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Ausgabe 1/2010 - Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

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SCHULSTRUKTUR<br />

Das ist den Regierungsparteien zuviel:<br />

Gesamtschulen machen aus »Hauptschülern« Abiturienten.<br />

Von Eltern gewünscht, mit<br />

Schulpreisen ausgezeichnet,<br />

von „Haupt“SchülerInnen mit<br />

Abitur-Erfolg besucht, von CDU<br />

<strong>und</strong> FDP erbittert bekämpft …<br />

was wird aus den Gesamtschulen<br />

<strong>2010</strong>?<br />

von Anne Ratzki<br />

Eine Nachricht ließ im Dezember<br />

aufhorchen: In Düsseldorf<br />

will der Rat zwei Gesamtschulen<br />

um je 2 Züge verringern,<br />

um Hauptschulen vor der<br />

Schließung zu bewahren. Als<br />

die Bezirksregierung diesen<br />

Beschluss nicht genehmigt,<br />

weil auch in Düsseldorf 240<br />

Kinder in diesem Schuljahr<br />

keinen Platz an einer Gesamtschule<br />

fanden, legt das Kultusministerium<br />

nach: Man müsse<br />

darauf achten, dass in jede<br />

Gesamtschulklasse ein Drittel<br />

gymnasial-empfohlene Schüler<br />

aufgenommen würden, um die<br />

Heterogenität zu gewährleisten.<br />

Nach einer solchen Maßgabe<br />

dürften nur zwei Drittel der<br />

GesamtschülerInnen andere<br />

Schulform-Empfehlungen<br />

mitbringen. Dann hätte man<br />

keine Überhänge mehr, man<br />

bräuchte keine weiteren Gesamtschulen<br />

<strong>und</strong> müsste keine<br />

Hauptschulen schließen. Zwar<br />

hat das Verwaltungsgericht<br />

eine solche Anordnung (bei der<br />

neuen Gesamtschule Bonn) bereits<br />

für unzulässig erklärt, aber<br />

das ficht das Schul ministerium<br />

offenbar nicht an.<br />

Logisch? Bei der Befragung<br />

der Drittklässler in Köln<br />

will noch 1% der Eltern ihr<br />

Kind an einer Hauptschule<br />

anmelden. Zugleich sprachen<br />

sich 66% der Eltern<br />

für längeres gemeinsames<br />

Lernen <strong>und</strong> 23% für den<br />

Besuch einer Gesamtschule<br />

aus, davon auch 32% mit<br />

Gymnasialempfehlung.<br />

Und 72% der Eltern können<br />

sich eine inklusive<br />

Schule vorstellen, wenn<br />

die Förderbedingungen<br />

stimmen. Da in Köln in diesem<br />

Jahr über 800 Kinder keinen<br />

Platz an einer Gesamtschule<br />

fanden, hat die Ratsmehrheit<br />

die Errichtung einer inklusiven<br />

Gesamtschule beschlossen.<br />

59% der Eltern wünschen, dass<br />

ihr Kind auf das Gymnasium<br />

geht. Das veranlasste den<br />

CDU-Fraktionschef, eine Ini-<br />

SEITE 4<br />

tiative für mehr Gymnasien zu<br />

fordern, obwohl noch nie ein<br />

Kind mit Gymnasialempfehlung<br />

auf eine andere Schulform<br />

gehen musste. (Kölner Stadtanzeiger<br />

0nline vom 26.12.09)<br />

Werden Gymnasien jetzt alle<br />

aufnehmen, die auf diese Schule<br />

wollen, unabhängig von der<br />

Gr<strong>und</strong>schulempfehlung?<br />

Bildungsforscher wie Ernst<br />

Rösner haben längst die Logik<br />

hinter diesen scheinbar verwirrenden<br />

Zahlen herausgef<strong>und</strong>en:<br />

Eltern suchen heute eine<br />

Schule, die alle Abschlüsse bis<br />

zum Abitur anbietet. Schulen,<br />

die diese Option nicht vorhalten,<br />

sind unwiderruflich auf<br />

der Verliererstraße. Eltern sind<br />

damit erheblich weiter als die<br />

Politik, die anachronistischen<br />

Steuerungsinstrumenten<br />

anhängt. Was sollen heute<br />

noch verbindliche Schulformempfehlungen,<br />

die sich längst<br />

als nicht aussagekräftig herausgestellt<br />

haben? Der letzte<br />

eindrucksvolle Beweis für ihre<br />

Irrelevanz war das Zentralabitur<br />

2009 an Gesamtschulen,<br />

bei dem 70,5% der AbiturientInnen<br />

keine Empfehlung<br />

Gymnasium hatten <strong>und</strong> dennoch<br />

das Abitur bestanden.<br />

Doch die Landesregierung<br />

erklärt Schulformempfehlungen<br />

für 10-jährige Kinder<br />

unverdrossen zum Dogma,<br />

will Hauptschulempfohlene<br />

gegen den Willen ihrer Eltern<br />

zwangsweise auf die Haupt-

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