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aktuelle ausgabe (.pdf) - Landesverband Amateurtheater RLP

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Kulturvereinigung Hadamar<br />

„Love Letters“ in der Schlossaula<br />

Zunächst ein paar Worte in eigener Sache: Erst mal „Entschuldigung“ an den Hessischen Theaterverband dafür, dass<br />

ich in ihrem Gebiet „gewildert“ habe, denn Hadamar gehört nun mal zu Hessen, wenn auch nur ganz knapp hinter der<br />

Grenze. Aber das hatte seinen Grund, denn Andreas Fuchs und Bettina Bathke sind „alte“ theatrale Weggefährten,<br />

sind/waren Mitglieder „meines“ Theaters COURAGE in Ransbach-Baumbach sowie Einzelmitglieder des<br />

<strong>Landesverband</strong>es Rheinland-Pfalz. Andreas Fuchs wurde auf Weisung seines Limburger Dienstherrn nach Hadamar<br />

verschlagen und kümmert sich nun seit mehr als einem Jahr um das Seelenheil seiner hessischen Schäfchen.<br />

Als ich hörte, dass die Beiden noch einmal „LOVE LETTERS“ aufführen wollten, war ich natürlich Feuer und Flamme,<br />

denn diese Inszenierung von Heinz Deichmann habe ich seit ihrer Premiere bei COURAGE in Ransbach-Baumbach<br />

sozusagen mitgelebt. Das Stück ist für mich der Inbegriff von „großem Sprechtheater“, denn die beiden bedienen sich<br />

nur ihrer Stimme, und trotzdem erlebt man Melissa und Andy so, als wenn man sie von aussen beobachtet und jeden<br />

Schritt ihres Lebens mitgeht. Und so sind einige Redewendungen inzwischen bereits Teil des eigenen Zitatenschatzes<br />

geworden. Wie die Wort-Klassiker „jetzt bist du wieder nur unter Jungs“ oder „irgendwann kommt jeder einmal nach<br />

New York“ Ich gehe total einig mit Johannes König in der „Nass. Neuen Presse“, dass dieses Stück von Albert<br />

Ramsdell Gurney immer wieder sehens- und hörenswert ist. (Hans Schilling, Landesvorsitzender)<br />

Mit zwei Stimmen durch die Zeit<br />

Manchmal ist Schweigen auch eine Antwort. Denn wenn einer der beiden Darsteller einfach nur schwieg, ahnte der<br />

Zuhörer gleich, dass etwas nicht stimmte. Auf zwei Stühlen vor dem Publikum lasen Andreas Fuchs und Bettina<br />

Bathke zwei Stunden lang abwechselnd die „Love Letters“ vor. Und obwohl der Raum voll besetzt war, war es dabei<br />

immer sehr still. Wobei der Titel des Stückes etwas in die Irre führte, denn klassische Liebesbriefe waren eigentlich<br />

nicht dabei. Vielmehr verfolgten die Zuhörer anhand der Briefe die fiktive Lebensgeschichte der beiden Amerikaner<br />

Melissa und Andy. Beginnend mit der Kindheit in den 30er Jahren, umfasste der Briefwechsel so quasi ein ganzes<br />

Menschenleben.<br />

Nur mit ihrer Stimme und Mimik füllten Andreas Fuchs und Bettina Bathke ihre Rollen vollkommen aus.<br />

Unterschiedliche Interessen und Temperamente sowie Meinungsverschiedenheiten und Streiterein wurden so<br />

erlebbar. Eine Grundvoraussetzung für die Geschichte war natürlich, dass Melissa und Andy nur selten an einem Ort<br />

waren und deswegen auf „altmodisches“ Briefeschreiben zurückgriffen.<br />

Er wuchs in behüteten Familienverhältnissen auf, studierte Jura, wurde Marineoffizier, erfolgreicher Rechtsanwalt und<br />

schließlich Senator. Sie dagegen liebte das „wilde Leben“ einer Künstlerin. Sie erlebte die frühe Scheidung ihrer<br />

Eltern, kämpfte immer wieder mit einem ererbten Hang zum Alkoholismus und mikt Depressionen. Schließlich ging sie<br />

an beidem zugrunde. Mit dem Tod ihrer Figur stand Bettina Bathke auf und wandte sich vom Publikum ab. Der Dialog<br />

wurde so zu einem abschließenden Monolog, der dem Verlust des jahrzehntelangen Briefpartners noch einmal ein<br />

besonderes Gewicht gab. Melissa Schicksal habe aber nichts mit Geschlechterklischees zu tun, sagte die Darstellerin<br />

der NNP. Das habe vielmehr an ihrer verkorksten Familie gelegen und hätte genauso Andy passieren können.<br />

Wenn nicht fast ein ganzes Menschenleben lang, so doch fast zwanzig Jahre begleiten die „Love Letters“ bereits<br />

Bettina Bathke und Andreas Fuchs. Der fiktive Briefwechsel biete eine hervorragende Möglichkeit das Leben zweier<br />

Menschen an einem Abend auszubreiten, erklärte Pfarrer Fuchs. Denn man sei so ganz nah an den Charakteren und<br />

erlebe so die Höhen und Tiefen des Lebens. Dabei spiele auch die eigene inzwischen gemachte Lebenserfahrung eine<br />

Rolle. Er sei damals in den 90er Jahren, als er das Stück zum ersten Mal gespielt habe, zum Beispiel noch nicht<br />

katholischer Priester gewesen. „Wir haben uns verändert und das Stück auch“, sagte Fuchs. Die „Love Letters“ seien<br />

deshalb nicht mehr dieselben wie vor zwei Jahrzehnten. Die minimalistische Darstellung gebe den Zuhörern<br />

ausserdem die Möglichkeit, sich im kopf ihre eigenen Bilder und Vorstellungen zu erschaffen.<br />

Die Idee, das Bühnenstück wiedereinmal in Hadamar aufzuführen, hatte Vera Emmermann von der Kulturvereinigung<br />

Hadamar. Sie kenne Pfarrer Fuchs noch von ihrer gemeinsamen Zeit in der Hadamarer Theatergruppe „Drunter und<br />

drüber“. Als sie ihm dann wieder begegnet sei, habe sie ihn auch nicht groß überreden müssen. Dass die Aula dann so<br />

voll geworden sei, zeige ausserdem welchen guten Ruf Stück und Darsteller bereits in Hadamar genießen. Denn<br />

mancher Zuschauer hatte das Drama nun bereits zum dritten Mal gesehen. (Johannes König, Nassauische Neue Presse)<br />

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