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Schwerpunktthema Caritas: „Brauchen einen starken Staat im Kampf gegen soziale Ungleichheit“ Einen starken Staat, „der soziale Ungleichheit bekämpft, sich sozialpolitisch engagiert und in der Bildungspolitik einen Schwerpunkt setzt“, forderte Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann zum Abschluss der DiCV-Regionenereise in Herten. In der Bekämpfung der Armut habe die Politik versagt, sie im Gegenteil durch die Arbeitsmarktreformen der vergangenen Jahre wachsen und sich verfestigen lassen. Einigkeit herrschte bei den Teilnehmern der Diskussionsrunde im Hertener Glashaus, dass es einer breiten gesellschaftlichen Debatte um die künftige Ausrichtung des Sozialstaats bedarf. Unter dem Thema „Der Pott kocht Caritasverband für die Stadt Recklinghausen e.V. Diskussionsabend in Herten beschließt Regionenreise des DiCV Münster - aber nur auf kleiner Flamme!?“ hatte die Caritas zum Abschluss der Regionenreise im Kreis Recklinghausen zu einem sozialpolitischen Abend eingeladen. Vier Tage lang führten leitende Mitarbeiter des Diözesancaritasverbandes Münster Gespräche mit den Caritasverbänden und ihren Fachverbänden Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) und lernten deren Arbeit kennen. Roter Faden war das Jahresthema 2012 der Caritas „Armut macht krank“. Sowohl die Zahlen als auch die Folgen von Armut sind dramatisch und im Vergleich der Kreise im Bistum Mün- Diözensancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann (l.), Domvikar Dr. Klaus Winterkamp (Mitte) und Peter Hoffstadt (stv. Diözesancaritasdirektor) besuchten den CV Recklinghausen und nahmen kurz darauf auch an der sozialpolitischen Diskussionsrunde im Glashaus Herten teil. Foto: Jörg Gutzeit / Recklinghäuser Zeitung 6 Caritas REport April 2012
Caritasverband für die Stadt Recklinghausen e.V. Schwerpunktthema ster im Kreis Recklinghausen besonders erschreckend, so Kessmann. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an den berufstätigen Menschen liegt hier bei mehr als sieben Prozent, in den anderen Regionen bei einem halben Prozent. 22,7 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren lebten in Familien, die ihr Auskommen mit Arbeitslosengeld II bestreiten müssten, etwa doppelt so soviele wie im übrigen Bistum. Eindeutig sei dabei der Zusammenhang zwischen Ar- mut und Krankheit schon am Lebensanfang. Kessmann: „Säuglinge aus Familien mit niedrigem Sozialstatus sterben häufiger an plötzlichem Kindstod“. Ihre Lebenserwartung liege bei Frauen um acht und bei Männern sogar um elf Jahre unter dem Durchschnitt. „Wo es an Einkommen, Perspektive und Bildung fehlt, dort ist Krankheit ein häufiger Begleiter“, stellte der Diözesancaritasdirektor in seinem einleitenden Vortrag fest. Bei Langzeitarbeitslosen habe der Ansatz des Forderns und Förderns der Hartz-IV-Reform „offensichtlich völlig versagt“. Aber selbst viele, die Arbeit hätten, müssten in Minijobs und prekären Arbeitsverhältnissen zusätzlich Sozialleistungen beziehen, so Kessmann. Die Caritas biete gerade auch im Kreis Recklinghausen eine Vielzahl von Hilfen für arme und kranke Menschen an. Die Regionenreise habe das in vier Tagen eindrucksvoll gezeigt. Aber die Caritas allein könne das Problem nicht lösen. „Soziale Gerechtigkeit und Sicherung einer menschenwürdigen Existenz ist und bleibt zu allererst Aufgabe des Sozialstaats“, sagte Kessmann. Gefordert seien hier vor allem auch die Kommunen in ihrer Verantwortung für die Daseinsvorsorge der Menschen. Die Caritas sehe wohl, dass viele nicht mehr die Mittel dafür hätten. Aber es sei eben Aufgabe der übergeordneten staatlichen Ebenen, ihnen dies durch entsprechende Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Wie schlimm es um die Kommunen steht, verdeutlichte Hertens Bürgermeister Dr. Uli Paetzel am Beispiel der langfristigen Finanzplanung seiner Stadt. Jetzt müsse auf die Konsequenzen des erzwungenen Abbaus von Leistungen hingewiesen werden und eine gesellschaftliche Diskussion beginnen: „Wir müssen die Gesellschaftsordnung neu definieren“, sagte Paetzel. Auf Besserung hofft er nicht. So sei auch die beschlossene Schuldenbremse eigentlich nur „staatlich verordneter Sozialabbau“. Caritas REport April 2012 Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Peter Groß sieht die Lösung letztlich nur darin, den vermögenderen Teil der Bevölkerung wieder stärker in die Pflicht zu nehmen. Der stellvertretende Landrat Harald Nübel pflichtete ihm bei und führte an, dass Mitte der 50er Jahre der Spitzensteuersatz bei 56 Prozent gelegen habe: „Es gibt keinen vorsorgenden Sozialstaat zu monegassischen Steuersätzen.“ Caritas presse münster Die DiCV-Regionaltour Jedes Jahr besucht der DiCV einen Kreis des Bistums. Auf dem Programm im Kreis RE standen: - Haltern / Jugendwerkstatt und Schulmensa - Marl / Wohnungslosenhilfe - Dorsten / Altenheim St. Anna - Datteln / Kinderschutzambulanz - Recklinghausen / Schwangerschaftsberatung / Frühe Hilfen - Herten / Sozialpolitischer Abend - Gladbeck / Frühstück mit Wohnungslosen - Waltrop / Insolvenzberatung - Castrop-Rauxel / Suppenküche und Tafel 7
Seite 1 und 2: Ausgabe Ausgabe Januar April 2012 W
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