Bordhandbuch - Roald Amundsen
Bordhandbuch - Roald Amundsen
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Der Polarforscher <strong>Roald</strong> <strong>Amundsen</strong> Anhänge<br />
<strong>Roald</strong> <strong>Amundsen</strong><br />
*1872, † 1928<br />
Unser Schiff trägt den<br />
Namen des berühmten<br />
norwegischen<br />
Polarforschers <strong>Roald</strong><br />
<strong>Amundsen</strong>. Schon als<br />
Kind träumte er von<br />
Fahrten über das Meer<br />
und Polarexpeditionen.<br />
Anregung dazu fand er<br />
unter anderem in den<br />
Reiseberichten von John<br />
Franklin. Seine Eltern<br />
hatten für ihn eine „ehrbare<br />
Laufbahn“ als Mediziner vorgesehen, die er aber nach ihrem<br />
Tod abbrach, um sich seinem Lebenstraum zu widmen.<br />
Er begann als einfacher Matrose auf einem Frachtschiff und<br />
nahm schließlich als Steuermann, mit einer Empfehlung<br />
Fritjof Nansens, 1897 erfolgreich an seiner ersten Antarktis-<br />
Expedition teil. Die nächste Expedition wollte er selbst durchführen.<br />
Dazu erwarb er in Deutschland sein Kapitänspatent<br />
und studierte erdmagnetische Messungen. 1903 brach er mit<br />
der Gjöa nach Norden auf, um den magnetischen Nordpol<br />
zu erkunden und die Nordwestpassage (an der John Franklin<br />
mit 138 Männern gescheitert war) zu bezwingen. Zwei Jahre<br />
verbrachte <strong>Amundsen</strong> bei den Netsilik-Eskimos, wo er lernte<br />
Iglus zu bauen und Kleidung und Pemmikan herzustellen. Vor<br />
allem aber lernte er den Umgang mit Huskys. 1906 kehrte<br />
die Gjöa erfolgreich nach Oslo zurück. <strong>Amundsen</strong> wollte sich<br />
auf seinem Ruhm nicht ausruhen und strebte sein nächstes<br />
Ziel an: den Nordpol. Er konnte Nansen davon überzeugen,<br />
ihm hierfür das Forschungsschiff Fram zu überlassen. Doch<br />
mitten in die Reisevorbereitungen platze die Nachricht, dass<br />
der Amerikaner Robert Peary den Nordpol erreicht hätte.<br />
Damit war <strong>Amundsen</strong>s Traum vernichtet. Aber es gab ja<br />
noch den Südpol. Die Fram stach 1910 in See und erst auf<br />
Madeira teilte <strong>Amundsen</strong> der Besatzung (und den Sponsoren<br />
in Norwegen) das wahre Ziel der Reise mit. Seinem Rivalen<br />
Robert Scott, der bereits einen Monat Vorsprung hatte,<br />
kabelte <strong>Amundsen</strong> lakonisch „Fram – auf dem Weg zur<br />
Antarktis“. Das war das Signal zum dramatischsten Wettlauf<br />
der Entdeckungsgeschichte. Scott und <strong>Amundsen</strong> erreichten<br />
im Januar 1911 den antarktischen Kontinent. <strong>Amundsen</strong> hatte<br />
aufgrund seiner Erfahrungen und Ausrüstung einen deutlichen<br />
Vorteil vor Scott, der auf Motorschlitten und Ponys setzte,<br />
die aber in der Kälte versagten. Am 14.12.1911 erreichte<br />
<strong>Amundsen</strong> den Südpol. Zu Tode erschöpft erreichte Scott am<br />
18.01.1912 den gleichen Punkt voller Enttäuschung. Scott<br />
und seine Männer kamen auf dem Rückweg ums Leben.<br />
<strong>Amundsen</strong> hatte gewonnen, doch die Tragödie warf einen<br />
Schatten auf seinen Ruhm. <strong>Amundsen</strong> drängte es zu immer<br />
neuen ruhmreichen Taten. 1918 brach er für zwei Jahre wieder<br />
Richtung Nordpol auf, aber diese Expedition machte kaum<br />
noch Schlagzeilen. <strong>Amundsen</strong> erkannte die Zeichen der Zeit<br />
und stieg vom Hundeschlitten auf das Flugzeug und schließlich<br />
– nach zwei gescheiterten Versuchen – auf das Luftschiff<br />
um. Mit Umberto Nobile startete er 1926, um als erster den<br />
Nordpol zu überfliegen, aber wieder kam im ein anderer (der<br />
Amerikaner Richard Byrd) zuvor. Trotzdem wurde <strong>Amundsen</strong><br />
als Held gefeiert, jedoch überstrahlte der Name Nobile den des<br />
Norwegers. <strong>Amundsen</strong> konnte nichts Neues mehr erreichen, er<br />
zog sich als mürrischer Einsiedler zurück. Nur noch einmal trat<br />
<strong>Amundsen</strong> ins Rampenlicht: 1928 versuchte Nobile, die Arktis-<br />
Überquerung mit einem Luftschiff zu wiederholen, stürzte auf<br />
dem Rückweg aber ab. Am 18 Juni 1928 bestieg <strong>Amundsen</strong><br />
in Tromsø das französische Wasserflugzeug „Latham“ um sich<br />
an der Suchaktion nach dem unter Nobiles Kommando verunglückten<br />
Luftschiff “Italia” zu beteiligen. Von dem Flug über<br />
dem Barents-Meer kehrte er nie wieder zurück. Er und die 10<br />
anderen Besatzungsmitglieder blieben verschollen. Man fand<br />
nur einen Benzintank des Flugzeuges, der im Fram-Museum in<br />
Oslo zu sehen ist.<br />
Der Verankerungsmast für die beiden Luftschiffe „Norge“ und<br />
„Italia“ steht noch heute auf der Insel Vadsøya, als Erinnerung<br />
an diese Tragödie. Nobile wurde später von anderen gerettet.<br />
Seine Zeitgenossen hatten sehr unterschiedliche Ansichten<br />
über <strong>Amundsen</strong>. Er war schweigsam, herrisch und verfügte<br />
über einen scharfen Verstand. Er strebte seinen und den Ruhm<br />
Norwegens an. Alle seine Unternehmungen kennzeichnete<br />
der Hang zu Gipfelleistungen und die Absicht ernsthafter<br />
Forschungsarbeit. Diese Eigenschaften erwarben ihm keine<br />
Freunde, doch verbarg er recht unbeholfen ein warmes Herz.<br />
Das letzte seiner Polarabenteuer bewies das. Obwohl er sich<br />
mit Nobile zerstritten hatte, zögerte er nicht, zur Suche nach<br />
ihm und seinem Luftschiff aufzubrechen.<br />
Fridtjof Nansen hielt die Gedächtnisrede für <strong>Amundsen</strong>, ganz<br />
im Pathos der damaligen Zeit:<br />
„Aus dem großen Schweigen wird sein Name jedoch im Glanz<br />
des Nordlichts Jahrhunderte lang für die Jugend Norwegens<br />
leuchten. Männer mit Mut und Willen, mit einer Kraft, wie er sie<br />
hatte, geben uns Glauben an die kommenden Generationen,<br />
Vertrauen auf die Zukunft.“<br />
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