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November 07 10ter Jahrgang - Archiv

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30 FREIeBÜRGER<br />

H. M. Schemske<br />

The Remote Control<br />

Nur hier im Vorabdruck!<br />

Der neue Kriminalroman erscheint<br />

in Fortsetzungen und nur bei uns!<br />

Wolf Hammer sah Miriam, seine noch etwas jugendliche Sekretärin,<br />

wütend auf sich zustürmen. Sie beugte sich über den<br />

Frühstückstisch und blitzte ihn an. Ihre im Ruhezustand grauen<br />

Augen hatten sich wieder einmal tiefviolett verfärbt, als sie<br />

ihn beinahe anschrie. Ich hab dir doch gesagt, dass mein Papa<br />

Schwierigkeiten hat mit deinen blöden Vorträgen, regte sie sich<br />

auf.<br />

Ich habe dir viel zu verdanken, du hast nicht nur das mit dem<br />

Job prima gelöst, sondern warst auch mit deinem Papa und<br />

dem Hausmeister bei Ikea, und hast die komplette Wohnungseinrichtung<br />

besorgt. Noch mal, Danke. Jetzt setz dich, und nimm<br />

etwas zu dir, mach uns noch einen Cappuccino, wir besprechen<br />

das, jetzt gleich. Pah, zischte sie, als ob sie Dampf ablassen<br />

müsste, und Wolf sah, wie die gewohnten Bewegungen an<br />

der teuren italienischen Kaffeemaschine sie bereits etwas beruhigten.<br />

Miriam reichte ihm die dampfende Tasse, aber sie setzte sich<br />

nicht. Fahren wir zu ihm, es geht ihm schlecht, drängte sie.<br />

Nur wenn du dir ein Vesper machst, wickle dein Brötchen ein,<br />

nimm es mit, iss es unterwegs, wir gehen später arbeiten. Wolf<br />

sah, wie ihre Augen entspannt die Farbe wechselten.<br />

Es stimmte schon, er hatte Duft-Michel und seiner Tochter viel<br />

zu verdanken. Zwar wohnte Miriams Vater jetzt in der feudalen<br />

Suite im City-Hotel, und nicht mehr in seinem Wohnklo mit<br />

Kochnische, das er stolz sein Büro nannte, aber die Vorträge<br />

setzten ihm schwer zu, behauptete zumindest Miriam.<br />

Ein wenig konnte er seinen Freund aber schon verstehen. Während<br />

er den großen, völlig verdreckten Mercedes mit den französischen<br />

Nummernschildern aus der Garage fuhr, dachte er<br />

an seine Studienzeit in Tübingen. Seine mühevoll zusammen<br />

getragene Sammlung okkulter Literatur hatte ihm mit der Zeit<br />

echte Kopfschmerzen bereitet. Ein Gefühl der Bedrückung hatte<br />

sich in ihm breit gemacht, aber sobald er den Entschluss<br />

gefasst hatte, die Bibliothek los zu werden, war er bereits im<br />

Vorfeld erleichtert.<br />

Auf dem Festplatz in Tübingen, hinter dem Bahnhof, einer großen<br />

Wiese mit Streuobst-Beständen, war sein Tapeziertisch aufgebaut.<br />

Wolf blickte auf die Silhouette der Schwäbischen Alb,<br />

die in rauchiger Ferne grüßte, und genoss die freundliche aber<br />

noch etwas blasse Sonne, die den kühlen Morgen aufhellen<br />

wollte. Wolf überlegte. Ein Sonderangebot würde die Kunden<br />

gewiss verlocken. Ein großer Briefumschlag mit Papprückwand<br />

wurde zweckentfremdet, und so prangte sein Sonderangebot<br />

Über den Helden ist nicht viel bekannt,<br />

er heißt Wolf Hammer und er ist Esoteriker,<br />

er hält Vorträge an Wochenend-<br />

Seminaren, die von gut betuchten<br />

Interessierten besucht werden.<br />

Fünfzehnte Folge<br />

Der Veranstalter dieser Seminare ist<br />

leider ein Tunichtgut, der unseren Helden<br />

eher schmal hält und ihm die<br />

Früchte seiner Arbeit nicht gönnen<br />

will. Unter der Woche hat Hammer<br />

frei, und da spaziert er in Freiburg auf<br />

der Kajo herum. Wie man hört, mit geschlossenen<br />

Augen.<br />

Was da alles passieren kann, erfahren<br />

Sie gleich, nach der Werbung!<br />

auf den Bananenkisten, voll mit Uraltschinken und gebrauchten<br />

Leinenbänden: Stück 5.- und drei Stück 20.-<br />

Mit jedem Buch, das weg ging, fühlte sich Wolf mehr erleichtert.<br />

Als schließlich ein Kollege den gesamten Bestand aufkaufen<br />

wollte, packte er den Tapeziertisch ins Angebot mit rein<br />

und verließ den am Abend heiß und staubig gewordenen Festplatz.<br />

Diese Erleichterung musste er unbedingt auch seinem<br />

Freund verschaffen.<br />

Duft-Michel saß zerknittert in seiner Suite und erhob sich kaum,<br />

als die beiden Besucher eintraten. Wolf gab ihm die Hand, sobald<br />

Miriam ihn aus ihrer Umarmung befreit hatte. Bei der Berührung<br />

überkam Wolf eine spontane Vision. Er sah Michelangelos<br />

Bild vor seinem inneren Auge, wie Gottvater Adam mit<br />

den Fingerspitzen fast berührt, und die innere Spannung zwischen<br />

beiden sich als ein unsichtbarer Blitz entlädt. Wolf setzte<br />

sich neben seinen Freund. Erzähl, bat er ihn leise. Duft-Michel<br />

stöhnt leise. Es sind nur Träume, wehrte er tapfer ab. Das macht<br />

doch nichts, sage mir, was du siehst. Wolf Hammer überlegte.<br />

Du legst dich besser hin, empfahl er dem niedergeschlagen drein<br />

blickenden Esoteriker. Er strich ihm über die Stirn. Sie war fast<br />

heiß. Miriam, bringst du uns einen Tee, Verbenenkraut, Vervaine,<br />

oder so was, ja? Sie tippte hektisch ins Telefon, bestellte bei<br />

Anja das Verlangte, aber schaute unentwegt zu ihrem Papa.<br />

Der holte den USB-Stick an seinem Bändel aus dem Ausschnitt<br />

und ließ ihn vor Duft-Michels Augen hin und her schwingen.<br />

Toshiba, zwei Komma Null, las der verwirrt. Konzentriere dich<br />

auf das Blitzen des stählernen Bügels der Aufhängung, meinte<br />

Wolf. Nicht auf das schmutzige Grau des Bändels, fragte der<br />

Kranke. Noch einmal richtete er sich auf, als der Tee kam. Zu<br />

heiß, brummelte er, und blies. Dann rührte er drin rum, als sei<br />

das die Lösung. Nachdem er endlich ein paar Schlucke geschlürft<br />

hatte, legte er die Tasse aus der Hand und sich wieder<br />

hin.<br />

Das Gebambsel macht mich noch ganz nervös, beklagte er sich,<br />

dann aber gewann das monotone hin und her des Anhängers<br />

mit dem elektronischen Innenleben die Oberhand. Natürlich hatte<br />

auch Wolfs Stimme etwas damit zu tun, sie beruhigte ungemein<br />

und ließ den innerlich zerrissenen erst mal Abstand gewinnen.<br />

Wolf sah nach Miriam, sie war immer noch gespannt, aber<br />

aufmerksam, ohne Panik. Wolf machte eine Geste mit seiner<br />

Hand. Zwei Finger legte er an den Daumen, die anderen knickte

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