11.01.2013 Aufrufe

Bensberger Symposium - Katholische Tageseinrichtungen für ...

Bensberger Symposium - Katholische Tageseinrichtungen für ...

Bensberger Symposium - Katholische Tageseinrichtungen für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zahl dieser Familien steigt kontinuierlich<br />

an, sind hier besonders gefährdet. Genau<br />

an dieser Stelle treffen wir dann aber auf<br />

die Frage nach dem Vorhandensein möglicher<br />

ergänzender Ressourcen <strong>für</strong> Kinder<br />

und Eltern. Neben sozialen Netzen, wie<br />

Freundes- und Bekanntenkreis, sind dies<br />

in besonderem Maße die Einrichtungen<br />

der Kinder- und Jugendhilfe. Die diesen<br />

Einrichtungen zugeschriebene gesellschaftliche<br />

Funktion, die Entwicklung des<br />

Kindes zu einer eigenverantwortlichen und<br />

gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu<br />

fördern, bekommt so vor dem Hintergrund<br />

veränderter familialer Lebensbedingungen<br />

ein wesentlich höheres Gewicht, wird <strong>für</strong><br />

viele Kinder und Familien zu einem immer<br />

wichtigeren Baustein in einem Konzept<br />

lebenslaufunterstützender Bildung.<br />

Familiale Biographien<br />

Schüler im Grundschulalter kommen heute<br />

vielfach mit völlig unterschiedlichen familialen<br />

Biographien und Lernausgangslagen<br />

in die Schule. Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

die erfolgreiche Vermittlung von lebensnotwendigen<br />

Kompetenzen sind deshalb<br />

oft äußerst ungleich verteilt. Solche nicht<br />

nur von der PISA-Studie belegten sozialen<br />

Disparitäten lassen sich erfolgreich nur<br />

innerhalb eines Netzwerks von Bildungsorten<br />

und unter Berücksichtigung komplexer<br />

Wechselwirkungen angehen. Innerhalb des<br />

Netzwerkes bedarf es einer Kooperation,<br />

die auf die jeweils persönliche Unterstützung<br />

des einzelnen Kindes ausgerichtet<br />

ist. Hier geht es nicht einfach um die Erwartung<br />

der Schule an die Familie, es geht<br />

ebenso um die Einwirkung der Familie auf<br />

den Bildungs- und Erziehungsprozess in<br />

Schule und in Einrichtungen der Kinder-<br />

und Jugendhilfe, es geht um Einwirkungen<br />

der Jugendhilfe auf die Eltern, um Anforderungen<br />

gegenüber den Kindern besser<br />

gerecht zu werden, es geht auch darum,<br />

Kinder an solchen Prozessen partizipieren<br />

zu lassen. Sich innerhalb solch eines Netzes<br />

zu bewegen, vorhandene Potentiale der<br />

Institution Schule und Familie individuell<br />

und je nach Bedarf zu ergänzen, ist eine<br />

anspruchsvolle Herausforderung, die großer<br />

fachlicher Kenntnisse und Erfahrungen<br />

bedarf und <strong>für</strong> eine beachtliche Zahl<br />

von Kindern und Jugendlichen derzeit so<br />

nur vom Hort erfüllt werden kann. Die<br />

Ergebnisse der PISA-Studie unterstützen<br />

diese Sichtweise.<br />

Fachlicher Diskurs notwendig<br />

Es sollte kein Zweifel daran bestehen,<br />

dass es in den nächsten Jahren erheblicher<br />

Anstrengungen bedarf, die Konzeptionen<br />

des Hortes zu präzisieren, pädagogische<br />

Schwerpunkte genauer zu bestimmen<br />

– hier sei nochmals auf die Partizipation<br />

von Jugendlichen, veränderte Formen der<br />

Zusammenarbeit mit Eltern, aber auch auf<br />

Funktionen der Prävention und Integration<br />

verwiesen. Vor allem aber steht die<br />

Aufgabe an, eine Vielzahl von Kooperationsformen<br />

zwischen Hort, Familie und<br />

Schule auszubauen, neu zu entwickeln,<br />

zu ergänzen und zu erproben. Solch ein<br />

Prozess bedarf der fachlichen Diskussion<br />

und sorgfältigen Absprache und er ist vor<br />

allem dringlich. Am Ende dieses Prozesses<br />

mögen verschiedenste, heute noch<br />

völlig unbekannte Kooperationsformen,<br />

unterschiedlichste Berufsfelder und Ausbildungswege<br />

der beteiligten Fachkräfte<br />

stehen, die Erfahrungen, die man in den<br />

vergangenen Jahren mit den Horten zusammengetragen<br />

hat, werden dabei als äußerst<br />

wichtiger Bestandteil einfl ießen und<br />

Teil solcher Kooperationsformen bleiben,<br />

entsprechende Vorhaben in verschiedenen<br />

Bundesländern verweisen auf solche<br />

Entwicklungen.<br />

NRW zerstört Ressourcen<br />

Die gegenwärtigen Entwicklungen in NRW<br />

haben mit solch einem Prozess allerdings<br />

nichts zu tun. Dieses Vorhaben berücksichtigt<br />

weder zentrale Forderungen, die sich<br />

aus der PISA-Studie ergeben, noch stellt es<br />

einen überzeugenden Beitrag zur Lösung<br />

des zu Beginn erwähnten notwendigen gesellschaftlichen<br />

Anpassungsprozesses dar,<br />

vielmehr zerstört es kurzsichtig wichtige<br />

Ressourcen <strong>für</strong> Gruppen von Kindern und<br />

Jugendlichen.<br />

Kinder brauchen Horte<br />

Auch wenn dies nicht <strong>für</strong> alle Kinder und<br />

Jugendliche gilt, die einen Hort besuchen,<br />

einzelne Gruppen von Kindern und Jugendlichen<br />

sind in besonderem Maße<br />

auf die Unterstützung der Fachkräfte im<br />

Hort angewiesen und seien hier deshalb<br />

beispielhaft genannt: Kinder aus armen<br />

Familien und Familien mit Migrationshintergrund.<br />

Gesellschaftlicher Umbruch<br />

„Der Prozess der Verarmung der Gesellschaft<br />

hat begonnen, wir entwickeln<br />

uns hin zu einer Drittwelt-Ökonomie“<br />

so die Aussage des Sozialwissenschaftlers<br />

Norbert Wohlfahrt im Rahmen einer<br />

Diskussion zum Thema „Sozialstaat<br />

im Umbruch“ (Caritas in NRW 2/04, 26).<br />

Tatsächlich gehen die meisten Expertinnen<br />

und Experten aus dem Bereich der<br />

Armutsforschung davon aus, dass wir uns<br />

mitten in einem grundlegenden strukturellen<br />

Umbruch innerhalb der Gesellschaft<br />

befi nden, der am ehesten mit dem Begriff<br />

der neoliberalen Modernisierung zu umschreiben<br />

ist. Kindheitsarmut ist hierbei<br />

nur eine erkennbare Konsequenz, die<br />

sich mittelfristig auf weitere Bevölkerungsgruppen<br />

ausweiten wird. Diskontinuierliche<br />

Erwerbsverläufe, Wegfall der<br />

Arbeitslosenhilfe in ihrem ursprünglichen<br />

Sinn, Senkung des Rentenniveaus, Einführung<br />

von Niedrig-Lohntarifen all dies<br />

sind zunächst nur ganz wenige Beispiele<br />

oder Indikatoren <strong>für</strong> diese Veränderungen.<br />

Ursprung dieser Entwicklung ist ein zunehmender<br />

Vorrang ökonomischer Maßstäbe<br />

vor kulturellen oder sozialen Maßstäben<br />

einer Gesellschaft. Bevölkerungsgruppen<br />

mit den geringsten „Reserven“ im Sinne<br />

ökonomischer Ressourcen, dies sind<br />

derzeit vor allem die Familien, trifft diese<br />

Entwicklung als erstes, generell handelt<br />

es sich hierbei aber letztlich um ein Auseinanderfallen<br />

in Arm und Reich.<br />

War etwa die Nachkriegszeit in vielfältiger<br />

Weise durch eine große Zahl von<br />

gesellschaftlicher Konstruktionen von Solidarität<br />

gekennzeichnet, erwähnt wurden<br />

bereits an anderer Stelle beispielsweise<br />

die Rentensicherung und das Bundessozialhilfegesetz,<br />

so führt der unter dem Namen<br />

Globalisierung eröffnete umfassende<br />

Standortwettbewerb zu immer rasanteren<br />

Entwicklungen der Grenzüberschreitung<br />

nicht nur zwischen Kulturen und Gesellschaften,<br />

sondern immer stärker auch zu<br />

Grenzüberschreitungen innerhalb der Gesellschaften.<br />

Der Wirtschaftswissenschaft-<br />

KOMPAKT Spezial 77

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!