BRAUNSCHWEIGERJOURNAL - Cyty-Braunschweig
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<strong>Braunschweig</strong>er Journal 15<br />
Ausgabe 1/2012<br />
55 Jahre Altersunterschied<br />
Text und Foto: Friedrich Schaper<br />
Ein älterer, reifer Herr reiste<br />
oft nach Böhmen, um dort seinem<br />
Hobby nachzugehen und<br />
Mineralien zu sammeln. Im<br />
böhmischen Franzensbad, in<br />
dem er auch zur Kur weilte,<br />
traf er einst eine jüngere Freifrau<br />
mit ihren drei Töchtern.<br />
In der Folge suchte er die Bekanntschaft<br />
der Familie, denn<br />
er hatte sich in die 17-jährige<br />
älteste Tochter verliebt. Das<br />
junge Mädchen befand sich<br />
die übrige Zeit in einem französischen<br />
Internat und war<br />
sehr intelligent, wie aus ihren<br />
Briefen hervorgeht. Sie verbrachte<br />
immer ihre Ferien mit<br />
ihrer Familie, die dann zumeist<br />
zum Kuren in eines der<br />
böhmischen Bäder fuhr. Neuerdings<br />
bevorzugte die Mutter<br />
das ganz neu eingerichtete, in<br />
einem engen bewaldeten Tal<br />
liegende Marienbad. Auch<br />
hier tauchte der Mann wieder<br />
auf, besuchte die Familie und<br />
unternahm längere Spaziergänge<br />
mit Ulrike, so hieß das<br />
Mädchen. Noch heute gibt es<br />
dort eine "Kavarna Ulrika"<br />
(Waldkaffee Ulrike).<br />
Er feierte im Jahr 1823 seinen<br />
74. Geburtstag auf einem<br />
Schloss im Böhmischen, um<br />
der Familie nahe zu sein.<br />
Schließlich, Ulrike war inzwischen<br />
19 Jahre alt, sandte er<br />
einen der Familie des Mädchens<br />
nahestehenden Großherzog<br />
als Brautwerber aus,<br />
der in seinem Namen um Ulrikes<br />
Hand anhalten sollte.<br />
Davon wurde die Familie<br />
gänzlich überrascht - nicht<br />
zuletzt auch Ulrike. Nun war<br />
guter Rat teuer. Die Mutter<br />
fand, dass der Antrag sehr<br />
ehrenvoll war, der Mann war<br />
ja Geheimrat, riet ihrer Tochter<br />
aber, gut zu überlegen, da<br />
sie möglicherweise sehr lange<br />
Witwe sein könnte. Es war<br />
auch von einer hohen Pension<br />
von 10.000 Talern jährlich die<br />
Rede, die Ulrike zustehen sollte,<br />
wenn sie später einmal<br />
allein zurückbliebe. Von Seiten<br />
der Familie des Mannes<br />
gab es indes wohl auch Versuche,<br />
diese Allianz zu verhindern.<br />
Es ging schließlich<br />
nicht zuletzt um Erbschaftsfragen.<br />
Ulrike sollte entscheiden.<br />
Und sie wies den Antrag<br />
ab.<br />
Letzter Vers der Marienbader Elegie<br />
Mir ist das All, ich bin mir selbst verloren,<br />
Der ich noch erst den Göttern Liebling war;<br />
Sie prüften mich, verliehen mir Pandoren,<br />
So reich an Gütern, reicher an Gefahr;<br />
Sie drängten mich zum gabeseligen Munde,<br />
Sie trennen mich, und richten mich zugrunde.<br />
ALWIN GRASHOFF<br />
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Zutiefst traurig und verletzt<br />
machte sich der Mann mit der<br />
Kutsche auf den langen Weg<br />
nach Haus. Er sollte<br />
nie wieder nach<br />
Böhmen kommen.<br />
Noch vor der Abreise<br />
begann er, ein 23<br />
Strophen langes<br />
Gedicht zu verfassen,<br />
das Ulrike aber<br />
erst später nach seinem<br />
Tode zu lesen<br />
bekam und das Stefan<br />
Zweig als das<br />
intimste Gedicht<br />
des Autors bezeichnete.<br />
Der Mann, es<br />
war Johann Wolfgang<br />
von Goethe,<br />
trauerte noch lange<br />
seiner letzten Liebe<br />
nach. Das Gedicht<br />
nannte er "Marienbader Elegie".<br />
Ulrike von Levetzow starb im<br />
Alter von 95 Jahren auf ihrem<br />
Schloss. Sie hatte niemals<br />
geheiratet. Und weil immer<br />
wieder darüber gemunkelt<br />
Denkmal Goethe<br />
und Ulrike<br />
worden war, erklärte sie<br />
schließlich der interessierten<br />
Gesellschaft: "eine Liebschaft<br />
war es keine nicht".