18.01.2013 Aufrufe

HAMBURG - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

HAMBURG - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

HAMBURG - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

12 o.T. o.T. ium<br />

Kleines<br />

<strong>Kunst</strong>lexikon<br />

RAINER UNRUH KLÄRT<br />

DIE BEGRIFFE | FOLGE 4<br />

DER FEHLER IM SYSTEM<br />

Regnet es durchs Dach, hat der Architekt gepfuscht.<br />

Vergisst der Chirurg die Schere im Bauch,<br />

begeht er einen <strong>Kunst</strong>fehler. Und der Künstler?<br />

Kann machen, was er will. Verantwortlich ist er<br />

nur sich selbst, <strong>und</strong> was richtig <strong>und</strong> falsch ist,<br />

entscheidet allein er. <strong>Das</strong> ist seine Größe, denn<br />

ihm redet niemand rein. Und das ist zugleich seine<br />

Tragik, denn wenn wir nur aus Fehlern lernen,<br />

auf die uns andere aufmerksam machen, dann<br />

hat der Künstler Pech, weil er mangels erkenn-<br />

<strong>und</strong> benennbarer Irrtümer nicht klüger wird. Ku-<br />

Ländliche Feste<br />

in Plüschow<br />

HAJO SCHIFF AUF DER SUCHE NACH<br />

ABGELEGENEN KUNSTORTEN<br />

Mit einem Waldspaziergang allein war die Liebe<br />

der städtischen Oberschicht zum Landleben<br />

einst nicht befriedigt: Der Hamburger Kaufmann<br />

Philipp Heinrich Stenglin erwarb 1758 gleich die<br />

acht Güter der mecklenburgischen Vogtei Plüschow.<br />

1763 ließ er <strong>für</strong> sich <strong>und</strong> seine Gemahlin<br />

Antoinette, die Tochter des Hamburger Ersten<br />

Bürgermeisters Conrad Wiedow, <strong>für</strong> die bemerkenswerte<br />

Summe von 80.000 Reichstalern ein<br />

dezent ornamentiertes, jedoch repräsentatives,<br />

elfachsiges Schloss bauen – vermutlich Lübecker<br />

Bauleute errichteten den großbürgerlich anmutenden<br />

Backsteinbau. Doch 1802 wurde der Besitz<br />

an den mecklenburgischen Erbprinzen Friedrich<br />

Ludwig verkauft <strong>und</strong> blieb bis 1945 Eigentum der<br />

großherzoglichen Familie. Dann folgte eine DDRübliche<br />

Nutzungsgeschichte. Schon kurz vor der<br />

Wende wurde das idyllisch gelegene Gebäude von<br />

Künstlern genutzt. Heute ist es das Mecklenburgische<br />

Künstlerhaus mit sechs Gastateliers <strong>und</strong> einer<br />

Druckwerkstatt. Im Sommerhalbjahr werden<br />

die Ausstellungseröffnungen mit Performance<br />

<strong>und</strong> Musik unter den mit Rokoko-Stuck verzierten<br />

ratoren verstehen sich meist als Verbündete der<br />

Künstler, deren Werke sie ausstellen, <strong>und</strong> <strong>Kunst</strong>kritikern<br />

geht es oft ähnlich, denn im Vergleich<br />

zu ihren Kollegen, die sich mit Theater, Buch<br />

<strong>und</strong> Kino beschäftigen, sind sie in der Mehrzahl<br />

zahm wie Katzen ohne Krallen. Korrekturen darf<br />

der Künstler von ihnen kaum erwarten. Bleibt<br />

sein eigenes Urteilsvermögen. Aber Richter in<br />

eigener Sache urteilen selten unparteiisch. Und<br />

auch der <strong>Kunst</strong>markt hat als Messinstrument seine<br />

Tücken: Die Mode von heute ist der Müll von<br />

morgen. Was tun? Zwei Schritte vorwärts, einen<br />

zurück, empfiehlt Lenin. Und der eine Schritt<br />

zurück, der führt direkt in die klassische Moderne.<br />

So schafft man Distanz zur Gegenwart. Und<br />

entdeckt, dass der Fehler womöglich im System<br />

liegt. <strong>Das</strong>s irgendwann eine Weiche falsch gestellt<br />

wurde, sodass nur noch die Wahl blieb zwischen<br />

dem Weg nach links in die Amateursoziologie<br />

<strong>und</strong> nach rechts ins Showbiz. Es scheint, als<br />

brauche die <strong>Kunst</strong> ein neues Navigationssystem.<br />

Decken, auf der großen, zweiläufigen Treppe <strong>und</strong><br />

im Garten zu „ländlichen Festen” – fast im Geiste<br />

der Erbauungszeit des Landsitzes. Jetzt zu Pfingsten<br />

ist das Schloss der Fokus der Aktion <strong>Kunst</strong>offfen,<br />

die vom 3. - 5. Juni bei etwa 240 Künstlern<br />

in 159 Orten der Region Atelier- <strong>und</strong> Werkstattbesuche<br />

ermöglicht. Eröffnung: Freitag, 2. Juni,<br />

17 Uhr: „<strong>Kunst</strong> offen - Künstler aus Nordwestmecklenburg“,<br />

eine Überblicksaustellung mit einer Auswahl<br />

von 28 Künstlerinnen <strong>und</strong> Künstlern.<br />

Schloss Plüschow, Mecklenburgisches Künstlerhaus, Am Park<br />

6, 23936 Plüschow, T. 03841-61740, www.plueschow.de<br />

Anreise: A 20, Ausfahrt Grevesmühlen<br />

Überflüssig<br />

ADRIENNE GOEHLER ZEICHNET IHR BILD<br />

EINER KULTURGESELLSCHAFT<br />

Wohin bewegen wir uns? Nach Meinung von<br />

Adrienne Goehler, Ex-Präsidentin der HsbK in<br />

Hamburg, in die Kulturgesellschaft. Und zwar<br />

auf einem Strom der „Verflüssigungen“, die<br />

„Durchlässigkeiten unter Wahrung des Eigenen<br />

herstellen“ sollen. „Verflüssigungen“ lautet auch<br />

der Titel ihres Buches, das „Wege <strong>und</strong> Umwege<br />

vom Sozialstaat zur Kulturgesellschaft„ aufweisen<br />

will. <strong>Das</strong> Buch ist ambitioniert, erhebt den<br />

gr<strong>und</strong>legend begrüßenswerten Gedanken, dass<br />

Kultur <strong>und</strong> Wissenschaft die besseren <strong>und</strong> nach-<br />

<strong>Kunst</strong> im TV Mai 2006<br />

1.6., 0.05 Uhr, Arte:<br />

Basquiat, Spielfilm von Julian Schnabel<br />

2.6., 13.15 Uhr, 3Sat:<br />

Nächte ohne Lächeln –<br />

Die Bilder des Paul Delvaux<br />

3.6., 14.15 Uhr, Arte:<br />

Künstler hautnah:<br />

Wim Delvoye<br />

3.6., 17.45, Arte:<br />

Bettina Rheims – Mein Leben<br />

3.6., 20.15 Arte:<br />

Palettes: Cézanne: Die Unerbittlichkeit des<br />

Motivs Montagne Sainte Victoire<br />

4.6., 21.00 Uhr, 3Sat:<br />

Schätze der Welt – Erbe der Menschheit:<br />

Antonio Gaudi – Architekt in Barcelona<br />

9.6., 22.20 Uhr, Arte:<br />

Cézanne, der Weg zum Ruhm<br />

10.6., 14.10 Uhr, Arte:<br />

Künstler hautnah: Philippe Hurteau<br />

10.6., 20.15 Uhr, Arte:<br />

Palettes: Géricault: Die Schönheit des<br />

Unglücks – <strong>Das</strong> Floß der Medusa<br />

haltigeren Beschäftigungen schaffen. Aber es verliert<br />

sich in einer Fülle an Soziologen-Zitaten <strong>und</strong><br />

unnötigen Rekursen, teilweise Lobreden auf eine<br />

vergangene rot-grüne Politik. Überhaupt wird der<br />

Politik der größere Raum eingeräumt. In den ersten<br />

zwei Dritteln kaum ein Künstler-O-Ton. Da<strong>für</strong><br />

Zitate von Politikern, Ministern oder Präsidenten.<br />

<strong>Das</strong> ungute Gefühl kommt auf, dass hier nicht<br />

kulturelle Eigenständigkeiten - gleichwohl dies<br />

stets betont wird -, sondern politische Ziele verfolgt<br />

werden. <strong>Das</strong>s sich Künstler <strong>für</strong> soziale oder<br />

ökologische Projekte engagieren, klingt zwar sehr<br />

schön, degradiert sie aber letzten Endes zu Handlangern<br />

politischer Vorgaben. „Die Kulturgesellschaft“,<br />

heißt es da, „zielt auf das Wechselspiel<br />

ab, das zwischen dem einzelnen Individuum <strong>und</strong><br />

der regelgebenden Instanz, dem Staat, belebt<br />

werden muß.“ Der Staat als regelgebende Instanz<br />

war aber noch nie ein guter Ratgeber <strong>für</strong><br />

den Künstler. Hände weg davon! <strong>Das</strong> sind keine<br />

flüssigen, sondern altbacken verkrustete Gedanken.<br />

Wie auch die Vorstellung jedem Bürger ein<br />

„bedingungsloses Gr<strong>und</strong>einkommen“ zukommen<br />

zu lassen. Der „Wahrung des Eigenen„ schlagen<br />

solche Forderungen diametral ins Gesicht. So erzeugt<br />

man Abhängigkeit <strong>und</strong> ein Heer moderner<br />

Staatssklaven. Nur in einem wird das Buch seinem<br />

Titel gerecht, als Ganzes. Es ist schlichtweg<br />

überflüssig. Campus Verlag, 24,90 Euro | WOLF JAHN<br />

Am 8.6.2006 ist die Autorin zu Gast im Literaturhaus Hamburg,<br />

Schwanenwik 38, 19 Uhr<br />

FOTO: © PER SCHUMANN Die<br />

fabelhafte Welt des Alltags<br />

VON ÜBERLEBENS-JACKEN UND REISBÄLLCHEN - NEUE VERANSTALTUNGSREIHE BEI ENTWURF-DIREKT<br />

Per Schumann ist das lebende Gegenteil von alltagsmüde. Der Mann ist geradezu<br />

alltagswach. Zumindestens beruflich ist dem Gradgänger zwischen<br />

Desgin <strong>und</strong> <strong>Kunst</strong> der Alltag eine ständige Herausforderung. Als Veranstalter<br />

von Vorträgen, Abenden mit kulturellen <strong>und</strong> kulinarischen Programm ebenso<br />

wie als Möbel-<strong>Design</strong>er. Aus alltäglichen, oft ge- <strong>und</strong> verbrauchten Dingen<br />

zimmert Schumann funktionale Unikate zusammen: Herd-Kombinationen<br />

mit ausgedientem Aktenschrank, Vertigos mit Schubladen unterschiedlichster<br />

Ausmasse oder ein Kinderschrank, auf Staffelei gesetzt <strong>und</strong> mit zahlreichen<br />

Fächern, hohen wie niedrigen, schmalen wie breiten regelrecht durchlöchert.<br />

Bekannt ist Per Schumann vielen als Betreiber der Galerie „entwurf-direkt“.<br />

In der Kleinen Rainstraße in Altona fanden hier seit 2001 Veranstaltungen<br />

wie „Du <strong>und</strong> deine Welt“, „Küchengespräche“ oder „Wohnen weltweit“<br />

statt. Da wurden mit Künstlern unterschiedlichster Coleur Suppe gelöffelt<br />

<strong>und</strong> vorgelesen, Poesie rezitiert oder Fußbäder während der Altonale angeboten.<br />

Oder es mieten sich, wie jetzt im Juni das Kurzfilmfestival mit seinem<br />

Festivalcafe, andere ein.<br />

Per Schumann | vor seiner neuen Filiale<br />

Seit einem halben Jahr hat sich Per Schumann erweitert, örtlich <strong>und</strong><br />

um einen regelmäßig geöffneten Ladenraum. „entwurf-direkt“ ist jetzt auch<br />

in Blankenese anzutreffen. Zu kaufen gibt es hier kleine Dinge, die an der<br />

Peripherie von <strong>Kunst</strong>, <strong>Design</strong> <strong>und</strong> einfallsreichem Kombinationsvermögen<br />

liegen. Der Isländer mit dem schwierigen Namen Hrafnkell Birgisson hat ein<br />

umso simpler bezeichnetes Gefäß aus Tasse <strong>und</strong> Weinglasstil gezaubert, das<br />

Objekt „Hoch die Tassen“ <strong>für</strong> 29 Euro. Daneben liegen Schlüsselanhänger mit<br />

Wahlsprüchen (Der Schlüssel ist Vertrauen <strong>und</strong> Liebe) von Katharina Bulla<br />

oder amüsante <strong>Kunst</strong>-Aussprüche als Blechschilder, zum Beispiel Nam June<br />

Paiks bonmot: When too perfect lieber Gott böse. (20 Euro).<br />

Per Schumann | Einblick in Entwurf-Direkt<br />

Vom 3. Juni bis 1. Juli findet in Schumanns neuen Räumen die erste<br />

Veranstaltungsreihe statt. Es geht ums poetische Überleben im Alltag. Zur<br />

„fabelhaften Welt des Alltag“, Titel der Reihe, tragen zahlreiche Künstler-<br />

Referenten ihre eigenen Dinge, Gedanken oder kulinarischen Leckereien bei.<br />

Eintritt ist kostenlos, Verzehr wird berechnet. Unter anderem liest Jung-Autorin<br />

Sigrid Behrens am 10.6., 16 Uhr „F<strong>und</strong>stücke“ vor. Dazu gibt es Fotos<br />

der Schriftstellerin. Jussi Hecker verkündet am 18.6., 14.30 Uhr, „Freitags<br />

gibt’s Reisbällchen“. Auf der Speisekarte stehen „Strategien nachhaltiger<br />

Produktnutzungen“, <strong>für</strong> alle, die sich um eine bessere Organisation ihrer Küche<br />

interessieren. Tags zuvor, 16 Uhr, unterweist Ton Matton in der <strong>Kunst</strong><br />

des „Surviving the Suburb“. Der Vortrag des HfbK-Prof. begleitet eine Präsentation<br />

seiner selbst entworfenen „survival jackets“. Am 24.6., 16 Uhr,<br />

rezitiert Gerdt Heser Gedichte, unter anderem von Nelly Sachs <strong>und</strong> R.M. Rilke<br />

zum Thema „Die Poesie der Dinge“. Und Schumann selbst führt am 23.6,<br />

14.30 Uhr, in die neue Art des Flanierens ein, Motto: „Creative Walking oder<br />

die Entdeckung des Spazierens“. Komplettes Programm unter www.entwurfdirekt.de.<br />

| WOLF JAHN<br />

Galerie Entwurf-Direkt, Blankeneser Hauptstr. 153, 22587 Hamburg, T. 3980 5789. 153,<br />

www.entwurf-direkt.de<br />

Ruedi Baur spricht<br />

<strong>Design</strong> o.T. 13<br />

Die Vortragsreihe „Stilvorlagen“ in der Hochschule <strong>für</strong> Angewandte Wissenschaften<br />

in Hamburg geht weiter. Neben international renommierten<br />

<strong>Design</strong>ern geben zudem Fachleute angrenzender Disziplinen Einblicke in<br />

ihre Tätigkeiten. Die Vorträge stehen in diesem Jahr unter dem Thema „Informationen<br />

gestalten“. Am 1. Juni ist die Berliner Gesellschaft <strong>für</strong> Kommunikation<br />

„moniteurs“, am 8. Juni der <strong>Kunst</strong>historiker <strong>und</strong> Verleger Joseph<br />

Imorde <strong>und</strong> am 22. Juni der Schweizer Stardesigner Ruedi Baur zu Gast<br />

in die Hochschule. Beginn ist jeweils 18 Uhr in der Aula, Armgartstr. 24.<br />

Weitere Informationen unter www.stilvorlagen.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!