Re-Präsentationen - PUB - Universität Bielefeld
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Politik der <strong>Re</strong>präsentation<br />
Trotz der Gefahr der <strong>Re</strong>ifizierung können Minorisierte, so Spivak, oft<br />
nur über die Position der ‚Fürsprecherin’ gehört werden. An dieser Stelle<br />
kommt die paradoxe Beziehung zwischen der ‚Fürsprecherin’ und<br />
den repräsentierten Minorisierten, denen es nicht möglich ist, sich<br />
selbst zu repräsentieren, deutlich zum Ausdruck. Die Subjektposition<br />
der ‚Fürsprecherin’ gerät durch die Unmöglichkeit, sich selbst zu repräsentieren,<br />
zu einer parasitären Position. Und bei dem Versuch, die<br />
minorisierten Räume aufzulösen, sie zum Verschwinden zu bringen,<br />
stabilisiert sie ihre eigene Legitimität als <strong>Re</strong>präsentantin. Genau an<br />
dem Punkt also, an dem sich die Verantwortung der <strong>Re</strong>präsentation<br />
und die Berechtigung, die Andere Stimme zu repräsentieren, treffen,<br />
liegt gewissermaßen der Raum des Politischen. Die unternommenen<br />
Anstrengungen der Fürsprecherin, der minorisierten Perspektive eine<br />
Stimme in der Geschichte einzuräumen, ist nie frei von den Tücken<br />
des Essentialismus. Insoweit ist die Lage der <strong>Re</strong>präsentantin eine verzwickte.<br />
Sie kann nicht unschuldig sein, denn das Sprechen der Einen<br />
wird durch das Schweigen der Anderen erst ermöglicht.<br />
Die Lösung liegt nun u. E. nicht in einer Post-<strong>Re</strong>präsentationspolitik,<br />
sondern vielmehr in einer Praxis des beständigen Hinterfragens<br />
der eigenen Komplizenschaft. <strong>Re</strong>präsentation als eine Praxis, die versucht,<br />
das Schweigen zu lesen, wird immer wieder neue Wahrheitsregime<br />
und damit auch andere Formen von Gewalt hervorbringen. Es<br />
sind dann die Gegendiskurse selbst, die jene zum Schweigen bringen,<br />
die sie eigentlich befreien wollen, indem sie für diese sprechen. Anders<br />
gesagt: <strong>Re</strong>präsentation als eine Praxis, die das Schweigen lesen<br />
möchte, ist beständig in Gefahr, selbst Schweigen zu produzieren (vgl.<br />
Castro Varela/Dhawan 2006; Dhawan 2005). Weswegen wir nicht umhin<br />
kommen, unser eigenes Tun beständig zu hinterfragen und nicht<br />
so tun können, als gäbe es eine Position, die vom außerhalb der Macht<br />
sprechen könnte; als gäbe es die Möglichkeit zu repräsentieren und<br />
dabei unschuldig zu bleiben.<br />
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Literatur<br />
María do Mar Castro Varela & Nikita Dhawan<br />
Appadurai, Arjun (2005): Modernity at Large. Cultural Dimensions of Globalization,<br />
Minneapolis/London<br />
Beverley, John (2004): Subalternity and <strong>Re</strong>presentation. Arguments in Cultural<br />
Theory, Durham/London<br />
Butler, Judith (1990): Gender Trouble: Feminism and the subversion of identity,<br />
New York/London<br />
Castro Varela, María do Mar (2003): Vom Sinn des Herum-Irrens: Emanzipation<br />
und Dekonstruktion, in: Koppert, Claudia/Selders, Beate (Hg.): Hand aufs dekonstruierte<br />
Herz, Königstein/T., 91-115<br />
Castro Varela, María do Mar/Dhawan, Nikita (2005): Postkoloniale Theorie.<br />
Eine kritische Einführung, <strong>Bielefeld</strong><br />
Castro Varela, María do Mar/Dhawan, Nikita (2006): Das Dilemma der Gerechtigkeit:<br />
Migration, <strong>Re</strong>ligion und Gender, in: Das Argument, 266, 48. Jg., Heft 3,<br />
2006, 427-440<br />
Code, Lorraine (2004): The Power of Ignorance, Göteburg, 17./19. Juni 2004,<br />
Unveröffentlichtes Manuskript des Vortrags auf der Internationalen Philosophinnentagung<br />
des IAPh<br />
Dhawan, Nikita (2005): Die verzwickte Position der postkolonialen Feministin:<br />
Gegen eine Subalternisierung der intellektuellen Migrantin, in: Müller-Funk,<br />
Wolfgang/Wagner, Birgit (Hg.): „Postkoloniale“ Konflikte im europäischen<br />
Kontext, Wien, 77-89<br />
Foucault, Michel (1977): Intellectuals and Power, in: Bouchard, Donald (Hg.):<br />
Language, Counter-Memory, Practice. Selected Essays and Interviews by Michel<br />
Foucault, Ithaca<br />
Martín Lucas, Belén (2006): In Silk and Cotton: Wrapping The Exotic Other for<br />
the Western Consumer, Unveröffentlichter Beitrag auf der „Third International<br />
Conference on Cultural Diversity in English-Speaking Countries“, 10.-12.5.2006<br />
in A Coruña/Spanien<br />
Said, Edward (1978): Orientalism, New York<br />
Said, Edward (1997): Covering Islam. How the Media and the Experts Determine<br />
How We See the <strong>Re</strong>st of the World, New York<br />
Spivak, Gayatri Chakravorty (1988): Can the subaltern speak? In: Nelson, Gary/<br />
Grossberg, Lawrence (Hg.): Marxism and the interpretation of culture, Urbana/Chicago,<br />
271-313<br />
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