„Spezielle Schmerzthe- rapie“ mit Fachgesellschaften diskutiert
„Spezielle Schmerzthe- rapie“ mit Fachgesellschaften diskutiert
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1. PROBLEMSTELLUNG: NSAR i.v. IN DER AKUT-<br />
SCHMERZTHERAPIE. Nichtsteroidale Antirheumatika<br />
(NSAR) haben heute aufgrund ihrer<br />
analgetischen und antiphlogistischen<br />
Wirksamkeit in der Behandlung von zahlreichen<br />
akuten und chronischen Schmerzformen<br />
einen zentralen Stellenwert. In der<br />
Akutschmerztherapie, zum Beispiel periund<br />
postoperativ, ist der i.v.-Einsatz von<br />
NSAR bedeutsam. Hier spielen insbesondere<br />
NSAR <strong>mit</strong> kurzer Halbwertszeit, die aufgrund<br />
einer leichteren Steuerbarkeit entsprechend<br />
dem jeweiligen Krankheitszustand<br />
eingesetzt werden können, eine Rolle,<br />
ggf. als Kombinationspräparat <strong>mit</strong> einem<br />
zentral wirksamen Muskelrelaxans oder<br />
Orphenadrincitrat.<br />
Der rasche Wirkeintritt <strong>mit</strong>tels Infusion sowie<br />
das infolge der Wirkstoffkombination<br />
ausgeweitete Wirkspektrum ermöglichen eine<br />
kurzfristige Schmerzkontrolle. Es kann<br />
davon ausgegangen werden, dass eine rasch<br />
einsetzende Schmerzlinderung in einer Reihe<br />
von Fällen einer Schmerz-Chronifizierung<br />
vorbeugen kann.<br />
Im Folgenden werden auf der Grundlage wissenschaftlicher<br />
Evidenz und ärztlicher Erfahrung<br />
zentrale Fragen im Zusammenhang<br />
<strong>mit</strong> NSAR i.v. in Kombination <strong>mit</strong> krampflösenden<br />
Substanzen <strong>diskutiert</strong> und der Einsatz<br />
solcher Kombinationen evaluiert.<br />
2. NSAR i.v.: RASCHER WIRKUNGSEINTRITT BEI<br />
AKUTEM SCHMERZ. Ein zentrales Argument für<br />
den Einsatz von NSAR i.v. ist der rasche Wirkungseintritt<br />
nach etwa zehn Minuten. NSAR<br />
i.v. haben sich in einer Reihe von Indikationen<br />
hervorragend bewährt. Generell gilt dies<br />
für praktisch alle Formen des Akutschmerzes,<br />
also zum Beispiel sämtliche Schmerzen<br />
im muskuloskelettalen Bereich, Schmerzen<br />
im unfallchirurgischen Bereich, Schmerzen<br />
im gynäkologischen Bereich, Schmerzen im<br />
zahnärztlicher Bereich, Nieren- und Gallenkoliken,<br />
Migräneanfälle, etc. Besonders hervorzuheben<br />
ist der Stellenwert von NSAR i.v.<br />
bei kleineren Eingriffen bis hin zu <strong>mit</strong>telschweren<br />
Operationen, bezogen auf den Zeitraum<br />
der therapiebedürftigen Schmerzen<br />
nach der Operation, also ein bis fünf Tage.<br />
24 SCHMERZ nachrichten<br />
Experten-Statement<br />
DER STELLENWERT VON NSAR i.v. IN<br />
KOMBINATION MIT KRAMPFLÖSENDEN<br />
SUBSTANZEN IN DER MODERNEN<br />
SCHMERZMEDIZIN<br />
NSAR i.v. sollten nur bei Patienten eingesetzt<br />
werden, die keine Kontraindikationen<br />
in Bezug auf vorbestehende Organdysfunktionen<br />
(Niere, Leber, Gastrointestinaltrakt,<br />
eventuell Herz-Kreislauf-Erkrankungen), erhöhte<br />
Blutungsrisiken oder Wundheilungsstörungen<br />
aufweisen. Vorsicht ist weiters geboten<br />
beim frühzeitigen postoperativen Einsatz<br />
nach Eingriffen <strong>mit</strong> erhöhtem Blutungsrisiko,<br />
wie z.B. urologische und neurochirurgische<br />
Operationen oder nach Tonsillektomien.<br />
Die Auswirkung eines NSAR auf das<br />
Blutungsrisiko ist auch abhängig von der<br />
Halbwertszeit des jeweiligen Medikaments,<br />
Medikamenten <strong>mit</strong> kurzer Halbwertszeit ist<br />
der Vorzug zu geben.<br />
3. BREITE PALETTE VON NSAR i.v. ERLEICHTERT<br />
WECHSEL DER DARREICHUNGSFORM OHNE<br />
WIRKSTOFFWECHSEL. Im anglosächsischen<br />
Raum etwa stehen derzeit für die Verabreichung<br />
von NSAR i.v. nur Ketorolac und Valdecoxib<br />
zur Verfügung, und es sprechen eine<br />
Reihe stichhaltiger Argumente dafür,<br />
dass heute in Festland-Europa eine breitere<br />
Produktpalette verfügbar ist.<br />
NSAR sind – bei gleichem Wirkmechanismus<br />
– chemisch unterschiedliche Substanzen, Patienten<br />
sprechen individuell unterschiedlich<br />
auf die einzelnen Wirkstoffe an. Da Patienten<br />
grundsätzlich immer nur ein NSAR gegeben<br />
werden sollte, ist aus schmerzmedizinischer<br />
Sicht eine Vielzahl von verfügbaren<br />
NSAR zur i.v.-Applikation wünschenswert,<br />
da<strong>mit</strong> bei einem Wechsel der Darreichungsform<br />
nicht auch ein Wechsel des Wirkstoffes<br />
erforderlich wird. Wünschenswert ist also zumindest<br />
ein Vertreter aus jeder NSAR-Substanzgruppe,<br />
wodurch i.v.-Präparate je nach<br />
individueller Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />
eingesetzt werden könnten, wobei eine<br />
kurze Halbwertszeit als Vorteil erachtet wird.<br />
4. VORTEILE DER INTRAVENÖSEN GABE GEGEN-<br />
ÜBER ANDEREN APPLIKATIONSFORMEN. Die Gabe<br />
von NSAR i.v. hat gegenüber einer enteralen<br />
Applikation in der Akutschmerztherapie<br />
einige Vorteile: So ist die Anschlagszeit<br />
deutlich kürzer, dazu kommen die bessere<br />
Steuerbarkeit und eventuell ein höherer Placeboeffekt.<br />
Im Bereich der unerwünschten<br />
Wirkungen besteht generell der Eindruck einer<br />
besseren gastrointestinalen Verträglichkeit.<br />
NSAR i.v. weisen gruppenspezifische<br />
Nebenwirkungen auf, allerdings sind diese<br />
insgesamt relativ selten. Am häufigsten wurden<br />
allergische Reaktionen beobachtet.<br />
5. DIE KOMBINATION VON NSAR MIT KRAMPF-<br />
LÖSENDEN SUBSTANZEN.Für die Kombination<br />
von NSAR <strong>mit</strong> Muskelrelaxantien bzw.<br />
<strong>mit</strong> Orphenadrincitrat sprechen eine Reihe<br />
von Argumenten: Zum Beispiel kann da<strong>mit</strong><br />
bei Schmerzverspannungen der Kreislauf<br />
von Schmerz und Verspannung unterbrochen<br />
werden. Bei reflektorischen muskulären<br />
Spannungszuständen bei Gelenk- und<br />
Wirbelsäulenproblemen kann diese Wirkstoffkombination<br />
zu einer Muskelrelaxierung<br />
und so<strong>mit</strong> auch zu einer effektiveren<br />
Schmerzlinderung führen.<br />
Im Fall der Kombination von Diclofenac-Natrium<br />
und Orphenadrincitrat kommt noch<br />
eine antihistaminische Wirkung dazu, der<br />
da<strong>mit</strong> verbundene abschwellende Effekt<br />
kann bei Schmerzformen <strong>mit</strong> autoimmunologischer<br />
Komponente relevant sein. Dieser<br />
Synergismus erfolgt bei einer Kombination<br />
<strong>mit</strong> einem reinen Muskelrelaxanz nicht.<br />
Patienten <strong>mit</strong> NSAR sollten zusätzlich Protonenpumpen-Inhibitoren<br />
(PPI) verabreicht<br />
werden, diese verlangsamen allerdings die<br />
Metabolisierung der Muskelrelaxanzien.<br />
Orphenadrincitrat unterliegt jedoch einer<br />
anderen Metabolisierung, und weist daher<br />
in Kombination <strong>mit</strong> Diclofenac einen weiteren<br />
Vorteil auf.<br />
Unverändert gelten auch bei solchen Wirkstoffkombinationen<br />
die in Punkt 2. genannten<br />
Hinweise auf Kontraindikationen.<br />
Ein Teilnehmer an diesem Positionspapier<br />
berichtet, dass seine persönlichen Erfahrungen<br />
im neurologischen Bereich den Einsatz<br />
der Kombination Diclofenac-Natrium <strong>mit</strong><br />
Orphenadrincitrat insofern als li<strong>mit</strong>iert erscheinen<br />
lassen, als es dadurch besonders<br />
bei älteren Patienten zu Beinödemen gekommen<br />
ist.