Im Rückspiegel - Evangelische Kirchengemeinde Hirschberg ...
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Die Taufe ist nicht allein schlichtes Wasser ...<br />
Martin Luther und die Taufe<br />
(nach einem Referat von Prof. Dr. Klaus Fitschen, Leipzig, 2009)<br />
Martin Luther und die anderen<br />
Reformatoren lebten in einer Gesellschaft,<br />
in der das Christentum<br />
tief verwurzelt war. So war auch die<br />
Kindertaufe eine Normalität. Was<br />
die Taufe anging, konnte Luther an<br />
die Tradition anknüpfen und die<br />
klassischen Elemente der Taufe und<br />
ihrer Interpretation weiterführen.<br />
Die Taufe ist das kirchengeschichtlich<br />
stabilste Sakrament. Allerdings<br />
wurde die Taufe von Luther und<br />
den anderen Reformatoren im Lichte<br />
der Rechtfertigungsbotschaft interpretiert.<br />
<strong>Im</strong> Kleinen Katechismus griff Luther<br />
auf den Kirchenvater Augustinus<br />
zurück, wenn er schrieb: „Die Taufe<br />
ist nicht allein schlicht Wasser, sondern<br />
sie ist das Wasser in Gottes Gebot gefasst<br />
und mit Gottes Wort verbunden.“ Bei<br />
Augustinus hieß das: „Kommt das<br />
Wort zum Element, wird daraus das<br />
Sakrament“. Wichtig und typisch für<br />
Luther und die Reformation ist das<br />
Wort Gottes: „Wasser tut’s freilich<br />
nicht, sondern das Wort Gottes, das<br />
mit und bei dem Wasser ist, und der<br />
Glaube, der solchem Worte Gottes<br />
im Wasser traut.“ Nur so wirkt die<br />
Taufe „Vergebung der Sünden, erlöst<br />
vom Tode und Teufel und gibt die<br />
ewige Seligkeit allen, die es glauben,<br />
wie die Worte und Verheißung<br />
Gottes lauten“. Das Ziel der Taufe<br />
ist also die Rechtfertigung: „Was<br />
bedeutet denn solch Wassertaufen?<br />
Es bedeutet, dass der alte Adam in<br />
uns durch tägliche Reue und Buße<br />
soll ersäuft werden und sterben mit<br />
15<br />
allen Sünden und bösen Lüsten; und<br />
wiederum täglich herauskommen<br />
und auferstehen ein neuer Mensch,<br />
der in Gerechtigkeit und Reinheit<br />
vor Gott ewiglich lebe.“ Erinnern<br />
wir uns daran, dass Luther viel daran<br />
lag, dass die Täuflinge untergetaucht<br />
würden, damit das Absterben<br />
der Sünde zum Ausdruck komme.<br />
Allerdings war Luthers Sündenverständnis<br />
so radikal, dass für ihn die<br />
Taufe keine vollständige Vergebung<br />
sein konnte. Der Mensch blieb<br />
angewiesen auf Gottes Gnade.<br />
Es durfte also nicht die Illusion<br />
aufkommen, als sei der Mensch<br />
nach der Taufe wirklich befähigt,<br />
ein sündloses, autonomes Leben<br />
zu führen. Er blieb Sünder und der<br />
Buße bedürftig. Für Luther blieb der<br />
Mensch zugleich Gerechtfertigter<br />
wie Sünder. Damit ist die Taufe nicht<br />
entwertet, vielmehr muss sie täglich<br />
wieder in Erinnerung gebracht werden.<br />
Der Mensch muss, wie Luther<br />
sagt, täglich in die Taufe zurückkriechen.<br />
Luther verhalf dem Gedanken<br />
der Sündenvergebung zu<br />
neuem Ernst, und auch hier knüpfte<br />
er an den Kirchenvater Augustinus<br />
an. Dieser war der Urheber des<br />
Gedankens der Erbsünde, die von<br />
Adam an die ganze Menschheit<br />
durchdrungen habe. Sünde ist in<br />
diesem Sinne kein Fehlverhalten,<br />
Sünde ist ein Erbe, das man nicht<br />
ausschlagen kann. Die Sünde ist<br />
eine radikale Macht, die der Mensch<br />
nicht besiegen kann. Das kann nur<br />
An der Taufe fehlet nichts,<br />
am Glauben fehlet’ s immerdar,<br />
denn wir haben an<br />
dem Glauben unser Leben<br />
lang genug zu lernen.<br />
Und er kann fallen,<br />
dass man sagt:<br />
„Siehe, da ist Glaube gewesen<br />
und ist nicht mehr da.“<br />
Aber von der Taufe kann<br />
man nicht sagen:<br />
„Siehe, da ist Taufe gewesen,<br />
und ist nun nicht mehr Taufe.“<br />
Nein, sie stehet noch.<br />
(Martin Luther)<br />
Christus. Damit knüpfte Luther aber<br />
nicht nur an Augustinus, sondern<br />
auch an den Apostel Paulus an. Luther<br />
sorgte für die Popularisierung<br />
seines Taufverständnisses, wie er es<br />
gerne tat, indem er ein Lied dichtete:<br />
„Christ, unser Herr, zum Jordan<br />
kam“ (EG 202). Da heißt es in Vers<br />
6: „Wer nicht glaubt dieser großen<br />
Gnad, der bleibt in seinen Sünden<br />
und ist verdammt zum ewgen Tod<br />
tief in der Höllen Grunde. Nichts<br />
hilft sein eigen Heiligkeit, all sein<br />
Tun ist verloren, die Erbsünd macht’s<br />
zur Nichtigkeit, darin er ist geboren,<br />
vermag sich nicht zu helfen.“