Bensberger Symposium - Katholische Tageseinrichtungen für ...
Bensberger Symposium - Katholische Tageseinrichtungen für ...
Bensberger Symposium - Katholische Tageseinrichtungen für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1. Bildung ist elementar <strong>für</strong> Kinder<br />
Die Bildung ihrer Jugend – von Kindheit<br />
an – ist die wichtigste Ressource <strong>für</strong> die<br />
Zukunft der Gesellschaft. Die Kinder sind<br />
von Geburt an Individuen, die sich selbst<br />
bilden. Deshalb muss die Unterstützung<br />
ihrer Bildungsprozesse im Zentrum aller<br />
Reformanstrengungen stehen.<br />
Das Bildungsvermögen als Selbst-Bildung<br />
ist – wie wir heute wissen – durchaus in<br />
den Kindern angelegt. Es gehört zu ihrer<br />
Überlebensausstattung, wie die Evolutionsbiologen<br />
uns sagen. Goethe war es,<br />
der in „Dichtung und Wahrheit“ schrieb:<br />
„Wüchsen die Kinder fort, wie sie sich<br />
andeuten, wir hätten lauter Genies.“ Ein<br />
anderer großer Denker – Freud – sprach<br />
von der „strahlenden Intelligenz“ der kleinen<br />
Kinder. Neurobiologen sprechen von<br />
einem verschwenderisch reichem Potential<br />
und können heute erklären, wie sich in frühen<br />
Jahren wesentliche Gehirnstrukturen<br />
durch die Aktivitäten der Kinder bilden,<br />
oder hier auch entscheidende Entwicklungsphasen<br />
verstreichen und -schritte<br />
versäumt werden können.<br />
Moderne Entwicklungspsychologen beschreiben<br />
das kleine Kind als Alien, d.h. als<br />
Fremden, der in eine fremde, unverständliche<br />
Welt hineingeboren wird, und sich<br />
diese erklären muss. Es muss sie <strong>für</strong> sich<br />
selbst neu konstruieren, um sie überhaupt<br />
verstehen und sich aneignen zu können.<br />
Bildung als eigen-sinniger Prozess des<br />
kindlichen Subjektes ist also von wahrhaft<br />
grundlegender Bedeutung, und zwar von<br />
36 KOMPAKT Spezial<br />
RICHARD MÜNCHMEIER<br />
Welche Bildung<br />
brauchen Kinder?<br />
Richard Münchmeier<br />
Anfang an. Der Eigenanteil des Subjektes<br />
wächst selbstverständlich, darf aber auch<br />
beim kleinsten Kind nicht übersehen werden.<br />
Im Gegenteil: v. Hentig betont: „Das<br />
kleine Kind ist in ungleich höherem Masse<br />
sein eigener Lehrmeister, als es später der<br />
Schüler sein wird.“ (1996, 39)<br />
2. Bildung ist ein umfassender<br />
Prozess<br />
Vor dem Hintergrund der derzeitigen öffentlichen<br />
Diskurse über Bildungsdefi zite<br />
und Bildungsreformen muss das Verständnis<br />
von Bildung gegen drei Einseitigkeiten<br />
bzw. Verkürzungen verteidigt werden. Gegen<br />
diese Verkürzungen ist festzuhalten<br />
an der Parole: „Bildung ist mehr!“<br />
Bildung ist mehr als Wissenserwerb<br />
In der derzeitigen Diskussion fi nden sich<br />
Verkürzungen des Verständnisses von<br />
Bildung und die Reduktion von Bildung<br />
auf Qualifi kationserwerb. Problematisch<br />
ist, dass in vielen Diskussionen Bildungsprozesse<br />
vordergründig unter dem Gesichtspunkt<br />
ihrer Zweckmäßigkeit und<br />
Verwertbarkeit konzipiert, bewertet und<br />
durchgeführt werden. Deutlich wird dies<br />
vor allem in der einseitigen Betonung der<br />
notwendigen Qualifi kationserfordernisse<br />
der Arbeitskräfte in einer sich globalisierenden<br />
Wirtschaft. Deutlich wird dies aber<br />
auch in einem verkürzten Verständnis der<br />
so genannten Wissensgesellschaft, das Bildungsprozesse<br />
auf Informationsmanagement<br />
reduziert. Bildung ist aber mehr als<br />
Wissenserwerb; sie ist Ressource der Lebensführung<br />
und Lebensbewältigung, der<br />
Persönlichkeitsentwicklung, Grundlage <strong>für</strong><br />
Teilhabe an der Gesellschaft, der Politik<br />
und Kultur.<br />
Bildung ist mehr als Schulbildung<br />
Nicht alles, was Bildung angeht kann im<br />
Kontext von Schule (bzw. dessen was man<br />
als „Bildungssystem“ bezeichnet) eingelöst<br />
werden. Zur Landschaft der Bildung<br />
gehören Institutionen, Einrichtungen, aber<br />
auch informelle Zusammenhänge und Gemeinschaften.<br />
Im internationalen Sprachgebrauch<br />
unterscheidet man:<br />
formelle,<br />
nicht-formelle,<br />
informelle Bildung.<br />
Unter formeller Bildung wird das gesamte<br />
hierarchisch strukturierte und zeitlich aufeinander<br />
aufbauende Schul-, Ausbildungs-<br />
und Hochschulsystem gefasst, mit weitgehend<br />
verpfl ichtendem Charakter und<br />
unvermeidlichen Leistungszertifi katen.<br />
Unter nicht-formeller Bildung ist jede<br />
Form organisierter Bildung und Erziehung<br />
zu verstehen, die generell freiwilliger Natur<br />
ist und Angebotscharakter hat.<br />
Unter informeller Bildung werden ungeplante<br />
und nicht-intendierte Bildungsprozesse<br />
verstanden, die sich im Alltag von<br />
Familie, Nachbarschaft, Arbeit und Freizeit<br />
ergeben, aber auch fehlen können. Sie sind<br />
zugleich unverzichtbare Voraussetzung und<br />
„Grundton“, auf dem formelle und nichtformelle<br />
Bildungsprozesse aufbauen.