18.01.2013 Aufrufe

magazIn - Bergische Universität Wuppertal

magazIn - Bergische Universität Wuppertal

magazIn - Bergische Universität Wuppertal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DAS IDEAL DER DOPPELVERSORGEREHE<br />

Die ostdeutsche Gesellschaft hatte die Hochphase des Leitbildes der Hausfrauen- bzw. Versorgerehe nicht erlebt. Seit der Gründung<br />

der DDR im Jahr 1949 gehörten die Gleichstellung der Frau und deren Eingliederung in den Erwerbssektor zu den offiziellen Zielen<br />

der Gesellschaftspolitik. Frauen hatten ebenso wie Männer die Pflicht, arbeiten zu gehen.<br />

Das Ideal im DDR-Sozialismus war die Doppelversorgerehe, d.h. eine bis zur<br />

Rente anhaltende Berufstätigkeit, die von Frauen lediglich durch Inanspruchnahme<br />

des einjährigen „Babyjahrs“ unterbrochen werden konnte.<br />

Um Frauen zur Berufstätigkeit zu motivieren, gab es zudem ökonomischen<br />

Druck: Damit eine Familie ein ausreichender Lebensstandard erreichen<br />

konnte, mussten beide Partner berufstätig sein. Die öffentliche Kinderbetreuung<br />

war zu dieser Zeit allerdings noch kaum ausgebaut, so dass eine große<br />

Anzahl der erwerbstätigen Mütter de facto nur einer Teilzeitbeschäftigung<br />

nachgehen konnte.<br />

1965 wurde das erste Familiengesetzbuch der DDR verabschiedet. Damit be-<br />

gann eine eigenständige Familienpolitik. Das infolgedessen ausgebaute Ver-<br />

sorgungsnetz für Kleinkinder blieb bis zur „Wende“ (1990) einmalig für ganz<br />

Europa. Bereits ab der 6. Lebenswoche standen ganzjährig öffentliche Kinderkrippen<br />

zur Verfügung. Nahtlos wurden die Krippenkinder ab dem dritten<br />

Lebensjahr in den Kindergarten übernommen. Schulkinder bis zum zehnten<br />

Lebensjahr besuchten obligatorisch den Schulhort bis 16.00 Uhr.<br />

Das Ideal der Doppelversorgerehe beginnt sich im Westen Deutschland erst<br />

zehn Jahre nach der Wiedervereinigung durchzusetzen.<br />

51<br />

DAS GESAMTDEUTSCHE zWEIVERDIENERIDEAL<br />

Mit der Wiedervereinigung galt ab 1990 die westdeutsche Familienpolitik auch<br />

für das Gebiet der ehemaligen DDR. In den wirtschaftlich und politisch unsicheren<br />

Wendejahren fielen die Geburtenraten in den neuen Bundesländern<br />

drastisch ab und haben sich seither dem niedrigen Niveau der alten Bundesländer<br />

angenähert. Für Frauen in den neuen Bundesländern gilt nach wie vor<br />

das Leitbild der Doppelversorgerehe, d. h. der berufstätigen Mutter. Die Vereinbarkeit<br />

wird hier eher durch den Mangel an Arbeitsplätzen als durch den<br />

Mangel an Betreuungsinfrastruktur eingeschränkt.<br />

Kurz nach der Jahrtausendwende vollzog sich ein Paradigmenwechsel in der<br />

Familienpolitik. Wurde zuvor relativ viel Geld direkt an die Familien umverteilt,<br />

so wurde nun der Aufbau einer besseren Betreuungsinfrastruktur angestrebt.<br />

Im Jahr 1996 war das Recht auf einen Kindergartenplatz festgeschrieben worden<br />

und Ende 2008 wurde gesetzlich vereinbart, dass bis zum Jahr 2013 jedes<br />

dritte Kind unter drei Jahren einen Betreuungsplatz haben soll. Mit dem Investitionsprogramm<br />

„Zukunft Bildung und Betreuung“ wurde im Jahre 2003<br />

die Zahl der Ganztagsschulen in Deutschland von rund 4 800 auf gegenwärtig<br />

12 000 gesteigert. Es ist aktueller politischer Wille, dass bis zum Jahre 2020<br />

ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Ganztagsschulangebot von der<br />

Grundschule bis zum Abitur aufgebaut werden soll.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!