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Mutter Vater Kind - Georg-August-Universität Göttingen

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Schwerpunkt<br />

Schwerpunkt<br />

Schwerpunkt<br />

Sophia Sophia und und Wissensc Wissenschaft:<br />

Wissensc haft:<br />

Dr. med. Dr. phil.<br />

Nikola Biller-Andorno<br />

studierte Humanmedizin an der<br />

Friedrich-Alexander-<strong>Universität</strong><br />

Erlangen-Nürnberg sowie der Philosophie<br />

und Sozialwissenschaften an<br />

der Fernuniversität Hagen. Es folgten<br />

Forschungsaufenthalte an den <strong>Universität</strong>en<br />

Yale und Harvard, die u. a.<br />

von den Studienstiftung des deutschen<br />

Volkes und dem Deutschen<br />

Akademischen Auslandsdienst gefördert<br />

wurden. 1998 trat sie eine<br />

Wissenschaftliche Assistentur an der<br />

Abteilung Ethik und Geschichte der<br />

Medizin der <strong>Universität</strong> <strong>Göttingen</strong><br />

an. Seit dem Abschluss ihres<br />

Habilitationsverfahrens im Juni 2002<br />

setzt sie ihre Tätigkeit in Forschung<br />

und Lehre als Privatdozentin im Fach<br />

Medizinethik und Medizintheorie<br />

fort.<br />

24 GEORGIA Nr. 4 - Ausgabe 2002<br />

Ein Ein Blic Blick Blic k auf auf die die V VVer<br />

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Ich wollte immer einen Beruf, den ich mit Überzeugung und Hingabe ausüben<br />

kann. Trotz aller Unkenrufe von Freunden und Verwandten - „so was<br />

gibt es nicht!“ - habe ich ihn gefunden: Seit 1998 arbeite ich als Wissenschaftliche<br />

Assistentin an der Abteilung Ethik und Geschichte der Medizin. Vorher<br />

war ich als Postdoc an der Harvard Medical School, nach einem Studium der<br />

Humanmedizin an der <strong>Universität</strong> Erlangen-Nürnberg sowie einem Studium<br />

der Philosophie, Psychologie und Soziologie an der Fern<strong>Universität</strong> Hagen.<br />

Seit meinen Studienzeiten fasziniert mich die Medizinethik: eine Disziplin, in<br />

der natur-, sozial- und geisteswissenschaftliche Fakten und Denkweisen zusammenkommen;<br />

Themen mit aktuellem gesellschaftlichen Bezug; die Notwendigkeit,<br />

sowohl theoretisch versiert zu sein als auch den Alltag in Klinik<br />

und Labor zu kennen - all dies sind für mich Herausforderungen, die mich<br />

immer wieder aufs neue für mein Fach begeistern.<br />

Dank der vorzüglichen Arbeitsbedingungen in unserer Abteilung konnte ich<br />

von Beginn meiner Assistentur an dieser Begeisterung freien Lauf lassen und<br />

mich einem großen Spektrum wissenschaftlicher Aufgaben widmen: publizieren,<br />

unterrichten, Doktoranden betreuen, Drittmittel einwerben, Ergebnisse<br />

auf Konferenzen präsentieren usw.. Nach gut zwei Jahren hat sich dann<br />

Sophia angekündigt. Damit lief für mich eine Art „Count Down“: zeitintensive<br />

Arbeiten fertig stellen, noch eine schöne Gelegenheit zu einem wissenschaftlichen<br />

Auslandsaufenthalt nutzen, die Habilschrift abgeben. Diese Dinge,<br />

glaubte ich, würden mir nachher wesentlich schwerer fallen bzw. so schnell<br />

nicht möglich sein - eine Einschätzung, die sich für mich im nach hinein als<br />

realistisch herausgestellt hat.<br />

Die Schwangerschaft verlief ganz normal: Drei Monate Übelkeit, Müdigkeit<br />

und die Unsicherheit, ob auch alles gut gehen wird; dann eine relativ ruhige<br />

Phase, und dann ein unbequem dicker Bauch. Für jemanden, der nur den<br />

anwachsenden Leibesumfang wahrnimmt, ist es schwer zu erkennen, wie viel<br />

mehr sich ändert. Wie sehr man gedanklich dauernd mit dem beschäftigt ist,<br />

was in einem passiert; wie andere Dinge weniger wichtig werden; und wie<br />

sehr man nach einer Art Nest sucht, in dem keiner etwas von einem will und<br />

man in Ruhe sein <strong>Kind</strong> zur Welt bringen kann. An dem Tag, an dem der<br />

<strong>Mutter</strong>schutz begann, habe ich mich daher auch relativ kompromisslos von<br />

meinem Arbeitsplatz zurückgezogen und war nur noch per e-mail oder Telefon<br />

zu erreichen. Zu Hause habe ich dann doch noch bis zum Tag der Entbindung<br />

weitergearbeitet, u. a. Telefoninterviews für ein Projekt geführt und ein<br />

Manuskript korrigiert. In einem Ratgeber hatte ich gelesen, Frauen überkäme<br />

vor der Entbindung irgendein Putztrieb - vielleicht war mein Verhalten (die<br />

Arbeit nicht liegenlassen zu können und möglichst alles vorher zu erledigen)<br />

die entsprechende Wissenschaftlerinnen-Variante.<br />

Sophia kam am 23. Juni 2001 nach einer komplikationslosen Geburt zur Welt.<br />

In den ersten Stunden, die wir zusammen verbrachten, wurde ich von einer<br />

Welle der Zuneigung zu meiner kleinen Tochter überschwappt, und seither ist<br />

alles anders. Vorher hatte ich mir überlegt, wie sich das <strong>Kind</strong> in meinen Alltag<br />

integrieren ließe. Nun musste ich feststellen, dass es eher darum ging, wie ich<br />

meinen Alltag um ihre Bedürfnisse organisieren konnte. Am schlimmsten war<br />

der Schlafentzug. Ich hatte vorher nicht gedacht, dass man so wenig Schlaf<br />

ertragen kann - man kann, aber Konzentration, Gedächtnis und emotionale

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