März 11 Magazin - Münchner Sportjugend
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SCHWERPUNKT<br />
Die Welt des Dopings<br />
Nicht nur ein Thema des Leistungssports<br />
Der Begriff Doping löst meist Assoziationen<br />
zum Leistungssport aus. Große Namen,<br />
besondere Sportereignisse und spektakuläre<br />
Leistungen lassen Doping in der<br />
Berichterstattung immer wieder in den<br />
Vordergrund rücken. „Causa Pechstein“, „Tour<br />
de France“, „Matschiner“, „Fuentes“ sind einige<br />
der Schlagwörter, die Doping Gestalt<br />
und Namen geben. Gleichzeitig trüben diese<br />
Meldungen großartige Erfolge von Sportlern,<br />
die ihr Leben lang für diesen Traum hart<br />
gearbeitet haben und viele Entbehrungen<br />
hinnehmen haben müssen. Usain Bolt läuft<br />
mit offenem Schuhband den aktuellen<br />
Weltrekord, und das, ohne gedopt zu haben?<br />
Michael Phelps bricht sämtliche Rekorde und<br />
grast zahlreiche Goldmedaillen ab, weil er die<br />
perfekte Physiognomie für einen Schwimmer<br />
und einen entsprechenden Schwimmstil hat?<br />
Besondere Leistungen werden angezweifelt, ja<br />
müssen dies sogar werden – schließlich gibt die<br />
Geschichte Zweiflern doch Recht, oder etwa<br />
nicht? Ben Johnson läuft 1988 Weltrekord in<br />
9,92s, zwei Tage später muss er die Medaille<br />
schon wieder abgeben – Stanozolol, ein synthetisches<br />
anaboles Steroid wird in seinem<br />
Urin nachgewiesen. Marion Jones ist auch eine<br />
vielfache Medaillengewinnerin, unter Tränen<br />
und unter Eid beschwört sie ihre Unschuld,<br />
bis der Druck zu groß wird und aus Indizien<br />
Beweise werden. Sie räumt Doping ein, ihre<br />
Ergebnisse werden rückwirkend ab dem<br />
01. September 2000 annulliert. Sie wird am<br />
<strong>11</strong>. Januar 2008 zu einer Gefängnisstrafe<br />
von 6 Monaten verurteilt, da sie zweimal<br />
unter Eid falsch ausgesagt hatte. Ähnliche<br />
Beispiele sind in sämtlichen Sportarten zu<br />
finden. Die Beweggründe der Sportler für<br />
ihre Entscheidung zum Doping zu analysieren,<br />
würde hier zu weit führen – zu komplex<br />
sind die Zusammenhänge aus Druck von<br />
der Öffentlichkeit in Form der Medien, des<br />
einzelnen Zuschauer, der Politik und dem<br />
Spiel um Macht und Geld, der persönlichen<br />
Schwäche, Angst vor Versagen, Geltungssucht<br />
etc… Es scheint, Doping ist ein Problem im<br />
Leistungssport!<br />
Diese Aussage allein wäre allerdings zu pauschal<br />
und spiegelt bei weitem nicht die ganze<br />
Wirklichkeit wider. Doping geht viel weiter.<br />
Doping ist ein Problem der Gesellschaft,<br />
dessen Risiko und Gefahren in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung stark unterschätzt werden.<br />
Freizeit- und Breitensport in Vereinen<br />
und kommerziellen Einrichtungen, wie<br />
Fitnessstudios, sind in unserer Gesellschaft<br />
weit verbreitet, positive gesundheitliche<br />
und soziale Auswirkungen sind belegt. Aber<br />
auch in diesen Bereichen hat Doping bzw.<br />
Arzneimittelmissbrauch längst Einzug gehalten.<br />
Ambitionierte Läufer trainieren eisern,<br />
glauben an Eiweißdrinks, Energiegels und<br />
Wunderpulver. Ein bewundernswerter<br />
Ehrgeiz treibt die Läufer bei Wind und Wetter<br />
immer weiter voran. Aber treibt brennender<br />
Ehrgeiz manchen sogar bis zum Doping?<br />
„Vergessen Sie das Märchen, es werde nur<br />
unter Profis gedopt. Das beginnt schon bei<br />
ambitionierten Hobbysportlern“, sagte die<br />
Triathletin Lisa Hütthaler im Spiegel. Vor<br />
zehn Jahren wurde beim Jungfrau-Marathon,<br />
einem besonders anstrengenden Alpen-<br />
Rennen, die weltweit erste groß angelegte<br />
Dopingkontrolle im Breitensport durchgeführt.<br />
Von den 3000 Hobby-Läufern wurden<br />
35 Prozent positiv auf die Einnahme von –<br />
legalen – Schmerzmitteln getestet. Interessant:<br />
Von den kontrollierten Eliteläufern setzte<br />
keiner Schmerzmittel ein. „Wir haben kein<br />
Dopingproblem in der Laufszene“, sagt<br />
dagegen Willi Heepe, ehemaliger medizinischer<br />
Leiter des Berlin-Marathons. Manche<br />
Läufer bräuchten schlichtweg aus gesundheitlichen<br />
Gründen Medikamente, die für<br />
Spitzensportler tabu sind, weil sie auf der<br />
Dopingliste stehen.<br />
Die Landesapothekerkammer Brandenburg<br />
und der Apothekerverband Brandenburg<br />
mutmaßen, dass rund 200.000 deutsche<br />
Breitensportler Dopingmittel nehmen. Der<br />
Sportmediziner Wilfried Kindermann schätzt,<br />
dass jeder fünfte Amateur-Sportler gedopt<br />
ist. Besonders in der Bodybuilder- und<br />
Fitnessstudio-Szene ist die Nachfrage nach<br />
Anabolika und Amphetaminen groß.<br />
Nach einer Studie des niedersächsischen<br />
Innenministeriums und des Bundesinstituts<br />
für Sportwissenschaft aus dem Jahr 2002<br />
werden in Deutschland jährlich etwa 100<br />
Millionen Euro für illegale Dopingmittel ausgegeben.<br />
„Der Umsatz ist im Freizeitsport<br />
ein Vielfaches größer als im Spitzensport“,<br />
sagt Hans Holdhaus, Leiter des Instituts<br />
für medizinische und sportwissenschaftliche<br />
Beratung, in der Kleinen Zeitung.<br />
Oft sind es Nahrungsergänzungsmittel<br />
und Schmerzmittel, die gedankenlos prophylaktisch<br />
eingenommen werden, die den<br />
Einstieg ins Dopingmilieu ebnen, manchmal<br />
ohne dass es die Konsumenten ahnen. Eine<br />
Untersuchung aus dem Jahr 2002 zeigte, dass<br />
15 Prozent der Ergänzungsmittel (zum Beispiel<br />
Eiweißpräparate) verbotene Anabolika<br />
enthielten – ohne, dass das auf dem Produkt<br />
vermerkt war. Der Olympiastützpunkt Köln<br />
hat im Internet eine Liste mit über 100<br />
Produkten aufgestellt, die ein minimales<br />
Dopingrisiko darstellen. Darunter harmlos<br />
anmutende Kräutertees, Vitaminkapseln und<br />
ein Joghurt.<br />
Freizeitsportler greifen zu den vermeintlichen<br />
Wundermitteln im Glauben, besser<br />
und schneller zu werden. Dass Doping<br />
ihrem Körper schadet, blenden sie gerne<br />
aus – bis auf einmal die Pickel sprießen,<br />
die Männerbrust weibliche Züge annimmt<br />
und aus einer Sopranstimme ein weicher<br />
Bariton wird. Dabei sind das noch die „harmlosen“<br />
Nebenwirkungen. Was kümmert ein<br />
Tremor? Das leichte Dauerzittern ist etwas<br />
störend, aber behindert nicht. Unreine Haut<br />
haben auch viele Menschen. Was ist aber mit<br />
Foto: DAK / Wigger<br />
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