28.01.2013 Aufrufe

BeHMI 2010 - Historisches Institut - Universität Bern

BeHMI 2010 - Historisches Institut - Universität Bern

BeHMI 2010 - Historisches Institut - Universität Bern

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Markus Kindler<br />

Zwischen humanitärer Tradition und Eigeninteresse: Aufnahme von Flüchtlingen<br />

in der Schweiz<br />

Eine Untersuchung von drei Fallbeispielen zur Schweizerischen Aufnahme von Kontingentflüchtlingen<br />

zwischen 1960 und 1980<br />

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit<br />

Kontingentaufnahmen von Flüchtlingen, die zwischen<br />

1960 und 1980 vom Schweizerischen Bundesrat<br />

beschlossen wurden. Mit der Untersuchung<br />

der drei Fallbeispiele Tibet (untersuchter Zeitraum<br />

1959 bis 1963), Chile (1973 bis 1976) und Vietnam<br />

(1975 bis 1981) will der Autor vier Ziele erreichen:<br />

Da diese Fälle — insbesondere die Aufnahme von<br />

Flüchtlingen aus Indochina — bis heute in der<br />

Forschung kaum beachtet wurden, werden diese<br />

in seiner Arbeit genauer betrachtet. Es wird untersucht,<br />

wie es zur Aufnahme der Flüchtlinge kam<br />

und welche Akteure mit welchen Begründungen<br />

für und gegen eine Aufnahme argumentierten. In<br />

einem weiteren Schritt übernimmt Kindler einerseits<br />

Thesen, die von anderen Forschern erwähnt<br />

werden: Die humanitäre Tradition der Schweiz,<br />

die wirtschaftliche Lage und die politische Situation<br />

im jeweiligen Flüchtlingsland spielten bei<br />

der Aufnahme von Flüchtlingen in der Schweiz<br />

eine Rolle. Andererseits stellt er eigene Thesen auf<br />

und verweist darin auf den Einfluss der spontanen<br />

Öffentlichkeitsakteure, des United Nations High<br />

Commission for Refugees (UNHCR) sowie von<br />

Überfremdungsängsten in der Bevölkerung. Diese<br />

Thesen überprüft er anhand der drei Fälle. Schlussendlich<br />

versucht er als viertes Ziel festzustellen,<br />

ob für die zuständigen Behörden bestimmte Akteure<br />

und/oder Argumente in den Diskussionen<br />

rund um die Aufnahme von Flüchtlingen relevant<br />

waren.<br />

Um diese Ziele zu erreichen, werden in der Arbeit<br />

die drei Fälle mit Hilfe von zwei Quellentypen<br />

betrachtet und analysiert. Einerseits berücksich-<br />

Masterarbeit bei Prof. Dr. Christian Gerlach<br />

tigt der Autor die Akten des Eidgenössisches<br />

Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) und des<br />

Eidgenössischen Departements für auswärtige<br />

Angelegenheiten (EDA), die im Bundesarchiv<br />

zur Verfügung stehen. Andererseits untersucht er<br />

folgende drei Deutschschweizer Zeitungen: Die<br />

Neue Zürcher Zeitung, den Tages-Anzeiger und<br />

die Boulevard-Zeitung Blick. Der Fokus in der<br />

Untersuchung liegt dabei auf den verschiedenen<br />

Akteuren und ihren Argumenten in der Debatte um<br />

die Aufnahme von Flüchtlingen.<br />

Kindler kommt in seinem Beitrag zum Schluss,<br />

dass das Argument der wirtschaftlichen Lage der<br />

Schweiz, der politischen Situation im jeweiligen<br />

Flüchtlingsland und auch der Überfremdungsängste<br />

in der Bevölkerung nicht in allen drei Fällen zu<br />

finden war. Der Verweis auf die humanitäre Tradition<br />

der Schweiz in Bezug auf eine Aufnahme von<br />

Flüchtlingen bleibt das einzige Argument, welches<br />

in allen drei Fällen öffentlich verwendet wurde.<br />

Da diese Begründung jedoch von den zuständigen<br />

Behörden intern nicht verwendet wird, ist diese<br />

laut Autor auch für die Aufnahme von Flüchtlingen<br />

nicht relevant.<br />

Für Kindler lassen sich in seiner Untersuchung<br />

demnach keine Argumente festmachen, die für<br />

das EJPD und EDA eine relevante Rolle in der<br />

Debatte um eine Aufnahme von Flüchtlingen aus<br />

Tibet, Chile und Vietnam spielten. Anders beurteilt<br />

er den Einfluss der verschiedenen Akteure. Er<br />

sieht in seiner Arbeit eine Wirkung der spontanen<br />

und repräsentierenden Öffentlichkeitsakteure auf<br />

die beiden zuständigen Behörden. Internationale<br />

Akteure wie das UNHCR spielen dagegen nur in<br />

einzelnen Fällen eine Rolle.<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!