kurzmeldungen - Sparkassenzeitung
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14 07. Januar 2011 / Nr. 01 DieSparkassenZeitung<br />
DOSSIER: AUSBLICK AUF 2011<br />
Schwellenländer<br />
Positives<br />
Potenzial<br />
FolkerHellmeyer,Chefanalyst<br />
Bremer Landesbank.<br />
Foto Bremer<br />
Landesbank<br />
Das Jahr 2011 bietet<br />
positives Überraschungspotenzial<br />
trotz anhaltenderFinanzkrise.<br />
Die Schwellenländer,<br />
die einen<br />
Anteil von<br />
zirka 50 Prozent<br />
an der Weltwirtschaft<br />
halten, werden<br />
maßgeblicher<br />
Wachstumsmotor<br />
mit mindestens<br />
6,5 Prozent Wachstum bleiben. Starke<br />
Industrienationen mit überschaubaren<br />
Verschuldungsdaten wie Australien,<br />
Kanada oder Deutschland nebst anderen<br />
Ländern stellen einen Anteil von 20<br />
Prozent der Weltwirtschaft, die im Fahrwasser<br />
der Schwellenländer mit einem<br />
Wachstumsclip von deutlich mehr als<br />
zwei Prozent reüssieren werden.<br />
Auch die Reformländer Griechenland,<br />
Spanien, Portugal, Irland und<br />
Großbritannien mit einem Anteil von<br />
zirka sieben Prozent an der Weltwirtschaft<br />
liefern summarisch Wachstum,<br />
das jedoch durch die Reformen zunächst<br />
unterproportional ausfällt. Die<br />
Weltkonjunktur wird auch in den USA<br />
und in Japan, den Reformverweigerern,<br />
Traktion entwickeln und Wachstum<br />
um oder oberhalb von zwei Prozent<br />
forcieren. Die Qualitäten des japanischen<br />
und des US-Wachstums bleiben<br />
jedoch maßgeblich von „Kosmetik“<br />
bestimmt.<br />
Die Reformländer der Eurozone<br />
werden ab der zweiten Jahreshälfte<br />
2011 unerwartete ökonomische und<br />
auch fiskalische Fortschritte liefern, die<br />
positiv auf Europa wirken werden. Reformen<br />
dieser Qualität haben in der Geschichte<br />
der Industrienationen noch<br />
nie versagt. Osteuropa wird das zweite<br />
positive makroökonomische Überraschungspaket<br />
liefern.<br />
Das Wachstum per 2011 wird vom<br />
nicht abgeschlossenen Lagerzyklus<br />
und vom jugendhaften Investitionsgüterzyklus<br />
in mindestens 80 Prozent der<br />
Weltwirtschaft getragen sein. Als Folge<br />
dieser beiden Entwicklungen ergibt<br />
sich in gut 70 Prozent der Weltwirtschaft<br />
eine deutliche Belebung der Beschäftigung.<br />
Als Konsequenz startet in<br />
gut 70 Prozent der Weltwirtschaft ein<br />
Konsumzyklus, der nicht von erhöhter<br />
Kreditinanspruchnahme, sondern<br />
maßgeblich von Arbeitseinkommen getragen<br />
ist.<br />
Dieser Dreiklang in dargestellter<br />
Breite offeriert den qualitativ besten<br />
homogenen Aufschwung in der Weltkonjunktur<br />
seit dem Korea Krieg Anfang<br />
der 50er-Jahre. Per 2011 erwarten<br />
wir als Minimum ein Wachstum der<br />
Weltwirtschaft von 4,0 bis 4,2 Prozent<br />
und ein voraussichtliches Potenzial<br />
erneut von zirka fünf Prozent. Für<br />
Deutschland liegt unser „Worst Case“-<br />
Szenario bei 2,0 bis 2,2 Prozent. Da<br />
Deutschland insbesondere am Investitionsgüterzyklus<br />
hängt, ist ein Wachstum<br />
im Dunstkreis um drei Prozent<br />
nicht nur realistisch, sondern es ist<br />
wahrscheinlich.<br />
Auch im vergangenen<br />
Jahr sind<br />
mit dem im SeptembervorgestelltenEnergiekonzept,<br />
der Laufzeitverlängerung<br />
für<br />
Kernkraftwerke<br />
und weiteren Kürzungen<br />
bei der Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG)-<br />
Vergütung von<br />
Photovoltaik(PV)-<br />
Anlagen wesentlicheenergiepoli-<br />
tische Beschlüsse von der Bundesregierung<br />
gefasst worden.<br />
Das Energiekonzept der Bundesregierung<br />
formuliert Leitlinien für eine<br />
umweltschonende, zuverlässige und<br />
bezahlbare Energieversorgung und beschreibt<br />
den Weg in das Zeitalter der<br />
erneuerbaren Energien bis zum Jahr<br />
Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen wächst zwar nicht in den Himmel hinein, aber<br />
das grüne Gewissen setzt Innovationskräfte frei und steigert so das BIP. Foto dpa<br />
Nachhaltige Ansätze in Europa versus kurzsichtiges Handeln in den USA<br />
Wiegenjahr für einen starken Euro<br />
Prof. Dr. Frank Bulthaupt,<br />
Lehrstuhl für<br />
Kapitalmärkte/Volkswirtschaft<br />
an der<br />
Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe.<br />
Foto Hochschule<br />
Mit einem fulminantenWirtschaftswachstum<br />
hat die deutsche<br />
Volkswirtschaft<br />
die schwerste<br />
Wirtschaftskrise<br />
der Nachkriegszeit<br />
besser als erwartet<br />
bewältigt.<br />
Die Breite des Aufschwungs<br />
ist an<br />
den Zuwachsraten<br />
in allen größeren<br />
Wirtschaftsbereichen<br />
erkennbar.<br />
Innerhalb des Eu-<br />
roraums ist Deutschland zum Wachstums-<br />
und Stabilitätsanker aufgestiegen.<br />
Faire Kreditkonditionen und robuste<br />
Kreditvergabemöglichkeiten aus<br />
der Sparkassen-Finanzgruppe haben<br />
gewiss dazu beigetragen, dass Unternehmer<br />
ihre weltweiten Absatzchancen<br />
nutzen und attraktive Investitionsmöglichkeiten<br />
finanzieren konnten. Diese<br />
Entwicklung hat zudem die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der heimischen Arbeitsplätze<br />
gestärkt.<br />
Vorangegangene Prophezeiungen<br />
einer ausufernden Inflation oder einer<br />
jahrelangen wirtschaftlichen Stagnation<br />
stehen offensichtlich nicht im Einklang<br />
mit der tatsächlichen wirtschaftlichen<br />
Entwicklung. Die Kernrate der<br />
Inflation, derzeit bei einem dreiviertel<br />
Prozentpunkt, wird auch im Jahr 2011<br />
merklich unter zwei Prozent liegen. Zudem<br />
wird die realwirtschaftliche Aufwärtsbewegung<br />
in reduziertem Tempo<br />
beibehalten, getragen von einer Ausweitung<br />
der Investitionen. Auch vom<br />
Außenhandel geht ein positiver Wachstumsbeitrag<br />
aus. Dieser resultiert zum<br />
einen aus der verzögerten Reaktion des<br />
Handels auf die Euroabwertung von<br />
rund sechs Prozent im vergangenen<br />
Jahr, zum anderen aus der moderaten<br />
Planungssicherheit bleibt Wunschmusik<br />
Energiepolitik bleibt auf der Tagesordnung<br />
Dr. Peter Merk, Chefvolkswirt<br />
und Leiter<br />
des Bereichs Research<br />
der LandesbankBaden-Württemberg.<br />
Foto LBBW<br />
Die Konsumenten werden im kommenden Jahr dank der guten Arbeitsmarktsituation ihre Nachfrage steigern und so zumindest teilweise<br />
den nachlassenden Export ersetzen. Foto dpa<br />
Aufwärtsdynamik des Welthandels. Als<br />
dritter Pfeiler ist der private Konsum zu<br />
nennen, der von einer gestiegenen Arbeitsplatzsicherheit<br />
und einer erhöhten<br />
Einstellungsbereitschaft der Unternehmer<br />
gestützt wird.<br />
Gegenwärtig steht die schwerfällige<br />
Aufarbeitung der Fiskalkrise im Fokus<br />
der Devisenmarktakteure. Europäische<br />
Interessengegensätze und Vielstimmigkeiten<br />
lösen Unsicherheiten<br />
und Wechselkursvolatilitäten aus. Dabei<br />
wirkt die medial eingesetzte Krisen-<br />
2050. Dann sollen mehr als 60 Prozent<br />
des Primärenergieverbrauches und<br />
mehr als 80 Prozent des Stromverbrauchs<br />
auf erneuerbare Energien umgestellt<br />
sein. Trotz der Kosten für den<br />
Ausbau erneuerbarer Energien und den<br />
Aufbau intelligenter Stromnetze sollen<br />
die privaten Strompreise auf dem Niveau<br />
von 2008 gehalten werden.<br />
Die kostenseitige Bewährungsprobe<br />
für das Energiekonzept dürfte jedoch<br />
noch bevorstehen. Einen Vorgeschmack<br />
bietet die Anhebung der EEG-Umlage<br />
zum 1. Januar 2011 von 2,047 Cent je<br />
Kilowattstunde auf 3,530 Cent je Kilowattstunde.<br />
Die erreichte Dimension<br />
wird plastischer, wenn man diese Umlage<br />
mit dem Großhandelsstrompreis<br />
vergleicht, der rund fünf Cent der Endkundenabrechnung<br />
ausmacht. Mit anderen<br />
Worten: Die Umlage erreicht rund<br />
70 Prozent (57 Prozent) des Großhandelspreises<br />
für Grundlast(Spitzenlast-)-<br />
Strom.<br />
Die deutsche Wirtschaft<br />
hat den<br />
rezessionsbedingten<br />
Einbruch der<br />
Wirtschaftsleistung<br />
zwar noch<br />
nicht völlig verdaut.<br />
Sie befindet<br />
sich jedoch auf<br />
einem sehr dynamischenErholungspfad,<br />
sodass<br />
im kommenden<br />
Jahr mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts<br />
von gut zwei Prozent zu<br />
rechnen ist.<br />
Allerdings werden die Triebkräfte<br />
für die Fortsetzung des Aufschwungs<br />
wechseln. Waren es 2010 vor allem die<br />
Exporte, die die deutsche Wirtschaft<br />
„boomen“ ließen, wird sich ihre Zuwachsrate<br />
2011 abschwächen. Dafür<br />
deutet sich endlich eine Belebung des<br />
privaten Verbrauchs an, der im kommenden<br />
Jahr zumindest einen Teil der<br />
Lücke schließen sollte, den die nachlas-<br />
rhetorik überzogen, wenn man berücksichtigt,<br />
dass die „Problemländer“ – mit<br />
Ausnahme Griechenlands – ihre Finanzierungsprobleme<br />
aus eigener Kraft lösen<br />
könnten, indem sie beispielsweise<br />
ihre Steuer- und Sozialversicherungssätze<br />
auf das deutsche Niveau anheben<br />
würden. Blickt man weiter auf die intrinsischen<br />
Kräfte des Euroraums, so<br />
sind die Konsolidierungsanstrengungen<br />
der einzelnen Mitgliedsstaaten unübersehbar.<br />
Auch die EZB ist klar dem<br />
Ziel der Preisstabilität verpflichtet. Im<br />
Wie schwierig bereits die kurzfristige<br />
Kursbestimmung ist, zeigt etwa die<br />
Entwicklung der Neuinstallationen bei<br />
der Photovoltaik. Stiegen die Neuinstallationen<br />
bereits im Jahr 2009 um einen<br />
Rekordwert von 3,8 Gigawatt (GW) auf<br />
einen Gesamtbestand von 9,9 GW, so<br />
schossen sie im Jahr 2010 nach den Berechnungen<br />
der Netzbetreiber um weitere<br />
9,5 GW nach oben. Die gleiche Installationsrate<br />
wird auch im Jahr 2011<br />
erwartet.<br />
Trotz der deutlichen Kürzung des<br />
Vergütungssatzes um 35 Prozent binnen<br />
zwei Jahren sind dank der mit asiatischen<br />
Modulen bestückten PV-Hausdachanlagen<br />
weiterhin attraktive Renditen<br />
erzielbar. Angesichts des unbegrenzten<br />
und ungeplanten Wachstums<br />
und damit der Kosten für die 20 Jahre<br />
garantierte EEG-Vergütung werden weitere<br />
Einschnitte beim EEG beziehungsweise<br />
eine Installationsobergrenze<br />
wohl wahrscheinlich.<br />
sende Exportdynamik hinterlässt. Die<br />
Konsumenten werden trotz aller anstehenden<br />
Steuer- und Abgabenerhöhungen<br />
sowie höherer Beiträge zur<br />
Sozialversicherung durchschnittlich<br />
mehr in der Tasche haben, teilweise<br />
dank vorgezogener sowie zu erwartender<br />
Lohnerhöhungen.<br />
Zugleich steigt in Deutschland die<br />
Nachfrage nach Arbeitskräften, sodass<br />
die Zahl versicherungspflichtiger Beschäftigter<br />
zunimmt. Plötzlich wird sogar<br />
wieder von einem drohenden Mangel<br />
an qualifizierten Mitarbeitern und<br />
Vollbeschäftigung gesprochen. Die vorlaufenden<br />
Indikatoren aus der deutschen<br />
Industrie geben ebenfalls Anlass<br />
zu Optimismus.<br />
Trotz der bekannten Probleme in<br />
der Eurozone, die zur Begleitmusik<br />
auch im kommenden Jahr gehören werden,<br />
und einer zur Schwäche neigenden<br />
US-Wirtschaft ist die Stimmung in der<br />
Industrie weiterhin sehr gut. Die Auftragsbücher<br />
sind gut gefüllt. Dabei ist<br />
zu beobachten, dass die Schärfung<br />
Kontrast dazu ist die US-Politik durch<br />
eine schuldenfinanzierte Stützung der<br />
Güternachfrage und durch eine überaus<br />
lockere Geldpolitik gekennzeichnet.<br />
Diese eher kurzsichtige Politik hat<br />
das US-Haushaltsdefizit auf elf Prozent<br />
des Bruttoinlandsprodukts klettern lassen.<br />
Nachhaltige Ansätze in Europa versus<br />
kurzsichtiges Handeln in den USA<br />
werden im Verlaufe des Jahres 2011 zu<br />
den dominierenden Themen auf den<br />
Devisenmärkten. Ein starker Euro dürfte<br />
die Folge sein.<br />
Die Laufzeitverlängerung bei den<br />
insgesamt 17 Kernkraftwerken um<br />
durchschnittlich zwölf Jahre verknüpft<br />
die Bundesregierung mit einer über 60prozentigen<br />
Abschöpfung des Zusatzgewinns<br />
mittels der Kernbrennstoffsteuer<br />
und zusätzlichen Festbeträgen.<br />
Diese Mittel werden für den Ausbau erneuerbarer<br />
Energien beziehungsweise<br />
die allgemeine Haushaltssanierung<br />
verwendet. Die mit dem sogenannten<br />
Kernenergiekompromiss angestrebte<br />
Planungssicherheit bleibt allerdings<br />
zumindest bis zum Ausgang der angekündigten<br />
Verfassungsklage Wunschmusik.<br />
Zudem erwägen auch Versorger<br />
mögliche Klagen gegen die Kernbrennstoffsteuer.<br />
Für den Fall, dass es nach<br />
den nächsten Bundestagswahlen einen<br />
Regierungswechsel gibt, hat die Opposition<br />
zudem ein erneutes (Zurück-)Drehen<br />
des Rades angekündigt. Das Thema<br />
Energie wird daher auf der politischen<br />
Tagesordnung bleiben.<br />
Aufkommendes grünes Gewissen steigert Nachfrage nach umweltverträglicher Produktion<br />
Wachstumsstory setzt sich fort<br />
Dirk Gojny, Leiter<br />
Research HSH Nordbank.<br />
Foto HSH<br />
eines „grünen Gewissens“, also die Erstellung<br />
von Produkten und Dienstleistungen<br />
unter ökologischen Gesichtspunkten,<br />
mehr und mehr an Bedeutung<br />
gewinnt. Es wird damit zu einem Wettbewerbsfaktor<br />
für die deutsche Industrie,<br />
da Kunden verstärkt auf umweltverträgliche,<br />
ressourcenschonende und<br />
nachhaltige Produktionsprozesse Wert<br />
legen und entsprechende Nachweise<br />
verlangen.<br />
Diese langsame Verhaltensänderung<br />
wäre ohne die Triebfeder durch<br />
staatliche Eingriffe nicht möglich geworden,denneinUnternehmenbeziehungsweise<br />
der Einzelne hat keinen direkten<br />
ableitbaren und messbaren Nutzen von<br />
umweltverträglichem Verhalten. Dementsprechend<br />
wird es nicht ohne weitere<br />
regulatorische Eingriffe gehen. Das<br />
mag zunächst zu höheren Kosten führen,<br />
setzt aber Innovationskräfte frei,<br />
ohne die beispielsweise das Segment<br />
der erneuerbaren Energien in Deutschland<br />
nicht zu einem der Technologieführer<br />
weltweit geworden wäre.