktionspotenzial. Die Abbildung<br />

2.9 zeigt vereinfacht die Abhängigkeit dieses Signals von der räumlichen Anordnung<br />

der Muskelfasern, der motorischen Endplatten sowie der Ableitstellen der Elektroden.<br />

Formell kann das Summenaktionspotenzial als gewichtete (gewichtet in dem Sinne, dass<br />

die einzelnen Aktionspotenziale nicht alle den gleichen Beitrag zum Summenaktionspotenzial<br />

liefern, da sie, wie bereits erläutert, nicht alle im gleichen Abstand zur Elektrode<br />

entstehen), lineare Summe der Aktionspotenziale der einzelnen Muskelfasern angenommen<br />

werden.<br />

Untersuchungen am Bizeps (Buchthal et al. [20, 21]), dem zweiköpfigen Muskel des Armes,<br />

der den Arm beugt bzw. streckt, ergaben in den 50er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

eine mittlere Dauer eines Summenaktionspotenziales von 8.7 ms. Dem gegenüber<br />

dauerten die einzelnen Aktionspotenziale im Mittel 2.5 ms [13]. Der deutliche Unterschied<br />

resultiert aus der räumlichen Verteilung der Muskelfasern <strong>und</strong> ihrer motorischen Endplatten.<br />

Die zu Beginn des Abschnitts erwähnte annähernd synchrone Aktivierung der<br />

Muskelfasern beeinflusst ebenfalls die Wichtung der einzelnen Aktionspotenziale. Aufgr<strong>und</strong><br />

unterschiedlich langer Verzweigungen des Axons zu den motorischen Endplatten,<br />

benötigt das Aktionspotenzial ebenfalls unterschiedlich lange Zeiten bei der Weiterleitung<br />

von seiner Verzweigung, bis es schließlich die Muskelfasern erreicht <strong>und</strong> aktiviert.<br />

Der Effekt dieser zeitlichen Verzögerung ist allerdings im Vergleich zu dem Effekt der<br />

räumlichen Verteilung vernachlässigbar klein [13].<br />

17


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Abbildung 2.9.: Das Summenaktionspotenzial einer motorischen Einheit nach [12]<br />

2.4.1. Aktivierungseigenschaften der motorischen Einheit<br />

Aktive motorische Einheiten entladen während der Kontraktion ihrer zugeordneten Muskelfasern<br />

nicht nur ein einzelnes Aktionspotenzial, sondern eine Sequenz von mehreren<br />

Aktionspotenzialen. Folglich entsteht nicht nur ein Summenaktionspotenzial, sondern eine<br />

Sequenz von Summenaktionspotenzialen. Die Fachliteratur unterscheidet diese Abfolge<br />

mit Hilfe zweier verschiedener Eigenschaften. Die Entladerate fE, auch Aktivierungsrate<br />

oder auch Feuerrate 6 genannt, gibt die Anzahl der Entladevorgänge über einen<br />

bestimmten Zeitraum an. Die physikalische Einheit dieser Entladerate ist folglich die<br />

Einheit der Freqenz, das Hertz (Hz). Anschaulicher ist hingegen die Darstellung in der<br />

SI 7 -Basiseinheit s −1 , die den Zusammenhang: ” Vorgänge pro Zeit“ deutlicher aufzeigt.<br />

Eine Serie von Zeitintervallen zwischen den Entladevorgängen, also zwischen den aufeinander<br />

folgenden Summenaktionspotenzialen, beschreibt als zweite Möglichkeit diese<br />

Aktivierungseigenschaft. Eine Serie solcher so genannter Inter-Puls Intervalle TE ist<br />

nötig, weil eine motorische Einheit ihre Summenaktionspotenziale nicht mit konstanten<br />

zeitlichen Abständen entlädt. Der Kehrwert eines solchen Inter-Puls Intervalls bildet<br />

den augenblicklichen Wert der Entladerate. Die Entladeeigenschaften der motorischen<br />

Einheit können als stochastisch <strong>und</strong> voneinander unabhängig beschrieben werden [13].<br />

6 engl. firing rate<br />

7 Abk. für frz.: Le Système international d’unités, Internationales Einheitensystem<br />

18


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

Studien, die anhaltende isometrische 8 oder isokinetische 9 Kontraktionen untersuchen,<br />

ergeben eine minimale Aktivierungsrate zwischen 5 s −1 <strong>und</strong> 7 s −1 . Die maximalen Aktivierungsraten,<br />

die bei Beginn der Kontraktionen beobachtet wurden, liegen zwischen<br />

12 s −1 <strong>und</strong> 26 s −1 [13]. Eine detailierte Übersicht gibt [10].<br />

Eine isometrische Kontraktion ist eine Kontraktion, bei der ein Muskel ausschließlich<br />

seine Spannung ändert, nicht jedoch seine Länge. Ein Beispiel stellt das statische Hochhalten<br />

eines Gewichtes dar. Isometrische Kontraktionen leisten keine physikalische Arbeit,<br />

da der zurückgelegte Weg gleich null ist. Eine isokinetische Kontraktion ist eine<br />

Kontraktion, bei der der Muskel den Widerstand mit konstanter Geschwindigkeit überwindet.<br />

2.4.2. Rekrutierung motorischer Einheiten<br />

Muskeln bestehen üblicherweise nicht aus einer einzelnen motorischen Einheit, sondern<br />

aus vielen Einheiten (siehe Abschnitt 2.2). Bewegt man sich <strong>und</strong> spannt beispielsweise<br />

einen Muskel gezielt an, aktiviert man eine gewisse Anzahl aus dem Pool der vorhandenen<br />

motorischen Einheiten des Muskels. Um eindeutig von den in Abschnitt 2.4.1<br />

erläuterten Aktivierungseigenschaften zu unterscheiden, spricht man in diesem Zusammenhang<br />

nicht von Aktivierung sondern von Rekrutierung.<br />

Die Anzahl der motorischen Einheiten <strong>und</strong> das Muster, nach dem sie rekrutiert werden,<br />

hängt von mehreren Faktoren wie beispielsweise der Kraft, der Geschwindigkeit <strong>und</strong> der<br />

Bewegungsrichtung ab. Das Prinzip der systematischen Rekrutierung der motorischen<br />

Einheiten in Abhängigkeit der produzierten Kraft wurde in den 50er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

um den Faktor Größe des Motorneurons erweitert. Neuere Studien ergaben zu<br />

dem, dass das Rekrutierungsmuster ebenfalls von der Geschwindigkeit der ausgeführten<br />

Bewegung abhängt [22, 13].<br />

Zusammen mit den in Abschnitt 2.4.1 erläuterten Aktivierungseigenschaften, bilden die<br />

Rekrutierungseigenschaften den wesentlichen Mechanismus, der die produzierte Kraft<br />

eines Muskels regelt [23]. Sowohl die Anzahl der rekrutierten motorischen Einheiten, als<br />

auch die Modulation ihrer Aktivierungsraten spielen hierbei eine Rolle.<br />

Kleine Muskeln der Hand produzieren die ersten 50 % der Kraft durch Kombinieren von<br />

Rekrutierung <strong>und</strong> Modulation der Aktivierungsrate, während die letzen 50 % der Kraft<br />

allein durch die Modulation der Aktivierungsrate erzeugt werden. Im Gegensatz dazu<br />

8<br />

9<br />

” gleichen Maßes“<br />

” gleich schnell“<br />

19


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

nutzen größere Muskeln der Gliedmaßen, so z.B. der Bizeps, zwischen 70 % <strong>und</strong> 90 %<br />

allein die Rekrutierung zur Regelung der Kraft [13].<br />

2.5. Überlagerung von Summenaktionspotenzialen zu<br />

einem myoelektrischen Signal<br />

Wie in Abschnitt 2.4.2 erklärt, spielen viele motorische Einheiten bei der Muskelbewegung<br />

eine Rolle. Folglich entsteht auch nicht nur ein Summenaktionspotenzial sondern<br />

viele.<br />

Bei der Erfassung von myoelektrischen <strong>Signale</strong>n auf der Hautoberfläche, repräsentiert<br />

die elektrische Überlagerung dieser Summenaktionspotenziale das eigentlich gewonnene<br />

myoelektrische Messsignal. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wird es in der Literatur auch oftmals als<br />

Interferenzsignal bezeichnet.<br />

Die motorischen Einheiten sowie ihre zugehörigen motorischen Endplatten sind, wie<br />

bereits in Abschnitt 2.4 erläutert, räumlich verteilt.<br />

Die Größe <strong>und</strong> Form jedes der am myoelektrischen Signal beteiligten Summenaktionspotenziale<br />

sind aus diesem Gr<strong>und</strong>e stark abhängig von seiner Position in Bezug auf die<br />

Elektrode.<br />

Die selben Mechanismen, die in Abschnitt 2.4 die Überlagerung der einzelnen Aktionspotenziale<br />

zu einem Summenaktionspotenzial bewirken, treten analog auch hier bei<br />

der Überlagerung mehrerer Summenaktionspotenziale zu einem myoelektrischen Signal<br />

auf.<br />

Der bereits in Abschnitt 2.3 beschriebene Filtereffekt des Gewebes tritt auch hier wieder<br />

in Erscheinung. Bei größeren Abständen wird das überlagerte myoelektrische Signal in<br />

seiner Amplitude schwächer <strong>und</strong> in seiner Zeitdauer länger. Die Abbildung 2.10 zeigt<br />

exemplarisch die Überlagerung von drei Summenaktionspotenzialen zu einem myoelektrischen<br />

Signal. Die Signaldaten sind im Internet frei verfügbar [24].<br />

20


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

U [mV]<br />

U [mV]<br />

U [mV]<br />

U [mV]<br />

0<br />

40<br />

20<br />

−20<br />

−40<br />

0 10 20 30 40 50<br />

t [ms]<br />

60 70 80 90<br />

0<br />

40<br />

20<br />

−20<br />

−40<br />

0 10 20 30 40 50<br />

t [ms]<br />

60 70 80 90<br />

0<br />

40<br />

20<br />

−20<br />

−40<br />

0 10 20 30 40 50<br />

t [ms]<br />

60 70 80 90<br />

0<br />

40<br />

20<br />

−20<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

−40<br />

0 10 20 30 40 50<br />

t [ms]<br />

60 70 80 90<br />

Abbildung 2.10.: Überlagerung von Summenaktionspotenzialen (A-C) zu einem myoelektrischen<br />

Signal(D) nach [24].<br />

Charakteristik des myoelektrischen Signals<br />

Verwendet man die in den vorhergehenden Abschnitten erläuterten Sachverhalte als<br />

Gr<strong>und</strong>lage weiterer Untersuchungen <strong>und</strong> misst auf der Hautoberfläche mit einer bipolaren,<br />

differenziellen Elektrodenkonfiguration die bei Muskelkontraktion entstehenden<br />

<strong>Signale</strong>, erhält man ein unbearbeitetes myoelektrisches Signal. Dieses unbearbeitete <strong>und</strong><br />

ungefilterte Signal wird in der englischsprachigen Literatur auch oft als Raw 10 -EMG 11 -<br />

Signal oder einfach als EMG-Signal bezeichnet. Die Abbildung 2.11 dieser Arbeit zeigt<br />

beispielhaft ein EMG-Signal zur Veranschaulichung aus Kapitel 6 vorweggenommen. Das<br />

EMG-Signal zeigt eine stochastische Charakteristik. Diese stochastische Natur folgt einerseits<br />

aus den stochastischen Entladeeigenschaften des Signals (siehe Abschnitt 2.4.1)<br />

<strong>und</strong> andererseits daher, dass selbst bei vermeintlich gleichen Muskelkontraktionen nicht<br />

immer die selbe Anordnung von motorischen Einheiten erfasst wird. Einerseits wird bei<br />

den Kontraktionen nicht immer die selbe Anordnung motorischer Einheiten mit der selben<br />

Rekrutierungs- <strong>und</strong> Feuerungscharakteristik aktiviert. Andererseits verkürzt sich bei<br />

der Kontraktion der Muskel, was dazu führt, dass sich die räumliche Konstellation der<br />

10 engl. raw, roh, unbearbeitet<br />

11 Elektromyogramm<br />

21


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

U [v]<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

−1<br />

−2<br />

−3<br />

Muskel nicht aktiv<br />

Muskel aktiv<br />

Myoelektrische <strong>Signale</strong><br />

−4<br />

0 5000 10000 15000<br />

t [ms]<br />

Abbildung 2.11.: Das EMG-Signal<br />

von den Elektroden erfassten motorischen Einheiten ständig ändert. Folglich kann eine<br />

EMG-Kurve, selbst bei vermeintlich gleichen Muskelanspannungen, nicht ein zweites<br />

Mal exakt reproduziert werden.<br />

Das nutzbare Frequenzspektrum eines EMG-Signals überstreicht einen Bereich von 0 Hz<br />

bis 500 Hz, wobei der Hauptanteil der Energie zwischen 50 Hz <strong>und</strong> 150 Hz verteilt ist.<br />

Abbildung 2.12 zeigt im oberen Abschnitt ein EMG-Signal im Zeitbereich sowie im<br />

unteren Abschnitt das Frequenzspektrum des Signals.<br />

Abbildung 2.12.: EMG-Signal im Zeitbereich <strong>und</strong> zugehöriges Frequenzspektrum [25]<br />

22


2. Physiologische Gr<strong>und</strong>lagen der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rzeugung<br />

2.6. Zusammenfassung<br />

Kapitel 2 erläutert den gr<strong>und</strong>sätzlichen Aufbau der Muskulatur vom gesamten Muskel<br />

ausgehend bis hin zur kleinsten funktionellen Einheit, der motorischen Einheit.<br />

Diese Einheit leitet einen Nervenimpuls vom zentralen Nervensystem bis zum Muskel<br />

weiter <strong>und</strong> veranlasst ihn zur Kontraktion, <strong>und</strong> schließlich eine aktive Bewegung des<br />

Körpers auszuführen.<br />

Das so genannte Aktionspotenzial ist der für die Muskelkontraktion zu Gr<strong>und</strong>e liegende<br />

Mechanismus. Die Entstehung <strong>und</strong> die Weiterleitung des Aktionspotenzials innerhalb des<br />

Muskels wird detailiert erklärt. Zwei unterschiedliche elektrische Modelle veranschaulichen<br />

diese Vorgänge.<br />

Abschließend beschreibt das Kapitel auf diesen Gr<strong>und</strong>lagen aufbauend die Entstehung<br />

<strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> als Überlagerung der Aktionspotenziale aller an der Kontraktion<br />

beteiligten motorischen Einheiten.<br />

23


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Nachdem in Kapitel 2 die Gr<strong>und</strong>lagen der <strong>Signale</strong>ntstehung sowie die Charakteristik<br />

<strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> erläutert wurden, befasst sich dieses Kapitel mit der Erfassung<br />

der <strong>Signale</strong>. Es beschreibt einerseits die gr<strong>und</strong>legende Technik der Erfassung <strong>und</strong><br />

erläutert andererseits wichtige Einflussfaktoren auf diese.<br />

Ziel der myoelektrischen <strong>Signale</strong>rfassung ist es, das Summenaktionspotenzial möglichst<br />

exakt zu messen <strong>und</strong> zu erfassen. Bezüglich der <strong>Messung</strong> auf der Oberfläche der Haut<br />

handelt es sich wie im vorhergehenden Kapitel erläutert um ein Überlagerungssignal<br />

mehrerer Summenaktionspotenziale.<br />

An dieser Stelle sei erwähnt, dass die <strong>Messung</strong> auch mit feinen Nadelelektroden, die<br />

in den Muskel eingeführt werden, erfolgen kann. Auf diese Weise lassen sich gezielt im<br />

jeweiligen Muskel bestimmte Regionen der Muskelfasern erfassen. Diese Diplomarbeit<br />

beschränkt sich allerdings auf die <strong>Messung</strong> mit Elektroden auf der Hautoberfläche, da<br />

diese nichtinvasiv durchgeführt werden kann. Weiterhin ist der nutzbare Frequenzbereich<br />

aufgr<strong>und</strong> der erwähnten Tiefpass-Filtercharakteristik des menschlichen Bindegewebes<br />

<strong>und</strong> der Haut wesentlich geringer, was geringere Hardwareanforderung an die spätere<br />

Digitalisierung des Messsignals stellt.<br />

3.1. Übersicht über das Erfassungssystem<br />

Die <strong>Signale</strong>rfassung beginnt mit der Aufnahme des Signals an der Oberfläche der Haut.<br />

Da, wie im Kapitel 2 erläutert, die <strong>Signale</strong> sehr schwach <strong>und</strong> in hohem Maß von Störungen<br />

überlagert sind, ist eine Verstärkung mit hoher Unterdrückung der Störsignale nötig.<br />

Ein mehrstufiges Verstärkerdesign erscheint dabei aufgr<strong>und</strong> der hohen Verstärkung unbedingt<br />

erforderlich. Zudem bietet es den Vorteil, eine hohe Eingangsimpedanz der ersten<br />

Stufe auf eine niederohmige Ausgangsimpedanz zu transformieren, wodurch das Signal<br />

im weiteren Verlauf der Erfassung weniger anfällig gegenüber eingekoppelten Störungen<br />

ist. Eine Sensoreinheit, bei welcher der metallische Elektrodenteil in räumlicher Nähe<br />

zu einem Vorverstärker platziert wird, ist daher ein sinnvoller Lösungsansatz, um ei-<br />

24


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

ne weitgehend störungsfreie <strong>Messung</strong> zu ermöglichen. Nach dieser Vorverstärkung kann<br />

das Signal dann niederohmig zu einer nachgeschalteten Verstärkerstufe übertragen werden.<br />

Um das Signal nach dieser letzten Stufe schließlich digitalisieren zu können, ist<br />

eine Tiefpassfilterschaltung notwendig, welche auftretende Alias-Effekte der Digitalisierung<br />

verhindert. Ein geeigneter Analog/Digital-Konverter bildet die letzte Stufe des<br />

Erfassungssystems. Er digitalisiert das Signal <strong>und</strong> stellt es zur weiteren Verarbeitung<br />

in einem Computersystem bereit. Abbildung 3.1 zeigt das Blockdiagramm eines solchen<br />

Erfassungssytems.<br />

Abbildung 3.1.: Blockdiagramm des Erfassungssystems<br />

25


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser Herangehensweise beginnt die <strong>Signale</strong>rfassung auf der Haut mit der Signalaufnahme<br />

durch die Sensoreinheit, bestehend aus Elektrode <strong>und</strong> Vorverstärker. Auf<br />

diesen Teil des Erfassungssystems haben die Besonderheiten <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> ihren<br />

wesentlichen Einfluss. Die nachfolgenden Komponenten die zur Erfassung nötig sind,<br />

sind weniger abhängig vom Ursprung der <strong>Signale</strong> <strong>und</strong> werden in Kapitel 5 in Zusammenhang<br />

mit dem Aufbau eines Messsystems näher erläutert. Die folgenden Abschnitte<br />

befassen sich nun im Detail mit diesem wichtigen ersten Teil des Erfassungssystems.<br />

3.2. Sensoreinheit mit Elektrode <strong>und</strong> Vorverstärker<br />

Dieser Abschnitt erläutert die Gr<strong>und</strong>lagen zur Konstruktion <strong>und</strong> gibt weiterführend<br />

Empfehlungen zu verschiedenen Aspekten der Sensoreinheit für die Erfassung <strong>myoelektrischer</strong><br />

<strong>Signale</strong>. Diese Empfehlungen basieren zum Teil auf denjenigen des SENIAM 1 -<br />

Projekts [26].<br />

Das SENIAM -Projekt ist ein auf europäischer Ebene abgestimmtes Projekt innerhalb<br />

des Biomedical Health and Research Program (BIOMED II) der Europäischen Union 2 .<br />

3.2.1. Metallische Elektroden<br />

Die Elektrode spielt eine entscheidende Rolle bei der Erfassung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong><br />

auf der Oberfläche der Haut. Es ist beinahe unmöglich nach diesem Punkt einen größeren<br />

Einfluss auf die Signalqualität <strong>und</strong> den Signal-Rausch-Abstand zu nehmen. Aufgr<strong>und</strong><br />

dieser Tatsache muss bereits bei der Konzeption der Elektrode das Hauptaugenmerk auf<br />

höchsten Signal-Rausch-Abstand <strong>und</strong> minimale Signalstörung gelegt werden.<br />

Elektrodenmaterial<br />

Das Elektrodenmaterial bildet die Schnittstelle zwischen Haut <strong>und</strong> Sensoreinheit. Bis<br />

zu dieser Schnittstelle geschieht der Ladungstransport <strong>und</strong> somit die Signalübertragung<br />

wie in Abschnitt 2.3 erläutert durch Ionen, danach durch Elektronen. Die Elektrode<br />

1 Surface ElectroMyoGraphy for the Non-Invasive Assessment of Muscles<br />

2 SENIAM publiziert Studien, welche sich mit der Erfassung <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong> von myoelektrischen <strong>Signale</strong>n<br />

auf der Hautoberfläche beschäftigen <strong>und</strong> schließlich als europäische Empfehlungen zu Sensoren <strong>und</strong><br />

deren Platzierung veröffentlicht werden.<br />

26


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

kann daher als eine Art Umsetzer verstanden werden, welcher den Ionenstrom in einen<br />

Elektrodenstrom umwandelt. Eine wichtige Aufgabe, die das Material daher zu erfüllen<br />

hat, ist über die Dauer der <strong>Messung</strong> einen konstanten elektrischen Kontakt <strong>und</strong> eine<br />

konstante Eingangsimpedanz zur Verfügung zu stellen. Diese konstante Eingangsimpedanz<br />

ist Gr<strong>und</strong>vorausetzung für eine wirkungsvolle Unterdrückung von Gleichtaktstörungen<br />

durch die nachfolgende differenzielle Verstärkung, wie in Abschnitt 3.2.2 erläutert<br />

wird.<br />

Stabile chemische Eigenschaften, z.B. Oxidationseigenschaften, sind ebenfalls wichtig,<br />

um mögliche Störungen durch variierende Kontaktspannungen zu vermeiden. Materialen,<br />

die unanfällig gegenüber Oxidation sind, finden daher bevorzugt Anwendung. Edelmetalle<br />

wie Gold (Au) <strong>und</strong> Silber (Ag), aber auch rostfreier Edelstahl sind möglich.<br />

Eine Kombination dieser Stoffe mit einer elektrolytischen Schicht zwischen dem Material<br />

<strong>und</strong> der Haut kann ebenfalls verwendet werden. Diese Schicht kann entweder direkt<br />

auf das Elektrodenmaterial aufgebracht sein oder durch entsprechende Gels oder Pasten<br />

vor der Anwendung auf die Haut aufgetragen werden. Solche elektrolytischen Schichten<br />

reduzieren <strong>und</strong> stabilisieren im Wesentlichen die Übergangsimpedanz zwischen Haut<br />

<strong>und</strong> Elektrode. SENIAM empfiehlt kombinierte Elektroden aus Silber <strong>und</strong> Silberchlorid,<br />

zusammen verwendet mit einer zusätzlichen elektrolytischen Paste.<br />

Zusammengefasst können folglich zwei Arten von Elektroden bezüglich ihres Materials<br />

unterschieden werden:<br />

• ” trockene“ Elektroden mit direktem Hautkontakt<br />

• ” schwimmende“ Elektroden mit elektrolytischem Medium zwischen der Haut <strong>und</strong><br />

dem metallischen Elektrodenteil<br />

Ungefähr 80% der in der Literatur beschriebenen Aplikationen benutzen eine ” schwimmende“<br />

Elektrodenkonfiguration. Von den 20% verwendeten ” trockenenen“ Elektroden<br />

werden zu 9 % Silber <strong>und</strong> zu 6 % rostfreier Edelstahl verwendet [27]. Trockene Elektroden<br />

bieten sich bei Multielektrodensystemen (Bipolare-, Tripolare- oder Arraykonfigurationen)<br />

besonders an, da hier die punktgenaue Verwendung elektrolytischer Pasten oder<br />

Gels schwer realisierbar ist. Multielektrodensysteme aus Arrays von Elektroden erlauben<br />

beispielsweise die räumlich zweidimensionale Kartographierung der Summenaktionspotenziale.<br />

Ebenso ist die <strong>Analyse</strong> von Ausbreitungsrichtung <strong>und</strong> Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />

mit solchen Elektrodenarrays möglich.<br />

27


Elektrodenkonfiguration<br />

3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Die <strong>Signale</strong>rfassung beschränkt sich nicht zwangsweise auf einen Teil der Elektrode. Oft<br />

ist es sinnvoll, das eigentlich zu analysierende Messsignal aus einer Kombination von<br />

mehreren Elektrodenteilen zu erfassen. Das in Abschnitt 2.3.2 vorgstellte vereinfachte<br />

Modell benutzt beispielsweise zwei Elektroden im Vergleich mit dem in Abschnitt 2.3.1<br />

vorgestellten Modell, welches eine Elektrode verwendet. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann also zwischen<br />

monopolaren, bipolaren <strong>und</strong> multipolaren Elektrodenkonfigurationen unterschieden<br />

werden. Die folgenden Abschnitte erläutern diese Konfigurationen.<br />

Monoplare Konfiguration<br />

Die monoplare Elektrodenkonfiguration, wie sie bereits in Abschnitt 2.3.1 zur Veranschaulichung<br />

des Punktquellenmodells des Aktionspotenzials beschrieben wurde, findet<br />

in praktischen EMG-Anwendungen selten Verwendung. Ihr Vorteil liegt in der weniger<br />

komplexen Vorverstäkerkonfiguration, welche sie für eine große Anzahl von Ableitstellen<br />

prädestiniert. Der größte Nachteil dieser Anordnung liegt darin, dass auftretende<br />

Störeinflüsse nicht ausreichend unterdrückt werden können. Der resultierende Signal-<br />

Rausch-Anstand ist folglich geringer.<br />

Bipolare Konfiguration<br />

Die bipolare Elektrodenanordnung, wie sie in Abschnitt 2.3.2 erstmals innerhalb dieser<br />

Arbeit beschrieben wurde, ist die am häufigsten verwendete Elektrodenkonfiguration<br />

zur Erfassung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> auf der Hautoberfläche. Sie wandelt, wie in Abschnitt<br />

2.3.2 beschrieben, den monopolaren Verlauf des Aktionspotenziales in ein biploares<br />

Signal um. Eine nachgeschaltete differentielle Verstärkung mit hoher Gleichtaktunterdrückung<br />

ermöglicht eine wirkungsvolle Unterdrückung von auftretenden Störeinflüssen.<br />

Der resultierende Signal-Rausch-Abstand ist im Vergleich zur monopolaren Elektrode<br />

folglich höher. Die SENIAM -Gruppe bezieht sich mit ihren Empfehlungen ausschließlich<br />

auf bipolare Elektrodenkonfigurationen.<br />

Zwei elektrisch leitende Elektrodenteile werden längs der Muskelfaserrichtung angeordnet<br />

[27]. Zusätzlich zum oben erwähnten Tiefpass-Filtereffekt des menschlichen Gewebes<br />

bringt diese Elektrodenanordnung einen weiteren Filtereffekt mit sich. Bezüglich dem<br />

elektrischen Modell in Abschnitt 2.3.2 kann man sich den Dipol als bewegende Signalquelle<br />

s(t) vorstellen. Es stellt sich schließlich das an den Elektroden detektierte Signal<br />

sd(t) als<br />

28


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

�<br />

sd(t) = s t + d<br />

� �<br />

− s t −<br />

2vc<br />

d<br />

�<br />

2vc<br />

, (3.1)<br />

dar, wobei d den Abstand zwischen den Elektroden repräsentiert <strong>und</strong> vc die Bewegungsgeschwindigkeit<br />

der Signalquelle darstellt. Nutzt man nun die Siebeigenschaft der Deltadistribution<br />

in Zusammenhang mit der Faltung<br />

bzw.<br />

s(t − t0) = s(t) ∗ δ(t − t0) , (3.2)<br />

s(t + t0) = s(t) ∗ δ(t + t0) , (3.3)<br />

erhält man auf Gleichung 3.1 angewandt, unter Berücksichtigung der Distributiveigenschaft<br />

der Faltungsoperation:<br />

sd(t) = s(t) ∗<br />

� �<br />

δ t + d<br />

� �<br />

− δ t −<br />

2vc<br />

d<br />

��<br />

2vc<br />

. (3.4)<br />

In den Frequenzbereich transformiert <strong>und</strong> zur Übertragungsfunktion umgeformt, ergibt<br />

sich:<br />

H(f) = sd(f)<br />

s(f)<br />

bzw. als Betragsquadrat ausgedrückt:<br />

�H(f)� 2 = −4 sin 2<br />

�<br />

= 2 j sin π f d<br />

�<br />

vc<br />

�<br />

π f d<br />

vc<br />

�<br />

, (3.5)<br />

. (3.6)<br />

Abbildung 3.2 zeigt anschaulich den bereits erläuterten Filtereffekt des Gewebes in<br />

Abhängigkeit des Abstandes zwischen Muskelfaser <strong>und</strong> Elektrode. Die Abbildung 3.3<br />

veranschaulicht den in diesem Abschnitt erläuterten Filtereffekt, verursacht durch die<br />

bipolare Elektrodenkonfiguration.<br />

29


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Abbildung 3.2.: Filtereffekt des Gewebes [13]<br />

Abbildung 3.3.: Filtereffekt der bipolaren Elektrodenkonfiguration [13]<br />

30


Elektrodengeometrie <strong>und</strong> Größe<br />

3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Die Geometrie <strong>und</strong> die Größe der Elektrode definieren die leitfähige Fläche der Elektrode.<br />

Je größer die Fläche ist, desto mehr Muskelfasern werden erfasst. Wird sie jedoch<br />

zu groß, ist der Einfluss von denjenigen myoelektrischen <strong>Signale</strong>n, die nicht vom zu<br />

messenden Muskel stammen, durch Übersprechen der <strong>Signale</strong> ebenfalls größer. Je nach<br />

Größe des zu unteruchenden Muskels <strong>und</strong> räumlicher Lage zu benachbarten Muskeln ist<br />

demnach ein Kompromiss aus räumlicher Auflösung <strong>und</strong> Amplitudenstärke des Signals<br />

zu suchen. In der Fachliteratur werden meist kreisförmige <strong>und</strong> rechteckige Elektroden<br />

im Zusammenhang mit <strong>Messung</strong>en auf der Hautoberfläche verwendet. Laut SENIAM<br />

sind die Unterschiede zwischen den beiden Formen vernachlässigbar, solange die resultierenden<br />

leitfähigen Flächen annähernd gleich sind. SENIAM empfiehlt kreisförmige<br />

Elektroden mit einem Durchmesser von 10 mm. Abbildung 3.4 zeigt eine mögliche Elektrodengeometrie<br />

<strong>und</strong> Größe laut SENIAM -Empfehlungen.<br />

Der Abstand zwischen zwei Elektroden einer bipolaren Elektrodenkonfiguration sollte<br />

zwischen 10 mm <strong>und</strong> 20 mm liegen. Diese Distanz hat wesentlichen Einfluss auf den<br />

erläuterten Filtereffekt, der durch die bipolare Anordnung entsteht. Legt man die in<br />

jenem Abschnitt erklärten Zusammenhänge zwischen Distanz <strong>und</strong> Weiterleitgeschwindigkeit<br />

zu Gr<strong>und</strong>e, ergibt sich für eine durchschnittliche Weiterleitgeschwindigkeit von<br />

vc = 4 m/s <strong>und</strong> einer Distanz von d = 10 mm nach Gleichung 3.6 eine 3 dB-Grenzfrequenz<br />

von fc = 200 Hz <strong>und</strong> eine Stoppbandfrequenz von fs = 400 Hz [25].<br />

Abbildung 3.4.: Elektrodengeometrie nach SENIAM -Empfehlungen<br />

31


3.2.2. Vorverstärkerschaltung<br />

3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Der Pegel <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> auf der Hautoberfläche liegt im Bereich von wenigen<br />

Mikrovolt bis hin zu einigen Millivolt [12]. Um das Signal optimal in den Erfassungsbereich<br />

des nachgeschalteten Analog/Digital-Konverters zu verstärken, ist eine Schaltung<br />

mit möglichst hoher, regelbarer Verstärkung notwendig. Eine mehrstufige Verstärkerschaltung,<br />

wie in Abschnitt 3.1 bereits erläutert, bietet sich generell an.<br />

Die erste Stufe transformiert das Signal von einer hochohmigen Eingangsimpedanz auf<br />

eine niederohmige Impedanz <strong>und</strong> macht es auf diese Weise für den weiteren Signalverlauf<br />

unanfälliger gegenüber Störeinflüssen. Da der hochohmige Eingang des Vorverstärkers<br />

empfindlich gegenüber kapazitiv eingekoppelten Störungen ist, sollte er mit möglichst<br />

wenig Abstand zu den metallischen Elektroden platziert sein, um lange Zuleitungskabel<br />

zu vermeiden.<br />

Bei der <strong>Messung</strong> von <strong>Signale</strong>n mit niedrigen Signalpegeln spielt Rauschen eine wichtige<br />

Rolle als Einflussfaktor auf die Signalqualität.<br />

Um das unvermeidliche Rauschen, das allen aktiven elektronischen Schaltungen inhärent<br />

ist, möglichst gering zu halten, verwendet man hochqualitative <strong>und</strong> rauscharme elektronische<br />

Komponenten für den Vorverstärker.<br />

Eine weitere Störgröße ist das vorhandene Umgebungsrauschen. Der menschliche Körper<br />

eignet sich auf Gr<strong>und</strong> seiner guten Leitfähigkeit hervorragend als Antenne für elektromagnetische<br />

Strahlung unterschiedlichster Frequenzbereiche. Eine Quelle solcher Störstrahlung<br />

sind die allgegenwärtigen Funkübertragungen, wie beispielsweise Fernseh- oder<br />

R<strong>und</strong>funkübertragungen aber auch die verschiedenen Mobilfunkanwendungen.<br />

Eine andere Quelle der Störstrahlung ist die überall vorhandene Netzspannungsversorgung.<br />

Sie liegt im europäischen Bereich bei 50 Hz <strong>und</strong> trägt wesentlich zum Störeinfluss<br />

bei. Da ein Großteil der eigentlichen <strong>Signale</strong>nergie ebenfalls in diesem Frequenzbereich<br />

liegt, wird in der Fachliteratur <strong>und</strong> auch von SENIAM von einer ” schmalbandigen Notchfilterung<br />

3 “ abgeraten.<br />

Weitere Störungen im Bereich bis 20 Hz treten durch so genannte Bewegungsartefakte<br />

auf. Diese entstehen durch Bewegung am Übergang zwischen Haut <strong>und</strong> Elektrode oder<br />

auch durch Bewegung der Verbindungsleitungen zum Vorverstärker. Eine Hochpassfilterung<br />

ab einer Frequenz von 20 Hz reduziert diese Effekte deutlich.<br />

Um nun die vorhandenen Störeinflüsse <strong>und</strong> das Umgebungsrauschen zu unterdrücken,<br />

3 engl. notch, Kerbe schmaler Einschnitt in der Übertragungsfunktion des Filters, Kerbfilter<br />

32


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

verwendet man das in Kapitel 2 erwähnte Prinzip der differenziellen Verstärkung. Durch<br />

dieses Prinzip werden primär vorhandene Gleichtaktstörspannungen unterdrückt.<br />

Zu diesem Zweck erfasst man das Signal an zwei einander nahe gelegenen Elektroden<br />

(siehe Abschnitt 3.2.1). An diesen Ableitstellen erzeugt das Signal leicht unterschiedliche<br />

Potenzialdifferenzen. Externe Störeinflüsse erreichen die beiden Elektroden<br />

jedoch im Allgemeinen ohne zeitlichen Phasenversatz. Ein solches Gleichtaktstörsignal<br />

erzeugt an den Elektroden identische Amplitudensignale mit wiederum identischen Phasenverläufen.<br />

Subtrahiert man nun diese beiden Eingangssignale der jeweiligen Elektroden,<br />

erhält man als Resultat die Differenz des eigentlichen <strong>und</strong> somit gewünschten<br />

Messsignals, das weiterhin verstärkt wird. Abbildung 3.5 zeigt das Prinzip einer solchen<br />

differenziellen Verstärkung, wobei m1 <strong>und</strong> m2 das myoelektrische Signal <strong>und</strong> n das<br />

Störsignal repräsentiert.<br />

Dieses Verfahren setzt allerdings eine hohe, theoretisch sogar unendliche Präzision der<br />

Subtraktion voraus. Trotz modernster elektronischer Bauteile ist eine solch präzise Subtraktion<br />

in der Praxis nicht möglich. Das Gleichtaktunterdrückungsverhältnis CMRR 4<br />

beschreibt die Genauigkeit, mit welcher ein differenzieller Verstärker eine solche Subtraktion<br />

durchführt. Das Gleichtaktunterdrückungsverhältnis beschreibt das Verhältnis<br />

zwischen Differenzsignalverstärkung <strong>und</strong> Gleichtaktsignalverstärkung <strong>und</strong> ist somit ein<br />

wichtiges Qualitätsmerkmal des Vorverstärkers. SENIAM empfiehlt ein Gleichtaktunterdrückungsverhältnis<br />

von CMMR ≥ 95 dB. Die Eingangsimpedanz sollte im Bereich<br />

1 MΩ ≤ Zein ≤ 10 MΩ liegen. Eine möglichst lineare Aufnahme <strong>und</strong> Verarbeitung des<br />

Signals ist anzustreben.<br />

Abbildung 3.5.: Prinzip der differenziellen Verstärkung<br />

4 engl. Common Mode Rejection Ratio CMRR<br />

33


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

3.3. Einflussfaktoren auf die <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Der folgende Abschnitt der Arbeit stellt einige wichtige Einflussfaktoren auf das erfasste<br />

myoelektrische Signal vor.<br />

3.3.1. Hautvorbereitung <strong>und</strong> Übergangsimpedanz<br />

Abgestorbene Hautzellen verursachen eine hohe Übergangsimpedanz zwischen Haut <strong>und</strong><br />

Elektrode. Bei trockener, für die <strong>Messung</strong> nicht vorbereiteter Haut kann die Übergangsimpedanz<br />

bis zu einigen Megaohm betragen [25]. Trotz der hohen Eingangsimpedanz,<br />

die die differentielle Verstärkung ermöglicht, sollte aus diesem Gr<strong>und</strong> die Übergangsimpedanz<br />

zwischen Haut <strong>und</strong> Elektrode möglichst gering gehalten werden. Eine<br />

korrekt durchgeführten Hautvorbereitung ist deshalb notwendig. Sie ermöglicht einen<br />

stabilen elektrischen Kontakt <strong>und</strong> einen geringe Übergangsimpedanz.<br />

Eine gründliche Hautvorbereitung wird erreicht, indem in einem ersten Schritt die Haare<br />

(falls vorhanden) entfernt werden <strong>und</strong> in einem zweiten Schritt die Haut von abgestorbenen<br />

Hautzellen <strong>und</strong> von Verschmutzung <strong>und</strong> Schweiß gereinigt wird. Für klinische<br />

Zwecke empfiehlt sich das Abreiben der Haut mit einem alkoholgetränkten Tuch [12].<br />

Um eine hohe Gleichtaktunterdrückung der Störsignale zu erreichen, ist bei dem Design<br />

der Sensoreinheit darauf zu achten, eine möglichst identische Eingangsimpedanz für<br />

beide Elektroden zu erzielen.<br />

3.3.2. Platzierung der Elektrode<br />

Die Platzierung der Elektrode <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene erforderliche Präzision hängt<br />

von der Art <strong>und</strong> Weise der geplanten Verwendung des gewonnenen Signals ab. Für eine<br />

einfache Detektion vorhandener Muskelaktivität ist die Anforderung an eine genaue<br />

Platzierung wesentlich geringer als für komplexere Signalanalysen. Die Elektrode muss<br />

bei solchen <strong>Analyse</strong>n wesentlich sorgfältiger platziert werden.<br />

Überlegungen hinsichtlich der optimalen Platzierung der Elektrode sind sowohl in Bezug<br />

auf den Ort des zu untersuchenden Muskels als auch in Bezug auf die Orientierung der<br />

einzelnen Elektrodenteile einer bi- oder multipolaren Elektrodenkonfiguration bezüglich<br />

der Muskelfaserrichtung anzustellen. Gr<strong>und</strong>sätzlich müssen bi- oder multipolare Elektroden<br />

so platziert werden, dass die metallischen Elektrodenflächen alle die selben Mus-<br />

34


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

kelfasern erfassen. Wie im Abschnitt 3.2.1 erläutert, ist allerdings ein Kompromiss zu<br />

schließen zwischen ausreichender Anzahl der erfassten Muskeln <strong>und</strong> damit ausreichend<br />

hoher Signalamplitude <strong>und</strong> der Möglichkeit des Übersprechens von <strong>Signale</strong>n unerwünschter<br />

Muskeln. Für eine gute Signalqualität sollte der Ort auf dem Muskel so gewählt sein,<br />

dass er mittig zwischen dem Muskelansatz an der Sehne <strong>und</strong> dem Innervationsgebiet<br />

liegt [25]. Das Innervationsgebiet ist das Gebiet, in dem die mittlere Konzentration der<br />

motorischen Endplatten des Muskels <strong>und</strong> seiner motorischen Einheiten am höchsten ist.<br />

Diesen Punkt nennt man auch motorischen Punkt bzw. in der englischsprachigen Fachliteratur<br />

motor point. Es handelt sich dabei um denjenigen Punkt des Muskels, an dem<br />

das Erregungslevel minimal ist, bzw. der Muskel auf konstante Erregung maximal reagiert.<br />

Diese Stelle kann durch elektrische Stimulation auf der Hautoberfläche identifiziert<br />

werden. Verschiedene Verfahren sind in [27] detailliert erläutert. In der Nähe des Muskelansatzes<br />

an der Sehne verdünnen sich die Muskelfasern <strong>und</strong> ihre Anzahl reduziert sich.<br />

Das myoelektrische Signal ist folglich in seiner Amplitude an dieser Stelle schwächer als<br />

mittig auf dem Muskel. Die Wahrscheinlichkeit des Übersprechens ist dadurch bedingt<br />

ebenfalls höher als an anderen Stellen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sollte der Sensor nicht in diesem<br />

Bereich platziert werden. Verrutscht die Elektrode zur Außenseite des Muskels hin,<br />

nimmt die Signalqualität ebenfalls ab <strong>und</strong> das Signal wird anfälliger für Übersprechen.<br />

Abbildung 3.6 zeigt verschiedene Platzierungen der Elektroden, sowie die Auswirkungen<br />

bezüglich Amplitude <strong>und</strong> Spektrum auf das aufgenommene myoelektrische Signal.<br />

Abbildung 3.7 zeigt optimale Elektrodenpositionen (mit Oberflächenableitung gekennzeichnet)<br />

nach [12]. Die Fine Wire-Kennzeichnung bezieht sich auf Nadelelektroden <strong>und</strong><br />

ist im Kontext dieser Arbeit nicht relevant.<br />

Abbildung 3.6.: Elektrodenpaarplatzierungen <strong>und</strong> ihre Auswirkungen nach [28]<br />

35


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

(a) Frontalansicht<br />

(b) Rückansicht<br />

Abbildung 3.7.: Optimale Elektrodenpositionen nach [12]<br />

36


3.3.3. Masseelektrode<br />

3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Um eine gemeinsame Referenz für die differenzielle Verstärkung zu erreichen, ist eine Referenzelektrode,<br />

auch Masseelektrode genannt, notwendig. Sie sollte möglichst entfernt<br />

vom zu untersuchenden Muskel <strong>und</strong> auf elektrisch neutralem Gebiet platziert werden.<br />

Elektrisch neutrale Gebiete sind solche mit wenig Muskelaktivität <strong>und</strong> folglich wenig<br />

zu erwartenden myoelektrischen <strong>Signale</strong>n. Sie liegen vorzugsweise über knochigen Regionen<br />

<strong>und</strong> Gelenken wie beispielsweise Hand- <strong>und</strong> Fußgelenken oder auf der Stirn. Die<br />

Masseelektrode muss guten Kontakt zur Hautoberfläche haben. Eine Mindestfläche von<br />

Amin = 4 cm 2 sollte dabei nicht unterschritten werden [25].<br />

3.3.4. Übersprechen unerwünschter <strong>Signale</strong><br />

Dieser Abschnitt der Arbeit beschreibt das Übersprechen unerwünschter <strong>Signale</strong>, welche<br />

sich mit dem eigentlich zu untersuchenden myoelektrischen Signal überlagern. Zum<br />

Einen handelt es sich dabei um myoelektrische <strong>Signale</strong> anderer an der Bewegung beteiligter<br />

Muskeln, zum Anderen um Übersprechen von Muskelsignalen des Herzens.<br />

Übersprechen unerwünschter Muskelsignale<br />

Diese Art des Übersprechens, in der Fachliteratur auch als Muskel-Crosstalk 5 bezeichnet,<br />

beschreibt das Übersprechen eines nicht erwünschten myoelektrischen Signals. Dabei<br />

wird von der Elektrode ein Signal eines anderen, direkt oder indirekt an der Bewegung<br />

beteiligten Muskels mit erfasst. Direkt benachbarte Muskeln können dabei einen signifikanten<br />

Anteil des gemessenen Signals produzieren. Dieses Übersprechen überschreitet<br />

typischerweise 10% bis 15% des Gesamtsignalanteiles nicht, oder ist oft gar nicht sichtbar.<br />

Dennoch sollte bei eng zueinander orientierten Muskeln (z.B. am Hals, Vorderarm)<br />

besonders aufmerksam untersucht <strong>und</strong> analysiert werden. Überlegungen hinsichtlich der<br />

Elektrodengeometrie- <strong>und</strong> Größe (siehe Abschnitt 3.2.1) helfen, das Problem des Übersprechens<br />

zu vermeiden.<br />

5 engl. crosstalk, Übersprechen<br />

37


3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Übersprechen unerwünschter Herzsignale<br />

Hierbei handelt es sich um ein Übersprechen des EKG 6 -Signals, dessen direkte Ursachen<br />

die Aktionspotenziale des Herzens sind. Das EKG-Signal ist folglich das myoelektrische<br />

Signal des Herzens. Die Besonderheit des Herzmuskels ist dabei, dass die Muskelfasern<br />

alle synchron aktiviert werden. Hieraus resultiert ein, im Vergleich zu anderen myoelektrischen<br />

<strong>Signale</strong>n, wesentlich stärkeres elektrisches Summenaktionspotenzial, welches typischerweise<br />

im zweistelligen Millivoltbereich liegt.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der guten Leitfähigkeit des Körpergewebes kann dieses Signal frei im Körper<br />

migrieren <strong>und</strong> erreicht als biologisches Artefakt ebenfalls die Elektroden des Erfassungssystems.<br />

Es tritt hauptsächlich bei der <strong>Signale</strong>rfassung in Nähe des Herzens auf. Abhilfe<br />

schafft eine Platzierung der Elektroden möglichst auf der rechten Körperhälfte <strong>und</strong><br />

möglichst entfernt vom Herzen. Das Übersprechen des starken elektrischen Summenaktionspotenzials<br />

des Herzens kann durch korrekte Hautvorbereitung <strong>und</strong> Repositionierung<br />

der Mess- <strong>und</strong> Referenzelektroden vermindert werden. Mathematische Algorithmen<br />

können diese Artefakte im Messsignal erkennen <strong>und</strong> eliminieren, ohne das Nutzsignal zu<br />

verändern. Hierbei wird der EKG-Anteil des Signals durch Kombination von adaptiven<br />

Filtern mit einem Pattern-Recognition-Algorithmus modelliert <strong>und</strong> vom eigentlich gewollten<br />

Signal eliminiert [12]. Abbildung 3.8 zeigt ein durch EKG-Artefakte gestörtes<br />

myoelektrisches Signal. Die Störung ist anhand der hohen Signalamplitude <strong>und</strong> des periodischen<br />

Auftretens erkennbar.<br />

Abbildung 3.8.: Myoelektrisches Signal mit EKG-Artefakten [12]<br />

6 Elektrokardiogramm EKG<br />

38


3.4. Zusammenfassung<br />

3. <strong>Signale</strong>rfassung<br />

Kapitel 3 liefert eine Übersicht des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems. Angefangen bei der<br />

<strong>Signale</strong>rfassung am Muskel stellt es die Komponenten der Erfassung <strong>und</strong> Verstärkung<br />

des myoelektrischen Signals vor.<br />

Es kristallisiert sich ein mehrstufiges Verstärkerkonzept heraus, dessen erster Verstärker<br />

in Kombination mit der Messelektrode die wichtigte Stufe der Sensoreinheit bildet. Diese<br />

Einheit wird detailliert vorgestellt. Wichtige Eigenschaften der Elektrode wie Material,<br />

Messkonfiguration, Geometrie <strong>und</strong> Größe werden erläutert <strong>und</strong> in Bezug zueinander<br />

gesetzt.<br />

Das Prinzip der differenziellen Verstärkung sowie Anforderungen bezüglich seiner Gleichtaktunterdrückung<br />

<strong>und</strong> Eingangsimpedanz werden vorgestellt. Wichtige Einflussfaktoren<br />

auf die Messwertaufnahme wie Hautvorbereitung <strong>und</strong> Platzierung der Elektrode werden<br />

definiert.<br />

Die auf die Sensoreinheit folgenden Komponenten zur weiteren Verstärkung, Filterung<br />

<strong>und</strong> Digitalisierung des myoelektrischen Signals werden in Kapitel 5 in Zusammenhang<br />

mit der realisierten Hardware behandelt.<br />

39


4. Signalanalyse<br />

Die vorangegangenen Kapitel 2 <strong>und</strong> 3 beschreiben die Entstehung sowie die Erfassung<br />

<strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>. Die Signalanalyse, also der Vorgang nützliche Informationen aus<br />

dem erfassten Signal zu gewinnen, wird in dem nun folgenden Kapitel näher erläutert.<br />

Von nun an kann das Signal als eine Zusammensetzung von den zu Gr<strong>und</strong>e liegenden<br />

physiologischen Vorgängen der Muskelerregung sowie den Eigenschaften des verwendeten<br />

Erfassungssytems verstanden werden.<br />

Einflüsse auf die Signalparameter wie Amplitude <strong>und</strong> Frequenzspektrum haben die Anzahl<br />

der aktiven Muskelfasern, ihre Länge <strong>und</strong> ihr Durchmesser, der Typ der verwendeten<br />

Elektroden, deren Platzierung in Bezug auf die Lage zu den motorischen Endplatten,<br />

die Gewebedicke zwischen den Muskelfasern <strong>und</strong> der Elektrode sowie ihre Lage in Bezug<br />

auf die aktiven Muskelfasern. Gleichbleibende elektrische <strong>und</strong> chemische Eigenschaften<br />

wie Impedanz <strong>und</strong> Stabilität zwischen Hautoberfläche <strong>und</strong> Elektrode spielen ebenfalls<br />

eine entscheidende Rolle bezüglich der Signalparameter.<br />

Betrachtet man ein myoelektrisches Signal, welches zu einem beliebigen Zeitpunkt auf<br />

der Hautoberfläche erfasst wird, besteht es im Wesentlichen aus zwei verschiedenen Klassen<br />

linearer Summationen:<br />

1. Aktionspotenziale individueller Muskelfasern, die durch ein einzelnes Motorneuron<br />

aktiviert wurden.<br />

2. Potenziale aller aktiven motorischen Einheiten, die an der Muskelkontraktion beteiligt<br />

sind <strong>und</strong> von der Elektrode erfasst werden.<br />

Die Aktionspotenziale einer einzelnen motorischen Einheit werden fast simultan aktiviert.<br />

Das resultierende Summenaktionspotenzial, das an der Hautoberfläche zum myoelektrischen<br />

Signal beiträgt, wird folglich hauptsächlich durch die räumliche Verteilung<br />

der motorischen Endplatten, sowie durch die eigentlichen Muskelfasern beeinflusst. Solche<br />

Fasern, die räumlich näher an der Elektrode sind, haben in Folge des schwächeren<br />

Filtereffekts des Gewebes einen wesentlich höheren Signalbeitrag, als weiter entfernte<br />

Fasern.<br />

40


4. Signalanalyse<br />

Wenn sich genügend viele Summenaktionspotenziale zu einem myoelektrischen Signal<br />

überlagern, kann dieses näherungsweise durch einen gaußschen stochastischen Prozess<br />

mit dem Mittelwert Null beschrieben werden [13]. Solche stochastischen <strong>Signale</strong> können<br />

entweder stätionär oder nichtstationär sein <strong>und</strong> werden durch statistische Eigenschaften<br />

charakterisiert.<br />

In der Praxis treten bei auf der Hautoberfläche erfassten myoelektrischen <strong>Signale</strong>n Frequenzen<br />

von 0 Hz bis 500 Hz auf. Der Hauptteil der Energie ist im Bereich von 50 Hz<br />

bis 150 Hz verteilt. Die Bandbreite des Signals wird durch verschiedene Filtereffekte beeinflusst.<br />

Wie in Kapitel 2 beschrieben, sind Muskelfasern <strong>und</strong> Fettschichten unter der<br />

Haut anisotrop <strong>und</strong> wirken als Tiefpassfilter. Bei größer werdender Distanz zwischen<br />

Muskelfasern <strong>und</strong> Elektrode steigt der Filtereffekt an.<br />

In der Fachliteratur werden die verschiedensten Parameter zur Charakterisierung von<br />

myoelektrischen <strong>Signale</strong>n herangezogen. Man unterteilt sie typischerweise in zwei Hauptgruppen:<br />

die Amplitudenparamter <strong>und</strong> die Frequenzparameter. Einige dieser Parameter<br />

können auf der Hardwarebene vor der Analog/Digital-Wandlung extrahiert werden, andere<br />

wiederum lassen sich besser nach dieser Wandlung mit den Mitteln der digitalen Signalverarbeitung<br />

gewinnen. Die digitale Verarbeitung bietet außerdem den Vorteil, dass<br />

sie nicht nur zur Echtzeitverarbeitung zur Verfügung steht, sondern auch auf bereits<br />

erfasste <strong>und</strong> digitalisierte Daten zur Nachverarbeitung herangezogen <strong>und</strong> angewandt<br />

werden kann.<br />

4.1. Stochastische Prozesse<br />

Das myoelektrische Signal kann, wie oben beschrieben als zufälliges Signal in Abhängigkeit<br />

der Zeit aufgefasst werden. Solche zeitabhängigen, zufälligen Prozesse werden auch<br />

als stochastische Prozesse bezeichnet. Mathematisch gesehen handelt es sich dabei um<br />

eine Erweiterung einer Zufallsvariable (z. B. das Ergebnis eines Würfelwurfs), um den<br />

Parameter der Zeit. Bezeichnet man den stochastischen Prozess nun mit X(t) handelt es<br />

sich bei myoelektrischen <strong>Signale</strong>n sowohl bei X als auch bei dem zugehörigen Zeitparameter<br />

t um kontinuierliche Größen. Dies trifft wenigstens in den Schritten der Verarbeitung<br />

zu, die vor der Digitalisierung des Signals stattfinden. In den darauffolgenden Schritten<br />

handelt es sich sowohl um wertdiskrete, als auch um zeitdiskrete Größen.<br />

Betrachtet man eine Zeitreihe des stochastischen Prozesses X(ti) mit i als positiver<br />

Ganzzahl (1 . . . n) , erhält man einen Zufallsvektor aus n Werten �xi = X(ti). Die Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

dieses Vektors wird durch die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion<br />

p(xi) = p(x1, x2, x3, . . . xn) beschrieben. Sie gibt Auskunft darüber, mit welcher Wahr-<br />

41


4. Signalanalyse<br />

scheinlichkeit eine Zufallsvariable einen bestimmten Wert annimmt. Exakter spricht man<br />

in diesem Zusammenhang von der Verb<strong>und</strong>wahrscheinlichkeit, welche angibt, mit welcher<br />

Wahrscheinlichkeit die Werte gemeinsam auftreten. Kontinuierlich ausgedrückt handelt<br />

es sich beim Zufallsvektor auch um die Musterfunktion x(t) des stochastischen Prozesses.<br />

Möchte man den stochastischen Prozess anders als durch die vollständige Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion<br />

charakterisieren, kann man bestimmte Parameter verwenden, die<br />

man auch als Kennwerte oder so genannte statistische Momente bezeichnet.<br />

Die wichtigsten dieser Kennwerte sind:<br />

• Erwartungswert E(X), auch als Mittelwert µ bezeichnet<br />

• die Varianz σ 2 <strong>und</strong><br />

• die Standardabweichung σ.<br />

Der Erwartungswert bzw. der Mittelwert kennzeichnet die Mitte der Wahrscheinlichkeitsverteilung.<br />

Die Varianz <strong>und</strong> die Standardabweichung sind ein Maß für die Streuung<br />

der Werte um den Erwartungswert.<br />

Sind die Wahrscheinlichkeiten der Werte gleich groß, spricht man von gleich verteilter<br />

Wahrscheinlichkeit. In diesem Fall liegt der Erwartungswert in der Nähe des arithmetischen<br />

Mittelwertes bzw. entspricht bei unendlich vielen Werten dem arithmetischen<br />

Mittelwert.<br />

Als Beispiel kann man das oben bereits angedeutete Zufallsexperiment ” Würfelwurf“<br />

heranziehen. In diesem Experiment treten die 6 möglichen Werte 1, 2, 3, 4, 5, 6 der diskreten<br />

Zufallsvariable X (Augenzahl des Würfels) alle mit der selben Wahrscheinlichkeit<br />

p(xi) = 1/6 auf. Das arithmetische Mittel wäre in diesem Fall:<br />

x =<br />

1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6<br />

6<br />

= 3, 5 , (4.1)<br />

welches bei unendlich vielen Würfen gleich dem Erwartungswert ist. Im Allgemeinen, so<br />

auch bei den betrachteten myoelektrischen <strong>Signale</strong>n, sind die Werte jedoch nicht gleichverteilt<br />

<strong>und</strong> treten mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten auf. Bei der Berechnung<br />

des Erwartungswertes spielt in diesem Fall die Wahrscheinlichkeitsverteilung p(x) eine<br />

entscheidende Rolle. Sie gewichtet den möglichen, diskreten Wert xi eines Zufallsvektors<br />

mit der Wahrscheinlichkeit p(xi) mit der er auftritt. Als Summe aller dieser gewichteten<br />

42


4. Signalanalyse<br />

Werte definiert man den Erwartungswert eines diskreten stochastischen Prozesses X(ti)<br />

dann folgendermaßen:<br />

Als Varianz σ 2 definiert man:<br />

E(X(ti)) = �<br />

xi · p(xi) . (4.2)<br />

i<br />

σ 2 = V ar(X(ti)) = �<br />

(xi − E(X)) 2 · p(xi) , (4.3)<br />

<strong>und</strong> als Standardabweichung σ die Quadratwurzel aus der Varianz σ 2 :<br />

4.2. Stationarität <strong>und</strong> Ergodizität<br />

i<br />

σ = √ σ 2 . (4.4)<br />

Da, wie im vorangegangen Abschnitt erläutert, bei der <strong>Analyse</strong> von myoelektrischen<br />

<strong>Signale</strong>n von stochastischen <strong>Signale</strong>n ausgegangen wird, werden in den folgenden Abschnitten<br />

zu den verschiedenen <strong>Analyse</strong>verfahren auch mathematische Mittel der Stochastik<br />

angewandt, wie sie beispielsweise in Abschnitt 4.1 erläutert wurden . Bei der<br />

Anwendung dieser Mittel spielen die zwei Begriffe Stationarität <strong>und</strong> Ergodizität eine<br />

wichtige Rolle <strong>und</strong> sollen im nun Folgenden näher erläutert werden. Insbesondere wenn<br />

Frequenzparameter zur Diskussion kommen, gewinnen diese Begriffe an Bedeutung, da<br />

sie als Bedingungen für die dort notwendige Transformation aus dem Zeitbereich in den<br />

Frequenzbereich vorausgesetzt werden.<br />

4.2.1. Stationarität<br />

Sind die statistischen Momente eines stochastischen Prozesses unveränderlich gegenüber<br />

Verschiebungen der Zeit, spricht man von einem stationären Prozess. Legt man den in<br />

Abschnitt 4.1 eingeführten Zufallsvektor �xi = X(ti) = (x(t1), x(t2) . . . x(tn)) eines stochastischen<br />

Prozesses X(ti) sowie seine zugehörige Wahscheinlichkeitsdichteverteilung<br />

43


4. Signalanalyse<br />

p(x1, x2, x3, . . . xn) zu Gr<strong>und</strong>e, muss die um den Parameter t verschobene Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung<br />

eines zweiten Zufallsvektors p(x1+t, x2+t, x3+t, . . . xn+t) des selben<br />

Prozesses gleich sein. In diesem Fall spricht man von Stationarität im strikten oder auch<br />

strengem Sinn. Stationarität bezüglich der Musterfunktionen bedeutet, dass die Scharmittelwerte<br />

der Musterfunktionen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ebenfalls identisch<br />

sind.<br />

4.2.2. Stationarität im weiteren Sinne<br />

Die im vorangegangenen Abschnitt 4.2.1 erläuterte strenge Stationarität bezieht sich<br />

genau genommen auf alle t <strong>und</strong> n, also unendlich viele Werte, bzw. auf unendlich viele<br />

Musterfunktionen. In der Praxis ist sie also nur schwer nachweisbar. Man bezieht sich<br />

in solchen Fällen auf die Stationarität im weiteren Sinne 1 .<br />

Stationarität im weiteren Sinne definiert man folgendermaßen:<br />

• Alle statistischen Momente sind unabhängig vom Beobachtungszeitpunkt<br />

• Die Korrelation ist unabhängig vom Beobachtungszeitpunkt <strong>und</strong> nur von der Zeitdifferenz<br />

∆t abhängig<br />

Allgemein definiert man nach [29] als n-tes Moment eines stochastischen Prozesses als:<br />

E[X n ti ] =<br />

� +∞<br />

−∞<br />

x n ti · p(xn ti )dxn ti . (4.5)<br />

Ist der Prozess stationär, d.h. ist p(xi) = p(xi+t) ist folglich auch das n-te Moment<br />

stationär <strong>und</strong> somit unabhängig von der Zeit.<br />

Die Korrelation zwischen zwei verschiedenen Zufallsvektoren stochastischer Proezesse<br />

Xt1 <strong>und</strong> Xt2 beschreibt das zweite Moment, die Autokorrelationsfunktion [29]:<br />

φ(t1, t2) = E[Xt1, Xt2] =<br />

1 engl. Wide Sense Stationarity WSS<br />

� +∞ � +∞<br />

−∞<br />

44<br />

−∞<br />

xt1xt2p(xt1, xt2)dxt1dxt2 . (4.6)


4. Signalanalyse<br />

Ist der Prozess stationär, also die Verteilungsdichte von Xt1 <strong>und</strong> Xt2 gleich der Verteilungsdichte<br />

von Xt1+t <strong>und</strong> Xt2+t für beliebige Parameter t, wird die Autokorrelationsfunktion<br />

ebenfalls unabhängig von den Zeitpunkten t1 <strong>und</strong> t2 <strong>und</strong> ist nur von der<br />

Zeitdifferenz τ = t1 − t2 abhängig. Allgemein umgeschrieben erfüllt nun<br />

φ(∆t) = φ(t1 − t2) = φ(t1, t2) = E[Xt1, Xt2] , (4.7)<br />

die Bedingung für einen Prozess, der im weiteren Sinne stationär ist.<br />

4.2.3. Ergodizität<br />

Zusätzlich geht man bei stochastischen <strong>Signale</strong>n meist davon aus, dass sie ergodisch<br />

sind. Ein ergodisches Signal ist ein stationäres Signal, das sowohl aperiodisch als auch<br />

wiederkehrend ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es einen markanten Singnalanteil<br />

hat, der allerdings nicht in festen Intervallen wiederkehrt.<br />

Mathematisch betrachtet bedeutet Ergodizität, dass eine einzige, unendliche Zeitreihe<br />

die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung einer Zufallsvariable vollständig beschreibt. Die<br />

Annahme der Ergodizität ist Voraussetzung für die Anwendung verschiedener mathematischer<br />

Methoden, um Zufallsprozesse zu charakterisieren. Von entscheidender Bedeutung<br />

ist diese Voraussetzung ebenfalls, wenn man Beziehungen zwischen Zeitbereich<br />

<strong>und</strong> Frequenzbereich betrachtet.<br />

Aus diesen Gründen ist es oftmals notwendig, die Annahme von Ergodizität bei der<br />

<strong>Analyse</strong> von myoelektrischen <strong>Signale</strong>n nachzuweisen. Da die Stationarität, wie oben<br />

erläutert eine notwendige Bedingung der Ergodizität ist, ist der Nachweis der Stationarität<br />

oftmals ausreichend. Weil ein myoelektrisches Signal nicht exakt gaußsch verteilt<br />

<strong>und</strong> seine Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion nicht vollständig bekannt ist, beschränkt<br />

sich der Nachweis meist auf die in Abschnitt 4.2.2 beschriebene Stationarität im weiteren<br />

Sinne.<br />

45


4.3. Amplitudenparameter<br />

4. Signalanalyse<br />

Das unbearbeitete myoelektrische Signal ist die Basis, um Aussagen über Muskelaktivität<br />

anhand <strong>myoelektrischer</strong> Vorgänge treffen zu können. Lange Zeit wurde ein solches<br />

Signal durch visuelle Interpretation beurteilt. Ein geübter Beobachter kann auf diese<br />

Weise erkennen, ob ein Muskel aktiv ist oder nicht. Eine Klassifizierung der Stärke der<br />

Kontraktion ist durch dieses Vorgehen allerdings nur subjektiv möglich, indem der Beobachter<br />

sie mit Worten wie ” leichte“ oder ” starke“ Aktivität beschreibt. Abbildung<br />

4.1 zeigt exemplarisch das myoelektrische Signal drei unterschiedlicher Kontraktionen<br />

des selben Muskels 2 . Diese Abbildung sowie alle weiteren Abbildungen in diesem Kapitel<br />

der Arbeit sind nicht aus der Literatur entnommen. Es handelt sich um eigene,<br />

vorweggenommene Messergebnisse aus Kapitel 6, die an dieser Stelle zur graphischen<br />

Verdeutlichung der erläuterten Parameter herangezogen werden.<br />

Zur quantitativen Bestimmung der Amplitudenparameter gibt es verschiedene Ansätze.<br />

Der einfachste dieser Ansätze, die Bildung des Mittelwertes, scheidet allerdings an dieser<br />

Stelle aus, da er aufgr<strong>und</strong> der stochastischen Natur des Signals Null ergibt. Die folgenden<br />

Abschnitte 4.3.1 bis 4.3.4 beschreiben fortgeschrittene Methoden zur Beschreibung der<br />

Amplitudenparameter.<br />

U [V]<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

−2<br />

−4<br />

Muskel schwach aktiv<br />

Myoelektrische <strong>Signale</strong><br />

Muskel stark aktiv<br />

Muskel nicht aktiv<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5<br />

x 10 4<br />

−6<br />

t [ms]<br />

Abbildung 4.1.: Myoelektrische <strong>Signale</strong><br />

2 Auf der Y-Achse ist die verstärkte Signalspannung in Volt skaliert aufgetragen. Die X-Achse repräsentiert<br />

insgesamt 35 Sek<strong>und</strong>en Signaldauer.<br />

46


4.3.1. Gleichrichtung<br />

4. Signalanalyse<br />

Da die normale Mittelwertbildung wie oben beschrieben Null ergäbe, ist die Gleichrichtung<br />

der einfachste Ansatz, um dieses Problem zu umgehen. Dadurch wird aus dem<br />

bipolaren Signal ein Signal mit einfacher Polarität. Sowohl Halbwellengleichrichtung als<br />

auch Vollwellengleichrichtung sind mögliche Verfahren. Bei der Halbwellengleichrichtung<br />

wird lediglich der negative Anteil des Signals entfernt, wohingegen bei der Vollwellengleichrichtung<br />

dieser Signalanteil invertiert wird. Die Mittelwertbildung kann per Sofware<br />

nach Digitalisierung des Signals vorgenommen werden.<br />

4.3.2. Gemittelte Gleichrichtung<br />

Das gleichgerichtete Signal variiert in gleichem Umfang wie das unbearbeitete myoelektrische<br />

Signal. Eine Mittelung des gleichgerichteten Signals (also eine Glättung die<br />

als Tiefpassfilterung angesehen werden kann), eignet sich, um diese Varianz zu unterdrücken.<br />

In der Fachliteratur wird dieser Wert oftmals mit seiner englischen Abkürzung<br />

ARV für Averaged Rectified Value abgekürzt. Dieser Wert entspricht dem Integral, also<br />

der Fläche zwischen dem gleichgerichteten Signal <strong>und</strong> der Zeitachse, das in einem<br />

bestimmten Zeitintervall τ berechnet wird, dividiert durch selbiges. Diese Technik, ein<br />

Zeitfenster τ über das gleichgerichtete Signal zu verschieben, nennt man auch gleitenden<br />

Mittelwert, im englischen moving average. Abbildung 4.2 zeigt ein gleichgerichtetes<br />

Signal (blaue Kurve) <strong>und</strong> das zugehörige gemittelte Signal (rote Kurve).<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

Gemittelte Gleichrichtung<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

gleichgerichtetes gemitteltes Signal<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

t [ms]<br />

600 700 800 900 1000<br />

Abbildung 4.2.: Gleichgerichtetes <strong>und</strong> gemitteltes myoelektrisches Signal<br />

47


4. Signalanalyse<br />

4.3.3. Integriertes myoelektrisches Signal<br />

Das integrierte myoelektrische Signal wird mit Hilfe eines vordefinierten Zeitfensters τ<br />

berechnet. Dabei handelt es sich prinzipiell um eine Abwandlung der schon beschriebenen<br />

gemittelten Gleichrichtung, bei der lediglich die Division durch das Zeifenster τ entfällt.<br />

Da dabei die gleichgerichteten Signalwerte alle positiv sind <strong>und</strong> die Normalisierung auf<br />

das verwendete Zeitfenster τ entfällt, steigt dieser integrierte Wert mit größer werdendem<br />

Zeitfenster ebenfalls an.<br />

Das integrierte Signal wird seit langem in der Beurteilung von myoelektrischen <strong>Signale</strong>n<br />

angewandt. Schon vor der Zeit der digitalen Signalverarbeitung konnte es auf analogem<br />

Weg gewonnen werden. In einem ersten Schritt wird es dazu gleichgerichtet <strong>und</strong> in einem<br />

zweiten Schritt mit Hilfe eines analogen Tiefpassfilters einer Integration unterzogen. Oft<br />

wird dieses Verfahren auch Linear Envelope (LE)-Verfahren genannt, da auf diese Weise<br />

der Verarbeitung die Linear Einhüllende des Signals gewonnen wird.<br />

Die Interpretation des myoelektrischen Signals mit Hilfe dieses Verfahrens zeigt eine<br />

Korrelation zwischen der linear Einhüllenden des Signals <strong>und</strong> der mechanischen Spannung<br />

des Muskels [27]. Es wird daher oftmals in solchen Studien benutzt, in denen<br />

myoelektrische <strong>Signale</strong> in Bezug auf mechanische Eigenschaften, wie beispielsweise die<br />

Kraftentwicklung, untersucht werden. Allerdings muss angemerkt werden, dass der so<br />

berechnete Wert keinen Bezug zur Leistung bzw. Energie des Signals aufweist. Ein Signalparameter,<br />

der dieses tut, wird im folgenden Abschnitt 4.3.4 erläutert.<br />

4.3.4. Quadratischer Mittelwert<br />

Der quadratische Mittelwert, auch Effektivwert genannt, gibt die Leistung des Signals,<br />

genauer gesagt dessen Wurzel wieder. Im Vergleich zu den bereits beschriebenen Methoden<br />

gibt er die meiste Information des betrachteten myoelektrischen Signals preis, da<br />

er eine klar definierte physikalische Bedeutung hat. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird er bei den<br />

meisten Anwendungen in Bezug auf myoelektrische <strong>Signale</strong> empfohlen <strong>und</strong> auch verwendet<br />

[13]. Der quadratische Mittelwert entspricht der Fläche zwischen dem quadrierten<br />

Signal <strong>und</strong> der Zeitachse, berechnet in einem vordefinierten Zeitintervall τ, dividiert<br />

durch selbiges <strong>und</strong> radiziert.<br />

Liegt ein myoelektrisches Signal in Form von digitalisierten Samples vor, kann der quadratische<br />

Mittelwert 3 folgendermaßen berechnet werden:<br />

3 engl. root mean square RMS<br />

48


4. Signalanalyse<br />

�<br />

�<br />

�<br />

XSeff(k0) = � 1<br />

N<br />

k0+N/2 �<br />

k=k0−N/2<br />

X2 S (k) , (4.8)<br />

wobei N die Anzahl der Samples aus dem Sampleintervall XS angibt <strong>und</strong> mit k0 die<br />

” Mittenposition“ innerhalb dieses Intervalls gewählt wird.<br />

Unter der Annahme von Stationarität <strong>und</strong> Ergozität kann der quadratische Mittelwert<br />

als eine Schätzung der Standardabweichung der Amplitudenverteilung aufgefasst werden.<br />

Die Standardabweichung ist in der Stochastik ein Maß für die Streuung der Werte einer<br />

Zufallsvariable um ihren Mittelwert <strong>und</strong> wird mathematisch definiert als:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

σx := � 1<br />

N<br />

N�<br />

(xi − ¯x) 2 , (4.9)<br />

i=0<br />

wobei σx die Standardabweichung der Einzelmessung, N die Anzahl der Messwerte, xi<br />

der jeweilige Wert der Einzelmessung <strong>und</strong> ¯x der arithmetische Mittelwert der <strong>Messung</strong><br />

ist. Abbildung 4.3 zeigt sowohl ein gleichgerichtetes Signal (blaue Kurve) als auch den<br />

zugehörigen quadratischen Mittelwert (rote Kurve). Die Abbildung ähnelt der Abbildung<br />

4.2, jedoch sind die Werte des quadratischen Mittelwertes größer als die der gemittelten<br />

Gleichrichtung.<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

Quadratischer Mittelwert<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

t [ms]<br />

600 700 800 900 1000<br />

Abbildung 4.3.: Quadratischer Mittelwert<br />

49


4.4. Frequenzparameter<br />

4. Signalanalyse<br />

Der erste Schritt zur Bestimmung der Frequenzparameter ist üblicherweise die Schätzung<br />

der spektralen Leistungsdichte 4 bzw. des totalen Leistungsspektrums. Sie geben an, mit<br />

welcher Amplitude die einzelnen Frequenzen in einem betrachteten Spektrum enthalten<br />

sind. Mathematisch gesehen ist die spektrale Leistungsdichte S(ω) die Fouriertransformierte<br />

der zeitlichen Autokorrelationsfunktion x(t)x(t + τ), gemäß:<br />

S(ω) =<br />

� ∞<br />

−∞<br />

x(t)x(t + τ)e −jωτ dτ , (4.10)<br />

wobei x(t) das zeitliche Signal ist. In der Praxis liegen keine unendlichen Zahlenreihen<br />

vor, sodass man das Integrationsintervall einschränken kann. Nur für eine stationäre Verteilung<br />

ist die Autokorrelationsfunktion x(t)x(t + τ) nicht mehr von der Zeit t abhängig.<br />

Die Fouriertransformation zerlegt dabei das Signal in seine verschiedenen Sinusanteile<br />

mit unterschiedlichen Frequenzen <strong>und</strong> verschiedenen Amplituden. Die Summe aller dieser<br />

Sinusanteile ergibt in der Überlagerung wiederum das Orginalsignal. In den meisten<br />

Fällen wird ein FFT -Algorithmus 5 angewandt, der den Vorteil hat, wesentlich weniger<br />

Rechenschritte im Vergleich zu einer konventionellen, diskreten Fouriertransformation,<br />

zu benötigen.<br />

Während zeitlich lang andauernden Muskelkontraktionen ist das entstehende myoelektrische<br />

Signal nicht stationär [13]. Bei schwachen Kontraktionen mit einem Level von<br />

20% -30% der maximal möglichen Kontraktion <strong>und</strong> kurzer Zeitdauer kann das Signal als<br />

stationär im weiteren Sinne angesehen werden. Diese Quasistationarität gilt bei Kontraktionen<br />

höherer Level nur noch in kurzen Signalabschnitten [13]. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

müssen diese <strong>Signale</strong> in kleinere Segmente unterteilt werden, für die das Spektrum jedesmal<br />

neu berechnet werden muss. Üblicherweise verwendet man dazu Segmente im<br />

Bereich von 0.5 s bis 2 s [13].<br />

Bei dynamischen Kontraktionen, bei denen sich die Anzahl der aktiven motorischen Einheiten,<br />

die Geometrien zwischen den aktiven Fasern <strong>und</strong> der Elektrode sowie die Muskelfaserlängen<br />

ändern, ist die spektrale <strong>Analyse</strong> besonders komplex. Alle diese Faktoren<br />

führen zu einer erhöhten Nichtstationarität des gemessenen Signals. Klassische, fourierbasierte<br />

Methoden stoßen hier schnell an ihre Grenzen <strong>und</strong> erweisen sich als ungeeignet.<br />

Methoden der Zeit-Frequenz-<strong>Analyse</strong> die keine Stationarität voraussetzen eigenen sich<br />

für dynamische Kontraktionen besser.<br />

4 engl. Power Spectral Density PSD<br />

5 engl. Fast Fourier Transform<br />

50


4. Signalanalyse<br />

Geht man von der in Abschnitt 4.2.2 beschriebenen Stationarität im weiteren Sinne aus,<br />

ergibt sich die spektrale Leistungsdichte gemäß dem Wiener-Khintchine-Theorem 6 aus<br />

der Fouriertransformation der Autokorrelationsfunktion:<br />

S(ω) =<br />

mit der Autokorrelationsfunktion:<br />

� +∞<br />

−∞<br />

R(τ)e −jωτ dτ , (4.11)<br />

R(τ) = E [x(t)x(t + τ)] , (4.12)<br />

wobei E [. . .] den Erwartungswertoperator darstellt. Das myoelektrische Signal kann als<br />

reelles Signal aufgefasst werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird sowohl die Autokorrelationsfunktion<br />

R(τ) als auch das Leistungsdichtespektrum S(ω) reell:<br />

S(ω) = 2<br />

R(τ) = 1<br />

π<br />

� +∞<br />

0<br />

� +∞<br />

0<br />

R(τ)cos(ωτ)dτ , (4.13)<br />

S(ω)cos(ωτ)dω . (4.14)<br />

Setzt man nun Ergodizität voraus, kann man das Leistungsdichtespektrum mit Hilfe des<br />

Erwartungswertoperators in einem bestimmten Zeitintervall folgendermaßen definieren<br />

[27]:<br />

wobei XT (ω) gebildet wird durch:<br />

S(ω) = lim<br />

T →∞ E<br />

XT (ω) =<br />

� +T<br />

−T<br />

�<br />

|XT (ω)| 2<br />

�<br />

2T<br />

, (4.15)<br />

x(t)e −jωt dt . (4.16)<br />

6 Autokorrelationsfunktion <strong>und</strong> Leistungsspektrum bilden ein Fouriertransformationspaar.<br />

51


Leistungsdichtespektrum [W/Hz]<br />

Power Spectrum Magnitude (dB)<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

x 10 −3<br />

4. Signalanalyse<br />

Totales Leistungsspektrum<br />

0<br />

0 50 100 150 200 250<br />

f [Hz]<br />

300 350 400 450 500<br />

20<br />

10<br />

0<br />

−10<br />

−20<br />

−30<br />

−40<br />

−50<br />

−60<br />

−70<br />

(a) Totales Leistungsspektrum<br />

Power Spectrum Density<br />

−80<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Frequency [Hz]<br />

300 350 400 450 500<br />

(b) logarithmisches Leistungsspektrum<br />

Abbildung 4.4.: Spektrale Leistungsdichte<br />

Die Abbildungen 4.4(a) <strong>und</strong> 4.4(b) zeigen exemplarisch das Leistungsspektrum sowohl in<br />

totalem als auch in logarithmischem Maßstab 7 . Verschiedene Methoden zur Charakterisierung<br />

des Frequenzgehaltes des EMG-Signals sollen in den nun folgenden Abschnitten<br />

vorgestellt werden. Sie beziehen sich auf die Amplitude einzelner Frequenzen, auf spektrale<br />

Bandbreiten bzw. die Unterteilung des Gesamtspektrums in Teilbereiche sowie auf<br />

statistische Untersuchungen der spektralen Leistungsdichte.<br />

7 Die Kurven wurden mit MATLAB geplottet <strong>und</strong> sind zur Erläuterung mit vorweg genommenen<br />

<strong>Signale</strong>n aus dem Kapitel 6 erstellt.<br />

52


4.4.1. Spitzenwert der Amplitude<br />

4. Signalanalyse<br />

Der Spitzenwert der Amplitude 8 der spektralen Leistungsdichte wird als dominanter<br />

Frequenzanteil des myoelektrischen Signals definiert. Aufgr<strong>und</strong> der stochastischen Natur<br />

des Signals muss er geschätzt werden. Abbildung 4.5 zeigt diesen Wert mit PA<br />

gekennzeichnet.<br />

4.4.2. Spektrale Bandbreite<br />

Die spektrale Bandbreite 9 wird als diejenige Bandbreite definiert, an der das Spektrum<br />

um 3 dB auf einer logarithmischen Skala, bzw. um 0.5 auf einer linearen Skala gegenüber<br />

dem Spitzenwert der Amplitude abgesunken ist (siehe Abbildung 4.5).<br />

4.4.3. Medianfrequenz<br />

Die Medianfrequenz in der Abbildung 4.5 mit MDF 10 abgekürzt dargestellt, ist diejenige<br />

Frequenz, die das Leistungsspektrum in zwei Flächen mit gleich großem Energiegehalt<br />

aufteilt.<br />

4.4.4. Mittlere Frequenz<br />

Die mittlere Frequenz der spektralen Leistungsdichte wird statistisch auch als normalisiertes<br />

erstes spektrales Moment bezeichnet. In der Abbildung 4.5 ist sie mit MNF 11<br />

gekennzeichnet. Sie stellte den Mittelwert der mit der Leistung gewichteten Frequenzen<br />

dar <strong>und</strong> wird in der Fachliteratur auch als MPF 12 bezeichnet.<br />

8 engl. Peak Amplitude PA<br />

9 engl. Bandwidth<br />

10 engl. MeDian Frequency MDF<br />

11 engl. MeaN Frequency MNF<br />

12 engl. Mean Power Frequency MPF<br />

53


4. Signalanalyse<br />

Abbildung 4.5.: Exemplarisches Spektrum eines myoelektrischen Signals [13]<br />

54


4. Signalanalyse<br />

4.5. Normierung der Messwerte<br />

Die hier vorgestellten Methoden der Erfassung <strong>und</strong> Signalanalyse beinhalten ein inhärentes<br />

Problem. Sie basieren letztendlich auf der Amplitude <strong>und</strong> der spektralen Leistungsdichte<br />

des Signals. Diese Parameter können jedoch nicht als absoluter Maßstab herangezogen<br />

werden.<br />

Die Impedanz zwischen Muskelfasern <strong>und</strong> Elektrode variiert <strong>und</strong> ist zudem unbekannt.<br />

Dies gilt sowohl bei <strong>Messung</strong>en am selben Muskel einer Person (wenn die Elektroden<br />

nicht bei jeder <strong>Messung</strong> exakt gleich positioniert sind), als auch bei <strong>Messung</strong>en an verschiedenen<br />

Personen. Selbst <strong>Messung</strong>en an identischen Positionen des selben Muskels<br />

der gleichen Person können aufgr<strong>und</strong> der Gewebeeigenschaften von Tag zu Tag dieser<br />

Variation unterliegen. Die aus der variierenden Impedanz resultierenden <strong>und</strong> somit ebenfalls<br />

variierenden Amplituden sind folglich in hohem Maß von den gegebenen Mess- <strong>und</strong><br />

Ableitbedingungen anhängig. In klinischen Studien, in denen eine Vielzahl verschiedener<br />

Muskeln verschiedener Personen miteinander verglichen werden sollen, ist eine Lösung<br />

dieser Problematik daher zwingend notwendig.<br />

In solch klinischen Fällen normiert man die Messergebnisse in geeigneter Weise. Die<br />

Amplitude bezieht sich dabei auf einen Referenzwert, der in direktem Zusammenhang<br />

mit einem physiologisch relevanten Parameter, wie beispielsweise Kraft oder Spannung<br />

des Muskels, steht. In der Fachliteratur [12, 13] wird als Referenzwert oftmals der Messwert<br />

einer maximal möglichen Kontraktion herangezogen. Auf diese Weise wird der<br />

Einfluss der Mess- <strong>und</strong> Ableitbedingungen eliminiert. Die Messwertskalierung der Y-<br />

Achse in Spannungswerten wird dabei in Prozentwerte des gewählten Referenzwertes<br />

umskaliert.<br />

MVC 13 -Normierung bezeichnet dieses Konzept in der Fachliteratur. Dieses Konzept<br />

gewährleistet die in klinischen Studien geforderte Vergleichbarkeit der Messresultate<br />

ausreichend [12, 13]. Vor der eigentlichen <strong>Messung</strong> wird der Muskel gegen einen statischen<br />

Widerstand maximal angespannt, um den Referenzwert zu erhalten. Ein solches<br />

Vorgehen erfordert einen konzentrierten <strong>und</strong> differenzierten Bewegungsablauf des betrachteten<br />

Muskels <strong>und</strong> ist in der Durchführung entsprechend aufwändig. Ein gewisses<br />

Maß an Übung wird bei der Testperson vorausgesetzt. Aus diesen Gründen kann die Prozedur<br />

nur von Testpersonen mit ges<strong>und</strong>er <strong>und</strong> gut funktionierender Muskulatur unter<br />

klinischen Bedingungen durchgeführt werden. Da die vorliegende Arbeit keine klinischen<br />

Vergleichsuntersuchungen enthält, wird auf die Normierung der Messwerte in Kapitel<br />

6 verzichtet. Detaillierte Erläuterungen des hier vorgestellten Normalisierungskonzepts<br />

sind in [12, 13] beschrieben.<br />

13 engl. Maximum Voluntary Contraction MVC<br />

55


4. Signalanalyse<br />

4.6. Zerlegung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> in ihre<br />

Summenaktionspotenziale<br />

Ein interessanter Aspekt der myoelektrischen Signalanalyse ist die Zerlegung des auf<br />

der Hautoberfläche erfassten Signals in seine einzelnen Summenaktionspotenziale. Diese<br />

Zerlegung lässt sich auf das f<strong>und</strong>amentale Problem der Darstellung multivariater Daten<br />

zurückführen. In diesem Zusammenhang nennt man die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

mehrer Zufallsvariablen, in diesem Fall mehrerer <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>,<br />

multivariate oder auch mehrdimensionale Verteilung [30].<br />

Um diese Problematik zu erläutern, wird in der Fachliteratur der als Cocktail-Party-<br />

Problem bezeichnete Sachverhalt herangezogen [31]. Man stellt sich einen Raum mit<br />

mehreren gleichzeitig sprechenden Personen, beispielsweise auf einer solchen Party, vor.<br />

Der Mensch ist nun in der Lage, durch konzentriertes Zuhören einem Einzelnen dieser<br />

Gespräche zu folgen <strong>und</strong> gleichzeitig die anderen Gespräche aus seiner Wahrnehmung<br />

auszublenden.<br />

Die für den Menschen vergleichsweise einfache <strong>und</strong> intuitive Extraktion relevanter Daten<br />

(dem Gespräch des Einzelnen) aus einer Mischung vieler Signaldaten (den vielen anderen<br />

Gesprächen) stellt die Technik vor das Problem der Signalquellentrennung. Diese<br />

Trennung der <strong>Signale</strong> ist vergleichbar mit der Zerlegung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> in seine<br />

einzelnen Summenaktionspotenziale. Ein Ansatz zur Lösung der Problematik ist die<br />

Independent Component Analysis (ICA) die der folgende Abschnitt 4.6.1 einführend<br />

erläutert.<br />

4.6.1. Independent Component Analysis<br />

Man stelle sich das Cocktail-Party-Problem vereinfacht mit zwei Sprechern in einem<br />

Raum vor. Sie stellen zwei Signalquellen dar, die jeweils ein zeitlich abhängiges Sprachsignal<br />

s1(t) <strong>und</strong> s2(t) aussenden. Weiterhin erfassen zwei an unterschiedlichen Orten im<br />

Raum positionierte Mikrofone die <strong>Signale</strong> als gewichtete Summensignale x1(t) <strong>und</strong> x2(t).<br />

Die linearen Gleichungen:<br />

x1(t) = a11s1(t) + a12s2(t) , (4.17)<br />

x2(t) = a21s1(t) + a22s2(t) , (4.18)<br />

beschreiben diese Konstellation. Die Koeffizienten a11, a12, a21 <strong>und</strong> a22 hängen von den<br />

56


4. Signalanalyse<br />

Distanzen zwischen Mikrofonen <strong>und</strong> Signalquellen ab. Analog stellen im Kontext dieser<br />

Diplomarbeit x1(t) <strong>und</strong> x2(t) zwei erfasste myoelektrische <strong>Signale</strong> dar. Die Größen<br />

s1(t) <strong>und</strong> s2(t) sind in diesem Zusammenhang die zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Summenaktionspotenziale,<br />

die durch die Koeffizienten a11, a12, a21 <strong>und</strong> a22 gewichtet werden. Die<br />

Koeffizienten hängen von den Gewebeimpedanzen <strong>und</strong> Distanzen zwischen Muskelfasern<br />

<strong>und</strong> Elektroden ab.<br />

Wären die Parameter aij bekannt, könnte das Gleichungssystem gelöst werden <strong>und</strong> die<br />

Signalquellen s1(t) <strong>und</strong> s2(t), <strong>und</strong> folglich die einzelnen Summenaktionspotenziale wären<br />

bestimmbar. Die Parameter sind jedoch unbekannt <strong>und</strong> die Lösung der Gleichungen folglich<br />

komplexer. Mathematische Ansätze zur Lösung der Problematik bietet die Nutzung<br />

bekannter statistischer Eigenschaften der Signalquellen si zur Schätzung der Parameter<br />

aij [32].<br />

Allgemein können diese Zusammenhänge mathematisch aus n linearen Summanden:<br />

xj = aj1s1 + aj2s2 + . . . ajnsn , (4.19)<br />

für alle n ∈ Z + modelliert werden. Ohne zeitlichen Bezug kann von j = 1 . . . n beobachteten<br />

Zufallsvektoren xj mit voneinander unabhängigen Komponenten sj ausgegangen<br />

werden.<br />

In Matrizenschreibweise ergibt sich:<br />

x = A s , (4.20)<br />

wobei x den beobachteten Zufallsvektor <strong>und</strong> s den Zufallsvektor mit den Komponenten<br />

s1, s2, . . . sn enthält. Die Matrix A beinhaltet die Koeffizienten aji. Diese Matrizenschreibweise<br />

ist in der Fachliteratur die gebräuchliche Schreibweise für das ICA-<br />

Modell.<br />

In diesem Modell sind sowohl die unabhängigen Komponenten s als auch die wichtende<br />

Matrix A nicht direkt beobachtbar. Einzig der Zufallsvektor x ist beobachtbar <strong>und</strong><br />

enthält im Kontext dieser Arbeit die myoelektrischen <strong>Signale</strong> einer mehrkanaligen <strong>Messung</strong>.<br />

Die ICA geht dabei von der statistischen Unabhängigkeit der Komponenten <strong>und</strong><br />

ihrer nicht gaußschen Wahrscheinlichkeitsverteilung aus. Bezüglich <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong><br />

sind diese Annahmen realistisch. Eine gute Einführung 14 in die Thematik <strong>und</strong> die<br />

Verwendung von ICA-Algorithmen geben [31] <strong>und</strong> [33].<br />

14 ICA soll der Vollständigkeit halber erwähnt werden, nicht aber näher erläuetert oder genutzt.<br />

57


4.7. Zusammenfassung<br />

4. Signalanalyse<br />

Kapitel 4 befasst sich mit der Signalanalyse, also dem Vorgang, nützliche Informationen<br />

aus myoelektrischen <strong>Signale</strong>n zu gewinnen. Die <strong>Analyse</strong> besteht aus einer systematischen<br />

Untersuchung, bei der die <strong>Signale</strong> in ihrer Bestandteile zerlegt <strong>und</strong> anschließend<br />

untersucht <strong>und</strong> ausgewertet werden.<br />

Die Gr<strong>und</strong>lagen stochastischer Prozesse, zu denen myoelektrische <strong>Signale</strong> letztendlich<br />

zuzuordnen sind, werden einführend erläutert. Wichtige Begriffe wie Stationarität <strong>und</strong><br />

Ergodizität werden in diesem Zusammenhang definiert.<br />

Im Anschluß daran beinhaltet das Kapitel eine zusammenfassende Übersicht gebräuchlicher<br />

Methoden <strong>myoelektrischer</strong> Signalanalyse. Diese Methoden ermöglichen die Charakterisierung<br />

der <strong>Signale</strong> bezüglich ihrere Amplituden- <strong>und</strong> Frequenzparameter.<br />

Ein Konzept der Signalnormierung im Kontext der Vergleichbarkeit der <strong>Analyse</strong>methoden<br />

in klinischen Studien wird eingeführt. Diese Konzept setzt die gemessenen Werte in<br />

direktem Zusammenhang mit einem physiologisch relevanten Parameter wie beispielsweise<br />

der produzierten Kraft des Muskels.<br />

Abschließend befasst sich das Kapitel mit der Zerlegung <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> in ihre<br />

Summenaktionspotenziale <strong>und</strong> stellt eine kurze Einführung in die Independent Component<br />

Analysis (ICA) vor. Die Anwendung dieser Methode würde jedoch den Rahmen<br />

dieser Diplomarbeit überschreiten. Aus diesem Gr<strong>und</strong> soll sie nur einführend erwähnt<br />

werden, nicht aber näher erläutert.<br />

58


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines<br />

Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Aufbauend auf den vorangegangenen Kapiteln 2 bis 4, die die Entstehung, Erfassung<br />

<strong>und</strong> <strong>Analyse</strong> <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> erläutern, beschreibt dieses Kapitel das im Laufe<br />

der Diplomarbeit entwickelte <strong>und</strong> aufgebaute Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystem. Für die Sensoreinheit<br />

wird das bereits eingeführte Prinzip der differenziellen Verstärkung genutzt.<br />

Die Sensoreinheit mit fester Verstärkung (A1) arbeitet mit einer nachgeschalteten, regelbaren<br />

Verstärkerstufe (A2) zusammen. Das über einen Tiefpass (TP), zur Vermeidung<br />

von Alias-Effekten, gefilterte Signal wird von einem Analog/Digital-Konverter (A/D)<br />

digitalisiert <strong>und</strong> steht anschließend zur <strong>Analyse</strong> mit Hilfe eines Rechners bereit. Abbildung<br />

5.1 zeigt schematisch den Aufbau, welcher in den folgenden Abschnitten detailliert<br />

erläutert werden soll.<br />

Abbildung 5.1.: Blockdiagramm des Erfassungssystems<br />

5.1. Sensoreinheit mit Elektrode <strong>und</strong> Vorverstärker<br />

Dieser Teil des Messsystems erfasst die <strong>Signale</strong> von der Hautoberfläche, verstärkt sie,<br />

unterdrückt Gleichtaktsignale <strong>und</strong> transformiert die hohe Eingangsimpedanz der ersten<br />

Verstärkerstufe in eine niedrigere Ausgangsimpedanz um. Die Impedanztransformation<br />

verhindert kapazitive Einkopplung von Störungen im weiteren Signalverlauf. Um hohe<br />

Verstärkungen <strong>und</strong> Gleichtaktunterdrückung zu erreichen, bietet sich hier gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

eine Operationsverstärkerschaltung an.<br />

59


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Eine so genannte Instrumentationsverstärkerschaltung aus mehreren Operationsverstärkern<br />

ermöglicht im Speziellen diese Aufgaben <strong>und</strong> bietet weiterhin den Vorteil nahezu<br />

unendlich hoher Eingangswiderstände an zwei Eingängen. Bei einer differenzbildenden<br />

Verstärkerschaltung aus nur einem Operationsverstärker sind die Eingangswiderständ<br />

am invertierenden <strong>und</strong> nichtinvertirenden Eingang hingegen meist unterschiedlich groß.<br />

In dem realisierten System besteht die Schaltung aus drei Operationsverstärkern. Abbildung<br />

5.2 zeigt den Schaltplan einer solchen Schaltung. Ihre Ausgangsspannung berechnet<br />

sich nach:<br />

Ua =<br />

�<br />

1 +<br />

�<br />

2 R2<br />

(Ue2 − Ue1) . (5.1)<br />

R1<br />

Die Gleichtaktunterdrückung ist unabhängig von der Dimensionierung der Differenzverstärkung.<br />

Liegt an beiden Eingängen der Schaltung eine Gleichtaktspannung, erzeugen<br />

beide Operationsverstärker der Eingangstufe an ihren invertierenden Eingängen exakt<br />

die selbe Gleichtaktspannung, da die Differenzspannung zwischen den Eingängen<br />

eines Operationsverstärkers im eingeschwungenen Zustand immer 0 V ist. In diesem<br />

Fall liegt an beiden Seiten des Widerstandes R1 die gleiche Spannung an. Der Spannungsabfall<br />

ist Null, wodurch kein Strom durch ihn fließen kann. Folglich ist er für<br />

Gleichtaktsignale nicht existent <strong>und</strong> die Operationsverstärker arbeiten lediglich als Impedanzwandler.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind die Verstärkungen der ersten beiden Operationsverstärker<br />

für diese konstanten Spannungen gleicher Polarität lediglich V=1. Der<br />

nachfolgende Verstärker subtrahiert die nicht verstärkten Gleichtaktspannungen was als<br />

Resultat Null ergibt <strong>und</strong> somit einer wirkungsvollen Unterdrückung entspricht.<br />

Realisiert man die Spannungsverstärkung folglich durch die ersten beiden Operationsverstärker,<br />

erhält man eine hohe Gleichtaktunterdrückung <strong>und</strong> den Vorteil einer einfachen<br />

Einstellung der Verstärkung über nur einen Widerstand, R1. Der dritte Operationsverstärker<br />

übernimmt in diesem Fall die Differenzbildung <strong>und</strong> verstärkt nur mit einer<br />

Verstärkung von V=1. Er überträgt die verstärkte Differenzspannung auf den asymmetrischen<br />

Ausgang der Schaltung.<br />

Die Schaltung muss exakt symmetrisch aufgebaut sein, um eine einwandfreie Funktion<br />

zu gewährleisten. In der Anfangsphase der Untersuchungen dieser Diplomarbeit zeigte<br />

sich, dass ein Aufbau aus diskreten Bauteilen aufgr<strong>und</strong> hoher Bauteiltoleranzen keine zufriedenstellenden<br />

Ergebnisse liefert. Abbildung 5.3 zeigt einen solchen Protoypenaufbau<br />

auf einer Lochrasterplatine.<br />

Ein integrierten Schaltkreis des Herstellers Burr-Brown, der INA111, wird in der realisierten<br />

Schaltung eingetzt. Dieser integrierte Schaltkreis entspricht exakt dem oben<br />

erklärten Prinzip der Differenzverstärkerschaltung. Durch lasergetrimmte Widerstände<br />

60


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Abbildung 5.2.: Schaltplan der Instrumentationsverstärkerschaltung<br />

Abbildung 5.3.: Prototyp der Sensoreinheit auf Lochrasterplatine<br />

erreicht dieser Baustein ein hohe Symmetrie <strong>und</strong> somit hohe Gleichtaktunterdrückung.<br />

Seine Eingangsstufen sind mit FET 1 -Transistoren realisiert <strong>und</strong> ermöglichen einen geringen<br />

Eingangsstrom <strong>und</strong> eine hohe Eingangsimpedanz. Detailliertere Daten befinden<br />

sich im Datenblatt [34] auf der im Anhang beigefügten CD-ROM.<br />

1 Feldeffekttransistor FET<br />

61


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Der Baustein ist gemäß dem Schaltplan in Abbildung 5.4 beschaltet. Ein Widerstand<br />

R1 = 100 Ω mit einer Toleranz von 1 % bestimmt die Verstärkung der Schaltung mit<br />

V=500. Die Schaltung wurde mit der Leiterplattenlayoutsoftware EAGLE des Herstellers<br />

Cadsoft [35] entworfen <strong>und</strong> ist auf einer proffesionell angefertigten Leiterplatte der<br />

Firma PCB-Pool [36] aufgebaut. Das Leiterplattenlayout ist im Anhang A.1.1 abgedruckt<br />

sowie auf der beiliegenden CD-ROM als EAGLE-Datei enthalten. Beim Aufbau<br />

<strong>und</strong> ersten Tests der Platine stellten sich Eingangswiderstände R5 <strong>und</strong> R16 von jeweils<br />

10 MΩ, anstatt der geplanten <strong>und</strong> im Schaltplan erkennbaren 100 MΩ, als geeigneter<br />

heraus.<br />

Die Leiterplatte wurde zwecks besserer Abschirmung in einem metallischen <strong>und</strong> mit Masse<br />

verb<strong>und</strong>enen Gehäuse montiert. Als Elektroden dienen die Köpfe zweier Schrauben<br />

aus rostfreiem Edelstahl. Um eine bessere räumliche Auflösung unter benachbarten Muskeln<br />

sowie einen geringeren Einfluss übersprechender Muskelsignale zu erreichen, ist der<br />

Durchmesser der Elektroden mit 8 mm etwas geringer als der von SENIAM empfohlene<br />

(siehe Abschnitt 3.2.1). Der Abstand zwischen den Elektroden beträgt 13 mm.<br />

Abbildung 5.4.: Schaltplan der Sensoreinheit<br />

62


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.2. Regelbarer Nachverstärker <strong>und</strong><br />

Anti-Alias-Filterung<br />

Die Verstärkung um den Faktor 500 der im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen<br />

Sensoreinheit reicht nicht aus, um schwache myoelektrische <strong>Signale</strong> ausreichend zu verstärken.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist eine zweite Verstärkerstufe notwendig. Die Sensoreinheit<br />

ist über ein abgeschirmtes Kabel mit dieser Verstärkerstufe verb<strong>und</strong>en. In dieser Teileinheit<br />

des Systems ist ebenfalls die Spannungsversorgung aller Komponenten <strong>und</strong> die<br />

notwendige Anti-Alias-Filterstufe untergebracht. Die Komponenten dieser Einheit sind<br />

auf einer in der Leiterplattenwerkstatt der Universität Kassel gefertigten Leiterplatte<br />

aufgebaut <strong>und</strong> werden in den folgenden Abschnitten 5.2.1 bis 5.2.4 detailliert erläutert.<br />

5.2.1. Spannungsversorgung<br />

Die Spannungsversorgung ist mit Festspannungsreglern der Typen 78L05, 78L12, 79L05<br />

<strong>und</strong> 79L12 realisiert. Sie versorgen die Operationsverstärker mit den jeweiligen positiven<br />

<strong>und</strong> negativen Betriebsspannungen von +12 V <strong>und</strong> -12 V. Der in Abschnitt 5.2.3 vorgestellte<br />

Filterbaustein hingegen wird mit Betriebsspannungen von +5 V <strong>und</strong> -5 V versorgt.<br />

Die Sensoreinheit ist über geschirmte Kabel mit der Spannungsversorgung verb<strong>und</strong>en.<br />

Abbildung 5.5 zeigt den Schaltplan der Spannungsversorgung. Die Beschaltung der Festspannungsregler<br />

entspricht den Empfehlungen der jeweiligen Datenblätter [37, 38], die<br />

auf der in Anhang A.4 beigefügten CD-ROM enthalten sind.<br />

Abbildung 5.5.: Schaltplan der Spannungsversorgung<br />

63


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.2.2. Einstellbarer Nachverstärker<br />

Die Aufgabe des Nachverstärkers ist die weitere Verstärkung des von der Sensoreinheit<br />

aufgenommenen Signals. Hier wird eine nicht invertierende Operationsverstärkerschaltung<br />

verwendet. Eingangssignal <strong>und</strong> Ausgangssignal einer solchen Verstärkerschaltung<br />

sind phasengleich. Der Spannungsverstärkungsfaktor wird über das Widerstandsverhältnis<br />

der Reihen-Spannungs-Gegenkopplung bestimmt. Abbildung 5.6 zeigt den Schaltplan<br />

der Schaltung. Die Verstärkung der Schaltung ist einstellbar <strong>und</strong> ergibt sich aus:<br />

VU =<br />

R4<br />

+ 1 , (5.2)<br />

Rx + R10<br />

wobei Rx = R5, R6, R7, R8 oder R9 ist. Tabelle 5.1 gibt die berechneten Werte der<br />

Widerstände <strong>und</strong> Verstärkungen an. Als Operationsverstärker wird der TL062 verwendet.<br />

Seine Eingangs-Offsetspannung beträgt laut Datenblatt [39] (auf der im Anhang<br />

A.4 beigefügten CD-Rom enthalten) maximal 10 mV. Der Spannungsteiler aus R10 <strong>und</strong><br />

R11 arbeitet zusammen mit dem Trimmpotentiometer R12 als DC-Offsetkorrektur des<br />

Verstäkers <strong>und</strong> ermöglicht die Korrektur potentiell hoch verstärkter Eingangs-Offsetspannungen.<br />

Der Operationsverstärker ist über den passiven Hochpass aus C9 <strong>und</strong> R1<br />

an die Sensoreinheit angeschlossen. Der Hochpass entkoppelt den Verstärker gleichspannungsmäßig<br />

von der Sensoreinheit. Auf diese Weise hat die Sensoreinheit keinen Einfluss<br />

auf die DC-Offsetspannung. Diese ist folglich nur von der Eingangs-Offsetspannung<br />

des OPs <strong>und</strong> dem Spannungsabfall an seinem Eingangswiderstand R1 abhängig. Der<br />

Eingangsoffsetstrom, laut TL062 -Datenblatt maximal 200 pA, verursachte an R1 einen<br />

maximalen Spannungsabfall von 200 µV <strong>und</strong> trägt lediglich in niedrigem Maße zur DC-<br />

Offsetspannung bei.<br />

Rx<br />

VU<br />

R5 = 4,75 kΩ 2<br />

R6 = 1,18 kΩ 5<br />

R7 = 511 Ω 10<br />

R8 = 237 Ω 20<br />

R9 = 82,5 Ω 50<br />

Tabelle 5.1.: Verstärkungsfaktoren der zweiten Verstärkerstufe<br />

Die Transistoren Q1 <strong>und</strong> Q2 vom Typ BC550 schützen den Verstärkereingang vor kurzeitigen<br />

hohen Überspannung die beispielsweise durch statische Aufladung entstehen<br />

können. Solche augenblicklichen Überspannungen werden in diesem Fall über die positive<br />

bzw. negative Spannungsversorgung abgeleitet. Der Vorteil von Transistoren an<br />

64


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

dieser Stelle ist der geringe Diodensperrstrom, der folglich auch eine geringere DC-<br />

Offsetspannung an dem Eingangswiderstand R1 abfallen lässt. Der Kondensator C10<br />

ist auf der realisierten Leiterplatte nicht im Einsatz. Er dient, falls notwendig, zur Kompensation<br />

parasitärer Kapazitäten. Diese Kapazitäten resultieren aus dem Aufbau der<br />

Leiterplatte <strong>und</strong> ihrem Leiterbahnlayout <strong>und</strong> sind ebenfalls zwischen den Kontakten<br />

des Verstärkungswahlschalters vorhanden. Da sie unbekannt sind, lässt sich der Kompensationskondesator<br />

C10 folglich nicht direkt berechnen. Er muss empirisch mit Hilfe<br />

von Frequenzlinearitätsmessungen bestimmt werden. In der realisierten Schaltung ist er<br />

nicht notwendig.<br />

Abbildung 5.6.: Schaltplan der zweiten Verstärkerstufe<br />

65


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.2.3. Anti-Alias Tiefpassfilter<br />

Die Analog/Digital-Wandlung soll im späteren Signalverlauf Frequenzen bis fmax =<br />

500 Hz erfassen. Das Nyquist-Shannon-Abtasttheorem [40] besagt, dass eine Abtastung<br />

des Signals mit einer Abtastfrequenz von fs ≥ 2 · fmax erfolgen muss. Die halbe Abtastfrequenz<br />

bezeichnet man als Nyquistfrequenz. Treten im zu digitalisierenden Signal<br />

Frequenzkomponenten größer als diese Frequenz auf, kommt es zu so genannten Aliaseffekten.<br />

Die oberhalb der Nyquistfrequenz liegenden Signalanteile sind nach der Abtastung<br />

nicht mehr von anderen Signalanteilen, die unterhalb der Nyquistfrequenz liegen,<br />

unterscheidbar.<br />

Nachdem das Signal durch die in den vorhergehenden Abschnitten 5.1 bis 5.2.2 erläuterten<br />

Schaltungen verstärkt wurde, muss es aus den genannten Gründen vor der Digitalisierung<br />

in einem letzten Schritt tiefpassgefiltert werden. Ein als Anti-Alias-Filter bezeichneter<br />

Tiefpass muss Frequenzanteile oberhalb der halben Abtastfrequenz möglichst<br />

stark abschwächen.<br />

An dieser Stelle wird eine Filterstufe in Switched Capacitor (SC)-Technik verwendet.<br />

Eine ausführliche Einleitung in diese Technik ist in [41] beschrieben. An dieser Stelle<br />

kommt ein integrierter SC -Schaltkreis des Herstellers Maxim, der MAX293 [42] (Datenblatt<br />

auf der in Anhang A.4 beigefügten CD-ROM enthalten) zum Einsatz. Abbildung<br />

5.7 zeigt seine externe Beschaltung. Es handelt sich bei diesem Bauteil um einen aktiven<br />

Tiefpassfilter 8. Ordung. Seine Grenzfrequenz kann mit Hilfe eines externen Taktsignals<br />

von 0,1 Hz bis 25 kHz eingestellt werden. Die Dämpfung im Sperrbereich beträgt -80 dB.<br />

Das Verhältnis von externem Taktsignal zu Grenzfrequenz beträgt 100/1. Der Schaltkreis<br />

arbeitet mit den Betriebsspannungen -5 V <strong>und</strong> +5 V. Da die Operationsverstärker<br />

mit -12 V bis +12 V Betriebspannung arbeiten, dämpft der Spannungsteiler aus R14<br />

<strong>und</strong> R15 das Signal linear in den Betriebspannungsbereich des Filterschaltkreises ab. In<br />

einem nachfolgenden Schritt wird es durch einen weiteren Verstärkerschaltkreis auf das<br />

ursprüngliche Niveau, dem optimalen Eingangsspannungsbereich des Analog/Digital-<br />

Wandlers, angehoben (siehe Gesamtschaltplan in Abschnitt 5.2.4).<br />

Der Timerbaustein LM555N <strong>und</strong> seine externe Beschaltung liefern ein Taktsignal von<br />

30 kHz. Er wird mit dem Trimmpotentiometer R31 <strong>und</strong> einem Oszilloskop abgeglichen.<br />

Die Grenzfrequenz des Filters beträgt laut Teilerverhältnis 100/1 folglich 300 Hz. Der<br />

MAX239 Baustein ist prinzipiell als ein abgetastetes System zu verstehen, der das Signal<br />

an seinem Eingang quantisiert, filtert <strong>und</strong> wieder in ein analoges Signal umwandelt[41].<br />

Folglich benötigt er vor seinem Eingang ebenfalls einen Tiefpassfilter, welcher auftretende<br />

Aliaseffekte verhindert. Der passive Tiefpass aus R13 <strong>und</strong> C12 übernimmt diese<br />

Aufgabe. Ein baugleicher Tiefpass aus R10 <strong>und</strong> C15 glättet das Ausgangssignal <strong>und</strong><br />

vermeidet eine stufenförmige Ausbildung des Signalverlaufs.<br />

66


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Abbildung 5.7.: Schaltplan des Anti-Alias-Tiefpassfilters<br />

67


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.2.4. Schaltplan der Nachverstärker- <strong>und</strong> Filterschaltung<br />

Abbildung 5.8 zeigt den Gesamtschaltplan der Nachverstärker- <strong>und</strong> Filterstufe. Der<br />

Operationsverstärker IC5B verstärkt das durch den Spannungsteiler aus R14 <strong>und</strong> R15<br />

gedämpfte Signal auf den ursprünglichen Versorgungsspannungsbereich der Operationsverstärker.<br />

Die Verstärkung wird mit Hilfe des Trimmpotentiometers R23 abgeglichen.<br />

Eine Offsetkorrektur ist durch das Potentiometer R24 möglich. Die im Schaltplan gezeigten<br />

Steckbrücken JP4, JP5, JP6, JP7, JP8, JP9, JP10, JP11, JP12 <strong>und</strong> JP13 ermöglichen<br />

die Schaltung ohne die Spannungsdämpfung <strong>und</strong> anschließende Anhebung zu betreiben.<br />

Die red<strong>und</strong>ante Ausführung der Steckbrücken dient lediglich der Erweiterung der Platine<br />

durch Schalter, welche die Steckbrücken ersetzen. Im Leiterplattenlayout entstehen auf<br />

diese Weise zusätzliche Lötpunkte, die eine solche Erweiterung ermöglichen. Das Leiterplattenlayout<br />

ist in Anhang A.1.2 abgedruckt sowie auf der in Anhang A.4 beigefügten<br />

CD-ROM als EAGLE-Datei enthalten.<br />

Abbildung 5.8.: Schaltplan der Nachverstärker- <strong>und</strong> Filterschaltung<br />

68


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.3. Messtechnische Untersuchung des<br />

Erfassungssystems<br />

Der folgende Abschnitt beschreibt die messtechnische Untersuchung der in Abschnitt<br />

5.2 erläuterten Schaltungen. Es werden sowohl der Frequenzgang der in Abschnitt 5.2.3<br />

präsentierten Anti-Alias-Filterstufe als auch das Linearitätsverhalten <strong>und</strong> die Frequenzgänge<br />

der kompletten Schaltung bei unterschiedlichen Verstärkungen untersucht.<br />

5.3.1. Frequenzgang des Anti-Alias Filters<br />

Zur <strong>Messung</strong> des Frequenzgangs der Anti-Alias-Filterschaltung wird der in Abbildung 5.7<br />

gezeigte Schaltungsteil eingangsseitig mit einem Signalgenerator verb<strong>und</strong>en. Ausgangsseitig<br />

wird die Schaltung an ein Digitalmultimeter angeschlossen. Der Signalgenerator<br />

liefert eine Sinusspannung konstanter Amplitude. Sie wird in der Frequenz von 0 Hz<br />

bis 500 Hz in Schritten von 1 Hz variiert. Das normierte <strong>und</strong> logarithmisch dargestellte<br />

Verhältnis von Ausgangsspannung zu Eingangsspannung ergibt den Frequenzgang der<br />

Schaltung in Abbildung 5.9.<br />

Das Messsystem besteht aus einem Signalgenerator vom Typ SPN des Herstellers Rohde&Schwarz<br />

<strong>und</strong> einem Digitalmultimeter vom Typ Model 2000 des Herstellers Keithley.<br />

Die Geräte werden mit Hilfe der LabVIEW Software von National Instruments [43] über<br />

den GPIB 2 -Bus angesteuert. Die LabVIEW Software ermöglicht die Kommunikation<br />

verschiedener Messinstrumente über eine gemeinsame Schnittstelle <strong>und</strong> das Automatisieren<br />

von Messabläufen. Die Software steuert den Frequenzbereich des Signalgenerators<br />

<strong>und</strong> erfasst die Messwerte der Ausgangsspannung.<br />

Die Darstellungen der Messergebnisse sind mit der MATLAB-Software 3 des Herstellers<br />

The MathWorks [44] realisiert <strong>und</strong> werden in den Abschnitten 5.3.1 bis 5.3.4 präsentiert.<br />

In den Abschnitten 5.5 <strong>und</strong> 6.1 wird detaillierter auf beide Softwareprodukte eingegangen.<br />

Die Implementierungen der <strong>Messung</strong> <strong>und</strong> Auswertung in beiden Softwareprodukten,<br />

sowie die Rohdaten der <strong>Messung</strong> sind auf der in Anhang A.4 beigefügten CD-ROM<br />

enthalten.<br />

2 engl. General Purpose Interface Bus GPIB<br />

3 Näher erläutert in Abschnitt 6.1 dieser Arbeit.<br />

69


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

20<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

Frequenzgang des Anti−Alias Filters<br />

−120<br />

0 50 100 150 200 250<br />

f [Hz]<br />

300 350 400 450 500<br />

Abbildung 5.9.: Frequenzgang des Anti-Alias-Filters<br />

5.3.2. Vorabschwächerschaltung für Linearitäts- <strong>und</strong><br />

Frequenzgangmessung<br />

Die messtechnische Untersuchung der gesamten Schaltung gestaltet sich komplexer, als<br />

die der einzelnen Filterstufe. Der Rohde&Schwarz Signalgenerator SPN liefert eine asymmetrische<br />

Ausgangswechselspannung beginnend ab 1 mV Effektivwert.<br />

Die Nachverstärker- <strong>und</strong> Filterstufe befindet sich bei hohen Gesamtverstärkungen bei<br />

einer Eingangsspannung von 1 mV bereits in der Sättigung. Aufgr<strong>und</strong> der differenziellen<br />

Eingänge des Systems ist eine Verarbeitung von asymmetrischen Eingangssignalen<br />

nicht möglich. Folglich muss das Ausgangssignal des Signalgenerators abgeschwächt <strong>und</strong><br />

symmetrisch transformiert werden. Als erster Ansatz zur Lösung der Problematik wurde<br />

in dieser Arbeit die Transformation <strong>und</strong> Abschwächung mit Hilfe eines NF -Übertragers<br />

<strong>und</strong> eines Spannungsteilernetzwerks gewählt. Abbildung 5.10 zeigt den Schaltplan dieser<br />

Anordnung. In einem ersten Schritt wurde der unbekannte Übertragungsfaktor des<br />

NF -Übertragers 4 bestimmt. Dazu wurde ausgangsseitig bei einer Frequenz f = 170 Hz<br />

eine Spannung von 40 mV direkt nach dem NF -Übertager bei einer Eingangspannung<br />

von 200 mV gemessen. Es ergibt sich ein Übertragungsfaktor von:<br />

k1 = 200<br />

40<br />

= 5 . (5.3)<br />

4 Eine Kalibrationsmessung des NF -Übertragers ist in Anhang A.1.4 dokumentiert.<br />

70


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Der nachgeschaltete Spannungsteiler teilt die transformierte Spannung um den Faktor:<br />

k2 =<br />

R1 + R2<br />

R5<br />

= 2000<br />

10<br />

= 200 . (5.4)<br />

Es resultiert eine Gesamtteilung der vom Signalgenerator gelieferten Spannung um den<br />

Faktor:<br />

k3 = k1 · k2 = 5 · 200 = 1000 . (5.5)<br />

An den Klemmen Ua <strong>und</strong> Ub der Schaltung liegt die jeweils geteilte Eingangsspannung,<br />

in der Phase invertiert zueinander, gegenüber der gemeinsamen Referenzklemme REF<br />

an. Die Differenzbildung der Spannungen Ua <strong>und</strong> Ub durch die Nachverstärkerstufe<br />

halbiert den Spannungsteilerfaktor:<br />

k3<br />

2<br />

= 1000<br />

2<br />

gegenüber der Eingangspannung des Signalgenerators.<br />

= 500 , (5.6)<br />

Abbildung 5.10.: Schaltplan Vorabschwächer mit NF -Übertager<br />

71


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Die Abschwächung des Vorabschwächers mit NF -Übertrager erwies sich in den <strong>Messung</strong>en<br />

der Linearität der Nachverstärker- <strong>und</strong> Anti-Alias-Filterstufe bis zu einer Gesamtverstärkung<br />

mit dem Faktor V=2500 als ausreichend. Bei höheren Gesamtverstärkungen<br />

war die <strong>Messung</strong> mit dieser Schaltung nicht mehr möglich, da sich die Abschwächung<br />

als nicht ausreichend erwies. Eine weitere Abschwächung der Signalquelle wurde für<br />

<strong>Messung</strong>en bei höheren Gesamtverstäkungen erforderlich.<br />

Ein zweites Abschwächerkonzept wurde notwendigerweise realisiert. Die Transformation<br />

der asymmetrischen Wechselspannung der Signalquelle in zwei symmetrische <strong>und</strong> zueinander<br />

invertierte Wechselspannungen erfolgte bei diesem Konzept mittels eines Operationsverstärkers<br />

vom Typ CA3140 des Herstellers Intersil (Datenblatt [45] auf der in<br />

Anhang A.4 beigefügten CD-ROM enthalten). Er arbeitet als invertierender Verstärker<br />

mit einer Verstärkung von 1. Jeweils ein Spannungsteiler im Verhältnis:<br />

k = R3<br />

R4<br />

= R5<br />

R6<br />

= 10 kΩ<br />

1 Ω<br />

= 10000 , (5.7)<br />

schwächt das Signal ab. Die differenzielle Verstärkung der Nachverstärkerstufe halbiert<br />

das Teilungsverhältnis wiederum auf den Faktor k=5000. Das Teilungsverhältnis erwies<br />

sich für die Linearitätsmessung der Nachverstärker- <strong>und</strong> Anti-Alias-Filterstufe bei Gesamtverstärkungen<br />

größer als V=2500 als ausreichend. Abbildung 5.11 zeigt den Schaltplan<br />

der Abschwächerschaltung.<br />

Abbildung 5.11.: Schaltplan Vorabschwächer mit Operationsverstärker<br />

72


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.3.3. Linearitätsverhalten des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Das Linearitätsverhalten beschreibt die Fähigkeit des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems,<br />

innerhalb seiner Aussteuergrenzen mit konstanter Verstärkung zu operieren. Die Abbildungen<br />

5.12(a) bis 5.12(f) zeigen jeweils die Ausgangsspannung in Abhängigkeit der<br />

Eingangsspannung 5 .<br />

Ua [V]<br />

Ua [V]<br />

Ua [V]<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0 0.05 0.1<br />

Ue [mV]<br />

0.15 0.2<br />

(a) bei 25000facher Verstärkung<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4<br />

Ue [mV]<br />

(c) bei 5000facher Verstärkung<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0 1.0 2.0 3.0<br />

Ue [mV]<br />

4.0 5.0 6.0<br />

(e) bei 1000facher Verstärkung<br />

Ua [V]<br />

Ua [V]<br />

Ua [V]<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0 0.1 0.2 0.3<br />

Ue [mV]<br />

0.4 0.5 0.6<br />

(b) bei 10000facher Verstärkung<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0 0.5 1.0 1.5<br />

Ue [mV]<br />

2.0 2.5 3.0<br />

(d) bei 2500facher Verstärkung<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5<br />

Ue [mV]<br />

(f) bei 500facher Verstärkung<br />

Abbildung 5.12.: Linearitätsverhalten des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5 Erkennbare Unregelmäßigkeiten werden in Abschnitt 5.7 erläutert.<br />

73


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.3.4. Frequenzgang des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Der Frequenzgang beschreibt die Fähigkeit des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems innerhalb<br />

welchen Frequenzbereiches es mit konstanter Verstärkung operieren kann. Die Abbildungen<br />

5.13(a) bis 5.13(f) zeigen jeweils die auf den Maximalwert normierten Ausgangsspannung<br />

in Abhängigkeit der Frequenz in logarithmischem Maßstab 6 .<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

−120<br />

−140<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

(a) bei 25000facher Verstärkung<br />

−140<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

−120<br />

(c) bei 5000facher Verstärkung<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

−120<br />

−140<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

(e) bei 1000facher Verstärkung<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

−120<br />

−140<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

(b) bei 10000facher Verstärkung<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

−120<br />

−140<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

(d) bei 2500facher Verstärkung<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

−120<br />

−140<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

(f) bei 500facher Verstärkung<br />

Abbildung 5.13.: Frequenzgang des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

6 Erkennbare Unregelmäßigkeiten werden in Abschnitt 5.7 erläutert.<br />

74


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.4. Analog/Digital-Wandlung<br />

Das in den vorhergehenden Stufen erfasste, verstärkte <strong>und</strong> gefilterte Signal soll nun<br />

digitalisiert werden. Ein Analog/Digital-Konverter 7 quantisiert das Messsignal sowohl<br />

in seiner Amplitude als auch in seinem zeitlichen Verlauf. Ein Analog/Digital-Konverter<br />

vom Typ ME RedLab PMD1608 des Herstellers Meilhaus Electronics GmbH wird zu<br />

diesem Vorgehen verwendet.<br />

Das Gerät ermöglicht eine simultane Abtastung von bis zu 8 analogen Eingangskanälen<br />

mit einer Auflösung von 16 Bit. Die Abtastung geschieht mit jeweils einem eigenen<br />

A/D-Wandlerbaustein pro Eingangskanal. Die digitalisierten Daten werden über den<br />

Universal Serial Bus (USB) an einen Personalcomputer übertragen. Der ME RedLab<br />

PMD1608 -ADC ist vollständig per Software konfigurierbar. Abbildung 5.14 veranschaulicht<br />

das Gr<strong>und</strong>prinzip seiner Funktion im Blockschaltbild.<br />

Abbildung 5.14.: Blockschaltbild PMD 1608 [46]<br />

Das Gerät wird mit einer Programmierbibliothek, der Universal Library [47] ausgeliefert,<br />

welche Treibersoftware <strong>und</strong> Programmroutinen für die Ansteuerung zur Verfügung<br />

stellt. Diese Software ist kompatibel mit der im Abschnitt 5.5 vorgestellten LabVIEW<br />

Software.<br />

7 engl. Analog Digital Converter ADC<br />

75


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.5. Implementierung der Steuersoftware in LabVIEW<br />

LabVIEW ist eine grafische Programmierumgebung, die die Implementierung automatisierter<br />

Mess- <strong>und</strong> Steuerungsaufgaben auf der Basis von Blockschaltbildern ermöglicht.<br />

Auf diese Weise ist eine strukturierte Programmierung mit erkennbarem Datenfluss realisierbar.<br />

Abbildung 5.15 zeigt das Blockschaltbild der in Abschnitt 5.3 verwendeten Steuersoftware.<br />

Es steuert sowohl den zur <strong>Messung</strong> benutzten Signalgenerator, als auch das verwendete<br />

Digitalmultimeter an. Beide Geräte können über den GPIB-Bus mit einer PCM-<br />

CIA 8 -Karte mit einem Laptop verb<strong>und</strong>en werden.<br />

Der GPIB-Bus wurde bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts von Hewlett-<br />

Packard zur Kommunikation zwischen Computern <strong>und</strong> Messgeräten entwickelt [48]. Es<br />

handelt sich dabei um einen Byte-parallelen Bus, der ein asynchrones Datenübertragungsformat<br />

nutzt. Es werden dabei 8 Bit parallel Byte für Byte im ASCII 9 -Format<br />

über den Bus übertragen.<br />

Abbildung 5.15.: Blockschaltbild in LabVIEW<br />

8 PC Memory Card International Association PCMCIA, Erweiterungskartenstandard für PCs<br />

9 engl. American Standard Code for Information Interchange ASCII<br />

76


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Abbildung 5.16.: Blockschaltbild der Messsoftware<br />

Abbildung 5.16 zeigt das Blockschaltbild der in LabVIEW implementierten Steuersoftware.<br />

Das wesentliche Element zur Ansteuerung des Analog/Digital-Konverters ist die<br />

Funktion AInScFg.VI 10 der Universal Library for LabVIEW [47]. VI steht für Virtual<br />

Instrument <strong>und</strong> ist die in LabVIEW verwendete Bezeichnung für die Funktionen der<br />

Softwarebibliothek.<br />

Die AInScFg.VI -Funktion scannt einen Bereich der Eingangskanäle ab <strong>und</strong> gibt die abgetasteten<br />

Werte in einem Array aus. Der Eingangskanalbereich wird über die Parameter<br />

LowChan <strong>und</strong> HighChan festgelegt. Aus diesem Eingangskanalbereich liest die Funktion<br />

die durch den Parameter Count definierte Anzahl von Abtastwerten mit der durch den<br />

Parameter Rate eingestellten Abtastrate ein. Es handelt sich dabei um einen im Vordergr<strong>und</strong><br />

laufenden Prozess, der die Programmkontrolle erst wieder zurückgibt, nachdem<br />

die Funktion alle gewünschten Abtastwerte ausgelesen hat. Die im Blockschaltbild erkennbaren<br />

zusätzlichen Funktionen dienen der Konvertierung, <strong>Analyse</strong> <strong>und</strong> graphischen<br />

Darstellung der Messdaten sowie der weitergehenden Konfiguration des Analog/Digital-<br />

Konverters 11 .<br />

10 AnalogInputScanForegro<strong>und</strong><br />

11 Nähere Erläuterung der Funktionen würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen. Zwar sollen sie<br />

der Vollständigkeit halber erwähnt werden, nicht aber näher erläutert. Eine ausführliche Beschreibung<br />

der Funktionen ist in [48, 47], sowie in der in LabVIEW integrierten Online-Hilfe enthalten.<br />

77


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

Die Konfiguration der genannten Parameter geschieht über interaktive Kontrollflächen<br />

im Bedienfeld der erstellten Software. Abbildung 5.17 zeigt das Bedienfeld, auch als<br />

Frontpanel bezeichnet, der implementierten Software. Die Software ermöglicht die Erfassung<br />

<strong>und</strong> graphische Anzeige der Messdaten als zeitlicher Signalverlauf, sowie die<br />

Berechnung <strong>und</strong> Anzeige der spektralen Leistungsdichte. Die Software wurde in einer<br />

zweiten Version mit zusätzlicher Speicherung der Messwerte auf Datenträger implementiert.<br />

Beide Versionen sind auf der in Anhang A.4 beigefügten CR-ROM enthalten.<br />

Abbildung 5.17.: Frontpanel in LabVIEW<br />

78


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.6. Implementierung einer Schwellwerterkennung<br />

Abbildung 5.18 zeigt die Implementierung einer Schwellwerterkennung in LabVIEW. Der<br />

quadratische Mittelwert des Signals wird gebildet <strong>und</strong> mit einem einstellbarem Schwellwert<br />

verglichen. Wird dieser Schwellwert überschritten, zeigt eine graphische Anzeige in<br />

Form einer grünen Leuchtdiode diesen Fall im Frontpanel (siehe Abbildung 5.19) an.<br />

Die Software ist auf der in Anhang A.4 beigefügten CD-ROM enthalten.<br />

Abbildung 5.18.: Blockschaltbild Schwellwerterkennung<br />

Abbildung 5.19.: Frontpanel Schwellwerterkennung<br />

79


5. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

5.7. Zusammenfassung<br />

Kapitel 5 beschreibt die Entwicklung <strong>und</strong> Realisierung eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems<br />

für myoelektrische <strong>Signale</strong>.<br />

Eine Sensoreinheit, bestehend aus einem metallischen Elektrodenpaar <strong>und</strong> einem Vorverstärker,<br />

wird entwickelt. Die Verstärkerschaltung arbeitet als Instrumentationsverstärker<br />

mit einem integrierten Operationsverstärkerbaustein.<br />

Eine zweite Verstärker- <strong>und</strong> Filterstufe wird entwickelt. Sie ermöglicht eine einstellbare<br />

Gesamtverstärkung des Systems <strong>und</strong> verhindert durch Tiefpassfilterung Aliaseffekte<br />

bei der Digitalisierung des Signals. Die Schaltung arbeitet mit Standardoperationsverstärkerschaltungen<br />

<strong>und</strong> nutzt als Filterbaustein einen integrierten Switched Capacitor-<br />

Filterschaltkreis.<br />

Das Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystem wird umfassend messtechnisch untersucht. Bei inaktiver<br />

zweiter Verstärkerstufe <strong>und</strong> folglich einer Gesamtverstärkung mit dem Faktor V=500<br />

zeigen sich Unregelmäßigkeiten im Frequenzgang des Systems (siehe Abbildung 5.13(f)).<br />

Eine weitergehende Untersuchung der Problematik ist notwendig, um diese Gesamtverstärkungsstufe<br />

zu nutzen 12 . Der in Abbildung 5.12(a) erkennbare Offsetversatz wird<br />

durch die hohe Verstärkung des systeminherenten Rauschens verursacht. Eine schwache<br />

Unregelmäßigkeit in der Linearität bei einer Verstärkung mit dem Faktor V=5000 (siehe<br />

Abbildung 5.12(c)) ist bei der Durchführung von <strong>Messung</strong>en zu berücksichtigen. Die<br />

Unregelmäßigkeit ist aus Sicht des Verfassers vernachlässigbar.<br />

Die Analog/Digital-Wandlung des Signals wird mit einem portablen, via USB angesprochenen<br />

Analog/Digital-Konverter realisiert. Die Implementierung der Steuersoftware in<br />

LabVIEW wird erläutert, sowie eine einfache Regelaufgabe implementiert. Sie zeigt in<br />

Abschnitt 5.6 die Möglichkeit, anhand des gemessenen Signals einfache Steuerungsaufgaben<br />

in Abhängigkeit der Muskelkontraktion zu realisieren.<br />

12 Im Laufe der Diplomarbeit wurden nur Gesamtverstärkungen ab dem Faktor V=1000 genutzt. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> findet eine weitere Fehlersuche <strong>und</strong> Behebung des Problems im Rahmen dieser Arbeit<br />

nicht statt.<br />

80


6. Messergebnisse <strong>und</strong><br />

Messwertanalyse<br />

Das folgende Kapitel 6 präsentiert Messergebnisse, die mit dem in Kapitel 5 realisierten<br />

System gemessen <strong>und</strong> erfasst wurden.<br />

Als Einleitung soll die Implementierung der <strong>Analyse</strong>software erläutert werden <strong>und</strong> im<br />

Folgenden auf Messergebnisse statischer <strong>und</strong> dynamischer Muskelkontraktionen eingegangen<br />

werden.<br />

Abbildung 6.1 zeigt exemplarisch die Durchführung einer <strong>Messung</strong> am Oberarm des<br />

Verfassers.<br />

Abbildung 6.1.: Durchgeführte Bizepsmesssung<br />

81


6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

6.1. Implementierung der <strong>Analyse</strong>software in MATLAB<br />

Die bereits in Abschnitt 5.3.1 dieser Arbeit erwähnte MATLAB Software ist eine kommerzielle<br />

Mathematiksoftware. Die Software ist für Berechnungen mit Matrizen ausgelegt,<br />

woher sich auch der Name ableitet: MATrix LABoratory. Sie dient im Wesentlichen<br />

der numerischen Lösung mathematischer Probleme. In der vorliegenden Diplomarbeit<br />

wird MATLAB zur <strong>Analyse</strong> <strong>und</strong> Darstellung der erfassten myoelektrischen <strong>Signale</strong> verwendet.<br />

Die in Abschnitt 5.5 beschriebene LabVIEW Steuersoftware speichert die erfassten Messdaten<br />

wie beschrieben in einer CSV 1 -Textdatei. Die Messdaten sind spaltenweise, durch<br />

Leerzeichen getrennt angeordnet. Vor den eigentlichen Daten steht ein Dateiheader der<br />

Form:<br />

LabVIEW Measurement<br />

Writer_Version 0.92<br />

Reader_Version 1<br />

Separator Tab<br />

Multi_Headings No<br />

X_Columns Multi<br />

Time_Pref Relative<br />

Operator Martin<br />

Date 2006/07/05<br />

Time 11:06:48,58<br />

***End_of_Header***<br />

Channels 1<br />

Samples 1000<br />

Date 2006/07/05<br />

Time 11:06:48,591<br />

X_Dimension Time<br />

X0 0.0000000000000000E+0<br />

Delta_X 1.000000<br />

***End_of_Header***<br />

X_Value Comment<br />

0.000000 0.038147<br />

1.000000 0.002441<br />

...<br />

1 Character Separated Values CSV<br />

82


6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

Er muss vor der Weiterverarbeitung in MATLAB manuell entfernt werden. Ist dies<br />

geschehen, gliedert sich der Ablauf der Signalanalyse folgendermaßen:<br />

1. Einlesen der Messdaten (messdaten.m)<br />

2. <strong>Analyse</strong> der Messdaten (signalanalyse.m) <strong>und</strong> (effektivwert.m)<br />

3. Manuelles Speichern der erzeugten Graphen<br />

Die MATLAB Programme messdaten.m, signalanalyse.m <strong>und</strong> effektivwert.m verwenden<br />

Standard-MATLAB Befehle <strong>und</strong> sind in Anhang A.2.1 abgedruckt <strong>und</strong> auf der beigefügten<br />

CD-ROM enthalten. Ausführliche Dokumentationen der Standardbefehle sind<br />

in der in MATLAB integrierten Online-Hilfe enthalten. Man erhält sie über Eingabe des<br />

Befehls<br />

help befehl<br />

oder über die Hilfe-Funktion der Software. Nähere Erläuterungen zur Funktion der einzelnen<br />

Programme befinden sich ebenfalls im Anhang A.2.1<br />

Die hier verwendete <strong>und</strong> in MATLAB implementierte Methode der Schätzung der spektralen<br />

Leistungsdichte ist ein Fourier-basiertes PSD-Schätzverfahren. Anders als im Abschnitt<br />

4.4 erläutert, basiert es hier nicht auf der Fouriertransformation der Autokorrelationsfunktion,<br />

sondern auf dem Betragsquadrat der diskreten Fouriertransformation,<br />

dem so genannten Periodogramm:<br />

P (Ω) = 1<br />

N<br />

�<br />

�N−1<br />

��<br />

� y [n] e<br />

�<br />

−jnΩ<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

n=0<br />

2<br />

. (6.1)<br />

Wie das auf der Autokorrelationsfunktion basierende Schätzverfahren, erfordert das Periodogramm<br />

ein stationäres Signalverhalten <strong>und</strong> ein unendlich ausgedehntes Beobachtungsintervall.<br />

Die myoelektrischen <strong>Signale</strong> sind hingegen meist stationär im weiteren<br />

Sinne <strong>und</strong> in ihrem Beobachtungsintervall begrenzt.<br />

Augr<strong>und</strong> dieses zeitlich begrenzten Beobachtungsintervall T0 ergibt sich eine spektrale<br />

Auflösungsgrenze von [40]:<br />

∆Ωmin ≈ 2π<br />

83<br />

fsT0<br />

, (6.2)


6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

um zwei gleich gewichtete Spektrallinien trennen zu können.<br />

Die Varianz des Schätzfehlers wird durch die Verwendung einer Signalgewichtung <strong>und</strong><br />

Mittelung der PSD-Schätzung reduziert. Ein Nachteil dieser Methode ist allerdings die<br />

Verringerung der spektralen Auflösung.<br />

Es kommt die MATLAB Funktion pwelch zum Einsatz. Die Welch-Methode führt eine<br />

Mittelung über die Periodogramme sich überlappender, gefensterter Signalabschnitte<br />

durch. Dies hat eine konsistentere Schätzung zur Folge.<br />

Die in Abschnitt 4.4.4 erläuterte <strong>und</strong> in den folgenden Abbildungen dargestellte mittlere<br />

Frequenz, auch Mean Power Frequency MPF, wird durch<br />

berechnet.<br />

MP F = � f<br />

84<br />

S(f)<br />

� S(f)df , (6.3)


6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

6.2. <strong>Messung</strong> statischer Bizepskontraktion<br />

Die <strong>Messung</strong> einer statischen Muskelkontraktion wurde am rechten Oberarm des Verfassers<br />

dieser Diplomarbeit durchgeführt. Die Elektrode wurde auf der Oberseite des Bizeps<br />

13 cm von der Ellenbeuge entfernt platziert (Siehe Abbildung 3.7(a): Biceps brachii). Die<br />

Elektrode wurde längs entlang der Muskelfaserrichtung orientiert. Die Kontraktion wurde<br />

durch statisches Festhalten eines 4,5 kg schweren Gewichtes verursacht. Die Zeitdauer<br />

der Kontraktion betrug ca. 18 s (siehe Abbildung 6.2(a)).<br />

6.2.1. Amplitudenparameter<br />

Abbildung 6.2(a) zeigt das vollständige myoelektrische Signal der erfassten statischen Bizepskontraktion.<br />

Die Gesamtverstärkung des Systems betrug V=5000. Abbildung 6.2(b)<br />

beinhaltet den zugehörigen gleichgerichteten Signalverlauf (blaue Kurve), sowie den quadratischen<br />

Mittelwert des Signals (magentafarbene Kurve). Für die Mittelwertbildung,<br />

analog der in Abschnitt 4.3.4 beschriebenen Methode, wurde ein Signalintervall von<br />

40 ms verwendet. Aus diesem vollständigen Datensatz wurde ein Teilintervall aus der<br />

mittleren Region mit der Zeitdauert von 1 s extrahiert. Abbildung 6.3(a) zeigt den<br />

Gleichrichtwert (blaue Kurve), sowie den ebenfalls mit einem 40 ms langem Zeitfenster<br />

gemittelten Gleichrichtwert diese Teilintervalls (magentafarbene Kurve). Abbildung<br />

6.3(b) beinhaltet den quadratischen Mittelwert dieses Teildatensatzes (magentafarbene<br />

Kurve). Weitere aus dem Datensatz extrahierte Teilintervalle werden im Anhang A.2.2<br />

präsentiert.<br />

U [V]<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

−1<br />

−2<br />

−3<br />

−4<br />

0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000 16000 18000<br />

t [ms]<br />

(a) Signalverlauf<br />

U [V]<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000 16000 18000<br />

t [ms]<br />

(b) Gleichgerichteter Signalverlauf <strong>und</strong> quadratischer<br />

Mittelwert<br />

Abbildung 6.2.: Statische Bizepskontraktion Datensatz 01<br />

85


U [V]<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

3.5<br />

2.5<br />

1.5<br />

0.5<br />

(a) Gleichgerichteter <strong>und</strong> gemittelter Signalverlauf<br />

3<br />

2<br />

1<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

(b) Gleichgerichteter Signalverlauf <strong>und</strong> quadratischer Mittelwert<br />

Abbildung 6.3.: Statische Bizepskontraktion Teildatensatz 01<br />

86


6.2.2. Spektrale Leistungsdichte<br />

6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

Für die Berechnung der spektrale Leistungsdichte wird der in Abschnitt 6.2.1 beschriebene<br />

Teildatensatz 01 verwendet. Abbildung 6.4(a) zeigt das zugehörige totale Leistungsspektrum.<br />

Abbildung 6.4(b) hingegen enthält das selbe Leistungsspektrum, jedoch<br />

logarithmisch dargestellt. Beide Leistungsspektren wurden mit der in Abschnitt<br />

6.1 erläuterten Methode nach Welch berechnet.<br />

Die Leistungsspektren der in Anhang A.2.2 enthaltenen weiteren Teilintervalle befinden<br />

sich in Anhang A.2.3. Sämtliche Datensätze sind auf der in Anhang A.4 enthaltenen<br />

CD-ROM gespeichert.<br />

Leistungsspektrum [W/Hz]<br />

0.02<br />

0.018<br />

0.016<br />

0.014<br />

0.012<br />

0.01<br />

0.008<br />

0.006<br />

0.004<br />

0.002<br />

Power/frequency (dB/Hz)<br />

absolutes Leistungsspektrum<br />

Mean Power Frequency MPF<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

−10<br />

−20<br />

−30<br />

−40<br />

−50<br />

−60<br />

−70<br />

(a) total<br />

Power Spectral Density Estimate via Welch<br />

−80<br />

0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5<br />

Frequency (kHz)<br />

(b) logarithmisch<br />

Abbildung 6.4.: Spektrale Leistungsdichten Teildatensatz 01<br />

87


6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

6.3. <strong>Messung</strong> dynamischer Bizepskontraktion<br />

Die <strong>Messung</strong> einer dynamischen Muskelkontraktion wurde ebenfalls am Oberarm des<br />

Verfassers durchgeführt. Die Elektroden- <strong>und</strong> Messkonfiguration entspricht der Beschreibung<br />

in Abschnitt 6.2, sowohl in Platzierung <strong>und</strong> Orientierung der Elektrode, als auch<br />

bezüglich der Gesamtverstärkung des Erfassungssystems. Die Kontraktion wurde jedoch<br />

dynamisch durch langsames Heben <strong>und</strong> Senken des Gewichtes verursacht.<br />

Es wurden zwei Datensätze mit der Zeitdauer von 7 s (Datensatz 01) <strong>und</strong> 8 s (Datensatz<br />

02) erfasst. Abbildung 6.5(a) zeigt den Signalverlauf des Datensatzes 01. Abbildung<br />

6.5(b) beinhaltet den zugehörigen, gleichgerichteten Signalverlauf (blaue Kurve) sowie<br />

den quadratischer Mittelwert des gleichgerichteten Signals (magentafarbene Kurve).<br />

Die Abbildungen 6.6(a) <strong>und</strong> 6.6(b) stellen den zweiten Datensatz 02 dar. Aufgr<strong>und</strong><br />

der in Abschnitt 4.4 erläuterten <strong>und</strong> zu erwartenden erhöhten Nichtstationarität des<br />

Signals in Folge dynamischer Kontraktionen, wird an dieser Stelle auf eine <strong>Analyse</strong> der<br />

Frequenzparameter verzichtet.<br />

U [V]<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

−1<br />

−2<br />

−3<br />

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000<br />

t [ms]<br />

(a) Signalverlauf<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000<br />

t [ms]<br />

(b) Gleichgerichteter Signalverlauf <strong>und</strong> quadratischer<br />

Mittelwert<br />

Abbildung 6.5.: Dynamische Bizepskontraktion Datensatz 01<br />

88


U [V]<br />

U [V]<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

−1<br />

−2<br />

−3<br />

6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

−4<br />

0 1000 2000 3000 4000<br />

t [ms]<br />

5000 6000 7000 8000<br />

4.5<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

(a) Signalverlauf<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 1000 2000 3000 4000<br />

t [ms]<br />

5000 6000 7000 8000<br />

(b) Gleichgerichteter Signalverlauf <strong>und</strong> quadratischer Mittelwert<br />

Abbildung 6.6.: Dynamische Bizepskontraktion Datensatz 02<br />

89


6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

6.4. Statistische Momente der Messdaten<br />

Die folgenden Tabellen 6.1, 6.2 <strong>und</strong> 6.3 geben einen Überblick über statistische Momente<br />

der gemessenen <strong>Signale</strong>. Um explizite Aussagen über Zusammenhänge zwischen den<br />

Kenngrößen <strong>und</strong> den physiologisch relevanten Parametern treffen zu können sind sie<br />

jedoch nicht geeignet. Hierfür wären eine wesentlich umfangreichere Studien, die sich an<br />

klinischen Maßstäben orientieren (siehe Abschnitt 4.5) notwendig.<br />

Absolutwerte [V] Effektivwerte [V]<br />

Gesamtdatensatz 01 dynamisch<br />

µ = 0, 4609 µ = 0, 5785<br />

σ 2 = 0, 2474 σ 2 = 0, 1210<br />

σ = 0, 4974 σ = 0, 3479<br />

Tabelle 6.1.: Statistische Momente Bizepskontraktion (dynamisch)<br />

Absolutwerte [V] Effektivwerte [V]<br />

Gesamtdatensatz 02 dynamisch<br />

µ = 0, 4592 µ = 0, 5766<br />

σ 2 = 0, 1844 σ 2 = 0, 0594<br />

σ = 0, 4294 σ = 0, 2457<br />

Tabelle 6.2.: Statistische Momente Bizepskontraktion (dynamisch)<br />

90


6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

Absolutwerte [V] Effektivwerte [V]<br />

Gesamtdatensatz 01 statisch<br />

µ = 0, 4837 µ = 0, 6269<br />

σ 2 = 0, 2277 σ 2 = 0, 0634<br />

σ = 0, 4772 σ = 0, 2518<br />

Teildatensatz 01 statisch<br />

µ = 0, 6866 µ = 0, 8536<br />

σ 2 = 0, 2695 σ 2 = 0, 0168<br />

σ = 0, 5192 σ = 0, 1297<br />

Teildatensatz 02 statisch<br />

µ = 0, 5366 µ = 0, 6981<br />

σ 2 = 0, 2464 σ 2 = 0, 0293<br />

σ = 0, 4964 σ = 0, 1713<br />

Teildatensatz 03 statisch<br />

µ = 0, 5202 µ = 0, 6447<br />

σ 2 = 0, 2238 σ 2 = 0, 0333<br />

σ = 0, 4730 σ = 0, 1828<br />

Tabelle 6.3.: Statistische Momente Bizepskontraktion (statisch)<br />

91


6.5. Zusammenfassung<br />

6. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

Das Kapitel 6 präsentiert Messergebnisse <strong>und</strong> erläutert Alysen, welche mit dem in Kapitel<br />

5 entwickelten System gemessen <strong>und</strong> erfasst wurden.<br />

Einleiten erläutert es die Implementierung der <strong>Analyse</strong>software in MATLAB. Im Anschluß<br />

werden Messergebnisse statischer <strong>und</strong> dynamischer Bizepskontraktionen präsentiert.<br />

Die <strong>Messung</strong>en erfolgten am Verfasser der Arbeit. Es wird sowohl auf Amplitudenparameter<br />

als auch auf spektrale Leistungsdichten eingegangen.<br />

Die Messergebnisse der spektralen Leistungsdichten in Abschnitt 6.2.2 zeigen eine Verteilung<br />

der <strong>Signale</strong>nergie im Bereich von 50 Hz bis 150 Hz. Diese Verteilung stimmt mit<br />

den in der Literatur recherchierten Werten überein (siehe Abschnitt 2.5).<br />

Die <strong>Analyse</strong> der statistischen Momente der Messwerte schließt das Kapitel ab. Eine mit<br />

der Zeit ansteigende Varianz bzw. Standardabweichung bei statischen Kontraktionen ist<br />

erkennbar. Die Datensätze wurden vom Anfang, aus der Mitte <strong>und</strong> zum Ende der Kontraktion<br />

extrahiert. Denkbare Ursachen diese Anstiegs könnten erhöhte Aktivierungs<strong>und</strong><br />

Rekrutierungeigenschaften der motorischen Einheiten sein (siehe Abschnitte 2.4.1<br />

<strong>und</strong> 2.4.2). Gesicherte Aussagen diesbezüglich sind jedoch nur durch umfangreichere<br />

<strong>Messung</strong>en <strong>und</strong> Untersuchungen, die sich an klinischen Studien orientieren, zu treffen.<br />

92


7. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

Die <strong>Messung</strong> <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong> biomedizinischer <strong>Signale</strong> beinhaltet eine interessante Schnittmenge<br />

aus den Teilbereichen Medizintechnik, Elektrotechnik <strong>und</strong> Kommunikationstechnik.<br />

Das notwendige Fachwissen ist breit gefächert <strong>und</strong> reicht von der Physiologie des<br />

Menschen bis hin zu aktuellen Methoden der digitalen Signalverarbeitung. Die Herausforderung<br />

besteht darin, die zumeist sehr schwachen <strong>Signale</strong> in hoher Qualität zu<br />

erfassen.<br />

Im Zentrum dieser Arbeit steht die <strong>Messung</strong> <strong>und</strong> <strong>Analyse</strong> <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong>. Der<br />

Begriff ” myoelektrisches Signal“ bedeutet eine auf der Hautoberfläche messbare elektrische<br />

Potenzialänderung in Folge aktiver Bewegung des menschlichen Muskelapparates.<br />

Das Ziel der Arbeit ist die Entwicklung <strong>und</strong> Realisation eines Systems, das myoelektrische<br />

<strong>Signale</strong> erfasst <strong>und</strong> zur weiteren <strong>Analyse</strong> einem Rechnersystem zur Verfügung<br />

stellt.<br />

Die Anordnung der einzelnen Kapitel <strong>und</strong> Unterabschnitte dieser Arbeit soll eine präzise<br />

Herangehensweise <strong>und</strong> Untersuchung aller erforderlichen Teilbereiche der <strong>Messung</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Analyse</strong> ermöglichen <strong>und</strong> verdeutlichen, um schließlich entwickelte Ergebnisse logisch in<br />

Beziehung setzen zu können.<br />

Zunächst werden deshalb die notwendigen physiologischen Gr<strong>und</strong>lagen der Entstehung<br />

<strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> erläutert. Diese Gr<strong>und</strong>lagen setzen sich aus dem Aufbau der<br />

Muskulatur, einschließlich seiner kleinsten funktionellen Einheit, der motorischen Einheit,<br />

<strong>und</strong> aus der elektrischen Reizweiterleitung innerhalb dieser Einheiten zusammen.<br />

Die in der Fachliteratur recherchierten Erfassungsmethoden der durch diese Reizweiterleitung<br />

verursachten Potenzialänderungen werden vorgestellt. Die Gr<strong>und</strong>prinzipien der<br />

Methoden <strong>und</strong> ihrer technischen Umsetzung sowie Einflussfaktoren auf die <strong>Messung</strong> der<br />

<strong>Signale</strong> werden erläutert <strong>und</strong> untereinander in Beziehung gesetzt.<br />

Im Anschluss an die Ausarbeitung der Erfassungsmethoden wird auf die <strong>Analyse</strong> der<br />

<strong>Signale</strong> eingegangen. Die stochastischen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> relevanten Begriffe wie Stationarität<br />

<strong>und</strong> Ergodizität werden im Kontext erläutert. Eine Übersicht gebräuchlicher<br />

93


7. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

<strong>Analyse</strong>methoden <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> bezüglich ihrer Amplitudenparameter <strong>und</strong> ihres<br />

Frequenzgehaltes bzw. ihrer spektralen Leistungsdichte schließt den theoretischen<br />

Gr<strong>und</strong>lagenteil dieser Arbeit ab.<br />

Die recherchierten <strong>und</strong> beschriebenen Gr<strong>und</strong>lagen wurden schließlich für die Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Realisation eines Mess- <strong>und</strong> Erfassungssytems genutzt. Das System besteht aus<br />

einer in eine Sensoreinheit integrierte Elektrode mit differenziellem Vorverstärker, einer<br />

weiteren einstellbaren Verstärker- <strong>und</strong> Filterstufe sowie einem Analog/Digital-Konverter.<br />

Sensoreinheit, Verstärker- <strong>und</strong> Filterstufe wurden mit der Leiterplattenlayoutsoftware<br />

EAGLE entwickelt <strong>und</strong> in entsprechende Leiterplatten umgesetzt.<br />

Die realisierten Verstärker- <strong>und</strong> Filterschaltungen wurden bezüglich ihres Linearitäts<strong>und</strong><br />

Frequenzgangverhaltens messtechnisch untersucht. Dazu wurden weitere Schaltungen<br />

zur Abschwächung <strong>und</strong> Symmetrierung vorhandener Signalquellen entwickelt. Lab-<br />

VIEW Software zur Ansteuerung der Messtechnik wurde entwickelt <strong>und</strong> implementiert.<br />

Das Linearitäts- <strong>und</strong> Frequenzgangverhalten der entwickelten Schaltungen erwies sich<br />

als geeignet.<br />

Als Analog/Digital-Konverter kommt ein kommerziell gefertigter USB-Analog/Digital-<br />

Konverter des Herstellers Meilhaus Electronics zum Einsatz. Software zur Ansteuerung<br />

des Konverters, Erfassung <strong>und</strong> Speicherung der Messwert wurde ebenfalls in der Lab-<br />

VIEW Software implementiert.<br />

Das System wurde für umfangreiche <strong>Messung</strong>en <strong>myoelektrischer</strong> <strong>Signale</strong> der hier vorgenommenen<br />

Untersuchungen genutzt. Es wurden sowohl dynamische als auch statische<br />

Muskelkontraktionen des Bizepsmuskels gemessen. Die Auswertung <strong>und</strong> Darstellung der<br />

Messdaten wurde in MATLAB Software implementiert. Exemplarisch wurden <strong>Analyse</strong>n<br />

bezüglich der Amplitudenparameter <strong>und</strong> der spektralen Leistungsdichte der <strong>Signale</strong><br />

präsentiert. Eine LabVIEW-Softwareimplementierung, welche Muskelspannung anhand<br />

analysierter Amplitudenparamter des Signals unterscheidet, veranschaulicht die Möglichkeit,<br />

das entwickelte System für Steuer- <strong>und</strong> Regelaufgaben zu verwenden.<br />

In zukünftigen Arbeiten ist die Erweiterung des Systems um mehrere Messkanäle denkbar.<br />

Der verwendete Analog/Digital-Konverter ermöglicht eine Digitalisierung bis zu<br />

acht Eingangskanälen <strong>und</strong> auch der Eingangskanalbereich ist durch Kaskadierung baugleicher<br />

Konverter erweiterbar. Entsprechende mehrkanalige Sensoreinheiten <strong>und</strong> Verstärker-<br />

<strong>und</strong> Filterstufen besitzen viel versprechendes Entwicklungspotenzial . Gr<strong>und</strong>lagen<br />

dafür bieten die im Anhang enthaltenen mehrkanaligen Schaltpläne solcher Schaltungen.<br />

Eine Zerlegung der myoelektrischen <strong>Signale</strong> in ihre zu Gr<strong>und</strong>e liegenden elektrischen<br />

Reizweiterleitungen ist durch mehrkanalige <strong>Messung</strong>en <strong>und</strong> Implementierung der in die-<br />

94


7. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

ser Arbeit vorgestellten Methoden der Independent Component Analysis möglich. Eine<br />

geeignete mehrkanalige Elektrodenarray-Konfiguration wäre hierfür zu entwickeln; zur<br />

Verdeutlichung der Zusammenhänge zwischen myoelektrischen <strong>Signale</strong>n <strong>und</strong> physiologischen<br />

Parametern wie Kraft oder Spannung wäre ein Normierungskonzept anzuwenden.<br />

Das Ziel der Arbeit, ein Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystem für myoelektrische <strong>Signale</strong> zu entwickeln,<br />

wurde systematisch <strong>und</strong> zielgerichtet erreicht. Das Ergebnis ist ein System, welches<br />

<strong>Signale</strong> auf der Hautoberfläche erfasst, variabel verstärkt <strong>und</strong> schließlich digitalisiert <strong>und</strong><br />

zur weiteren <strong>Analyse</strong> zur Verfügung stellt.<br />

Die vorliegende Ausarbeitung bietet weiterhin eine f<strong>und</strong>ierte theoretische Gr<strong>und</strong>lage der<br />

Thematik <strong>und</strong> ermöglicht eine direkten Einstieg in weiterführende Arbeiten.<br />

95


Abbildungsverzeichnis<br />

2.1. Aufbau eines Skelettmuskels nach [9] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

2.2. Die motorische Einheit[12] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2.3. Chemischer Aufbau von Acetylcholin[16] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

2.4. Das Aktionspotenzial nach [17] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

2.5. Elektrisches Ersatzschaltbild einer Zelle nach [19] . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2.6. Elektrisches Ersatzschaltbild für Gewebe nach [18] . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2.7. Punktquellenmodell des Aktionspotenziales [13] . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

2.8. Elektrisches Model für das Aktionspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.9. Das Summenaktionspotenzial einer motorischen Einheit nach [12] . . . . 18<br />

2.10. Überlagerung von Summenaktionspotenzialen (A-C) zu einem myoelektrischen<br />

Signal(D) nach [24]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

2.11. Das EMG-Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

2.12. EMG-Signal im Zeitbereich <strong>und</strong> zugehöriges Frequenzspektrum [25] . . . 22<br />

3.1. Blockdiagramm des Erfassungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

3.2. Filtereffekt des Gewebes [13] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

3.3. Filtereffekt der bipolaren Elektrodenkonfiguration [13] . . . . . . . . . . . 30<br />

3.4. Elektrodengeometrie nach SENIAM -Empfehlungen . . . . . . . . . . . . 31<br />

3.5. Prinzip der differenziellen Verstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.6. Elektrodenpaarplatzierungen <strong>und</strong> ihre Auswirkungen nach [28] . . . . . . 35<br />

3.7. Optimale Elektrodenpositionen nach [12] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

3.8. Myoelektrisches Signal mit EKG-Artefakten [12] . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

4.1. Myoelektrische <strong>Signale</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

4.2. Gleichgerichtetes <strong>und</strong> gemitteltes myoelektrisches Signal . . . . . . . . . 47<br />

4.3. Quadratischer Mittelwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

4.4. Spektrale Leistungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

4.5. Exemplarisches Spektrum eines myoelektrischen Signals [13] . . . . . . . 54<br />

5.1. Blockdiagramm des Erfassungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

5.2. Schaltplan der Instrumentationsverstärkerschaltung . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.3. Prototyp der Sensoreinheit auf Lochrasterplatine . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

96


Abbildungsverzeichnis<br />

5.4. Schaltplan der Sensoreinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

5.5. Schaltplan der Spannungsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

5.6. Schaltplan der zweiten Verstärkerstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

5.7. Schaltplan des Anti-Alias-Tiefpassfilters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

5.8. Schaltplan der Nachverstärker- <strong>und</strong> Filterschaltung . . . . . . . . . . . . 68<br />

5.9. Frequenzgang des Anti-Alias-Filters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

5.10. Schaltplan Vorabschwächer mit NF -Übertager . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

5.11. Schaltplan Vorabschwächer mit Operationsverstärker . . . . . . . . . . . 72<br />

5.12. Linearitätsverhalten des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems . . . . . . . . . . . 73<br />

5.13. Frequenzgang des Mess- <strong>und</strong> Erfassungssystems . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

5.14. Blockschaltbild PMD 1608 [46] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

5.15. Blockschaltbild in LabVIEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

5.16. Blockschaltbild der Messsoftware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

5.17. Frontpanel in LabVIEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

5.18. Blockschaltbild Schwellwerterkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

5.19. Frontpanel Schwellwerterkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

6.1. Durchgeführte Bizepsmesssung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

6.2. Statische Bizepskontraktion Datensatz 01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

6.3. Statische Bizepskontraktion Teildatensatz 01 . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

6.4. Spektrale Leistungsdichten Teildatensatz 01 . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

6.5. Dynamische Bizepskontraktion Datensatz 01 . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

6.6. Dynamische Bizepskontraktion Datensatz 02 . . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

A.1. Leiterplattenlayout Sensoreinheit Unterseite . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

A.2. Leiterplattenlayout Nachverstärker-Filterstufe Oberseite . . . . . . . . . . 104<br />

A.3. Leiterplattenlayout Nachverstärker-Filterstufe Unterseite . . . . . . . . . 105<br />

A.4. Schaltplan Sensoreinheit mehrkanalig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106<br />

A.5. Linearitätsverhalten NF -Übertrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

A.6. Frequenzgang NF -Übertrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

A.7. Teildatensatz 01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

A.8. Teildatensatz 02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

A.9. Teildatensatz 03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

A.10.Teildatensatz 01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115<br />

A.11.Teildatensatz 02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115<br />

A.12.Teildatensatz 03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116<br />

97


Tabellenverzeichnis<br />

5.1. Verstärkungsfaktoren der zweiten Verstärkerstufe . . . . . . . . . . . . . 64<br />

6.1. Statistische Momente Bizepskontraktion (dynamisch) . . . . . . . . . . . 90<br />

6.2. Statistische Momente Bizepskontraktion (dynamisch) . . . . . . . . . . . 90<br />

6.3. Statistische Momente Bizepskontraktion (statisch) . . . . . . . . . . . . . 91<br />

98


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[46] Meilhaus Electronic GmbH. Meilhaus Electronic Handbuch ME-RedLab Serie.<br />

Im Lieferumfang des Meilhaus ME-RedLab PMD 1608 enthalten. URL<br />

http://www.meilhaus.com. Oktober 2004<br />

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User’s Guide. Im Lieferumfang des Meilhaus ME-RedLab PMD 1608 enthalten.<br />

URL http://www.mccdaq.com. May 2005<br />

[48] Jamal, Rahman ; Hagestedt, Andre: LabVIEW für Studenten. 4. Auflage.<br />

Pearson Studium, 2004. – ISBN 3827371546<br />

102


A. Anhang<br />

A.1. Entwicklung <strong>und</strong> Aufbau eines Mess- <strong>und</strong><br />

Erfassungssystems<br />

Abschnitt A.1 des Anhangs beinhaltet die Leiterplattenlayouts der in Kapitel 5 erläuterten<br />

Schaltungen.<br />

A.1.1. Leiterplattenlayout Sensoreinheit<br />

Die Leiterplatte der Sensoreinheit ist einseitig realisiert.<br />

Abbildung A.1.: Leiterplattenlayout Sensoreinheit Unterseite<br />

103


A. Anhang<br />

A.1.2. Leiterplattenlayout Nachverstärker-Filterstufe<br />

Abbildung A.2.: Leiterplattenlayout Nachverstärker-Filterstufe Oberseite<br />

104


A. Anhang<br />

Abbildung A.3.: Leiterplattenlayout Nachverstärker-Filterstufe Unterseite<br />

105


A. Anhang<br />

A.1.3. Schaltplan einer mehrkanaliger Sensoreinheit<br />

Abbildung A.4 zeigt den Schaltplan einer Sensoreinheit mit acht Eingangskanälen. Der<br />

Schaltplan ist auf der in Anhang A.4 beigefügten CD-ROM gespeichert <strong>und</strong> dient als<br />

Gr<strong>und</strong>lage zukünftiger Schaltungsentwicklungen.<br />

Abbildung A.4.: Schaltplan Sensoreinheit mehrkanalig<br />

106


A. Anhang<br />

A.1.4. Kalibrationsmessung NF-Übertrager<br />

Im Rahmen einer Kalibrationsmessung des in Abschnitt 5.3.2 verwendeten NF -Übertragers<br />

wurde sein Linearitätsverhalten <strong>und</strong> sein Frequenzgang bestimmt. Die Abbildungen<br />

A.5 <strong>und</strong> A.6 zeigen die Resultate dieser Kalibrationsmessung.<br />

Ua [mV]<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

Ue [mV]<br />

Abbildung A.5.: Linearitätsverhalten NF -Übertrager<br />

Ua/max(Ua) [dB]<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

−60<br />

−80<br />

−100<br />

−120<br />

−140<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

Abbildung A.6.: Frequenzgang NF -Übertrager<br />

107


A. Anhang<br />

A.2. Messergebnisse <strong>und</strong> Messwertanalyse<br />

A.2.1. Implementierung der Signalanalyse in MATLAB<br />

Abschnitt A.2.1 des Anhangs erläutert die in Abschnitt 6.1 vorgestellten MATLAB<br />

Programme.<br />

messdaten.m, signalanalyse.m <strong>und</strong> effektivwert.m<br />

MATLAB Programm zum Einlesen der Messdaten<br />

%*****************************************************************<br />

% Matlab-Programm Messdaten einlesen messdaten.m<br />

%*****************************************************************<br />

% Dateiauswahldialog für Datenfile<br />

pathname=’c:\diplomarbeit\’;<br />

[filename,pathname]=uigetfile([pathname,’*.csv’],’Datei Auswählen’);<br />

sourcefile=[pathname, filename] ;<br />

fid = fopen(sourcefile);<br />

% Messdaten einlesen<br />

m=load(sourcefile)<br />

Erläuterung: Das Programm öffnet mit Hilfe des Befehls uigetfile einen Dateiauswahldialog<br />

<strong>und</strong> liest die ausgewählte CSV -Datei mit dem Befehl load ein. Die Messdaten<br />

stehen anschließend im MATLAB Workspace zur Verfügung.<br />

108


MATLAB Programm zur Signalanalyse<br />

A. Anhang<br />

%*****************************************************************<br />

% Matlab-Programm Datenanalyse signalanalyse.m<br />

%*****************************************************************<br />

% Dateiauswahldialog für Messdatendatei<br />

pathname=’c:\diplomarbeit\’;<br />

[filename,pathname]=uigetfile([pathname,’*.dat’], ’Datei Auswählen’);<br />

sourcefile=[pathname, filename] ;<br />

% Datendatei einlesen<br />

fid = fopen(sourcefile);<br />

signal01=load(sourcefile)<br />

% Signal gleichrichten <strong>und</strong> Mittelwert bilden<br />

signal01abs=abs(signal01); % Absolutwert bilden<br />

signal01abstmp=reshape(signal01abs,40,25); % Matrix umformen<br />

signal01absmean=mean(signal01abstmp); % Mittelwert bilden<br />

%Mittelwerte auf orginal Signallänge interpolieren<br />

signal01absmeaninterp=interp(signal01absmean,40);<br />

% Gleichgerichteten Mittelwert plotten<br />

x=1:1000;<br />

plot(x,signal01abs,’b-’);<br />

hold on<br />

plot(x,signal01absmeaninterp,’m-’,’LineWidth’,2);<br />

legend(’gleichgerichtetes Signal’,’Mittelwert’);<br />

xlabel(’t [ms]’);<br />

ylabel(’U [V]’);<br />

figure;<br />

% Leistungsspektrum via Welch-Methode berechnen<br />

% 8 windows 50% overlap<br />

fs=1000;<br />

N_FFT=1024;<br />

pwelch(signal01,[],[],N_FFT,fs,’onesided’);<br />

[pw,f]=pwelch(signal01,[],[],N_FFT,fs,’onesided’);<br />

figure;<br />

plot(f,pw);<br />

109


hold on;<br />

%MPF Mean Power Frequency berechnen<br />

g=2*pw;<br />

sg=sum(g);<br />

gn=g/sg;<br />

mpf=sum(f.*gn)<br />

A. Anhang<br />

% Absolutes Leistungsspektrum <strong>und</strong> MPF plotten<br />

plot(int16(mpf),pw(int16(mpf)),’mo’);<br />

hold on<br />

legend(’absolutes Leistungsspektrum’,’Mean Power Frequency MPF’);<br />

xlabel(’f [Hz]’);<br />

ylabel(’Leistungsspektrum [W/Hz]’);<br />

Erläuterung: Das Programm liest mit den Befehlen uigetfile <strong>und</strong> load eine zuvor gespeicherte<br />

Messdatendatei ein. Der abs-Befehl bildet die Absolutwerte des Messsignals<br />

<strong>und</strong> richtet es auf diese Weise gleich. reshape formt die entstandene Absolutwertmatrix<br />

in eine neue Matrix der Dimension 40 x 25 um. Diese Umformung entspricht einer Intervallbildung<br />

in 25 Signalabschnitte mit jeweils 40 Signalwerten. Bei einer Abtastfrequenz<br />

von 1 kHz ergibt sich ein Intervall von 40 ms bei einer Gesamtsignallänge von 1 s. mean<br />

bildet die Mittelwerte der umgeformten Matrix. interp interpoliert die Mittelwerte auf<br />

die ursprüngliche Signallänge zurück. Die spektrale Leistungsdichte wird mit Hilfe des<br />

Befehls pwelch berechnet. Die plot-Befehle erzeugen Graphen der berechneten Werte.<br />

110


A. Anhang<br />

MATLAB Programm zur Effektivwertberechnung<br />

%*****************************************************************<br />

% Matlab-Programm Effektivwert effektivwert.m<br />

%*****************************************************************<br />

% Dateiauswahldialog für Messdatendatei<br />

clear;<br />

pathname=’C:\diplomarbeit\<strong>Messung</strong>\05072006\<strong>Messung</strong>01\<br />

kontraktion01statisch\’;<br />

[filename,pathname] =uigetfile([pathname,’*.dat’],’Datei Auswählen’);<br />

sourcefile=[pathname, filename] ;<br />

% Datendatei einlesen<br />

fid = fopen(sourcefile);<br />

signal01=load(sourcefile)<br />

% Signalwerte gleichrichten <strong>und</strong> RMS Mittelwert bilden<br />

signal01abs=abs(signal01);<br />

input=signal01abs;<br />

signal2 = reshape(input,40,25); % Matrix umformen<br />

% 40 ms Fenstergröße<br />

% 3. Parameter=Signallänge/Fenstergröße<br />

% RMS Werte berechnen<br />

effektiv2=sqrt(sum((signal2.^2),1)/size((signal2),1));<br />

%RMS Werte auf orginal Signallänge interpolieren<br />

effektivinterp2=interp(effektiv2,40);<br />

% Gleichgerichtetes Signal <strong>und</strong> RMS-Werte plotten<br />

x=1:1000;<br />

figure;<br />

plot(x,input,’b-’)<br />

hold on<br />

plot(x,effektivinterp2,’m-’,’LineWidth’,2);<br />

legend(’gleichgerichtetes Signal’,’quadratischer Mittelwert’);<br />

xlabel(’t [ms]’);<br />

ylabel(’U [V]’);<br />

111


A. Anhang<br />

Erläuterung: Das MATLAB-Programm berechnet den quadratischen Mittelwert mit<br />

Hilfe der Befehle sqrt, sum <strong>und</strong> size gemäß:<br />

RMS =<br />

�<br />

1 �<br />

x2 , (A.1)<br />

N<br />

wobei x der zeitlich gefensterte Signalvektor ist. Der sum-Befehl addiert das Signal,<br />

der size-Befehl liefert die Signallänge für die Divison zurück <strong>und</strong> der sqrt-Befehl bildet<br />

die Quadratwurzel. Die quadratischen Mittelwerte werden im Anschluss durch den interp-Befehl<br />

auf die ursprüngliche Signallänge interpoliert <strong>und</strong> durch den plot-Befehl als<br />

Graphik ausgegeben. Die Befehle legend, xlabel <strong>und</strong> ylable dienen der Beschriftung der<br />

Graphik.<br />

112


A. Anhang<br />

A.2.2. Weitere Amplitudenparameter der statischen<br />

Bizepskontraktion<br />

Der folgende Abschnitt präsentiert die Messwertanalyse sämtlicher Teildatensätze der<br />

in Abschnitt 6.2 beschriebenen statischen Bizepskontraktion. Die Abbildungen zeigen<br />

gleichgerichtete, gemittelte sowie, quadratische Mittelwerte des erfassten myoelektrischen<br />

Signals.<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

(a) Gleichgerichteter <strong>und</strong> gemittelter Signalverlauf<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

Abbildung A.7.: Teildatensatz 01<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

(a) Gleichgerichteter <strong>und</strong> gemittelter Signalverlauf<br />

Abbildung A.8.: Teildatensatz 02<br />

113<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

(b) Gleichgerichteter Signalverlauf <strong>und</strong> quadratischer<br />

Mittelwert<br />

U [V]<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

(b) Gleichgerichteter Signalverlauf <strong>und</strong> quadratischer<br />

Mittelwert


U [V]<br />

U [V]<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

A. Anhang<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

0.5<br />

(a) Gleichgerichteter <strong>und</strong> gemittelter Signalverlauf<br />

gleichgerichtetes Signal<br />

quadratischer Mittelwert<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000<br />

t [ms]<br />

(b) Gleichgerichteter Signalverlauf <strong>und</strong> quadratischer Mittelwert<br />

Abbildung A.9.: Teildatensatz 03<br />

114


A. Anhang<br />

A.2.3. Leistungsspektren der statischen Bizepskontraktion<br />

Datensatz 01<br />

Der folgende Abschnitt beinhaltet die Messwertanalyse sämtlicher Teildatensätze der<br />

in 6.2 beschriebenen statischen Bizepskontraktion. Die Abbildungen beinhalten totale<br />

sowie logarithmische Leistungsspektren des erfassten myoelektrischen Signals.<br />

Leistungsspektrum [W/Hz]<br />

0.02<br />

0.018<br />

0.016<br />

0.014<br />

0.012<br />

0.01<br />

0.008<br />

0.006<br />

0.004<br />

0.002<br />

Leistungsspektrum [W/Hz]<br />

absolutes Leistungsspektrum<br />

Mean Power Frequency MPF<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

x 10−3<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

(a) total<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

(a) total<br />

Abbildung A.10.: Teildatensatz 01<br />

absolutes Leistungsspektrum<br />

Mean Power Frequency MPF<br />

Abbildung A.11.: Teildatensatz 02<br />

115<br />

Power/frequency (dB/Hz)<br />

Power/frequency (dB/Hz)<br />

−10<br />

−20<br />

−30<br />

−40<br />

−50<br />

−60<br />

−70<br />

Power Spectral Density Estimate via Welch<br />

−80<br />

0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5<br />

Frequency (kHz)<br />

−20<br />

−30<br />

−40<br />

−50<br />

−60<br />

−70<br />

(b) logarithmisch<br />

Power Spectral Density Estimate via Welch<br />

−80<br />

0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5<br />

Frequency (kHz)<br />

(b) logarithmisch


Leistungsspektrum [W/Hz]<br />

Power/frequency (dB/Hz)<br />

x 10−3<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

A. Anhang<br />

absolutes Leistungsspektrum<br />

Mean Power Frequency MPF<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

f [Hz]<br />

−20<br />

−30<br />

−40<br />

−50<br />

−60<br />

−70<br />

−80<br />

(a) total<br />

Power Spectral Density Estimate via Welch<br />

−90<br />

0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5<br />

Frequency (kHz)<br />

(b) logarithmisch<br />

Abbildung A.12.: Teildatensatz 03<br />

116


A.3. Weitere Messdaten<br />

A. Anhang<br />

Neben den in Abschnitt 6.2 erläuterten <strong>Messung</strong>en wurden im Laufe dieser Diplomarbeit<br />

weitere <strong>Messung</strong>en durchgeführt. Die Messbedingungen entsprechen den im Abschnitt<br />

6.2 beschriebenen Bedingungen. Die <strong>Messung</strong>en wurden mit unterschiedlichen Gesamtverstärkungen<br />

durchgeführt. Die Rohdaten dieser <strong>Messung</strong>en sowie <strong>Analyse</strong>rgebnisse als<br />

MATLAB-Graphen sind auf der in Anhang A.4 enthaltenen CD-ROM gespeichert.<br />

A.4. CD-ROM<br />

Die beigefügte CD-ROM enthält:<br />

1. Schriftliche Ausarbeitung der Diplomarbeit als PDF-Datei<br />

2. Datenblätter der verwendeten elektronischen Bauteile als PDF-Dateien<br />

3. Schaltpläne <strong>und</strong> Leiterplattenlayouts des aufgebauten Systems<br />

4. Zusätzlicher Schaltplan als Gr<strong>und</strong>lage mehrkanaliger <strong>Messung</strong>en<br />

5. LabVIEW-Implementierungen der Steuer- <strong>und</strong> Erfassungssoftware<br />

6. MATLAB-Implementierungen der <strong>Analyse</strong>software<br />

7. Rohdaten der durchgeführten <strong>Messung</strong>en<br />

117

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