16.01.2013 Aufrufe

HEFT 4 · 50. JAHRGANG 2007 - Zoo Köln

HEFT 4 · 50. JAHRGANG 2007 - Zoo Köln

HEFT 4 · 50. JAHRGANG 2007 - Zoo Köln

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Abb. 5: Neun Meter hohe Beobachtungsplattform<br />

am Rande der Waldöffnung.<br />

9-m high observation platform at the edge of<br />

the forest clearing. (Foto: Penny Jarrett)<br />

die Sozialstruktur, Lebensgeschichte<br />

und Populationsdynamik von charismatischen<br />

Säugetieren wie den Flachlandgorillas<br />

zu studieren. Bevor die<br />

Naturschutzaktivitäten in der Region<br />

begannen, wurde Mbeli Bai so wie viele<br />

andere Bais regelmäßig von Wilderern<br />

heimgesucht, denen sich hier Elefanten<br />

als leichte Ziele präsentierten.<br />

Naturschutzproblematik<br />

In den 90er Jahren bestand der Ndoki-<br />

Regenwald aus tausenden Quadratkilometern<br />

undurchdringlichen ursprünglichen<br />

Busches, jedoch nur 20<br />

Jahre später sieht die Situation ganz anders<br />

aus. Holzfirmen beherrschen das<br />

Erscheinungsbild in der Region. Sie<br />

sind einerseits die wichtigsten Arbeitgeber<br />

im Norden Kongos, andererseits<br />

aber auch die größte Gefahr für den<br />

Schutz des Regenwaldes und seiner<br />

einzigartigen Tierwelt. Selbst wenn die<br />

Abholzung anfangs keine allzu direkten<br />

Auswirkungen auf den Regenwald<br />

hatte, da zum Beispiel nur einzelne<br />

Baumarten wie Mahagoni gefällt wurden,<br />

so ermöglichen die vielen neu erschaffenen<br />

Straßen Zugang in vorher<br />

unzugängliche Gebiete und damit auch<br />

zu illegaler Wilderei in den entlegendsten<br />

Regionen. Zusätzlich sorgen die<br />

Abholzungsmethoden vieler (jedoch<br />

nicht aller) Holzfirmen für irreparable<br />

Schäden im Regenwald. Da viele Mahagonibestände<br />

erschöpft sind, beginnen<br />

die Holzfirmen sich auf andere<br />

Baumarten zu spezialisieren. Dies hat<br />

möglicherweise katastrophale Auswirkungen<br />

auf viele Tierarten, da zum Bei-<br />

Wie identifiziert man Gorillas?<br />

Neben offensichtlichen Unterschieden in Körpergröße<br />

und Fellfärbung erkennen wir die<br />

Gorillas an der Form ihrer Überaugenwülste<br />

(browridge), Form der Ohren und ihres<br />

Nasenspiegels (noseprints).<br />

spiel diese Baumarten wichtige Früchte<br />

für Gorillas und Schimpansen (Pan<br />

troglodytes) tragen (MORGAN &<br />

SANZ, <strong>2007</strong>). Ein Konsument in der<br />

westlichen Welt sollte sich deshalb<br />

zweimal überlegen, tropisches Holz zu<br />

kaufen. Zudem haben viele Säugetierpopulationen,<br />

besonders die der Westlichen<br />

Flachlandgorillas im benachbarten<br />

Gabun und im nahegelegenen Odzala-Kokoua-Nationalpark,<br />

enorm unter<br />

den katastrophalen Auswirkungen<br />

der Ebola-Ausbrüche gelitten. Ebola<br />

ist eine Infektionskrankheit, die sowohl<br />

bei den Menschenaffen als auch<br />

bei unserer eigenen Art hämorrhagisches<br />

Fieber auslöst und dies mit äußerst<br />

hoher Sterberate einhergeht. Man<br />

nimmt an, dass eine Population zu 90%<br />

durch Ebola dezimiert werden kann<br />

(WALSH u.a., 2003). Durch den dramatischen<br />

Rückgang der westlichen<br />

Flachlandgorillabestände (TUTIN et<br />

al., 2005) wurde diese Menschenaffenart<br />

vor kurzem in die Rote Liste der<br />

kritisch bedrohten („critically endangered“)<br />

Arten aufgenommen (IUCN,<br />

<strong>2007</strong>). Deshalb ist es heute mehr denn<br />

je notwendig, die Verletzlichkeit dieser<br />

Art zu bewerten und sie langfristig zu<br />

schützen.<br />

Tiere und Forscher auf der Waldlichtung<br />

Bai-Studien bieten den Vorteil, simultan<br />

Daten über viele verschiedene Gruppen<br />

unterschiedlichster Arten zu sammeln.<br />

So wird Mbeli Bai regelmäßig<br />

von vielen unterschiedlichen Gorillagruppen<br />

besucht, was es uns ermög-<br />

Jeder Gorilla hat seinen individuellen Abdruck<br />

des Nasenspiegels, ungefähr so wie unser Fingerabdruck.<br />

Es dauert circa drei Monate, bis<br />

man alle 130 Gorillas kennt, und mit etwas<br />

Erfahrung achtet man nicht mehr auf Nasenspiegel<br />

oder Form der Ohren, sondern erkennt<br />

das Tier innerhalb von Sekunden, so als ob man<br />

einen alten Freund wiedererkennt.<br />

Abb. 6: Identifikationskarte eines weiblichen Gorillas – jedes Tier unterscheidet sich deutlich<br />

von den anderen in seinem Erscheinungsbild.<br />

ID-card of a female gorilla – every gorilla can be identified by its individual features.<br />

licht, Informationen an einer ganzen<br />

Population zu sammeln. Seit Anfang<br />

der Untersuchungen haben wir mehr<br />

als 300 unterschiedliche Gorillas identifiziert<br />

– zum Vergleich: Die gesamte<br />

Populationsgröße der bekannten Berggorillas<br />

im Dreiländereck der Virungaberge<br />

liegt zwischen 300 und 400 Tieren.<br />

Da Flachlandgorillas, im Gegensatz<br />

zu den Berggorillas, nur sehr<br />

schwer im dichten Regenwald zu beobachten<br />

sind, und die Tatsache, dass<br />

bis zu 14 verschiedene Gruppen Mbeli<br />

Bai besuchen, macht diesen Ort einzigartig.<br />

Zurzeit besuchen etwa 130 Gorillas<br />

regelmäßig Mbeli Bai.<br />

Wir beobachten die Säugetiere mit<br />

Fernrohren von einer neun Meter hohen<br />

Holzplattform am Rande der<br />

Waldlichtung (Abb. 5). Alle Gorillas,<br />

die Mbeli Bai besuchen, können wir individuell<br />

an ihren Gesichtszügen,<br />

Form der Überaugenwülste, Einkerbungen<br />

in den Ohren und anderen<br />

Merkmalen wie Fellfärbung erkennen<br />

(Abb. 6). Es dauert ca. 3 Monate, bis<br />

man alle 130 Gorillas individuell identifizieren<br />

kann. Alle unsere Gorillas haben<br />

Namen und die Anfangsmitglieder<br />

aus George’s Gruppe wurden z.B. nach<br />

amerikanischen Präsidenten und ihren<br />

Ehefrauen benannt. Gorillaweibchen<br />

wechseln oftmals die Gruppe und die<br />

Namen helfen uns dann, uns zu erinnern,<br />

aus welcher Gruppe sie ursprünglich<br />

stammen. Neben Gorillas<br />

kennen wir individuell seit 1995 über<br />

250 Waldelefanten, die am besten anhand<br />

der Einkerbungen in ihren Ohren,<br />

der Form ihrer Stoßzähne und an-<br />

149

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!