AUVAsicher - Wirtschaftsnachrichten
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Skalpiert wird vor allem<br />
im Westen<br />
Denn derzeit macht eine besonders<br />
perfide Form der Finanzkriminalität<br />
europa- und zunehmend<br />
auch österreichweit die<br />
Runde – das so genannte „Scalping“<br />
(siehe Kasten). In den vergangenen<br />
Monaten wurden<br />
österreichweit laut FMA – insbesondere<br />
in den Bundesländern<br />
Tirol und Vorarlberg – bereits drei bis vier<br />
Fälle pro Tag gemeldet. Der Trick in Kürze:<br />
Der Wert eigentlich wertloser Aktien wird<br />
hierbei von Betrügern künstlich nach oben<br />
getrieben, ahnungslose Anleger nach allen<br />
Regeln der Kunst zum Kauf überredet – und<br />
getäuscht. Die Betrüger verkaufen ihre Anteile<br />
rechtzeitig und teuer, streichen oft immense<br />
Gewinne ein, während der Betrogene<br />
auf einem wertlosen Aktienpaket sitzen<br />
bleibt.<br />
Bislang ausgenommen waren übrigens Aktien,<br />
die an der Wiener Börse notiert sind.<br />
Das große Problem zeigt sich eher beim<br />
grenzüberschreitenden Aktienhandel. So<br />
werden beispielsweise der österreichischen<br />
Finanzmarktaufsicht (FMA) zufolge zweifelhafte<br />
deutsche Anlageunternehmen zuletzt<br />
vor allem in Westösterreich aktiv.<br />
Salzburger Konsumentenschützer<br />
wird aktiv<br />
Daher ruft auch Salzburgs SPÖ-Konsumentenschützer<br />
Johann Maier derzeit energisch<br />
nach „verstärkter strafrechtlicher Verfolgung<br />
bei Telefonbetrug und Internetabzocke“ sowie<br />
der raschen Einführung von Gruppenklagen.<br />
Gerade im Hinblick auf das Scalping<br />
sei es besonders wichtig, „dass die Opfer von<br />
Straftaten – insbesondere durch Anlagebetrug<br />
– schnellen Schadensersatz“ erhalten.<br />
Er fordert Justizministerin Bandion-Ortner<br />
auf zu prüfen, inwieweit eine „Wiedergutmachungsstrafe“<br />
realisierbar sei.<br />
Für inländische bzw. grenznahe Betrugsfälle<br />
wäre das sicher eine angemessene Bestrafung.<br />
Doch die eigentliche Gefahr droht von<br />
Anbietern außerhalb Europas, denn hier sind<br />
die Gelder schwer zu verfolgen, und auch<br />
ZAHLEN & FAKTEN<br />
Millionenschäden in Österreich<br />
Der Schaden durch Anlagebetrug für<br />
die Volkswirtschaft ist immens. So<br />
geht die FMA von einem „konservativ<br />
geschätzten“ Betrugsschaden in<br />
Höhe von 750 Millionen Euro aus.<br />
Die hier mit eingerechnete Dunkelziffer<br />
ist so groß, weil viele Fälle erst<br />
gar nicht gemeldet werden (Stichwort<br />
Schwarzgeld). Bei aufgedeckten<br />
Fällen der FMA liegt die Schadenshöhe<br />
übrigens „nur“ bei 70 Millionen<br />
Euro.<br />
Salzburgs SPÖ-Verbraucherschützer<br />
kennt die aktuellen<br />
Probleme und fordert schnellere<br />
strafrechtliche Verfolgung der<br />
Übeltäter und eine „Wiedergutmachungsstrafe“.<br />
Foto: SPÖ Salzburg<br />
strafrechtlich wird es problematisch. Daher<br />
raten Kriminalamt und FMA zur Vorsicht<br />
(siehe Kasten „Rat vom Experten“).<br />
Goldbetrug boomt<br />
Neben dem Scalping, bei dem den Betrogenen<br />
quasi „das Fell über die Ohren gezogen“<br />
wird, bereitet der Kontrollbehörde und dem<br />
Bundeskriminalamt derzeit auch das Thema<br />
Gold einiges Kopfzerbrechen. Der Boom<br />
hält weiter an – und lockt immer mehr Betrüger<br />
in den Markt. Die Palette reicht von<br />
dubiosen Goldsparplänen ohne Übergabe<br />
des physischen Goldes über völlig überzogene<br />
Provisionen oder Nebenkosten im<br />
Kleingedruckten bis hin zur hoch professionellen<br />
Fälschung von Goldbarren. Für Laien<br />
– und selbst für manche Profis – sind gerade<br />
die gefälschten Barren kaum erkennbar.<br />
Denn das Edelmetall wird in der Regel an<br />
der Oberfläche auf den Goldgehalt und insgesamt<br />
durch sein Gewicht geprüft und erkannt.<br />
Gibt es einen verhältnismäßig guten,<br />
„echten“ Mantel, der innen beispielsweise<br />
mit Wolfram (gleiches Gewicht wie Gold)<br />
gefüllt ist, merkt man das nur, wenn man einen<br />
professionellen Prüfer bei der Hand hat.<br />
Die österreichische Finanzmarktaufsicht betont<br />
zwar ausdrücklich, dass sie für diesen<br />
Bereich (Barren) der Geldanlage nicht zuständig<br />
ist, da es sich hier um kein Bankgeschäft<br />
handelt und die FMA keine Konzessionen<br />
an die Händler bzw. Anbieter vergibt.<br />
Allerdings hat sie sich aufgrund der regen<br />
Nachfrage in letzter Zeit mit dem Thema eingehend<br />
befasst und gibt auf ihrer Homepage<br />
zahlreiche gute Tipps zum Thema.<br />
Vorsicht: „Falsche“<br />
Finanzmarktaufsicht!<br />
Allerdings kämpft auch die FMA selber gegen<br />
eine besonders ausgefuchste Verbrecherbande.<br />
Immer häufiger sind beispielsweise<br />
den „Scalping“-Schreiben oder anderen betrügerischenBriefenStellungnahmen<br />
oder Gütesiegel<br />
einer „Austrian<br />
Capital Market<br />
Authority“<br />
(ACMA) beigefügt.<br />
Diese sei, so<br />
heißt es in den<br />
Mails und Briefen,<br />
die österreichische<br />
Finanzmarktauf-<br />
RAT VOM EXPERTEN<br />
SERVICE<br />
Tipps und Vorsichtsmaßnahmen<br />
Seit Jahresbeginn warnen Finanzmarktaufsicht<br />
und Bundeskriminalamt<br />
verstärkt vor Anlagebetrügereien.<br />
Es gibt einige Vorsichtsmaßnahmen,<br />
die potenzielle Aktienkäufer<br />
unbedingt beachten sollten:<br />
n Unaufgefordert zugesandte Materialien<br />
wie Börsenbriefe, Newsletter<br />
und Analystenkommentare<br />
sind kritisch zu betrachten. Das<br />
gilt genauso für unaufgeforderte<br />
Telefonanrufe, E-Mails oder Faxe.<br />
n Über unbekannte Unternehmen in<br />
wenig regulierten Börse-Segmenten<br />
sollten genaue Informationen<br />
eingeholt werden (z.B. Dauer der<br />
Börsennotierung, Volumen der<br />
gehandelten Aktien etc.), bevor<br />
ein Investment getätigt wird.<br />
Diese Informationen am besten<br />
aus unabhängigen Quellen anfordern.<br />
n Häufig – aber eben nicht immer –<br />
sind auch unprofessionelle Anschreiben<br />
und Internetseiten sowie<br />
unvollständige Homepages<br />
(keine Jahresberichte, dubiose<br />
oder falsche Adressen, viele<br />
Rechtschreibfehler) ein Zeichen<br />
für unseriöse Anbieter. In letzter<br />
Zeit hat sich allerdings gezeigt,<br />
dass die Betrüger immer professioneller<br />
werden (siehe Kasten<br />
„Scalping“ ) und extrem glaubwürdige<br />
Seiten, Formulare und<br />
Homepages liefern.<br />
n Verdachtsmomente am besten<br />
gleich beim Bundeskriminalamt<br />
oder bei der Finanzmarktaufsicht<br />
(fma@fma.gv.at) melden.<br />
sicht. So empört die echte – und einzige –<br />
FMA auch sein mag: Bislang konnte man<br />
diesen Gaunern das Handwerk noch nicht legen.<br />
Schützenhilfe bekommt sie allerdings demnächst<br />
aus dem Ausland. Zum einen, so meldet<br />
das deutsche Handelsblatt, wolle die<br />
FMA künftig verstärkt mit ihrem deutschen<br />
Pendant, der BaFin, zusammenarbeiten. Zudem<br />
wird demnächst die neue europäische<br />
Wertpapieraufsicht ESMA in Paris aktiv –<br />
und dann drohen den Betrügern zumindest<br />
sehr viel schärfere Strafen als bisher. Doch<br />
dazu muss man sie erst einmal dingfest<br />
machen. Ü<br />
Goldbarren möchte jeder Anleger<br />
im Portfolio. Doch Vorsicht: Was<br />
so viel wiegt wie Gold, muss nicht<br />
immer echt sein.<br />
Foto: Jupiterimage<br />
WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN 1-2/2011 105