BRAUNSCHWEIGERJOURNAL - Cyty-Braunschweig
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<strong>Braunschweig</strong>er Journal 7<br />
Ausgabe 1/2012<br />
Es war einmal…<br />
Zweihundert Jahre<br />
Grimms Märchen<br />
Von Christel Mertens • Foto: Schulmuseum Steinhorst<br />
Wenn an dunklen Winterabenden<br />
meiner Kindheit diese<br />
ersten Worte eines Märchens<br />
vorgelesen wurden, lauschten<br />
wir Kinder andächtig und fieberten<br />
mit, bis die Prinzessin<br />
erlöst war, der Prinz sie zur<br />
Frau genommen und das Gute<br />
schließlich gesiegt hatte.<br />
Erleichtert hörten wir den<br />
Schlusssatz "und wenn sie<br />
nicht gestorben sind, so leben<br />
sie noch heute". Obwohl Anfang<br />
und Ende keineswegs bei<br />
allen Märchen so gefasst sind,<br />
haben sich diese Worte in<br />
unsere Erinnerung eingebrannt,<br />
wie auch die Märcheninhalte<br />
zum festen Bestandteil<br />
unseres frühkindlichen<br />
Erlebens wurden. Es war<br />
Verlass darauf, dass die Prinzessin<br />
schön, der Prinz edel<br />
war und man von der Stiefmutter<br />
nichts Gutes zu erwarten<br />
hatte. Wir wunderten uns<br />
nicht, dass Tiere sprechen<br />
konnten und es Zwerge gab,<br />
die allerlei Gutes oder auch<br />
Böses anrichteten. Mit den<br />
geschilderten Grausamkeiten<br />
wurden wir meist problemlos<br />
fertig. Vielleicht haben wir<br />
intuitiv die sinnbildliche Sprache<br />
verstanden, die etwas<br />
anderes als das materiell Geschilderte<br />
meinte. Obwohl wir<br />
nicht versuchten, Märchen zu<br />
deuten, wurde uns beispielsweise<br />
anhand von Rotkäppchen<br />
eines sehr wohl klar: Es<br />
kann böse enden, wenn man<br />
vom rechten Weg abkommt<br />
und Anordnungen der Erwachsenen<br />
nicht befolgt.<br />
Märchen begleiteten so die<br />
Entwicklung unserer frühen<br />
Jahre, und ihre Heldinnen und<br />
Helden beeinflussten unser<br />
Handeln. Wir lernten an ihrem<br />
Beispiel, Gut und Böse zu<br />
unterscheiden. Was wir unter<br />
sozialer Verantwortung, Frei-<br />
giebigkeit oder Hilfsbereitschaft<br />
verstehen, findet sich in<br />
eindrucksvoller Weise im<br />
Märchen vom "Sterntaler".<br />
Sterntaler hat uns teilen gelehrt.<br />
Diesen Schatz wunderbarer,<br />
geheimnisvoller Geschichten,<br />
die sich nie und nirgends zugetragen<br />
haben, sammelten<br />
die Brüder Jacob und Wilhelm<br />
Grimm und veröffentlichten<br />
sie 1812 unter dem Titel "Kinder-<br />
und Hausmärchen". Nicht<br />
ihrer eigenen Fantasie sind sie<br />
entsprungen, die mündlich<br />
überlieferten Texte wurden<br />
ihnen erzählt. Jakob und Wilhelm<br />
Grimm, beide Professoren<br />
der Sprachwissenschaft,<br />
überarbeiteten die Inhalte und<br />
brachten sie sprachlich in<br />
Form. 1815 erschien der zweite<br />
Märchenband, von dem die<br />
Grimms hofften, "dass ein<br />
eigentliches Erziehungsbuch<br />
daraus werde".<br />
Diese Hoffnung hat sich<br />
erfüllt; denn, nachdem bedeutende<br />
Künstler die Märchen<br />
illustriert hatten und die Verlags-<br />
und Illustrationsrechte<br />
erloschen waren, fanden<br />
Grimms Märchen um 1880<br />
Eingang in die Schullesebücher.<br />
Auch großformatige<br />
Märchendarstellungen auf<br />
Wandbildern bereicherten von<br />
da an den Unterricht. Noch<br />
heute werden die Märchen der<br />
Brüder Grimm, inzwischen in<br />
vielen Auflagen erschienen,<br />
im Familienkreis vorgelesen<br />
und von den Kindern geliebt.<br />
Im Jubiläumsjahr zeigt das<br />
Schulmuseum Steinhorst bis<br />
zum 18. März eine eindrucksvolle<br />
Sammlung faszinierender<br />
Märchenwandbilder, die<br />
die Vorstellungswelt unserer<br />
Kindheit wieder auferstehen<br />
lässt.<br />
Ausgestorbene<br />
Berufe:<br />
Ein Tagelöhner war jemand,<br />
der keine feste Arbeit hatte<br />
und sich jeden Tag um eine<br />
neue Arbeit bemühen musste,<br />
um seinen Lebensunterhalt für<br />
sich oder seine Familie zu verdienen.<br />
Die Bezeichnung "Tagelöhner"<br />
kommt daher, weil er,<br />
denn es waren früher ausschließlich<br />
Männer, nicht<br />
stunden-, sondern tageweise<br />
bezahlt wurde.<br />
Vielleicht haben auch Sie<br />
noch die Rundfunkmeldungen<br />
des NWDR aus den frühen<br />
50er Jahren im Ohr: "Im Hamburger<br />
Hafen werden 2000<br />
zusätzliche Arbeitskräfte benötigt.<br />
Interessenten melden<br />
sich bitte morgen um sieben<br />
Uhr vor dem Büro in<br />
der Admiralitätsstraße!" Aber<br />
auch in der Landwirtschaft<br />
Tagelöhner<br />
Von Dieter Seppelt<br />
wurden immer wieder Tagelöhner<br />
gebraucht, um Arbeitsspitzen<br />
bei der Ernte, beim<br />
Dreschen usw. abzufangen.<br />
Und man hatte diese Arbeitskräfte<br />
auch bekommen, da<br />
sehr viele um ihr täglich Brot<br />
kämpfen mussten. Aber das<br />
war im Nachkriegsdeutschland<br />
vor 60 Jahren.<br />
Eine Meldung in der <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Zeitung wie z. B.:<br />
"Die Stadtverwaltung und<br />
ALBA <strong>Braunschweig</strong> GmbH<br />
suchen 500 zusätzliche Arbeitskräfte<br />
zur Schneeräumung<br />
innerhalb des Stadtgebietes.<br />
Interessenten melden<br />
sich bitte morgen um 7.00 Uhr<br />
vor dem Büro ..." dürfte heutzutage<br />
wohl nicht mehr auf<br />
allzu große Resonanz stoßen.<br />
Warum? Nun, es gibt keine<br />
Tagelöhner mehr!<br />
Erinnern Sie sich noch<br />
an Schließkorb?<br />
Ein Schließkorb, auch Reisekorb, gefüllt mit Tisch-, Bett-<br />
und Leibwäsche, gehörte früher zum Heiratsgut, zur Erstausstattung<br />
einer jungen Dame. Es war ein großer, etwa einen<br />
Kubikmeter fassender eckiger Behälter aus Bambus- und Weidengeflecht<br />
mit zwei Tragegriffen an den Seiten, innen ausgeschlagen<br />
mit rotem Stoff: Leinen oder Seide. Zwei Metallklappen,<br />
an der Vorderseite des Deckels befestigt, passten über<br />
eiserne Schlaufen am Korb und konnten mit einer Eisenstange<br />
und einem Vorhängeschloss gesichert werden. Unentbehrlich<br />
bei großen Reisen und Umzügen dienten sie auch auf Speichern<br />
als Behältnis für abgetragene Kleidung, alte Bücher und allerlei<br />
Krimskrams, das zum Wegwerfen zu schadewar.