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Mutter Vater Kind - Georg-August-Universität Göttingen

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Einerseits ... und ... andrerseits<br />

Sc Schmähr Sc hmähr hmährede hmähr ede aus aus dem dem „of „off“ „of f“<br />

Ich bin Rentnerin - lange aufbleiben, ausschlafen, wenig Verantwortung, verreisen,<br />

den Tag verbummeln.<br />

Ich bin Oma - Enkel betreuen, Schularbeiten begleiten, von Lehrerklagen<br />

über unbotmäßigen Enkel hören, <strong>Kind</strong> trösten, mit Eltern Verhaltensstrategien<br />

erörtern.<br />

Ich bin mittendrin in PISA, meine Vorurteile wurden schreckliche Realität.<br />

In der Schule scheint nur einer alles besser zu wissen - der Oberlehrer!<br />

Einerseits erschien mir als Antwort auf PISA ein Mehrangebot an Ganztagsschulen<br />

eine sinnvolle Teillösung zu sein, um hilflose Eltern zu unterstützen.<br />

Andrerseits: wer um alles in der Welt will nun das Schicksal seiner <strong>Kind</strong>er<br />

zeitlich gestreckt in die Hände derer legen, die anstelle überprüfbarer Beurteilungskriterien<br />

einer Leistung ihre jeweiligen Normen – und Wertvorstellungen<br />

oder ihren Überdruss zur Entscheidungsfindung heranziehen?<br />

Ich frage mich auch, wie gerade Menschen benachteiligten <strong>Kind</strong>ern auf die<br />

Sprünge helfen sollen, die von der Schule in die <strong>Universität</strong> und zurück in die<br />

Schule gegangen sind, nichts als Noten und Benotungen kennen und sich im<br />

abgesicherten Leben als Beamte eingerichtet haben. Die nicht ganz Resignierten<br />

träumen dort vom Lektorenposten in einem großen Verlag (wenn sie<br />

nicht selber heimlich schreiben), vom Dramaturgenjob an der Burg oder von<br />

einer wissenschaftlichen Karriere.<br />

38 GEORGIA Nr. 4 - Ausgabe 2002<br />

Einerseits ist die Zeit mit meinen Enkeln ein Geschenk - andrerseits hatte ich<br />

mir nach den Schulabschlüssen meiner <strong>Kind</strong>er gewünscht, mit Lehrern nie<br />

wieder in näheren Kontakt treten zu müssen. Jener Spezies, die mit ihrer<br />

staatlich sanktionierten Aufgeblasenheit ihre Persönlichkeitsdefizite kaschieren<br />

dürfen, die auf Kosten kleiner Menschen ihr Machtstreben ausagieren<br />

und dann die Demütigung als pädagogisch notwendige Erziehungsmaßnahme<br />

erklären können.<br />

Vor denen Familien zittern, weil sie - kaum angreifbar - über Lebensschicksale<br />

entscheiden; denen du als Eltern hilflos ausgeliefert bist, weil deine Gegenwehr<br />

nicht dich, sondern unerbittlich dein <strong>Kind</strong> trifft.<br />

Einerseits könnte angesichts von PISA klammheimliche Freude aufkommen,<br />

- in <strong>Göttingen</strong> nichts Unbekanntes - wer hat nicht immer schon geahnt,<br />

dass <strong>Kind</strong>er Glück haben müssen, wenn sie bei der<br />

Experimentierfreude der ministerialen Überlehrer in der Schule lesen und<br />

schreiben lernen.<br />

Andrerseits bin ich zutiefst erschüttert darüber, dass die akademische Gemeinde<br />

über die Rechtschreibreform Zeter und Mordio schreit, aber erst<br />

gemordet werden muss, bevor eine Erörterung über die Berufseignung der<br />

Personengruppe stattfindet, denen wir naiven Gemüts unsere Zukunft -<br />

sofern wir <strong>Kind</strong>er als solche betrachten - anvertraut haben.<br />

P.S. PISA hat nichts mit dem schiefen Turm zu tun, obgleich die gleichnamige Studie<br />

aufzeigt, was alles schief gelaufen ist.

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