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36 Elisabeth Gauthier<br />
deutschen und der französischen Regierung eingerichteten europäischen Institutionen<br />
untergraben wird. Angesichts dieser extremen Sparpolitik entfaltet<br />
sich ein Teufelskreis, eine Abwärtsspirale, die zu Reaktionen führen wird, deren<br />
Szenarien niemand vorhersehen kann.<br />
Es werden immer mehr Stimmen in Europa laut, auch aus dem Lager der<br />
Mächtigen, welche diese Sparpolitik als Fehler bezeichnen. So hat US-Finanzminister<br />
Timothy Geithner erklärt: „Die Staaten sollten erkennen, dass<br />
Wachstum die größte Herausforderung für die gesamte Welt darstellt“ 3 . Joseph<br />
Stiglitz, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, ist der Ansicht:<br />
„Die schlechte Geldpolitik, die uns den derzeitigen Schlamassel beschert hat,<br />
ist ungeeignet, uns da wieder herauszuholen“. 4 Unter scharfen Attacken auf<br />
die „Steuersenkungsmode“ und den „Schuldenfetischismus“ betont er den<br />
Widerspruch, dass „die großen Konzerne vor Liquidität schier platzen, während<br />
die Banken den kleinen und mittleren Unternehmen Kredite verweigern,<br />
obwohl diese in jeder bekannten Volkswirtschaft der Motor zur Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen sind“, sodass er sich zwangsläufig nur pessimistische<br />
Szenarien vorstellen kann. George Soros zufolge ist Europa in Gefahr wegen<br />
der Schwäche der Banken und der Risiken, welche diese in der Vergangenheit<br />
eingegangen sind, aber auch wegen des Fehlens jeglicher Stimulation für seine<br />
Volkswirtschaften und Inlandsmärkte. 5<br />
All das zeigt, dass die neoliberalen Dogmen bröckeln und die vorherrschenden<br />
Kräfte unfähig sind, alternative Antworten zu entwickeln. Neue Formen<br />
der Oligarchie untergraben die Demokratie und die Volkssouveränität. In<br />
diesem Kontext einer sich auflösenden Gesellschaft, in der die grundlegenden<br />
Konzepte der Solidarität und des gesellschaftlichen Miteinanders systematisch<br />
untergraben werden, besteht keineswegs die Gewissheit, dass am Ende<br />
die vereinte und kooperative Widerstandsbewegung der fortschrittlichen und<br />
demokratischen Kräfte als Sieger hervorgehen wird.<br />
Die führenden Politiker Europas verschärfen die Sparpolitik immer mehr,<br />
obwohl es in diesem Herbst konkrete und weithin anerkannte Belege dafür<br />
gibt, dass diese Entscheidung – die derzeit in Griechenland bis an die äußerste<br />
Grenze vorangetrieben wird – die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage<br />
nicht nur verschlimmert, sondern – langfristig – die Staaten ihrer Einnahmenbasis<br />
und damit ihrer Interventionsmittel beraubt. Die verlogenen „Hilfsprogramme“<br />
– die nicht auf die Rettung der Bevölkerung abzielen, sondern auf die<br />
Rettung der Banken – haben in Griechenland zur Vernichtung von 300 000 Arbeitsplätzen<br />
innerhalb von 18 Monaten sowie zu einem Einkommenseinbruch<br />
um 30 % und einem Rückgang des BIP um 5 % geführt. Die Arbeitslosigkeit<br />
steigt weiter und betrug im zweiten Quartal des Jahres 2011 in Portugal 12,3 %<br />
(Eurostat), in Irland 14,5 % und in Griechenland 16 %. Genau wie die „Strukturanpassungsprogramme“,<br />
die der IWF in der Vergangenheit durchführte