November 07 10ter Jahrgang - Archiv
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12 FREIeBÜRGER<br />
Die weißen und die schwarzen Schafe<br />
Die fremden- und jugendfeindliche SVP schürt Angst und Aggression,<br />
die Randale von wenigen SVP-Gegnern in Bern hat das<br />
politische Klima in der Schweiz weiter zugespitzt.<br />
Jetzt haben sich in der<br />
Schweiz die schwarzen Schafe,<br />
die von der rechten SVP<br />
für den Wahlkampf so werbewirksam<br />
dargestellt wurden,<br />
in Bern verkörpert und<br />
auch noch zugeschlagen.<br />
Autonome haben in Bern die<br />
ihnen zugewiesene Rolle der<br />
Bösen eingenommen und<br />
sich mit der Polizei eine<br />
Schlacht geliefert, wodurch<br />
sie eine Demonstration der<br />
SVP störten, die umgelenkt<br />
werden musste. Gleichzeitig haben sie damit deren kleinbürgerliche<br />
und rückwärts gerichtete Propaganda zumindest vorübergehend<br />
unterstützt. Jetzt sind die Kritiker aus dem eigenen Land auch gleich<br />
als diejenigen identifiziert, die man am besten mitsamt den Ausländern<br />
aus der Schweiz der Glückseligen hinausschmeißen sollte.<br />
Am 21. Oktober finden in der Schweiz Parlamentswahlen statt. Die<br />
von dem Milliardär, UN- und EU-Gegner und derzeitigem Justizminister<br />
Christoph Blocher geleitete Schweizerische Volkspartei setzt<br />
dabei neben der nicht weniger populistischen Kritik an der hohen<br />
Steuer- und Abgabenlast und an „Sozialmissbrauch“<br />
durch die Faulen fast ausschließlich<br />
auf das Thema der Ausländerfeindlichkeit,<br />
Überfremdung und Sicherheit.<br />
Zur Hauptkampagne wurde die „Ausschaffungsinitiative“<br />
erkürt, für die man ein einprägsames<br />
Plakat erschaffen hat, das seitdem<br />
wegen seiner simplen Botschaft zu heftigen<br />
Kontroversen geführt hat.<br />
Auf dem mittlerweile weit über die Schweiz<br />
hinaus berüchtigten Plakat zur „Volksinitiative<br />
für die Ausschaffung krimineller<br />
Ausländer“ tummeln sich auf der linken Seite,<br />
in der roten Schweiz, drei unschuldige<br />
weiße Schafe. Ganz offensichtlich handelt<br />
es sich um ihre Heimat, ein klar abgegrenztes<br />
Gebiet, in dem Sicherheit herrschen und<br />
Identität geschaffen werden soll. Dazu muss<br />
das deutlich andere Schaf, das fremde, böse<br />
und schwarze Schaf abgeschoben werden.<br />
Mit einem Schlag mit den Hinterfüßen wirft<br />
eines der weißen Schafe das unerwünschte<br />
aus dem Reich des Wir. Hauptsache, das<br />
Fremde und Andere wird über die Grenze abgeschoben,<br />
damit wir, die Guten und Einheimischen,<br />
sicher und unter uns bleiben, so<br />
die Botschaft. „Viel zu viele Ausländer missachten<br />
die Gastfreundschaft“, heißt es.<br />
In einem Spiel, dem „Zottel-Game“ kann man<br />
dann mit zünftiger Blasmusik, wie es das Volk<br />
will, die Schweiz gegen die bösen Roten und<br />
Grünen vor der Überfremdung bewahren,<br />
Ausländer rauswerfen, gegen die ebenfalls<br />
bösen EU-Bürokraten vorgehen oder die<br />
„staatliche Abzockerei“ bekämpfen.<br />
Die Terroristen, die im Resteuropa für Angst sorgen, sind hier noch<br />
die Linke und Roten, vor allem aber die 68er Generation, mit der die<br />
Schweiz den Bach herunter gegangen ist. Man kämpft also auch<br />
gegen die „Ideen der 68er“,<br />
und das sieht beispielsweise<br />
so aus:<br />
„Es ist noch nicht lange her,<br />
da warf sie Steine auf unsere<br />
Einrichtungen. Heute zerstört<br />
sie diese von innen. Die<br />
Rede ist von der 68er-Generation.<br />
Ihre Exponenten sitzen<br />
heute in den Parlamenten,<br />
Regierungen, Medien,<br />
Schulen und anderen (staatlichen)<br />
Institutionen. Was<br />
sie vereint, ist der Hass auf<br />
alles typisch Schweizerische:<br />
die dauernde, bewaffnete Neutralität, die Unabhängigkeit<br />
und Selbstverantwortung, der Drang nach Freiheit im Innern und<br />
gegen außen und der Wille, diese Freiheit zu verteidigen. Ein Stück<br />
weit hat diese Generation erreicht, was sie wollte: Die Schweiz ist<br />
heute um einiges unfreiheitlicher, unsicherer und unselbstständiger<br />
geworden. Die Kriminalität, die staatliche Bevormundung<br />
des Bürgers, die Steuerlast und die Einengung schweizerischen<br />
Rechts durch supranationale Gebilde und Organisationen sind<br />
in den letzten Jahren stetig gestiegen.<br />
Rinaldo Bucher, 26 SVP International, Liste Zürich“<br />
Diejenigen, die am Samstag die von der Anti-<br />
SVP-Initiative Das schwarze Schaf organisierte<br />
Protestkundgebung gegen die SVP-<br />
Kundgebung „Einstehen für die Schweiz“<br />
zu einem Gewaltspektakel umfunktioniert<br />
haben, dürften allerdings den rechten Patrioten<br />
damit entgegen gekommen sein, die<br />
nicht nur mit den Alt-68ern, sondern auch<br />
allgemein mit der „Jugendgewalt“ hadern.<br />
Die in schwarzer Kleidung Vermummten, gemeinhin<br />
als „Schwarzer Block“ bezeichnet,<br />
haben zwar die Kundgebung gestört, dafür<br />
aber den Parolen der SVP eine um so bessere<br />
Verbreitung verschafft und ihnen die<br />
Möglichkeit gegeben, nicht mehr Aggressor,<br />
sondern Opfer zu sein. Nun sind die<br />
Feinde, die gewalttätigen und randalierenden<br />
schwarzen Schafe, da, die man benötigt,<br />
während die Kampagne, die eigentlich<br />
friedlich als „schwarze Schafe“ ein „Fest gegen<br />
den Rassismus“ veranstalten wollten,<br />
zwischen die Räder geriet.<br />
Jetzt können die SVPler und die dahinter<br />
stehenden Rechten und Konservativen<br />
nicht nur gegen die „gewalttätigen linksgrünen<br />
Chaoten“, sondern auch gegen die<br />
liberale Mitte, die Grünen und Linken losziehen<br />
und sich ausgerechnet als Retter des<br />
Rechtsstaates präsentieren, schließlich hieß<br />
es schon zuvor in einem wirklich üblen<br />
Wahlkampfvideo mit dem Titel „Himmel<br />
und Hölle“, dass die Schweiz „kaputt<br />
geht“, wenn Rot-Grün gewinnt:<br />
„10.000 SVPler aus der ganzen Schweiz<br />
sind am Samstag mit über 60 Reisecars,