21.01.2013 Aufrufe

November 07 10ter Jahrgang - Archiv

November 07 10ter Jahrgang - Archiv

November 07 10ter Jahrgang - Archiv

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

06 FREIeBÜRGER<br />

Wer Radio Dreyeckland (RDL) kennt,<br />

weiß: Finanzkrisen sind keine wirkliche<br />

Neuheit für das Freie Radio in Freiburg.<br />

Als nicht-kommerzielles, linkes Medienprojekt<br />

wird man nun nicht mal mit Geld<br />

beworfen. Aber so ernst war es noch nie:<br />

Seit Monaten kann RDL die Miete nicht<br />

mehr bezahlen, die Programmzeitung<br />

wurde eingestellt, defekte Studiotechnik<br />

bleibt defekt. Es fehlt das Geld zur Reparatur<br />

oder für Neuanschaffungen. Die<br />

ersten „festen Freien“, die bisher mit einem<br />

Pauschalhonorar rechnen konnten,<br />

haben Hartz IV-Anträge gestellt.<br />

Spenden für Radio Dreyeckland<br />

Das älteste freie Radio der Bundesrepublik in Finanznot<br />

Hintergrund der Krise ist ein zermürbender<br />

Streit mit der Landesanstalt für Kommunikation<br />

(LfK), der Medienbehörde im<br />

Ländle. Im Kern geht es um das „Morgenradio“,<br />

eine werktägliche Schiene von 8-<br />

10 Uhr, die seit 2006 auf der 102,3 Mhz zu<br />

hören ist. Dieses Morgenradio wird in Freiburg<br />

über den Sender Vogtsburg und in Schopfheim/Lörrach über<br />

den Sender Hohe Möhr ausgestrahlt. Damit will Radio Dreyeckland<br />

seinem Namen gerecht werden: Ein regional ausgerichtetes Programm<br />

für das Dreyeckland. So war es bei der LfK beantragt, so<br />

wurde es anfangs gefördert, aus Rundfunkgebührenmitteln des<br />

Landes. Bald jedoch drehte die LfK den Geldhahn wieder zu. Die<br />

Fördergelder wurden 2006 reduziert und im April 20<strong>07</strong> schließlich<br />

ganz eingestellt. Radio Dreyeckland produziere kein eigenständiges<br />

Programm für das Sendegebiet Hohe Möhr, hieß es als Begründung.<br />

Lange Auflistungen der Interviews mit zahlreichen Projekten,<br />

Organisationen, Gruppen aus dem Lörracher und Basler Raum<br />

beeindruckte die Behörde nicht. Genauso wenig die Tatsache, dass<br />

das Morgenradio seit Mai 20<strong>07</strong> zum Teil aus einem eigens eingerichteten<br />

Studio in Lörrach sendet.<br />

Radio Dreyeckland zog vor Gericht, um mit einer einstweiligen Anordnung<br />

die Auszahlung der Gelder zu erstreiten. Denn das nicht<br />

vorhandene Geld wurde gleichzeitig ausgegeben, auch um den<br />

Anspruch auf die Fördergelder nicht zu verlieren. Das Sendestudio<br />

in Lörrach wurde aufrechterhalten, die Honorare gezahlt. Bei Radio<br />

Dreyeckland türmten sich die Schulden.<br />

Anfang Oktober hat nun das Verwaltungsgericht Stuttgart die Verweigerung<br />

der Rundfunkgebührenmittel durch die LfK für rechtens<br />

erklärt. Nach einem sechsmonatigen „Eilverfahren“ befanden die<br />

Richter, es handle sich hier um eine „Ermessungserwägung der Behörde“.<br />

Radio Dreyeckland hat bereits Beschwerde eingelegt gegen<br />

dieses Urteil. Allerdings ist das politische Klima im Ländle eher<br />

eine Klimakatastrophe und so sieht Andreas Reimann, langjähriger<br />

Redakteur, die Lage realistisch: „Seit bei der LfK Thomas Langheinrich<br />

als Chef eingesetzt wurde, ein Mann aus der Riege von<br />

Ministerpräsident Oettinger, weht den freien Radios ein schärferer<br />

Wind entgegen. Wir sind oft gegen die einseitige Medienpolitik<br />

aus Stuttgart vor Gericht gezogen. Das hat uns dort nicht gerade<br />

Freunde verschafft.“<br />

Mit Einsparungen und Privatkrediten kann sich RDL nun nicht länger<br />

über Wasser halten. Ausstehende Forderungen, wie 6000 Euro<br />

für Leitungskosten zum Sender Hohe Möhr, deren Zahlung die LfK<br />

seit April ebenfalls verweigert, stehen als Konkursdrohung im Raum.<br />

Zusätzlich spitzt sich die Förderpolitik im Land immer weiter zu.<br />

„Die Mittel für freie Radios sollen reduziert werden. Gelder soll es<br />

vermehrt nur noch für Projekte geben, die inhaltliche Auflagen er-<br />

füllen – das bedeutet einen Eingriff in die<br />

Programmfreiheit von freien Radios“, fasst<br />

Andreas Reimann die Entwicklung zusammen.<br />

Radio Dreyeckland setzt daher jetzt auf die<br />

Solidarität der Hörerinnen und Hörer und<br />

aller Menschen, die ein selbstverwaltetes,<br />

unabhängiges Radio ohne Werbung für<br />

eine gute Sache halten. Noch immer sorgen<br />

etwa 150 RedakteurInnen, die ehrenamtlich<br />

rund um die Uhr senden, in 14 verschiedenen<br />

Sprachen, für die nötige Vielfalt<br />

in der Medienlandschaft. Im Gruppenradio<br />

senden immer wieder Streetpunks,<br />

auch die FREIeBÜRGER-Redaktion hat sich<br />

dort schon vorgestellt und Uli vom<br />

FREIeBÜRGER bestreitet seit Jahren die<br />

„Panne Show“. Noch immer ist Radio<br />

Dreyeckland ein lebendiges Projekt, getragen<br />

von Menschen verschiedener Herkunft,<br />

verschiedener Generationen, unterschiedlicher<br />

sexueller Orientierung, unterschiedlichen<br />

Haarfarben und Schuhgrößen. Unzählige Organisationen,<br />

Gruppen, Projekte und Einzelpersonen haben in den letzten<br />

30 Jahren die Gelegenheit genutzt, über die 102,3 Mhz mit ihren<br />

Anliegen an die Öffentlichkeit zu gehen. Auf ihre Unterstützung<br />

setzt RDL jetzt: „Wir brauchen 500 mal 50 Euro Spenden bis Jahresende“,<br />

so Reimann, „und um das nächste Jahr zu überstehen, reicht<br />

unser Freundeskreis mit 1.300 zahlenden Mitgliedern nicht aus. Mit<br />

4.000 Mitgliedern wäre unsere Finanzierung gesichert. Wenn jedeR<br />

Zehnte unserer 40.000 HörerInnen Mitglied werden würde, wäre<br />

Radio Dreyeckland wirklich unabhängig.“<br />

Eine Mitgliedschaft bei RDL kostet 3 Euro im Monat für Nicht-<br />

Verdienende und 5,50 für Verdienende. Im Moment gibt es für einen<br />

Eintritt sogar ein Geschenk: Die Radio Dreyeckland-DVD (für Computer)<br />

zu 30 Jahren freier Radiogeschichte.<br />

Birgit Huber<br />

RDL

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!