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Elisabeth Gauthier<br />
brechen oder der Euro zusammenbrechen könnten – denn sie liegen ohnehin<br />
im Sterben –, sondern dass sich am Ende aus den Ruinen nichts weiter als<br />
nationale Egoismen, Verweigerung gegenseitiger Hilfe und sogar Fremdenfeindlichkeit<br />
erheben werden“. 7<br />
Eine derartige Desintegration kann man sich in der Tat nur explosionsartig<br />
und chaotisch vorstellen, begleitet von einer unberechenbar hohen Zahl von<br />
Konkursen. Selbst nach offizieller deutscher Einschätzung, formuliert durch<br />
Josef Ackermann, den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, wären die<br />
Kosten für die Unterstützung der wirtschaftlich schwächeren Mitglieder der<br />
EU wesentlich geringer als die Kosten einer Desintegration, wenn man die<br />
Handelsbeziehungen mit den Ländern an der europäischen Peripherie und das<br />
Engagement des deutschen Finanzsektors in diesen Ländern berücksichtigt. 8<br />
Lässt sich die Desintegration des Euro und der EU noch stoppen? Einerseits<br />
„hat der Mangel an spezifischen Werkzeugen für wirtschaftliches und solidarisches<br />
Handeln, mit dem sich die einzelnen Volkswirtschaften bei der Bewältigung<br />
des Rezessionsdrucks und der spekulativen Attacken der Finanzmärkte<br />
unterstützen ließen, zu weiteren Problemen für den wirtschaftlichen und<br />
gesellschaftlichen Zusammenhalt geführt und die Ungleichheiten innerhalb<br />
der Europäischen Union verschärft“. 9 Andererseits werden die Versuche zur<br />
Einrichtung einer „europäischen Regierung“ immer intensiver. Im Einklang<br />
mit den vorherrschenden politischen Ausrichtungen nehmen diese Bestrebungen<br />
zur Schaffung einer europäischen Zentralregierung zunehmend die<br />
Züge eines „autoritären Kapitalismus“ an und führen somit in ein „postdemokratisches<br />
Europa innerhalb der Strukturen eines autoritären Kapitalismus“.<br />
10 Man kann eigentlich mit Fug und Recht von einem „europäischen<br />
Staatsstreich“ sprechen, wenn den nationalen Parlamenten ihr Budgetrecht<br />
zugunsten der Europäischen Kommission entzogen wird und wenn Letztere<br />
die Marschrichtung in sämtlichen Sozial-, Steuer-, Lohn- und Investitionsfragen<br />
vorgibt. Diese Anstrengungen der führenden Politiker Europas haben<br />
eine „Radikalisierung des Neoliberalismus“ zur Folge. 11<br />
Wir dürfen heute die Hypothese wagen, dass Europa nur mit einer Logik,<br />
die sich dem Neoliberalismus entgegenstemmt, überhaupt eine Zukunft haben<br />
kann. So viel ist klar: Eine Währungsunion ist nur dann lebensfähig,<br />
wenn sie mit einem Projekt für die wirtschaftliche, soziale und wirtschaftliche<br />
Entwicklung verflochten ist, die auf Solidarität und Ausbau der Demokratie<br />
abzielt. Für die EU bedeutet das einen doppelten Wechsel bei der herrschenden<br />
Logik: Sie benötigt eine andere wirtschaftliche Logik und eine radikale<br />
Veränderung ihrer Institutionen.<br />
Die Linke muss den Problemkreis der öffentlichen Behörden und ihrer Funktionen<br />
auf den Tisch bringen. Anstatt „die Märkte zu beruhigen“, ist es „Aufgabe<br />
der Staaten und Regierungen, die Märkte der politischen und demo-