25.01.2013 Aufrufe

Juni bis August 2010 - Epiphanien

Juni bis August 2010 - Epiphanien

Juni bis August 2010 - Epiphanien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Es stellt sich ein seelsorgerliches Erkennen her: Wie sehr unsere<br />

Überzeugungen auch mit eigener Lebensgeschichte verwachsen sind…<br />

Mein Erleben gerät dann mit meinen Worten in eine<br />

Übersetzungsarbeit. Theologisch wäre somit weniger die übliche<br />

„Vermittlung“ von alten Sprachen und Weltbildern gemeint, als eher die<br />

Wahrnehmung meiner tatsächlichen Lebenssituation. Daraus wandelt sich<br />

„Verkündigung“ in wirklichkeitsvermittelnde Praxis, in ein Lernen von und<br />

mit einander.<br />

Will ich das Übersetzen deuten wie ein Über–setzen über einen Fluß,<br />

dann weiß ich zugleich, daß ich manchen Ballast der Vergangenheit am<br />

hiesigen Ufer zurücklassen muß (Wer in den phasenhaften Wechseln des<br />

Lebens etwa von seiner großen alten Wohnung in ein viel kleineres<br />

Domizil wechseln mußte, weiß, wie das schmerzt…). Daß<br />

Überschreitungen jedoch auch für mich unausweichlich sind, steht außer<br />

Frage. Deshalb sind gerade die menschlichen Begegnungen in meiner<br />

Gemeinde so nötig, weil dort einer dem anderen ans Ufer neuer<br />

Erkenntnisse und Wagnisse verhilft.<br />

Dann wäre das wechselseitige Psalmlesen nicht die innovative<br />

Kommunikationsform etwa im Gottesdienst, sondern tatsächliche Fragen<br />

leiten in Liturgie und Predigt an zu lebensdienlichen Antworten.<br />

„Übersetzung“ ist dann nicht irgendwie verpackte Vermittlung der<br />

Wissenden an die Unwissenden, vielmehr begeben wir uns in den<br />

Austausch von Mit-Teilungen, als Gemeinschaft der Teilgebenden und –<br />

nehmenden.<br />

Ein Verständnis von Kirche als einer aus der „Welt“ herausragenden<br />

Insel ist vorbei. Wir arbeiten an einem Selbstverständnis von Orten des<br />

menschlich-geschwisterlichen Gespräches.<br />

Im Gegenversuch zu den zunehmend unpersönlichen Arbeitsverhältnissen<br />

erscheinen mir Austausch und Mitsprache immer nötiger.<br />

(Ähnlich zu beobachten an Menschen, die als Einzelne aus vorher<br />

druckvollen Arbeitsvorgängen eines Tages in beziehungslose Einsamkeit<br />

geraten). Gemeinde als Ort, wo wir nicht zweckorientiert von anderen<br />

verplant werden, vielmehr uns sinnvoll Gedanken machen dürfen im freien<br />

Miteinander. Dazu benötigen wir weniger ausgeliehenes Pathos, als<br />

selber durchgearbeitete Klarheit. Für mich bleiben in diesem nüchternheiteren<br />

Zukunftsdenken manche Worte Jesu vom Annehmen und<br />

einander Begleiten ermutigend. Wir Kirchenmenschen dürfen<br />

hinausstapfen in die Zukunft, in Reifungs-Schritten. Nicht nur, indem wir<br />

die alten Schuhe – aus Kindertagen vielleicht noch – wieder besohlen<br />

lassen. Ich möchte dringend lernen und reifen, weil die Freude am<br />

Entdecken auch ganz neue Liebe zum Leben verspricht.<br />

Pfarrer Wolfgang Bings<br />

2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!