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Elisabeth Gauthier<br />

Staatsverschuldung die Krise nicht erklärt – sodass eine scharfe Sparpolitik<br />

uns nicht aus ihr heraushelfen kann. Seit den 1980er-Jahren üben die Aktionäre,<br />

um die Rentabilität des überakkumulierten Kapitals zu steigern, einen<br />

noch nie dagewesenen Druck auf den Faktor Arbeit und auf die einzelnen<br />

ArbeitnehmerInnen aus […] Somit hat diese Krise eine anthropologische<br />

Dimension. Die menschliche Arbeitskraft, die eigentlich das Herzstück der<br />

gesellschaftlichen Entwicklung bilden sollte, ist zu einer Variablen geworden,<br />

die man anpasst.“ 14 Die sich daraus ergebenden Einbrüche bei den Einnahmen<br />

der öffentlichen Hand und den Einkünften der Privathaushalte wurden<br />

durch Verschuldung ausgeglichen: So tief sitzt diese Krankheit.<br />

Auch wenn gegen die Verschuldung heute eine gewisse Notfallbehandlung<br />

erforderlich ist, muss vor allem gegen die wahren Ursachen vorgegangen werden:<br />

mit einem neuen Ansatz für Entwicklung, für den Faktor Arbeit, für die<br />

Realwirtschaft, für die soziale Absicherung und für das Wachstum. Die Lösung<br />

liegt eher in der Steigerung der Einnahmen der öffentlichen Hand als in<br />

der Verringerung ihrer Ausgaben.<br />

Soziale und politische Kämpfe und ihre Interpretation<br />

Es besteht kein Zweifel, dass die Lüge von der „unsichtbaren Hand“, die auf<br />

den Märkten waltet, mittlerweile in sich zusammenbricht. Doch obwohl die<br />

Ungleichheiten (bei Einkommen, Eigentum und Macht) überdeutlich sind,<br />

obwohl die herrschende Klasse in Frankreich inzwischen häufig als „Oligarchie“<br />

bezeichnet wird, obwohl das Buch Le président des riches (Der Präsident<br />

der Reichen) 15 bereits 100 000 Mal verkauft wurde, obwohl „Empört<br />

euch!“ zum Schlachtruf der Massen in ganz Südeuropa geworden ist –, sind<br />

wir noch immer wie gelähmt durch ein starkes Gefühl der Machtlosigkeit<br />

und empfinden eine „adressenlose Wut“. 16 So behalten andererseits die bestehenden<br />

Mächte und die Märkte ihre Manövrierfähigkeit. „Die Verschuldung“<br />

steht im Zentrum der politischen und ideologischen Konfrontation, was<br />

durch den Umstand erleichtert wird, dass die Ursachen dieser Verschuldung<br />

nicht als das Ergebnis politischer Entscheidungen wahrgenommen werden,<br />

die systeminhärent sind, sprich: die Schuldenkrise ist ein Ergebnis des Finanzkapitalismus<br />

und einer weltweiten neoliberalen Offensive.<br />

Den meisten Menschen, die sich der scharfen Sparpolitik entgegenstemmen,<br />

fehlt es an einer von einer glaubwürdigen Logik getragenen alternativen Perspektive.<br />

Dieses Fehlen einer Interpretation der Krise von einem Klassenstandpunkt<br />

aus überlässt das Feld nationalistischen und sonstigen Ideologien, die<br />

darauf abzielen, Spaltungen innerhalb der beherrschten Klassen zu schaffen.<br />

Um aus der derzeitigen „Zwangsjackenwahrnehmung“ der Staatsverschuldung<br />

auszubrechen, muss ein alternativer Denkansatz auf sämtliche Aspekte der

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