journal pdf - Transform Network

6 Lutz Holzinger
H elmut Kurz-Goldenstein (1941–2004) lebte und arbeitete in Wien. Er
war einer der wenigen realistischen Künstler in Österreich nach 1945
und nahm Traditionen eines Honoré Daumier oder George Grosz auf. Im
Mittelpunkt seines Werkes stand die künstlerische Auseinandersetzung mit
Grundthemen der Politik: Rechtsradikalismus, Dritte Welt, Faschismus und
Rassismus, die Wirtschaftspolitik der damaligen Europäischen Gemeinschaft,
die Revolution in Nicaragua, Umweltzerstörung usw.
Kurz-Goldenstein war in zahlreichen kunst- bzw. kulturpolitischer Initiativen
aktiv. Selbst von Geburt an körperlich behindert, arbeitete er gemeinsam
mit Körperbehinderten von 1981 bis 1985 in Erinnerung an die
Ermordung „Lebensunwerter“ im NS-Regimes an einem 4 x 4 Meter hohen
Mahnmal aus Holz, das – bevor es vor Schloss Hartheim in Oberösterreich,
in dem annähernd 30 000 körperlich und geistig beeinträchtigte Menschen
ermordet worden waren, aufgestellt werden konnte – von Unbekannten zerstört
wurde.
Der Autor André Heller schrieb: „Ihn interessieren noch die Verhältnisse,
die das Bewusstsein formen. Er ist ein unerbittlicher Ursachenforscher und
scheut sich nicht, den Dingen auf den Grund zu gehen, wohl wissend, dass
man von diesen Expeditionen zumeist schlammbedeckt zurückkehrt.“ Er
war ein „Chronist des Üblen und der Schande, der versuchten Augenauswischereien,
der Rosstäuscher hoher und niedriger Geburt, der Heuchler und
Frömmler. Seine Respektlosigkeit gegenüber den Machthabern wird vom Respekt
und der Solidarität zu den Ohnmachthabern genährt.“