special - Berufsverband Deutscher Markt
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SPECIAL<br />
12<br />
Web 2.0 = Markenführung 2.0<br />
Christoph Prox, Icon Added Value, zur Frage, ob morgen alles anders wird<br />
Sind Sie lieber auf Xing oder auf Linked-in? Oder doch auf Facebook? Selbst wenn Sie den<br />
Netzwerken noch widerstehen, wann haben Sie zuletzt nach Rezensionen geschaut bei der<br />
Buchung einer Urlaubsreise, beim neuen Auto, der Stereoanlage, der Fotokamera oder dem<br />
Staubsauger? Vielleicht haben Sie mit alldem ja nach wie vor nichts zu tun, dann allerdings<br />
gehören Sie einer aussterbenden Spezies an.<br />
Täglich gehen auf Wordpress 50.000 Blogs online, Unternehmen<br />
wie Metro, Yello, Jack Wolfskin oder adidas haben 2011<br />
Corporate Blogs eröffnet. Und auch wenn der Börsengang von<br />
Facebook wohl nicht als der große Erfolg tituliert werden kann,<br />
den Mehrwert von Facebook für die europäische Wirtschaft<br />
taxierte Deloitte kürzlich mit 15,3 Mrd. Euro.<br />
Die Zeiten, da eine Marke einmal sauber<br />
durchdekliniert wurde und das umgesetzt<br />
wurde und dann alle paar Jahre ein Marken-<br />
Relaunch kam, sind für die meisten vorbei.<br />
Heute gilt: Always on. Das bedeutet, dass<br />
Marken keine statischen Gebilde mehr sind,<br />
sondern zu aktiven, pulsierenden Systemen<br />
werden sollten, die in Kontakt mit ihren Zielgruppen<br />
treten.<br />
Warum ist das alles für die Markenführung so relevant?<br />
Relevant ist das deswegen, weil diese Entwicklung gesellschaftliche<br />
Implikationen hat. Weil sich nicht nur die Medienlandschaft<br />
und die Technologie ändern, sondern mit ihr auch<br />
das Verhalten der Menschen und wie sie ihr Markenwissen<br />
erwerben. Die Art der Informationsaufnahme – das Kurze,<br />
Komprimierte, Gehetzte – ist zum allgemeinen Standard geworden.<br />
Die Geduld sinkt, die Bereitschaft, sich mit etwas in<br />
der Tiefe auseinanderzusetzen, ebenso. Gleichzeitig steigt die<br />
Reizschwelle, die überschritten werden muss, um überhaupt<br />
noch wahrgenommen zu werden. Bewertungen und Empfehlungen<br />
ersetzen die eigene Meinungsbildung, Marken verlieren<br />
in einzelnen Bereichen bereits die Hoheit über Qualitätsversprechen.<br />
BVM Kongress-Special August 2012<br />
Christoph Prox<br />
CEO und Mitglied des Global Management Board<br />
der Icon Added Value Group, Nürnberg, startete<br />
seine berufliche Karriere bei einer internationalen<br />
Unternehmensberatung. Seit 1994 ist er bei Icon<br />
Added Value in Nürnberg tätig.<br />
Inwiefern ändern Internet und die neuen Medien die Gesellschaft?<br />
Die sozialen Medien bieten das, was man eigentlich unter<br />
Kommunikation versteht, nämlich Austausch, Konversation.<br />
Sie entwickeln sich deswegen so rasant, weil sie die Bedürfnisse<br />
der Menschen nach sozialer Interaktion und Unterhaltung<br />
bedienen. Märkte werden daher immer stärker durch<br />
situativen Austausch geprägt. Vernetzung als neue Form der<br />
sozialen Ordnung. Urteilsbildung wird von einem individuellintuitiven<br />
zu einem statistischen sozialen Vorgang. Man<br />
wählt, was die besten Bewertungen bekommt.<br />
Das geht einher mit einem veränderten Bewusstseinszustand:<br />
Ein Strom aus Anreizen und Informationen, die uns<br />
wichtig sind. Ein persönlicher Informations- und Lebensfluss,<br />
der sich dynamisch verändert. Der Lese- und Verarbeitungsvorgang<br />
gleicht hier eher einem schnellen, intuitiven Scannen<br />
und Filtern von Informationen. Wobei der Strom interaktiv<br />
ist. Mit Posts, Kommentaren oder Klicks beeinflussen wir die<br />
Fließrichtung und -geschwindigkeit. In Zukunft wird das Netz<br />
recht genau wissen, was uns interessiert. Es wird den Strom<br />
intelligent mit personalisierten Informationen, Dokumenten,<br />
Terminen und Vorschlägen füttern. Beruflich wie privat. Dieser<br />
personalisierte Informationsstrom wird von überall aus<br />
zugänglich sein. Fast immer auf Standby, gewissermaßen „Always<br />
in”.<br />
Für was auch immer wir uns interessieren, die Informationsfülle<br />
wird es erlauben, sich endlos mit den „High-<br />
Involvement”-Themen zu beschäftigen. Da der Tag aber auch<br />
in Zukunft leider nur 24 Stunden haben wird, werden Zweite-<br />
Reihe-Themen leiden und alles andere genauso wenig Zeit<br />
abbekommen wie bisher. Das bedeutet aber umgekehrt, dass<br />
für diese Themen „mentale Abkürzungen”, die die Entscheidungsprozesse<br />
vereinfachen – und das sind Marken ja nun<br />
einmal –, relevant bleiben oder noch relevanter werden.<br />
Wissen wird als Erfolgsfaktor weniger wichtig. Somit wird<br />
sich auch das Erlernen von Informationen ändern. Es wird<br />
oberflächlicher, schneller, kürzer. Wie Mittelstraß schon in<br />
den 90ern prophezeit hat: Wir werden zu Informationsriesen<br />
und Wissenszwergen. Aktionismus und Herdentrieb ersetzen<br />
überlegtes Handeln.