BeHMI 2010 - Historisches Institut - Universität Bern
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Wehrmacht immer noch ausstehend. Diese Arbeit,<br />
welche im Rahmen des internationalen Projekts<br />
„Referenzrahmen des Krieges. Wahrnehmungen<br />
und Deutungen von Soldaten der Achsenmächte,<br />
1939 – 1945“ unter der Leitung von Prof. Dr. Sönke<br />
Neitzel entstanden ist, geht der Frage nach, wie<br />
Mannschaftssoldaten der deutschen Wehrmacht<br />
die Zeit des Zweiten Weltkrieges wahrgenommen<br />
und wie sie zeitgenössische Situationen interpretiert<br />
haben.<br />
Anhand einer qualitativen Inhaltsanalyse wurden<br />
die Aussagen von 31 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten<br />
Mannschaftssoldaten ausgewertet. Zudem<br />
wurde eruiert, über welche Themenbereiche<br />
die Gefangenen mit den Verhöroffizieren und<br />
ihren Zellengenossen gesprochen haben. Im Zentrum<br />
des Interesses stehen zwei erkenntnisleitende<br />
Fragestellungen. Erstens: inwiefern hat der soziographische<br />
Hintergrund einen Einfluss auf die<br />
Sinnstiftungsmuster der Soldaten? Und Zweitens:<br />
inwiefern orientieren sich die Wehrmachtsangehörigen<br />
für die Interpretationsprozesse an verschiedenen<br />
Referenzrahmen?<br />
Im ersten Teil der Arbeit werden der Forschungsstand,<br />
die methodische Vorgehensweise und das<br />
Sozialprofil der Gefangenen vorgestellt. Bevor im<br />
Hauptteil dargestellt wird, welche Themen in den<br />
Gesprächen und Verhören vorrangig behandelt<br />
werden und die Gefangenen ausführlich zu Wort<br />
kommen, wird zuerst auf die Lebensumstände<br />
deutscher Soldaten in amerikanischer Kriegsgefangenschaft<br />
eingegangen und das Vernehmungs-<br />
Gregory Brown<br />
zentrum Fort Hunt sowie dessen Verhörtätigkeiten<br />
näher vorgestellt.<br />
Im theoretischen Teil werden drei verschiedene<br />
Referenzrahmen herausgearbeitet, welche den<br />
Soldaten für die Wahrnehmung und Deutung der<br />
Ereignisse Orientierung bieten. Die Autorin geht<br />
davon aus, dass ein ideologisch-normativer, ein<br />
situativer und ein biographisch/lebensgeschichtlicher<br />
Referenzrahmen in unterschiedlichem<br />
Masse die Interpretationsleistungen der Soldaten<br />
beeinflussen.<br />
Die Analyse der Aussagen der Kriegsgefangenen<br />
in Fort Hunt hat ergeben, dass die Einstellung zum<br />
Hitlerregime, die Interpretation der Geschehnisse,<br />
die Perzeption des Krieges und die Wahrnehmung<br />
der Soldaten- und Heimatfrontmoral von vielen<br />
Faktoren beeinflusst werden. Es hat sich gezeigt,<br />
dass soziographische Daten wie Herkunft, Bildung<br />
und Alter (biographisch/lebensgeschichtlicher Referenzrahmen)<br />
einen weniger direkten Einfluss<br />
haben als der Grad der ideologischen Indoktrinierung<br />
(ideologisch-normativer Referenzrahmen)<br />
und situative Faktoren wie der Einsatz auf Kriegsschauplätzen,<br />
der Zeitpunkt der Gefangennahme<br />
und das ganz persönliche Erleben der Ereignisse<br />
(situativer Referenzrahmen).<br />
Für die Mentalitätsgeschichte der Wehrmacht, für<br />
das Erklären von Wahrnehmungs– und Sinnstiftungsmustern<br />
der Soldaten ist die Referenzrahmenanalyse<br />
am Schnittpunkt zwischen Sozialpsychologie<br />
und Geschichtswissenschaft ein vielversprechender<br />
neuer Ansatz.<br />
Die Weltjugendfestspiele als Ort politischer Auseinandersetzung<br />
Bei den Weltjugendfestspielen handelt es sich<br />
um kurz nach dem zweiten Weltkrieg ins Leben<br />
gerufene internationale Jugendtreffen. In regelmässigen<br />
Abständen trafen sich tausende Jugendliche<br />
aus der ganzen Welt, um gemeinsam zu diskutie-<br />
Masterarbeit bei Prof. Dr. Christian Gerlach<br />
ren, Sport zu treiben und zu feiern. Verbunden waren<br />
die Teilnehmer durch das Bekenntnis, für Frieden,<br />
internationale Solidarität und Freundschaft zu<br />
kämpfen. Die mehrheitlich in Osteuropa stattfindenden<br />
Veranstaltungen gerieten bald in den Ver-<br />
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