Bensberger Symposium - Katholische Tageseinrichtungen für ...
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Lernen, auf die es ankommt.<br />
Zu den <strong>für</strong> die Bildungskarriere besonders<br />
wichtigen Einstellungen gehören<br />
die „Selbstwirksamkeitsüberzeugungen“:<br />
Jede(r) von uns hat eine stabile Einstellung<br />
zum eigenen Erfolg bzw. Misserfolg: Die<br />
einen freuen sich auf ihren nächsten Erfolg,<br />
die anderen haben Angst vor ihrem nächsten<br />
Misserfolg. Diese Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
(„Ich werde es schaffen!“<br />
vs. „Ich werde versagen!“) entwickeln sich<br />
in der Kindheit, und zwar vor allem durch<br />
glaubhafte Vorbilder und dadurch, dass wir<br />
den Kindern helfen, konstruktiv mit ihren<br />
Misserfolgen und Erfolgen umzugehen.<br />
Ein anderes wichtiges Beispiel <strong>für</strong> Einstellungen<br />
sind die „Geschlechtsrollenstereotype“,<br />
schematische und verfestigte<br />
Vorstellungen davon, was ein Mädchen<br />
bzw. ein Junge typischerweise tun. Auch sie<br />
entwickeln sich im Kindesalter und haben<br />
handfeste Auswirkungen auf die spätere<br />
Bildungskarriere, wie PISA gezeigt hat.<br />
Offenbar haben wir die Bedeutung von<br />
Bereitschaften und Einstellungen im<br />
Bildungsprozess bisher systematisch unterschätzt.<br />
Andere tun das nicht, z.B. die<br />
16-jährige Schülerin, die in einer Diskussion<br />
über die PISA-Ergebnisse als Beobachtung<br />
aus ihrer Klasse sagte: „Viele<br />
geben einfach zu früh auf... Wenn der<br />
erste Misserfolg kommt oder eine Sache<br />
schief läuft, wird oft schon alles einfach<br />
hingeschmissen.“<br />
Entwicklungsaufgaben im Hortalter<br />
Bildungsarbeit kann zum Teil nur individualisiert<br />
beschrieben werden. Kinder leben<br />
in unterschiedlichen Familiensituationen,<br />
haben unterschiedliche Interessen, Lernwege<br />
und Stärken. Andere Bildungsthemen<br />
lassen sich allgemein beschreiben,<br />
weil sich allen Kindern im Hortalter<br />
typische Entwicklungsaufgaben stellen,<br />
bei deren Bewältigung sie Unterstützung<br />
brauchen. Die Betrachtung der Entwicklungsaufgaben<br />
war eine der Grundlagen<br />
<strong>für</strong> die systematische Entwicklung von<br />
Qualitätskriterien <strong>für</strong> Angebote <strong>für</strong> Schulkinder<br />
(Strätz u.a. 2003) im Rahmen der<br />
„Nationalen Qualitätsinitiative im System<br />
der <strong>Tageseinrichtungen</strong> <strong>für</strong> Kinder“.<br />
Die entscheidende Bedeutung der Gruppe<br />
der Gleichaltrigen<br />
„Für fehlende Freunde sind die Eltern kein<br />
Ersatz mehr. Man braucht Freunde, um<br />
sich wohl zu fühlen, um sich zu helfen und<br />
um Nöte zu teilen. Somit muss man lernen,<br />
bei einem Streit nicht wegzulaufen, sondern<br />
ihn auszutragen.“ (Krappmann 1996,<br />
S.91) Der Haken besteht nun darin, dass<br />
die meisten Kinder dies nicht von vornherein<br />
können, dass sie es lernen müssen, dass<br />
sie Hilfe und Beratung brauchen bei den<br />
Fehlern, die sie dabei zunächst machen,<br />
bei den Missverständnissen, die entstehen,<br />
und bei den Kränkungen, die sie sich<br />
dabei gegenseitig zufügen können. Was<br />
in dieser Situation geschieht, beschreibt<br />
Krappmann so: „Die Aushandlungen sind<br />
deswegen so schwierig, weil die Kinder<br />
mit ihren Wünschen und Erwartungen<br />
tatsächlich nicht gleich und – jedenfalls<br />
zunächst und zumeist – auch nicht bereit<br />
sind, geduldig ihre Meinungsverschiedenheiten<br />
auszutragen. Sie urteilen vielmehr<br />
einseitig, werden schnell erregt und grob<br />
und neigen auch zum Drohen und sogar<br />
zum Schlagen. Sie streiten so oft, dass man<br />
den gesamten Lebensabschnitt auch die<br />
Streitphase nennen könnte. In ihr muss<br />
man etwas lernen, was jeder beherrschen<br />
sollte, das Aushandeln in relativ offenen<br />
Situationen von gleich zu gleich.“ (Krappmann<br />
1996, S.89)<br />
Die Gruppe der Gleichaltrigen stellt auch<br />
die wichtigste „Informationsbörse“ dar:<br />
„Bei einigen Themen wissen die Kinder,<br />
dass sie von den Eltern keine guten Antworten<br />
erwarten können, weil sie keine<br />
Ahnung haben oder die Kinder abwimmeln.<br />
Aber auch Auskünfte, die sie erhalten,<br />
müssen verarbeitet werden. Das<br />
geschieht sehr oft im Gespräch der Kinder<br />
untereinander. Sie tragen ihr Wissen zusammen<br />
und prüfen, was ihnen verständlich<br />
und einsichtig erscheint.“ (Krappmann<br />
1996, S.94)<br />
Die Entwicklung des moralischen Denkens<br />
Kinder im Hortalter wollen wissen, wie<br />
menschliches Handeln begründet wird und<br />
werden kann. Und sie beobachten sehr<br />
genau, inwieweit das, was wir sagen und<br />
predigen, übereinstimmt mit dem, was wir<br />
selbst tun. Unsere Glaubwürdigkeit wird<br />
geprüft, und das Urteil der Kinder über uns<br />
– wie auch über andere Kinder – kann sehr<br />
rigoros ausfallen und ziemlich offen und<br />
rücksichtslos ausgesprochen werden. Wir<br />
sollten das Positive daran sehen: Schulkinder<br />
suchen tragfähige Begründungen und<br />
Legitimationen <strong>für</strong> menschliches Handeln<br />
und die Regeln des Zusammenlebens, sie<br />
suchen glaubwürdige Vorbilder.<br />
Eine moralische Kategorie, die typischerweise<br />
einen ersten Orientierungsversuch<br />
bei Schulkindern darstellt, ist die Idee einer<br />
„Gerechtigkeit durch Gleichheit“. Krappmann<br />
hat dies sehr anschaulich geschildert:<br />
„Die Vorstellung von Gerechtigkeit, die<br />
in diesen Aushandlungsprozessen unter<br />
Kindern wurzelt, ist wiederum sehr stark<br />
von der Idee der Gleichheit geprägt. Die<br />
Kinder leihen sich wechselseitig, spendieren<br />
sich wechselseitig, schenken sich<br />
wechselseitig, laden sich wechselseitig<br />
ein und zwar mit einer gewissen Sturheit.<br />
Gleichheit regelt auch die Strafen<br />
bei Regelverletzungen oder Zerstörungen,<br />
etwa wenn die Beschädigungen des<br />
einen durch einen Schaden, der daraufhin<br />
dem Übeltäter zugefügt wird, wieder<br />
‚gut‘ gemacht wird.“ (Krappmann 1996,<br />
S.90) Diese „Sturheit“, die Krappmann<br />
beschreibt, macht Gespräche mit Schulkindern<br />
zuweilen mühsam. Dass ein Kind<br />
in bestimmter Hinsicht auch einmal anders<br />
behandelt werden kann und sollte, um seinen<br />
Besonderheiten gerecht zu werden,<br />
werden sie nicht ohne Widerspruch hinnehmen.<br />
Die Auffassung der Erwachsenen,<br />
dass es ebenso eine Gerechtigkeit durch<br />
Gleichheit wie auch eine Gerechtigkeit<br />
durch Ungleichheit gibt, wird Schulkindern<br />
nicht einleuchten. Wir sollten darin nicht<br />
ausschließlich das Defi zit sehen, sondern<br />
den Entwicklungsschritt würdigen, den die<br />
Kinder getan haben.<br />
Das Bedürfnis, etwas „Richtiges“ zu leisten<br />
und Dinge eigenverantwortlich zu tun<br />
„Etwas Richtiges“ – das kann die Reparaturwerkstatt<br />
<strong>für</strong> Fahrräder sein, die in<br />
einem Kellerraum des Hortes eingerichtet<br />
wird, oder die Hortzeitung, die mit viel<br />
Mühe recherchiert, geschrieben, gedruckt<br />
und verkauft wird. „Etwas Richtiges“ können<br />
Werkstücke sein, die im Werkraum<br />
oder in einer Schreinerwerkstatt entste-<br />
KOMPAKT Spezial 65