Ausgabe zum Herunterladen (4.38 mb) - Heks
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«handeln» 315 0112<br />
«Eine Königin im Kleinen»<br />
Die traumatischen Erlebnisse in Tschetschenien und die nervenaufreibende<br />
Flucht haben Anna A. fast zugrunde gerichtet. Doch sie<br />
stand wieder auf. Nachdem sie in der Schweiz kein Aufenthaltsrecht<br />
erhielt, wandte sie sich an die Zürcher Beratungsstelle für Asylsuchende.<br />
Dank deren Unterstützung und ihrem eigenen unermüdlichen<br />
Lebenswillen kann sie endlich einen Neuanfang machen.<br />
Doch ihr fehlte die Kraft, den Entscheid<br />
anzufechten. Die traumatischen<br />
Ereignisse aus ihrer Vergangenheit<br />
holten sie nach und nach<br />
wieder ein.<br />
Ihr psychischer und physischer<br />
Zusammenbruch war der Tiefpunkt<br />
und sollte gleichzeitig den Wendepunkt<br />
in ihrer Asylgeschichte bedeuten.<br />
Nach einem Suizidversuch und<br />
einem längeren Klinikaufenthalt, wo<br />
man ihr eine traumatische Belastungsstörung<br />
diagnostizierte, wandte<br />
sich Anna A. <strong>zum</strong> ersten Mal an die<br />
Zürcher Beratungsstelle für Asylsuchende.<br />
In den Gesprächen wurde<br />
klar, dass gerade ihre Krankheit die<br />
einzige Chance für ein Aufenthaltsrecht<br />
in der Schweiz bieten würde. Ihr<br />
juristischer Berater zog in der Folge<br />
den Asylentscheid in Wiedererwä-<br />
gung mit der Begründung, dass Anna<br />
A. in ihrer Heimat nicht die medizinische<br />
Versorgung erhielte, die für<br />
sie überlebenswichtig sei. Mit der<br />
aufkeimenden Hoffnung auf einen<br />
Neuanfang erwachte auch der Lebensmut.<br />
Anna A. überbrückte die<br />
Wartezeit bis <strong>zum</strong> Asylentscheid mit<br />
Deutschlernen und verschiedenen Arbeitsintegrationsprogrammen<br />
durch<br />
den Ergänzenden Arbeitsmarkt des<br />
Kantons Zürich. Obwohl sie von<br />
dem sy<strong>mb</strong>olischen Lohn nicht leben<br />
konnte, war sie froh um diese Beschäftigung.<br />
«Arbeiten ist für mich<br />
existenziell», sagt sie. Im Juli 2011 –<br />
mehr als ein Jahrzehnt nach ihrem<br />
ersten Fluchtversuch – wurde ihr die<br />
vorläufige Aufnahme in der Schweiz<br />
gewährt mit der Begründung, der<br />
Vollzug der Wegweisung in die Hei-<br />
mat sei in ihrem Gesundheitszustand<br />
un<strong>zum</strong>utbar. Jetzt bemüht sie sich um<br />
eine Festanstellung.<br />
Neue Heimat Schweiz<br />
Anna A. kann nicht oft genug wiederholen,<br />
wie dankbar sie der Rechtsberatungsstelle<br />
für deren Unterstützung<br />
ist. «Ich war kurz vor dem<br />
Ende – doch jetzt lebe ich», sagt<br />
sie. Und nicht nur das: Sie, die sich<br />
ihr Leben lang fremd gefühlt hat,<br />
hat endlich eine Heimat gefunden.<br />
Manchmal fühlt sie sich wie eine<br />
«Königin im Kleinen»: Sie hat nicht<br />
viel, aber alles, was sie <strong>zum</strong> Leben<br />
braucht. Das Schönste aber ist, sich<br />
ohne Angst bewegen zu können.<br />
«Ich bin frei», sagt sie und strahlt<br />
übers ganze Gesicht.<br />
Auch ihr Gesundheitszustand hat<br />
sich verbessert. Kürzlich hat ihr der<br />
Arzt attestiert, mit ihrem Herzen noch<br />
gut vierzig Jahre weitermachen zu<br />
können. Das trifft sich gut – denn<br />
Anna A. hat noch viel vor: Ihr grosser<br />
Traum ist ein eigenes Restaurant.<br />
Sie schmiedet bereits Pläne: «Meine<br />
Spezialität wären Reisgerichte – ich<br />
kenne mindestens 365 verschiedene<br />
Rezepte.» Und falls das nicht klappt,<br />
hat sie noch einen anderen Wunsch.<br />
«Ich würde meine Geschichte gerne<br />
aufschreiben», sagt sie, «um Menschen<br />
Mut zu machen und zu zeigen,<br />
dass auch nach der dunkelsten Nacht<br />
die Sonne wieder scheint.»<br />
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