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22 thema: Zur Freiheit befreit <strong>die</strong> <strong><strong>reformiert</strong>en</strong>.<strong>upd@te</strong> 11.3<br />

Glaubens“ beschrieben, <strong>die</strong> ein Licht auf <strong>die</strong> Glauben<strong>de</strong>n selbst werfen. 21 Diese sind dazu geschaffen,<br />

Früchte <strong>de</strong>s Glaubens zu bringen und am En<strong>de</strong> das ewige Leben zu erlangen. Eine<br />

solche Entfaltung <strong>de</strong>s Heils- und Lebensprozesses lässt Karl Barth später kritisch urteilen,<br />

dass <strong>de</strong>r Heilssubjektivismus <strong>de</strong>s Westminster-Bekenntnisses <strong>de</strong>r Ausdruck einer „Tragö<strong>die</strong>“<br />

sei, in <strong>de</strong>r offensichtlich wer<strong>de</strong>, „wie sich <strong>de</strong>r Calvinismus zu To<strong>de</strong> gesiegt“ 22 und <strong>de</strong>r Puritanismus<br />

schließlich einen „Pyrrhussieg“ da<strong>von</strong>getragen habe. Von Ferne wähnt Barth hier<br />

bereits Schleiermacher ante portas mit seiner Hervorhebung <strong>de</strong>s frommen Selbstbewusstseins.<br />

Was Barth schroff als beklagenswerte Abweichung <strong>von</strong> Calvins Grundgedanken ansieht,<br />

lässt sich in<strong>de</strong>s auch als sachgemäße Neufassung <strong>de</strong>s calvinischen Freiheitsimpulses<br />

verstehen. Der Mensch erhält nicht nur Kun<strong>de</strong> über seine Befreiung, son<strong>de</strong>rn fin<strong>de</strong>t sich als<br />

Subjekt in einem Heiligungsprozess wie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r außerhalb seiner selbst in Gott begrün<strong>de</strong>t<br />

ist und <strong>von</strong> ihm angetrieben wird. Weitere Modifikationen <strong>de</strong>r calvinischen Dialektik <strong>von</strong><br />

geschenkter und bewährter Freiheit ließen sich für <strong>de</strong>n <strong><strong>reformiert</strong>en</strong> Pietismus – hier ist<br />

<strong>de</strong>r Freiheitsgedanke <strong>de</strong>r Auftakt eines Heiligungsprozesses – und für <strong>de</strong>n <strong><strong>reformiert</strong>en</strong> Rationalismus<br />

– hier mün<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Freiheitsgedanke in eine Pflichtenlehre ein – anführen.<br />

Nicht nur in theologischen Entwürfen, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>r Kultur überhaupt fin<strong>de</strong>n sich<br />

vielfältige Wirkungen <strong>de</strong>s <strong><strong>reformiert</strong>en</strong> Freiheitsverständnisses. Im Calvinismus wird <strong>die</strong><br />

Freiheit als Mündigkeit verstan<strong>de</strong>n. Das Streben nach Erneuerung vom Wort Gottes her<br />

bietet <strong>die</strong> Basis für <strong>die</strong> eigene Suche nach Erkenntnis. Die Theologie soll ausdrücklich nicht<br />

in einem kulturellen o<strong>de</strong>r intellektuellen Ghetto betrieben wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn hält sich ihre<br />

Türen für das Gespräch mit an<strong>de</strong>ren Wissenschaften und mit allen Bereichen <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Erkenntnis offen. Alle Ent<strong>de</strong>ckungen und Forschungen, <strong>die</strong> wirkliche Erkenntnis für<br />

sich beanspruchen, weisen im letzten Grund auf Gott zurück. Der Freiheit <strong>zum</strong> Vernunftgebrauch<br />

verdanken sich <strong>die</strong> ersten Ansätze <strong>de</strong>r historischen Bibelkritik, <strong>die</strong> in <strong>de</strong>r historisch-kritischen<br />

Schriftauslegung und Dogmenkritik <strong>von</strong> Hugo Grotius vertieft wer<strong>de</strong>n.<br />

Vernunft und Offenbarung wer<strong>de</strong>n nicht als Gegensätze gesehen, son<strong>de</strong>rn sollen einan<strong>de</strong>r<br />

zuarbeiten. Das gilt auch für <strong>die</strong> Entzauberung <strong>de</strong>r Welt, <strong>die</strong> Abkehr vom Dämonenglauben<br />

und generell für ein positives Verhältnis zu <strong>de</strong>n Naturwissenschaften, da sie <strong>die</strong> Menschen<br />

in <strong>die</strong> Lage versetzen, ihrem biblischen Kultivierungsauftrag Ausdruck zu geben. 23<br />

Trotz – o<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> wegen – <strong>de</strong>r dramatischen Verwicklungen <strong>die</strong>sseits und jenseits <strong>von</strong><br />

äußerer (Religions-)Freiheit haben <strong>die</strong> Reformierten zur Entwicklung neuzeitlicher politischer<br />

Strukturen wichtige Beiträge geleistet – <strong>die</strong>s aus <strong>de</strong>m Bewusstsein heraus, dass<br />

<strong>die</strong> christliche Freiheit auch im Politischen Ausdruck fin<strong>de</strong>n soll. Zu <strong>de</strong>nken ist u.a. an <strong>die</strong><br />

Sensibilität für ein <strong>de</strong>r Menschenwür<strong>de</strong> verpflichtetes Gemeinwesen und <strong>die</strong> Gestaltung<br />

eines gerechten Zusammenlebens im Staat. Schon Calvin klagt unter <strong>de</strong>m Eindruck <strong>de</strong>r Repressalien<br />

gegen <strong>die</strong> Hugenotten <strong>die</strong> monarchistische Tyrannei an und for<strong>de</strong>rt <strong>die</strong> „Freiheit<br />

<strong>de</strong>s Volks“. 24 Der Mensch erhält nicht nur Kun<strong>de</strong> über seine Befreiung, son<strong>de</strong>rn fin<strong>de</strong>t sich als Subjekt<br />

in einem Heiligungsprozess wie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r außerhalb seiner selbst in Gott begrün<strong>de</strong>t ist<br />

und <strong>von</strong> ihm angetrieben wird.<br />

Im beginnen<strong>de</strong>n 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n absolutismuskritische Gedanken im<br />

aka<strong>de</strong>mischen Milieu entwickelt – dafür steht u.a. <strong>de</strong>r Name <strong>de</strong>s Staatstheoretikers Johannes<br />

Althusius, <strong>de</strong>r Überlegungen zur Volkssouveränität und Gewaltenteilung angestellt hat.<br />

4. Freiheit als „Leben in <strong>de</strong>r Erlaubnis“ (Karl Barth)<br />

Wir haben gesehen: Die klassische <strong>reformiert</strong>e Theologie fragt nach <strong>de</strong>n praktischen<br />

Folgen <strong>de</strong>r geschenkten christlichen Freiheit. Es geht dabei um <strong>die</strong> rechte Gottesverehrung<br />

im Gottes<strong>die</strong>nst und im Alltag <strong>de</strong>r Welt. Wenn Calvin das Leben in <strong>de</strong>r Freiheit als Antwort<br />

auf ein Geschenk und eine Anre<strong>de</strong> Gottes versteht, dann hat <strong>die</strong>ses Freiheitsverständnis<br />

einen dynamischen und dialogischen Charakter – im Hintergrund steht <strong>die</strong> calvinische Auffassung<br />

vom Heiligen Geist. Freiheit ist mehr als eine Setzung. Vielmehr re<strong>de</strong>t sie <strong>de</strong>n Menschen<br />

an und sucht ihn für sich zu gewinnen. Insofern begünstigt ein solches dialogisches<br />

Freiheitsverständnis Prozesse in <strong>de</strong>r Kirche und auch im Gemeinwesen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Kommunikation,<br />

<strong>de</strong>r Verständigung, <strong>de</strong>r gemeinsamen Willensbildung und <strong>de</strong>r Partizipation Ausdruck<br />

geben. Kirche ist dann „Kirche <strong>de</strong>r Freiheit“ 25 , wenn sie sich selbst als Adressatin <strong>de</strong>s<br />

anre<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wortes Gottes versteht und <strong>die</strong>sem in <strong>de</strong>r Kraft <strong>de</strong>s Heiligen Geistes zutraut,

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