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Kulturtipps Kulturtipps<br />

Fremd gelesen<br />

zusammengestellt von Slavka Rude-Porubska<br />

Gregor Thum: Die fremde Stadt. Breslau<br />

1945. Siedler Verlag, 2003.<br />

Breslau hat im Laufe seiner Geschichte<br />

viele Herrscher gesehen. Aber nur<br />

1945 folgte auf die Verschiebung der<br />

Staatsgrenzen ein vollständiger Bevölkerungsaustausch.<br />

Die Deutschen wurden<br />

aus Breslau vertrieben und durch<br />

Polen ersetzt, von denen viele ihrerseits<br />

Vertriebene aus dem an die Sowjetunion<br />

gefallenen Ostpolen waren. Für die<br />

meisten Ansiedler blieb Breslau lange<br />

eine fremde Stadt, die, so die verbreitete<br />

Furcht, früher oder später wieder<br />

an die Deutschen fallen würde. Noch<br />

bis in die fünfziger Jahre war die beim<br />

Kampf um die „Festung“ Breslau in den<br />

letzten Kriegsmonaten zerstörte Stadt<br />

eine Trümmerwüste. Doch im diplomatischen<br />

Ringen um die Oder-Neiße-<br />

Grenze war Breslau von so herausragender<br />

politischer Bedeutung, dass der<br />

polnische Staat und seine Gesellschaft<br />

in gemeinsamer Anstrengung darangingen,<br />

Breslau wieder aufzubauen und<br />

zu einer glänzenden Metropole zu machen.<br />

Der Autor schildert, wie sich der<br />

Bruch von 1945 aus der Perspektive<br />

Breslaus ausnahm, wie man aus einer<br />

deutschen eine polnische Stadt zu machen<br />

versuchte und wie sich dies im<br />

Stadtbild niedergeschlagen hat.<br />

Peter Stamm: In fremden Gärten. Erzählungen.<br />

Arche Verlag, 2003.<br />

Die Helden in Peter Stamms neuem Erzählband<br />

kommen aus den unterschiedlichsten<br />

Orten. Sie leben zu zweit, allein,<br />

haben eine Familie und Kinder - oder<br />

auch nicht. Manche sind jung, andere<br />

alt. Alle sind sie irgendwohin unterwegs,<br />

alle scheinen sie auf etwas zu warten.<br />

Auf einen Zug oder auf ein Schiff, auf<br />

eine Geste der Liebe oder einfach auf<br />

das Ende, wie die kranken Reisenden<br />

auf dem Weg nach Lourdes.<br />

Beqe Cufaj: Der Glanz der Fremde. .<br />

Zsolnay Verlag, 2005.<br />

Zwei Leben, eine Kindheit: Ricky und<br />

Arben wachsen in der mehrheitlich von<br />

Albanern bewohnten Provinz Kosovo<br />

auf. Die Lethargie des Lebens im Abseits<br />

spüren sie mehr, als daß sie davon<br />

wissen. Und auch wenn sie kaum<br />

etwas gemeinsam haben, verbindet<br />

sie ein Wunsch: eine bessere Zukunft.<br />

Auf unterschiedlichen Wegen gelangen<br />

schließlich beide nach Deutschland,<br />

wo sie einander treffen. Vom Glanz<br />

ist jedoch nur die Fremde übriggeblieben.<br />

Beqe Cufaj erzählt die Geschichte<br />

dieses seltsamen Paares, das auf tragikomische<br />

Weise versucht, die Träume<br />

nicht aus den Augen zu verlieren.<br />

Die Welt ist ein Buch.<br />

Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.<br />

Augustinus<br />

Daniel Cil Brecher: Fremd in Zion. Deutsche<br />

Verlags-Anstalt, 2005.<br />

Daniel Brecher, geboren 1951, wuchs<br />

als Sohn einer im Zweiten Weltkrieg<br />

verfolgten jüdischen Familie in Düsseldorf<br />

auf. Hin- und hergerissen zwischen<br />

dem Diasporaleben im Land der Täter<br />

und dem Ruf der Zionisten, entscheidet<br />

er sich für ein Leben in Israel. Die<br />

Realitäten des jungen Staates — das<br />

Beharren auf seinem ausschließlich<br />

jüdischen Charakter, die alltägliche<br />

Diskriminierung der arabischen Bevölkerung,<br />

der ständige Kriegszustand<br />

— desillusionieren ihn bald. Als Historiker<br />

in der Armee beginnt Brecher<br />

sich kritisch mit der Geschichte Israels<br />

auseinanderzusetzen. Deutlich spürt er<br />

den Konformitätsdruck, der die Gesellschaft<br />

prägt. Schließlich verlässt er das<br />

Land. Um seine Zukunft zu sichern, so<br />

Daniel Brechers Ausblick, muss Israel<br />

den Zionismus überwinden und sich<br />

grundlegend erneuern.<br />

Necla Kelek: Die fremde Braut. Kiepenheuer<br />

& Witsch, 2005.<br />

Zeynep ist 28 Jahre alt, Mutter von<br />

drei Kindern und lebt seit zwölf Jahren<br />

in Hamburg. Sie versorgt den Haushalt<br />

ihrer Großfamilie und spricht kein<br />

Wort Deutsch. Die Wohnung verlässt<br />

sie nur zum Koranunterricht. Sie ist<br />

eine ‚Import-Gelin‘, eine Importbraut,<br />

eine moderne Sklavin. Tausende junger<br />

türkischer Frauen werden jedes Jahr<br />

durch arrangierte Ehen nach Deutschland<br />

gebracht. Die demokratischen<br />

Grundrechte gelten für sie nicht, und<br />

niemand interessiert sich für ihr Schicksal.<br />

Die türkisch-muslimische Gemeinde<br />

redet von kulturellen Traditionen, beruft<br />

sich auf Glaubensfreiheit und grenzt<br />

sich von der deutschen Gesellschaft ab.<br />

Und findet dafür Verständnis bei den<br />

liberalen Deutschen, die eher bereit<br />

sind, ihre Verfassung zu ignorieren als<br />

sich den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit<br />

machen zu lassen. Necla Kelek,<br />

Türkin mit deutschem Pass, deckt die<br />

Ursachen dieses Skandals auf.<br />

Sabine Ipsen-Peitzmeier, Markus Kaiser<br />

(Hg.): Zuhause fremd. transcript, 2006.<br />

Seit Beginn der 1990er Jahre, als der<br />

Zuzug von Spätaussiedlern aus der<br />

ehemaligen UdSSR seinen Höhepunkt<br />

erreichte, wächst in Deutschland das<br />

wissenschaftliche Interesse an den<br />

Russlanddeutschen, an ihrer Geschichte,<br />

ihrer Migration sowie ihrer Situation<br />

in der deutschen Gesellschaft. Auch die<br />

Beiträge dieses Bandes widmen sich<br />

diesen Themen. Was sie jedoch über<br />

ihren aktuellen Bezug hinaus auszeich<strong>net</strong>,<br />

ist die deutsch-russische Zusammensetzung<br />

der Autoren, die sich den<br />

Gegenstand aus ihrer jeweils eigenen<br />

Perspektive aneignen und dabei ein vielschichtiges<br />

Bild zeichnen.<br />

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