„Spezielle Schmerzthe- rapie“ mit Fachgesellschaften diskutiert
„Spezielle Schmerzthe- rapie“ mit Fachgesellschaften diskutiert
„Spezielle Schmerzthe- rapie“ mit Fachgesellschaften diskutiert
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leibt ist die schlichte Erkenntnis, dass neben<br />
nervenschonenden Operationsverfahren<br />
vor allem eine frühzeitige, effektive postoperative<br />
<strong>Schmerzthe</strong>rapie potentiell zur Prävention<br />
chronischer Schmerzen beitragen kann.“<br />
ÖSTERREICHISCHE UMFRAGE: ZWEI DRITTEL<br />
LEIDEN UNTER POSTOPERATIVEM SCHMERZ.<br />
Aufschluss über die österreichische Situation<br />
beim postoperativen Schmerz gibt eine<br />
Umfrage des Meinungsforschungs-Institut<br />
IMAS, das im Auftrag der Österreichischen<br />
Schmerzgesellschaft (ÖSG) 1000 Österreicher<br />
über ihre Erfahrungen im Zusammenhang<br />
<strong>mit</strong> postoperativen Schmerzen befragte.<br />
Zwei Drittel hatten Schmerzen: 22 Prozent<br />
starke, 22 Prozent <strong>mit</strong>tlere, 23 Prozent<br />
schwache. Allerdings scheint die Aufklärungstätigkeit<br />
in den vergangenen Jahren<br />
zu einer Verbesserung geführt zu haben. Der<br />
Anteil der Patienten, die vom Arzt über die<br />
Möglichkeiten einer optimalen <strong>Schmerzthe</strong>rapie<br />
vor der Operation informiert worden<br />
waren, betrug vor über 15 Jahren nur 28 Prozent,<br />
und steigerte sich bis zu 65 Prozent in<br />
jüngerer Vergangenheit.<br />
Prof. Kress: „Die Befragungsergebnisse sind<br />
aber insofern alarmierend, als Schmerzen<br />
während und nach einer Operation nicht<br />
sein müssten: Peri- bzw. postoperative<br />
Schmerzen sind absehbar und vorübergehend,<br />
und es gibt hervorragende Möglichkeiten<br />
sie zu vermeiden.“<br />
Es gehe hier jedoch nicht primär um individuelles<br />
schmerzmedizinisches Fehlverhalten<br />
von einzelnen Ärzten und schon gar<br />
nicht um individuelle Schuldzuweisungen,<br />
sondern in erster Linie um strukturelle Defizite<br />
in vielen Spitälern, betont Prof. Kress:<br />
„In vielen Krankenhäusern hängt die Qualität<br />
der postoperativen <strong>Schmerzthe</strong>rapie<br />
sehr stark davon ab, ob dort schmerzmedizinisch<br />
engagierte Mediziner tätig sind und<br />
ob die Personalbesetzung ein postoperatives<br />
Engagement überhaupt ermöglicht oder<br />
nicht.“ Tatsächlich ist in Krankenhäusern<br />
häufig ungeklärt, wer für die postoperative<br />
Schmerzmedizin eigentlich zuständig ist. Zu<br />
fordern seien deshalb neben dem Herstellen<br />
einer klaren organisatorischen Struktur und<br />
einer Festlegung der Behandlungskonzepte<br />
für das postoperative Schmerzmanagement<br />
auch die Etablierung von 24-Stunden-<br />
Schmerz diensten, die für die <strong>Schmerzthe</strong>rapie<br />
nicht nur auf einer Station, sondern in<br />
der gesamten Krankenanstalt verantwortlich<br />
sind.<br />
AKTUELLE BEFRAGUNG VON 50 SCHMERZSPE-<br />
ZIALISTEN. Meinungsforscher von Schütz Marketing<br />
Services in Wien haben jetzt österreichweit<br />
50 Spezialisten für akute und chronische<br />
<strong>Schmerzthe</strong>rapie zum Thema Schmerz<br />
befragt. Die wichtigsten Ergebnisse:<br />
B&K/Wustinger<br />
13. INTERNATIONALES WIENER SCHMERZSYMPOSIUM<br />
29.2.-2.3.2008<br />
Transkulturelle Aspekte: Andere Kulturen,<br />
anderes Schmerzempfinden<br />
Transkulturelle Faktoren spielen bei der somatoformen Schmerzstörung eine wichtige Rolle.<br />
Neben den sprachlichen Barrieren und kulturellen Unterschieden sind ein unterschiedlicher<br />
sozioökonomischer Status und unterschiedliche Schulbildung für das Erleben und Schildern<br />
von Beschwerden von grundlegender Bedeutung. Ein spezieller Workshop auf dem 13. Internatioanlen<br />
Wiener Schmerzsymposium widmete sich daher diesen Faktoren.<br />
„Somatische Symptome sind auch ein kultureller Ausdruck psychischer Befindlichkeit. Die<br />
Sprache seelischen Leids kann nicht vom jeweiligen kulturellen Referenzsystem getrennt<br />
interpretiert werden“, so Mag. Sanela Piralic Spitzl, Klinische und Gesundheitspsychologin,<br />
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Wien. „Es geht hierbei um eine Dekodierung<br />
der somatischen Symptome. Transkulturelle Kommunikation leistet einen wichtigen<br />
Beitrag zum Zuhören und Erfassen von verschiedenen Erklärungsansätzen über Krankheit<br />
und Schmerz. Die Untersuchung von Migranten erfordert daher eine transkulturelle Kompetenz.“<br />
Die Verhaltenstherapeutische Schmerzambulanz an der Universitätsklinik<br />
für Psychiatrie und Psychotherapie ist die erste derartige<br />
Anlaufstelle in Europa, die für PatientInnen <strong>mit</strong> Migrationshintergrund<br />
– in konkreten Fall für PatientInnen aus dem ehemaligen<br />
Jugoslawien – ein muttersprachliches Behandlungsangebot<br />
anbietet. Seit mehr als 10 Jahren besteht eine interdisziplinäre<br />
enge Zusammenarbeit <strong>mit</strong> dem Schmerzzentrum an der Abteilung<br />
für Spezielle Anästhesie und <strong>Schmerzthe</strong>rapie am AKH, und<br />
zwar als institutionalisierter Konsiliar-Liaison-Dienst der Verhal-<br />
Mag. Sanela Piralic Spitzl<br />
tenstherapeutischen Ambulanz.<br />
„Gesundheitseinrichtungen <strong>mit</strong> transkultureller und sprachlicher Kompetenz tragen zu einer<br />
Minderung erwarteter psychischer Stigmata bei und wirken aufgrund dessen einer verspäteten<br />
Behandlungsintervention entgegen“, so Mag. Piralic Spitzl. „Denn worüber Patienten<br />
in ihrer Muttersprache nur äußerst zurückhaltend sprechen, sprechen sie für gewöhnlich in<br />
einem für sie als fremd empfundenen kulturellen Setting und in einer für sie nur begrenzt<br />
verständlichen Sprache überhaupt nicht an. Transkulturelle und sprachliche Kompetenz im<br />
Gesundheitsbereich wirken präventiv und verhindern so<strong>mit</strong>, dass das Gesundheitssystem<br />
selbst aufgrund inadäquater Maßnahmen zu weiteren Chronifizierungsprozessen beiträgt.<br />
u „Verhinderung einer Schmerz-Chronifizierung<br />
bei Akutschmerz“ hat für 94 Prozent<br />
hohe Priorität.<br />
u Die Konsequenzen einer unzureichenden<br />
Behandlung akuter Schmerzen werden<br />
dramatisch bewertet: Jeder zweite (49,7<br />
Prozent) chronische Schmerzpatient habe<br />
in seiner Krankengeschichte „eine unzureichende<br />
Akutschmerz-Versorgung<br />
als Ausgangspunkt“.<br />
u Allerdings treten bei 49 Prozent der postoperativen<br />
Schmerzpatienten „analgetische<br />
Lücken auf“.<br />
u Insgesamt 66 Prozent meinten, der „zu<br />
geringe Einsatz patientenkontrollierter<br />
Therapiekonzepte“ sei „sehr stark“ oder<br />
„stark“ für analgetische Lücken verantwortlich.<br />
u 58 Prozent sehen „sehr stark“ oder<br />
„stark“ das „Fehlen von Akutschmerzdiensten“<br />
als Ursache analgetischer Lücken,<br />
66 Prozent „das Fehlen von Stati-<br />
ons- bzw. Abteilungs-übergreifenden<br />
Konzepten zur Akutschmerzthe<strong>rapie“</strong>, 76<br />
Prozent „mangelhaft verzahnte Schnittstellen<br />
OP – Aufwachraum – periphere<br />
Station“.<br />
MULTIDISZIPLINÄRE KOOPERATION WÜNSCHENS-<br />
WERT. „Diese Antworten machen deutlich,<br />
dass das Problem nicht in mangelnder Einsicht<br />
oder fachlichem Unvermögen liegt, sondern<br />
wir es hier sehr häufig <strong>mit</strong> organisatorischen<br />
Defiziten zu tun haben, die eine konsequente<br />
Umsetzung des schmerzmedizinischen<br />
Wissens in die Praxis der Krankenhäuser<br />
behindern“, folgert Prof. Kress. Tatsächlich<br />
sei in Krankenhäusern häufig ungeklärt,<br />
wer für die postoperative Schmerzmedizin eigentlich<br />
zuständig ist. Zu fordern sei deshalb<br />
neben dem Herstellen einer klaren organisatorischen<br />
Struktur und einer Festlegung der<br />
Behandlungskonzepte für das postoperative<br />
Schmerzmanagement auch die Etablierung<br />
SCHMERZ nachrichten 9