BRAUNSCHWEIGERJOURNAL - Cyty-Braunschweig
BRAUNSCHWEIGERJOURNAL - Cyty-Braunschweig
BRAUNSCHWEIGERJOURNAL - Cyty-Braunschweig
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Braunschweig</strong>er Journal 27<br />
Ausgabe 1/2012<br />
Figaro hier, Figaro da<br />
Von Helmut Wenzel<br />
Als kleiner Steppke durfte ich<br />
zum Haarschneiden auf den<br />
Rücken eines Holzelefanten<br />
klettern. Dieser Kinderhochsitz<br />
überstand den Krieg, und<br />
so war ich erfreut, ihn einige<br />
Jahre später in dem von Bomben<br />
verschont gebliebenen<br />
Frisörsalon wiederzufinden.<br />
Der Besitzer des Salons hatte<br />
inzwischen gewechselt. Dieser<br />
glaubte, mich als Schüler so<br />
nebenbei abfertigen zu können.<br />
Erwachsene zog er vor,<br />
ich musste warten. Er verpasste<br />
mir sogar eine Papierhalskrause,<br />
die vor mir einem<br />
Mann bereits als Schwitzbremse<br />
angelegt worden war.<br />
Ich wechselte den Frisörladen,<br />
und hier schwang der Chef selber<br />
die Schere. Immer, wenn<br />
jemand seinen Laden betrat,<br />
schaute er sich um. Durch seine<br />
Unaufmerksamkeit zwickte er<br />
mir gründlich ins Ohr. Das<br />
angerichtete "Blutbad" ließ sich<br />
stillen. Ich verließ den Frisörsalon<br />
mit einer turbanähnlichen<br />
Kopfumwicklung.<br />
Während länger andauernder<br />
Dienstreisen und mit oft primitiven<br />
Waschgelegenheiten in<br />
Herbergen der 50er Jahre, war<br />
ich auf die Haarwäsche beim<br />
Frisör angewiesen. In Österreich<br />
setzte man mich einmal<br />
in der Damenabteilung unter<br />
ein Monstrum von Trockenhaube.<br />
Zum Glück erschien<br />
kein Team zu einem Fernsehinterview.<br />
Österreichs Frisöre<br />
hätten sofort revolutionierende<br />
Herrenhaartrockenmethoden<br />
entwickeln müssen.<br />
Während eines längeren Krankenhausaufenthaltes<br />
schnitt<br />
ich leichtsinnigerweise einem<br />
Leidensgenossen die Haare.<br />
Ein elektrischer Rasierapparat<br />
mit Scherkopf leistete beachtliche<br />
Dienste. Mein Talent<br />
sprach sich herum, und so<br />
wurde ich fast zum Stationsbarbier.<br />
Als ich dann noch<br />
einem Mädchen, das als Besucherin<br />
erschien, ans Haupt<br />
sollte, streikte ich.<br />
Ein besonderes Erlebnis war<br />
die nur einmal in meinem<br />
Leben gewählte Rasur durch<br />
einen Barbier. Er seifte mich<br />
mit einem Pinsel ein, verteilte<br />
per Hand die Schmiere noch<br />
gründlich und begann mit dem<br />
Messerschnitt. Meine Nasenspitze<br />
wurde in seinen handwerklichen<br />
Arbeitsablauf mit<br />
einbezogen. Von ihr aus dirigierte<br />
er die einzelnen Kopflagen.<br />
In der Türkei gehört zum Haarschneiden<br />
eine Kurzmassage<br />
des Nackens und der Arme.<br />
Der Höhepunkt war für mich<br />
während einer Urlaubsreise<br />
das Abflambieren der Haare in<br />
den Ohren mit einem Fidibus<br />
aus Zeitungspapier. Das Besprühen<br />
mit allen möglichen<br />
Düften Vorderasiens leitete die<br />
Endbehandlung ein.<br />
Im fortgeschrittenen Alter entsteht<br />
vor der Prozedur zwischen<br />
den Haarkünstlern und<br />
mir hin und wieder die Überlegung,<br />
wie viele Zentimeter<br />
Kopfschmuck abgeschnitten<br />
werden oder erhalten bleiben<br />
sollen. Das richtet sich dann je<br />
nach der Jahreszeit. Ein kitzelnder<br />
Abstaubpinsel oder ein<br />
Pustegerät und ein Vergrößerungsspiegel<br />
dienen der<br />
Endabnahme. Der Befund lautet<br />
dann frei und Goethes<br />
"Osterspaziergang" angepasst:<br />
"Von Haaren befreit sind Kopf<br />
und Ohren durch des Meisters<br />
lobend Geschick. Auf manch<br />
einer Glatze grünet Hoffnungsglück!"<br />
Gruß an den Frühling<br />
O holder Lenz! Dein sanfter Hauch<br />
Lädt ein zum Frühlingsfeste.<br />
Das Lied der Drossel aus dem Strauch<br />
Lockt tausend zarte Gäste:<br />
Ihr Primeln, tanzt und streut aufs Feld<br />
Die schönsten gelben Sterne,<br />
Ihr Weißdornblüten, schmückt die Welt<br />
Bis in die fernste Ferne!<br />
Ihr Veilchen, schlagt die Augen auf,<br />
Stechginsters Gold soll glänzen,<br />
Ihr Anemonen, kommt zuhauf:<br />
Ihr dürft den Lenz bekränzen!<br />
Edith Holden