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magazIn - Bergische Universität Wuppertal

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GENDERLEHRAUFTRäGE WS 2011/11 UND SS 2011<br />

TEXT: ELKE BECCARD, Dipl.-Ing. Architektin, FB D, Genderbezogener Lehrauftrag am Lehrstuhl Entwerfen und Ökologisches Bauen, Studiengang Architektur<br />

ELEMENTARE WOHNBEDüRFNISSE<br />

„Haben Frauen andere Wohnansprüche und Wohn-<br />

kompetenzen als Männer?“ Dieser Fragestellung<br />

gingen Architekturstudentinnen und -studenten<br />

im Rahmen eines Seminars intensiv nach und untersuchten<br />

die facettenreichen Wandlungen unseres<br />

gesellschaftlichen und geschlechtsspezifischen<br />

Wohnverhaltens.<br />

Bis zum 19. Jahrhundert wiesen feudale Wohnbauten<br />

explizit ein Herren- wie auch ein Damenzimmer<br />

aus. Individuelle Rückzugsmöglichkeiten<br />

wurden, nach Geschlechtern getrennt, einzelnen<br />

Räumen zugeordnet. Während im Herrenzimmer<br />

Gespräche über Politik und Wirtschaft stattfanden<br />

sowie geraucht und getrunken wurde, stand das<br />

Damenzimmer zum Handarbeiten und Tee trinken<br />

wie auch zum Empfang anderer Damen der<br />

Gesellschaft zur Verfügung. Küchen dienten bis<br />

dahin rein funktionalen Zwecken und waren von<br />

den Wohnbereichen stark separiert. Auch heute<br />

noch lassen sich in anderen Kulturen Wohngrundrisse<br />

mit Aufenthaltszonen nach Geschlechtern<br />

getrennt ausfindig machen – siehe im arabischen<br />

Raum. Dort leben Frauen und Männer teilweise in<br />

getrennten Wohnbereichen, je nach gesellschaftlicher<br />

Stellung unterschiedlich stark ausgeprägt.<br />

Wie haben sich die Wohngrundrisse im Laufe der historischen Entwicklungen<br />

in unserem Kulturkreis verändert? Welchen Einfluss nehmen gesellschaftliche<br />

Phänomene auf unser Wohnverhalten? Hat zum Beispiel das Einfamilienhaus<br />

als überkommenes Ideal heute noch Bestand? Oder bedingen ständig<br />

wechselnde Konstellationen des Zusammenlebens viel stärker adaptive<br />

Wohnformen? Bedürfen unsere heterogenen gesellschaftlichen Zustände,<br />

sprich Lebenssituationen, andere Wohnmodelle und Wohnformen?<br />

Wie veränderte sich der Wohngrundriss durch die Emanzipation der Frauen?<br />

Welche Auswirkungen hatte es, als immer mehr Frauen geregelter Lohnarbeit<br />

nachgingen und nicht mehr ausschließlich für die Versorgung der Familie zur<br />

Verfügung standen? Wie hat sich der Küchenraum verändert, der nicht mehr<br />

als alleiniger Arbeitsplatz für die „Frau des Hauses“ fungiert? Nehmen Männer<br />

zunehmend Einfluss auf die Wohnstrukturen durch stärkere Einbindung in<br />

die Hausarbeit? Die Grenzen zwischen den räumlich ausschließlich der Hausarbeit<br />

zugeordneten Zonen und den Aufenthaltsbereichen verschwimmen<br />

immer mehr – Küchenmöbel sollen wie Wohnzimmermöbel aussehen; hinter<br />

und vor dem Tresen stehen sowohl Frauen als auch Männer.<br />

Die sukzessiven Wandlungen der Geschlechterrollen haben die Wohnansprüche<br />

und Wohnsituationen stark verändert. Werden unsere heutigen Grundrissangebote<br />

diesen Bedürfnissen noch gerecht? Oder muss der Wohnungsmarkt<br />

andere Angebote vorhalten? Wie könnten/müssten diese aussehen?<br />

Mit dieser Vielfalt an Fragen setzte sich die Seminargruppe auseinander – es<br />

nahmen ebenso viele männliche wie weibliche Studierende der Architektur<br />

teil. In Form von Referaten und zeichnerischen Übungen stellten die Teilnehmerinnen<br />

und -teilnehmer ihre jeweiligen Untersuchungen in der Gruppe vor.<br />

Hierzu gehörten Analysen von Wohnungsgrundrissen und deren Veränderbarkeit<br />

anhand historischer und aktueller Bauten, wie auch zum Beispiel die<br />

Präsentation von Grundrissvarianten eines Baugruppenhauses in Berlin. In<br />

diesem neuen Bauherrenmodell erhalten die unterschiedlichen Mitglieder einer<br />

Baugruppe auf ihre jeweilige persönliche Lebenssituation zugeschnittene<br />

Wohngrundrisse. Veränderbarkeit und Flexibilität der jeweiligen Wohnraumsituationen<br />

stehen dabei jedoch nicht im Vordergrund.

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